Biosphärengebiet Schwäbische Alb

Biosphärengebiet Schwäbische Alb
Lage des Biosphärenreservats Schwäbische Alb

Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb ist ein 85.270 Hektar großes Biosphärenreservat, das weite Teile der Mittleren Schwäbischen Alb und ihres Vorlandes umfasst. Es wurde im Januar 2008 als Biosphärengebiet des Landes Baden-Württemberg eingerichtet. Seit Mai 2009 ist das Gebiet auch als Biosphärenreservat der UNESCO anerkannt.

Inhaltsverzeichnis

Biosphärenreservat oder Biosphärengebiet

Der Begriff „Biosphärenreservat“ steht international und auf Bundesebene für das modellhafte Miteinander von Ökonomie, Ökologie und Sozialem. Das Land Baden-Württemberg hat sich gegen den Ausdruck „Reservat“ entschieden, in seinem Landesnaturschutzgesetz findet sich unter § 28 stattdessen der Begriff „Biosphärengebiet“. In Zusammenhang mit dem Begriff „UNESCO“ wird nach Vorgaben der UNESCO der Begriff UNESCO-Biosphärenreservat verwendet.

Lage

Blick auf den zentral im Biosphärengebiet gelegenen ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen

Das Biosphärengebiet hat eine rund 40 Kilometer lange Nord-Süd-Ausdehnung und erstreckt sich vom Vorland der Mittleren Alb über deren Albtrauf und die Albhochfläche bis an die Donau im Süden.

Ein wichtiger Bestandteil ist der zentral im Schutzgebiet liegende ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen mit dem aufgegebenen Dorf Gruorn.

Geschichte

Die Idee für ein Biosphärengebiet Schwäbische Alb hatten im Oktober 1991 Michael Succow und Markus Rösler vom NABU-Bundesverband. Es folgte 1992 bis 1997 die Dissertation Röslers zum Thema „Arbeitsplätze durch Naturschutz am Beispiel der Biosphärenreservate und der Modellregion Mittlere Schwäbische Alb“ sowie jahrelange Lobbyarbeit insbesondere des NABU-Bundes- und Landesverbandes für dieses Projekt. Die Realisierung erfolgte jedoch erst im Kontext der Aufgabe der militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes Gutsbezirk Münsingen und seiner Konversion im Jahr 2005 sowie aufgrund der Positionierung des 2005 als Ministerpräsident ins Amt gekommenen Günther Oettinger. Dieser bezeichnete in seiner ersten Regierungserklärung 2005 das Biosphärengebiet als „Leuchtturmprojekt“ des Landes und ermöglichte damit die Realisierung des ersten Großschutzgebietes in Baden-Württemberg. Alle am Planungsprozess Beteiligten waren sich von Anfang an einig, dass der herausragende naturkundliche und kulturhistorische Wert des 6.700 Hektar großen ehemaligen Truppenübungsplatzes Gutsbezirk Münsingen und seiner Umgebung nur mit einem großräumigen integrativen Konzept zu erhalten sei. Die direkt an den Truppenübungsplatz angrenzenden Städte und Gemeinden Bad Urach, Münsingen und Römerstein im Landkreis Reutlingen waren die ersten Kommunen, die einem Biosphärengebiet beitreten wollten. Zunehmend rückte auch die weiträumigere Region um den ehemaligen Truppenübungsplatz in den Mittelpunkt der Planungen. Hierzu trugen nicht zuletzt die sehr engagierten Naturschutz- und Umwelt-, Landwirtschafts-, Wirtschafts- und Tourismusverbände bei.

Zum 1. Januar 2006 trat das neue Landesnaturschutzgesetz von Baden-Württemberg in Kraft. Damit war nicht mehr ein eigenes Gesetz zur Errichtung eines Biosphärenreservates/-gebietes, sondern „nur“ noch eine Verordnung erforderlich, um ein entsprechendes Gebiet einzurichten. Bereits drei Wochen später fand eine Informationsveranstaltung für Kommunalpolitiker aus der Region zum Thema Biosphärengebiet statt. Beteiligt waren das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg, das Regierungspräsidium Tübingen und die Landkreise Reutlingen, Esslingen und der Alb-Donau-Kreis. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde dann auch gemeinsam die namengebende Bezeichnung Biosphärengebiet Schwäbische Alb entwickelt. Das Besondere am Entstehungsprozess war, dass sich die beteiligten Gemeinden aktiv und freiwillig einbrachten, von positiven Erfahrungen der Kommunen mit dem Programm PLENUM des Landes und dem Förderprogramm REGIONEN AKTIV des Bundes motiviert. Insbesondere bei der Verordnung und der Abgrenzung kam der partizipative Grundgedanke zur Geltung. Eine weitere Besonderheit des gemeinschaftlichen Planungsprozesses war, dass alle Teilnehmer von Beginn an anstrebten, ein Biosphärengebiet auf Grundlage der UNESCO-Kriterien für Deutschland zu entwickeln. Am 15. Oktober 2007 wurde der partizipativ erstellte UNESCO-Antrag an das MAB-Komitee (UNESCO-Programm Der Mensch und die Biosphäre) übergeben. Seit dem 26. Mai 2009 ist das Biosphärengebiet Schwäbische Alb auch als UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt. Die Urkunde zur Anerkennung wurde durch die Vorsitzende des deutschen MAB-Nationalkomitees Gertrud Sahler am 26. Juni 2009 im Alten Lager in Münsingen an Ministerpräsident Günther H. Oettinger übergeben.

