- Berberin
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Strukturformel Allgemeines Name Berberin Andere Namen - 5,6-Dihydro-9,10-dimethoxybenzo[g]- 1,3-benzodioxolo[5,6-a]quinolizinium-Chlorid
- Natural Yellow 18
Summenformel C20H18ClNO4 CAS-Nummer 633-66-9 (als Hemisulfat) PubChem 12457 Kurzbeschreibung dunkelgelber Feststoff (als Hemisulfat)[1]
Eigenschaften Molare Masse 371,81 g·mol−1 Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt Sicherheitshinweise GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1] Achtung
H- und P-Sätze H: 302-312-332 EUH: keine EUH-Sätze P: 280 [1] EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1] Gesundheits-
schädlich(Xn) als Hemisulfat
R- und S-Sätze R: 20-21-22 S: 36 LD50 >15 g·kg−1 [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Berberin ist ein Alkaloid aus der Gruppe der Isochinolinalkaloide. Es kommt unter anderem in den Pflanzen Berberitze (Berberis vulgaris), die dem Alkaloid den Namen gab, der Orangenwurzel (Hydrastis canadensis) und Coptis chinensis, im Wesentlichen in den Wurzeln, im Rhizom, im Stamm und in der Rinde, vor. Berberin ist kräftig gelb gefärbt, weshalb man früher die Berberitze zum Färben von Wolle und Leder benutzte. Noch heute wird in Nord-Indien Wolle mit Berberin gelb gefärbt. Unter UV-Licht fluoresziert Berberin kräftig gelb.[4] Es wird daher auch zur Anfärbung von Heparin in Mastzellen verwendet.[5] Als natürlicher Farbstoff hat Berberin den Colour Index CI 75160. Es ist der einzige bekannte natürliche Farbstoff mit quartärer Stickstoffbase.
Inhaltsverzeichnis
Vorkommen
Husemann[6] schreibt über das Berberin:
„Das Berberin ist eines der wenigen Alkaloide, die nicht nur über verschiedene Gattungen der nämlichen Pflanzenfamilie verbreitet sind, sondern selbst in Pflanzen der verschiedensten Familien vorkommen. Es findet sich in der Jamaikanischen Wurmrinde, der Rinde von Geoffroya jamaicensis Mur. oder Andria inermis Kuth. (Fam. Casealpineae) nach Gastell, in der Rinde von Xanthoxylum clava Herculis L. (Fam. Xanthoxyleae) nach Perrins, in Podophyllum peltatum. Leontice thalictroides und Jeffersonia diphylla (Fam. Papaveraceae) nach F. F. Mayer (Amer. Journ. Pharm. XXXV. 97), in der westafrikanischen Abeocouta-Rinde von Coelocline polycarpa De C. (Fam. Anonaceae) nach Stenhouse, in den Wurzeln von Hydrastis canadensis L., Xanthorhiza Apiifolia Herit. und Coptis Teeta (Fam. Ranunculaceae) nach Mahla und Perrins in der Colombowurzel, der Wurzel von Cocculus palmatus De C. und in dem Ceylonischen Colomboholz, dem Holz von Coscinium fenestratum Colebr. (Fam. Menispermeae) nach Bödeker und Perrins, in Wurzel, Rinde, Blüten, unreifen Beeren und Blättern von Berberis vulgaris L., sowie auch in den indischen und mexikanischen Berberis-Arten (Fam. Berberidaceae) nach Buchner, Polex, Ferrein, Solley, Wittstein und Anderen, nach Perrins endlich auch in der St. Johannswurzel vom Rio grande, in der Rinde des Pachnelo-Baumes von Bogota und in einem von den Einheimischen Woodunpar genannten gelben Farbholz aus Oberassam.“
Entdeckung des Berberins
Nach Husemann[6] isolierte Hüttenschmidt 1824 erstmals aus der Jamaikanischen Wurmrinde Jamaicin. Berberin wurde 1835 von dem deutschen Pharmakologen Johann Andreas Buchner erstmals aus der Wurzelrinde der Gewöhnlichen Berberitze (Berberis vulgaris L.) isoliert. Gastell allerdings erkannte 1866, dass Jamaicin mit Berberin identisch ist.
