- Soshana
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Soshana Afroyim (* 1. September 1927 in Wien) ist eine österreichische Malerin. Als Künstlerin, deren Schaffenszeit in die klassische Moderne fällt, bereiste sie die Welt und stellte vielerorts ihr Werk aus, welches Gemälde und Zeichnungen umfasst. Im Zuge ihrer Reisen porträtierte sie namhafte Persönlichkeiten und entwickelte ihre Kunst in verschiedene Richtungen. Während Soshanas Frühwerk geprägt ist von klassischen, naturalistischen Darstellungen in Form von Landschaften und Porträts, ist für ihr späteres Werk die Abstraktion, geprägt von der chinesischen Kalligraphie, von wichtiger Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kindheit
Soshana wurde als erstes Kind von Margarethe und Fritz Schüller unter dem bürgerlichen Namen Susanne Schüller in der Zwischenkriegszeit geboren. Ihr Vater war Besitzer einer Fabrik zur Herstellung von Manschettenknöpfen und ihre Mutter Künstlerin. In gutbürgerlichen Verhältnissen aufwachsend, besuchte die junge Susi - wie sie liebevoll von den Eltern genannt wurde - ab 1933 die Schwarzwaldschule und verbrachte, gemeinsam mit ihrem zwei Jahre jüngeren Bruder Maximilian, viel freie Zeit im Wiener Burggarten und die Sommerfrische oft in Edlach.
Bereits im Kindesalter begannen Soshanas erste Annäherungen an die Kunst, die von ihrer Mutter unterstützt und gefördert wurden, welche akribische Sammlungen ihrer ersten Zeichen- und Malergebnisse machte.
Flucht
Die Kindheit Soshanas nahm mit dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland im März 1938 ein abruptes Ende. Die junge Familie musste ihr gesamtes Hab und Gut hinterlassen und verließ die Heimat. Mutter und Kinder flohen zunächst in die Schweiz, dann nach Paris und 1939 schließlich für zwei Jahre nach England. Hier besuchte Soshana das Northwood College und 1940 die Chelsea Polytechnic School in London, wo sie Mal- und Zeichenkurse besuchte und eine Ausbildung in der Modezeichnung erhielt.
Soshana, die den Einmarsch von Hitlers Truppen vom Fenster aus beobachtete und in London Zeugin des Blitzkrieges wurde, verarbeitete in Frankreich als 12jährige ihre Eindrücke, indem sie unter anderem eine Zeichnung anfertigte, die Hitler darstellte, welche sie mit „Hitler als Cloun“ betitelte und 1940 in London, wo sie eine Bilderserie vom Blitzkrieg erstellte.
Emigration nach Amerika
Fritz Schüller, der nicht mit dem Rest der Familie in die Schweiz geflohen war, sondern über Nordafrika in die Vereinigten Staaten, gelang es schließlich seine Familie 1941 zu sich zu holen.
In New York besuchte Soshana die Washington Irving High School und begann unter der Anleitung des Künstlers Beys Afroyim, zunächst in einer Gruppe und später im Einzelunterricht, zu malen. Soshana, deren Eltern mit der Neuorganisation des Lebens und dem Wiederaufbau eines halbwegs normalen Alltags beschäftigt waren, fand bei dem Lehrer und Künstler die nötige Aufmerksamkeit und es entwickelte sich eine besondere Freundschaft und in weiterer Folge, eine Liebesbeziehung.
Reisen durch Amerika
Im Alter von 17 Jahren unternahm Soshana mit Beys Afroyim Reisen durch ganz Amerika, im Zuge derer Porträts von Schriftstellern, Musikern, Staatsmännern und Wissenschaftlern wie Thomas Mann, Arnold Schönberg, Lion Feuchtwanger, Franz Werfel, Otto Klemperer, Bruno Walter, Theodore Dreiser und Hanns Eisler, entstanden.
Als im Mai 1945 die UNO in San Francisco eröffnet wurde, porträtierte das Künstlerpaar bekannte Delegierte, wie z.B. den stellvertretenden Vorsitzenden des Staatlichen Plankomitees der UdSSR, Kuznecov, Vasilij Vasil’evič und finanzierte sich auf diese Weise den Lebensunterhalt.
Im selben Jahr heiratete das Paar in Chicago und 1946 wurde aus dieser Ehe ein Sohn, das einzige Kind Soshanas, in New York geboren.