Seltene Tiere und Pflanzen

Die schützenswerte Kulturlandschaft des Biosphärengebietes bietet zahlreichen seltenen Tier- und Pflanzenarten wichtigen Lebensraum. Beispiele hierfür sind Rotmilan, Wanderfalke, Wespenbussard, Raufußkauz, Heidelerche, Steinschmätzer, Berglaubsänger, Bechsteinfledermaus, Alpenbock, Schwarzer Apollo, Schwalbenschwanz oder der Blauschwarzer Eisvogel. Typische Pflanzenvertreter sind zahlreiche seltenen Orchideen oder die Silberdistel.

Besondere Merkmale

Die Hang- und Schluchtwälder am Albtrauf sind ein markantes naturräumliches Alleinstellungsmerkmal des Biosphärenreservats. Auch die landschaftsprägenden Streuobstwiesen im mittleren Albvorland und die abwechslungsreiche traditionelle Kulturlandschaft auf der Alb mit ihren Wacholderheiden, Magerrasen, Wiesen, Weiden, Ackerflächen und Wäldern kennzeichnen das Biosphärengebiet.

Landwirtschaft im Längenfeld bei Metzingen, innerhalb des Biosphärenreservats (2010)

Als weitere Besonderheit wurden in das Schutzgebiet auch Zonen mit intensiver industrieller Nutzung aufgenommen. Dazu gehören Teile der Gemarkungen von Städten wie Metzingen und der Großstadt Reutlingen, wo Konflikte mit den Zielsetzungen „nachhaltige Entwicklung und das harmonische Miteinander von Mensch und Natur“[1] und „eine Modellregion in der erfolgreicher Natur- und Umweltschutz mit der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der im Gebiet lebenden Menschen verknüpft werden soll“ besonderer Lösungen bedürfen. Gerade hier soll das Biosphärengebiet nach Ansicht der UNESCO modellhafte Lösungen erarbeiten.

Informationseinrichtungen

Das moderne Biosphärenzentrum Schwäbisch Alb mit ca. 450 Quadratmeter interaktiver Ausstellungsfläche wurde im Alten Lager in Münsingen-Auingen am 23. Oktober 2010 eröffnet. Ferner befindet sich ein Netzwerk an Informations- und Bildungseinrichtungen für das zukünftige Biosphärengebiet im Aufbau. Bestehende Einrichtungen werden zukünftig gemeinsam Besucher des Gebietes zu unterschiedlichen Themen informieren. Folgende Einrichtungen sind Bestandteil des Netzwerks:

  1. Münsinger Bahnhof – Zentrum für Natur, Umwelt und Tourismus
  2. Freilichtmuseum Beuren
  3. Haupt- und Landgestüt Marbach
  4. Naturschutzzentrum Schopfloch
  5. Obstbaumuseum Metzingen-Glems
  6. Peterstor Zwiefalten
  7. Wimsener Mühle Hayingen
  8. Umweltbildungszentrum Listhof Reutlingen
  9. Waldschulheim Hayingen-Indelhausen
  10. Schertelshöhle Westerheim
  11. Mühlen- und Trachtenmuseum Pfullingen

Weitere Zentren sind in Bad Urach (Alte Post), Lauterach (Sportheim), Schelklingen (Ortsteil Hütten) und Dächingen (Neubau Ortsmitte), Teilort von Ehingen, geplant.

Geschäftsstelle

Die Geschäftsstelle des Biosphärengebiets hat ihren Sitz im Biopshärenzentrum Schwäbische Alb im Alten Lager in Münsingen-Auingen. Das so genannte Biosphären-Team besteht aus Mitarbeitern des Regierungspräsidiums Tübingen. Eine enge Kooperation im Bereich der nachhaltigen Regionalentwicklung erfolgt mit den Mitarbeitern der PLENUM-Geschäftsstelle in Reutlingen und dem UNESCO-Geopark Schwäbische Alb. Mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – Sparte Bundesforst – als Eigentümer des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen wird ebenfalls eng zusammengearbeitet.

Literatur

  • Markus Rösler: Biosphäre Schwäbische Alb. Gut Ding will Weile haben. In: Nationalpark. Nr. 141, 2008, S. 15-19.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Reutlinger General-Anzeiger 27. Mai 2009 zur UNESCO-Anerkennung

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