Physiologische Wirkung
Für eine Reihe medizinischer Anwendungen scheint Berberin ein weitergehendes pharmakologisches Potential zu besitzen. Berberin und seine Verbindungen Berberinsulfat und -phosphat wurden vielfach im Orient als intestinales Antiseptikum in oraler Form angewendet. Andere systemische Effekte, wie blutdrucksenkend, die Bilirubin-Sekretion steigernd, inotrop, sedativ, antiinflammatorisch (entzündungshemmend)[7], dilatierende Wirkung auf Koronararterien, antikoagulatorisch, mäßige Senkung der Herzfrequenz, Beschleunigung der Reparatur der β-Zellen des Pankreas, Low Density Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) senkend, wurden beschrieben.[8]
- Antiseptische Wirkung
Gegenüber Bakterien[9] und Amöben zeigt sich Berberin antiseptisch. Es zeigt schwache antibiotische Wirkungen. Die Wirkung kann allerdings durch den MDR-Inhibitor 5′-Methoxyhydnocarpin (5′-MHC) potenziert werden.[10][11][12] 5′-MHC ist zusammen mit Berberin Bestandteil vielen Berberis-Arten.[13]
- Zentralnervensystem
Außerdem wirkt Berberin beruhigend auf das Zentralnervensystem. Es moduliert die Neurotransmitter und deren Rezeptorsystem im Gehirn.[14]
- Diabetes mellitus
Bei Diabetes mellitus Typ II beruht der Wirkungsmechanismus von Berberin auf einer Erhöhung der Expression des Insulinrezeptors an der Oberfläche von Zellen.[15] Dadurch wird der Gehalt an Glucose im Blut reduziert. Der Mechanismus ist grundlegend anderer Natur als bei der Einnahme von Metformin oder Rosiglitazon.[16][17]
- Krebserkrankungen
Bei verschiedenen Krebserkrankungen, wie Prostatakrebs[18], Brustkrebs[19], Leukämien[19], Hautkrebs[20] oder Lungenkrebs[21] besitzt Berberin ein anti-neoplastisches Potenzial. Berberin wirkt sowohl in vitro als auch in vivo anti-proliferativ. Zudem wirkt es gegen potenziell karzinogene Mikroorganismen, wie Helicobacter pylori, und Viren, wie beispielsweise das Hepatitis-B-Virus. Auch die pro-apoptotische Wirkung des Berberins ist hier von Vorteil. Als breitbandiger Enzyminhibitor deaktiviert Berberin Enzyme wie N-Acetyltransferase, Cyclooxygenase-2 (COX-2) und Topoisomerasen.[22][23]
In vitro konnte eine mittlere Telomerase-Inhibierung festgestellt werden.[24] Ebenfalls konnte in vitro die Fähigkeit des Beberins als Radikalfänger nachgewiesen werden.[25]
- Herzrhythmusstörungen
Berberin wirkt als Antiarrhythmikum. Es wirkt dabei wie ein Klasse-III-Antiarrhythmikum, indem es spezifisch die Kaliumkanäle blockiert.[26][27]
- Arteriosklerose
Berberin senkt den Cholesterin-Gehalt im Blut. Der Mechanismus ist dabei ein anderer als bei Statinen, den handelsüblichen Lipidsenkern.[28] In Kombination mit Simvastatin wurde deshalb eine deutlich stärke Wirkung als bei einer Monotherapie beobachtet.[29]
- Alzheimer-Krankheit
Berberin nimmt offensichtlich Einfluss auf die Prozessierung des Amyloid-Precursor-Proteins, indem ein geringerer Anteil an β-Amyloid entsteht. Berberin ist daher ein vielversprechender Kandidat für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit.[30][31]
- Psychische Erkrankungen
Das Enzym Prolylendopeptidase (PEP) wird von Berberin inhibiert.[32] PEP wird mit einer Reihe psychischer Erkrankungen, wie beispielsweise bipolare Störungen, Schizophrenie und Depressionen in Verbindung gebracht.[33]
Toxizität
Berberin wird in therapeutischen Gaben bis 500 mg gut vertragen. Es wurde früher in Dosen von 60–300 mg bei Erwachsenen bei Amöbiasis und Cholera verwendet. Ernstere Vergiftungen sind nicht bekannt.[34]
Auch in Tierversuchen (Ratte und Maus) wurde eine relativ schwache Toxizität für Berberinchlorid ermittelt. Die höchste Dosis von Berberin, die auch bei andauernder Aufnahme keine erkennbaren und messbaren Wirkungen (Schäden) hinterließ (der sogenannte no-observed-adverse-effect level, NOAEL), wurde erst bei Dosen, die um den Faktor 60–100 über den üblichen pharmakologischen Dosen für den Menschen lagen, beobachtet.[35]
Metabolismus
Berberin wird im Körper weitgehend metabolisiert. Weniger als 5 % der ursprünglichen Berberinmenge wurde bei Kaninchen im Urin, bei einer Gabe von 2 mg/kg intravenös, wieder gefunden.[36] Lediglich 0,5 % Berberin wurden im selben Versuch über die Galle und den Intestinaltrakt ausgeschieden, womit nur 5,5 % des oral aufgenommenen Berberins unverändert den Körper verließen.
In der Leber wird Berberin in der Phase I von Cytochrom P450 demethyliert und in Phase II glucuronidiert, das heißt mit Glucuronsäure umgesetzt.[37] Entsprechend sind im Plasma von Ratten die Metaboliten: Berberrubin (einfach demethyliertes Berberin, (CAS# [15401-69-1]), Thalifendin (CAS# [18207-71-1]) und Jatrorrhizin (CAS# [3621-38-3]), frei oder an Glucuronsäure gebunden, nachweisbar.[38]
Synthese
Biosynthese
Die Syntheseschritte von Berberin in den Berberitzen geht über zehn Stufen und wurde Anfang der 1990er-Jahre aufgeklärt.[39] Die beiden Ausgangsverbindungen sind dabei 4-Hydroxyphenylacetaldehyd und 3,4-Dihydroxybenzyl-2-Ethylamin, die im ersten Schritt in einer Kondensationsreaktion Norcoclaurin bilden. Das wird monomethyliert und bildet dabei Coclaurin. Nach zwei weiteren Schritten bildet sich Reticulin, aus dem wiederum Scoulerin entsteht. Über eine weitere Zwischenstufe entsteht Canadin, aus dem letztlich das Berberin entsteht.[40]
Technische Synthese
Mehrere Synthesen für die Herstellung von Berberin sind beschrieben. Die bekannteste ist die 1910 von Pictet und Gams entwickelte Pictet-Gams-Isochinolin-Synthese.[41][42]
Einzelnachweise
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- ↑ Datenblatt Berberine chloride form bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 31. Dezember 2009.
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