Aufenthalt in Kuba und die erste große Ausstellung
Aufgrund der kommunistischen Aktivitäten von Beys, beschloss das Ehepaar, die USA eine zeitlang zu verlassen und verbrachte einige Monate in Kuba. Hier gelang es Soshana ihre erste große Ausstellung einzuleiten und 1948 stellte sie im Circulo de Bellas Artes in Havanna ihr Werk aus, das zu dieser Zeit stark naturalistisch geprägt war und Landschaften, Porträts sowie Naturstudien umfasste. Den Künstlernamen „Soshana“, der ihr von Beys Afroyim gegeben wurde, verwendete sie erstmals für diese Ausstellung und übernahm ihn für ihre weitere künstlerische Laufbahn.
Sie kehrten kurz in die USA zurück, doch nachdem sich die Anfänge der McCarthy-Ära zeigten, wurde es dort zu gefährlich für die beiden, weshalb sie 1949 die Vereinigten Staaten verließen und sich nach Europa zu wandten, wo sie nach Aufenthalten in Holland, Österreich, England, Polen und der Tschechoslowakei letztendlich in Israel landeten.
Wien - Paris
Die schwierige finanzielle Lage der Familie und der feste Wille Soshanas und Beys sich der Kunst zu widmen, strapazierten das Eheleben und führten schließlich im Jahre 1950 offiziell zur Scheidung. Soshana, die durch diese Erfahrung einen Einblick in den damals üblicherweise eingeschlagenen Weg zum Familienleben gewinnen konnte, erkannte, dass sie nicht für ein solches Leben geschaffen war und entschied sich endgültig für die Kunst, als sie 1951 nach Wien zurückkehrte, wo sie ihren Sohn der Obhut ihres Vaters überließ.
Kunststudium in Wien
Nach Wien zurückgekehrt, begann Soshana 1951 ein Kunststudium an der Hochschule für Angewandte Kunst und wechselte 1952 an die Akademie der Bildenden Künste, wo sie unter der Anleitung von Prof. Sergius Pauser, Albert Paris Gütersloh und Prof. Herbert Boeckl malte.
Paris
Soshana sollte ihr Kunststudium nicht beenden, dafür zog es sie zu stark nach Paris, die damalige Kunstmetropole, wo sie 1952 zunächst das ehemalige Atelier des französischen Künstlers André Derain bezog und später in einem Atelier neben dem Künstler Brâncuși in der Impasse Ronsin unter harten Bedingungen lebte und arbeitete. Sie freundete sich mit dem rumänischen Bildhauer an und erlebte später seine Krankheit. Das letzte Mal, an dem die beiden sich sahen, war vor einer Indienreise Soshanas, als Brâncuși ihr prophezeite, sie werde ihn nach ihrer Rückkehr nicht mehr wiedersehen.
In Paris schloss sie außerdem Bekanntschaft mit zahlreichen weiteren Persönlichkeiten, wie dem tschechischen Maler Kupka, dem französischen Künstler Herbin, dem Maler und Bildhauer Ossip Zadkine, dem französischen Bildhauer César, der französischen Maler Pignon und Bazaine, dem deutschen Maler, Graphiker und Bildhauer Max Ernst. Außerdem lernte sie den französischen Künstler Yves Klein, den amerikanischen Bildhauer Alexander Calder, die Künstler Wifredo Lam, Sam Francis, Fontana, Émile Gilioli, den französischen Philosophen und Schriftsteller Jean Paul Sartre und den bekannten indonesischen Maler Affandi kennen sowie Chagall, den sie in St. Paul de Vence besuchte.
Durch die vielen, verschiedenen Künstlerbekanntschaften strömten zahlreiche Stile und unterschiedliche künstlerische Interpretationen auf Soshana ein. Weiters wurde ihre Kunst in Paris von der Ecole de Paris und dem Informel beeinflusst.
1956 arbeitete Soshana im ehemaligen Atelier von Paul Gauguin, welches zuvor vom tschechischen Künstler Alfons Mucha verwendet wurde und sich in der Rue de la Grande Chaumière in Montparnasse befand. Im selben Jahr lernte sie den Schweizer Künstler Alberto Giacometti kennen, zu dem eine tiefe Verbundenheit entstand, die ein Leben lang halten sollte.
Im Salon de Mai traf sie erstmals den weltbekannten Künstler Pablo Picasso, der sie nach Vallauris einlud, wo er sich in den 1950er Jahren gerne aufhielt. Dort fertigte er 1954 ein Porträt Soshanas an und ehrte ihre Kunst, indem er ihr den Satz: „Soshana, je trouve qu’elle a du talent“ (Ich finde Soshana hat Talent) widmete. „Picasso interessiert auch die Frau hinter der Künstlerin, die so unabhängig, wie er als Mann es gewohnt ist, ihr Leben bestimmt. Er ist völlig fasziniert von ihrer außergewöhnlichen Persönlichkeit und ihren exotischen Reisen, die Anlass für lange und intensive Diskussionen geben.“ [1] In Paris folgten Ausstellungen in verschiedenen Salons, wie dem Salon de Mai, Salon d´Automne, Salon de Printemps, Salon des Réalités Nouvelles und einige Ausstellungen in der Galerie André Weil.
Reisen um die Welt
1953 begann auch Soshanas langjährige Zusammenarbeit mit dem Galeristen Max G. Bollag in Zürich.
Ab 1956 unternahm Soshanas ausgedehnte Reisen in den Fernen Osten, nach Asien, Indien und Japan. Sie entdeckte ein großes Interesse an der indischen Philosophie, dem Hinduismus und dem Buddhismus und während ihrer Reise nach Indien, porträtierte sie 1959 den späteren indischen Präsidenten Dr. Radhakrishnan.
Soshana war stark beeindruckt von der kalligraphischen Kunst und erlernte künstlerische Techniken auf Reispapier bei buddhistischen Mönchen in Kyoto und bei chinesischen Malern in Hangzhou. Die Kunst der Kalligraphie wurde prägend für ihren Stil. 1958 wurde Soshana zur Ausstellung im Kaiserpalast in Peking eingeladen.
1959 unternahm die Künstlerin Reisen durch Afrika, wo sie Albert Schweitzer in Lambaréné porträtierte und schließlich nach Paris zurückkehrte.
In Italien arbeitete Soshana 1960 in Alba del Piemonte mit dem Künstler Pinot Gallizio zusammen und es entstanden einige gemeinsame Kunstwerke, die von beiderseitiger Inspiration zeugen.
„In a letter written by Galizio to his gallerist Otto and Heicke Van de Loo in Munich, he announced ‘that 20 paintings were made in September 1959 in Paris, together with Soshana’, adding ‘resultat formidable’.” [2]
Sie pflegt enge Kontakte zur CoBrA-Gruppe, u. a. zu Karel Appel und Asger Jorn und 1959 beginnt auch eine Zusammenarbeit mit der O´Hana Gallery in London.
1962 kam es schließlich zur erfolgreichen Ausstellung Soshanas im Château Grimaldi, dem späteren Musée Picasso in Antibes, in Südfrankreich.
Soshana in Mexiko
Das Jahr 1964 kennzeichnete den Beginn längerer Aufenthalte und Ausstellungen in Mexiko. Hier fühlte sich Soshana besonders wohl, wie viele andere vertriebene Künstler und Intellektuelle. Sie bereiste das Land und wohnte lange Zeit in Cuernavaca.
In Mexiko schloss sie Freundschaft mit wichtigen mexikanischen Künstlern wie Rufino Tamayo, Siqueiros, Cuevas und Mathias Goeritz, der zu einem ihrer wichtigsten Wegbegleiter in Mexiko wurde.
1965 traf die Künstlerin erstmals Adolph Gottlieb, zu dem sie später in New York eine tiefe Freundschaft aufbaute und ein Jahr später, 1966, fand eine Ausstellung ihrer Werke im Palacio de Bellas Artes, der wichtigsten kulturellen Einrichtung Mexikos, statt. Sie hatte eine sehr tiefe Beziehung zu diesem Land, welches sich auch in ihrem Werk zeigt.
Zweite Weltreise
Die zweite Weltreise Soshanas führte sie 1968 u. a. in die Südsee, die Karibik, nach Thailand, Bali, Australien, Indien, Sikkim, Nepal, Afghanistan, den Iran und Israel.
In Sikkim wurde sie 1969 vom Königshaus beauftragt Porträts des Königs und der Königin von Sikkim zu fertigen und wurde im selben Jahr Mitglied der Theosophischen Gesellschaft.
Die Künstlerin zog 1972 nach Jerusalem, wo im Jahr darauf vier geplante Ausstellungen in der Old Jaffa Gallery durch den Ausbruch des Jom-Kippur-Krieges verhindert wurden. Soshana verließ Jerusalem und zog 1974 nach New York.
New York
Von 1974 bis 1985 lebte und arbeitete Soshana in New York, wo sie in Manhattan unter anderem im renommierten Chelsea Hotel lebte und ein Atelier in Queens besaß.
Auch hier schloss sie Bekanntschaft mit namhaften Persönlichkeiten wie Mark Rothko, Francesco Clemente und dem Kunstmäzen Joseph Hirshhorn und sie vertiefte ihre Freundschaft zu Adolph Gottlieb, denn sie 1965 bereits kennengelernt hatte.
Ihre Kunst wurde in New York geschätzt und mit neun Einzelausstellungen wurde ihr entsprechende Wertschätzung beigemessen.
Wien
Ab 1985 lebte Soshana in Wien, wo sie nach zahlreichen Reisen in der Welt, endlich wieder ankam. Hier pflegte sie Bekanntschaft mit Künstlerfreunden aus der Pariser Zeit wie Hans Staudacher, Hildegard Joos und Harold Joos, sowie Trude Gill. Außerdem arbeitete sie an unterschiedlichsten Projekten, erstellte Sammlungen von Videotapes und Tonbandaufnahmen und begann schriftliche Aufzeichnungen über ihr Leben und die Entwicklung der internationalen Kunstszene zu verfassen.
Obwohl sie in Wien ihren Lebensmittelpunkt etablierte, ging sie ihrer Reiseleidenschaft solange nach, bis es ihr gesundheitlicher Zustand ab 2005 nicht mehr zuließ. In den Jahren, die sie in Wien lebt, vergeht kaum eines, in welchem ihr Werk nicht in mindestens einer Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und ihre vielfältige Kunst weltweit geschätzt wird.
2008 wurde Soshanas gesamter Vorlass von der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.
Am 2. September 2009 wurde Soshana mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien geehrt und am 27. Mai 2010 erhielt sie das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst der Republik Österreich.
Darüber hinaus erschien im Herbst 2010 die erste Monografie zum Leben und Werk der Künstlerin mit dem Titel "Soshana. Leben und Werk" im Springer-Verlag.
Ausstellungen (Auswahl)
- 1948: Circulo de Bellas Artes, Havanna
- 1957: Imperial Palace, Peking
- 1960: Museo de Arte, Sao Paolo
- 1961: Soshana, Musée Picasso, Antibes
- 1966: National Museum of Modern Art, Mexiko City
- 1973: Old Jaffa Gallery, Israel
- 1976: Modern Art Centre, Zürich
- 1982: Horizon Gallery, New York
- 1997: Soshana-Retrospective, Palais Pálffy, Wien
- 1998: Lentos Museum, Linz, Österreich
- 1999: Musée Matisse, Le Cateau-Cambrésis, Frankreich
- 2006: Buch-Präsentation, Jüdisches Museum, Wien
- 2007: Siddhartha Art Gallery, Kathmandu, Nepal; Agora Gallery, New York; Givatayim Theater, Israel
- 2008: Khalil Sakakini Cultural Center, Ramallah, Westbank; City Council of Lima, Pancho Fierro Art Gallery, Peru
- 2009: Yeshiva University Museum, New York; National Bank von Serbien, Belgrad; UCLA Hillel Museum, Los Angeles
Werke (Auswahl)
- 1944: Workers in a N.Y. Sweatshop, Öl auf Leinwand, 40,5 x 48 cm
- 1955: Artists in Paris, Öl auf Leinwand, 73 x 100 cm
- 1957: Maroque Marrakesch, Öl auf Leinwand, 60 x 55 cm
- 1963: Chinese Tiger, Öl auf Leinwand, 96 x 162 cm
- 1972: Terrorist in Munich, Öl auf Leinwand, 115 x 72 cm
- 1981: Rainbow, Öl auf Leinwand, 101 x 76 cm
- 1988: Concentration Camp, Acryl auf Leinwand, 116 x 74 cm
- 1990: Memories of Mexico, Öl auf Leinwand, 80 x 115 cm
- 1992: Chorramshar- Irak, Öl auf Leinwand, 75,5 x 115 cm
- 2004: Movement V., Acryl auf Leinwand, 40 x 60 cm
- 2007: Life, Öl auf Leinwand, 60 x 40 cm
Literatur
- Amos Schueller u. Angelica Bäumer (Hrsg.): Soshana. Leben und Werk. Wien: Springer WienNewYork, 2010
- Martina Gabriel: Soshana- Leben und Werk. Wien: Amos Schueller, 2006
- United Artists Ltd. (Hrsg.): Soshana. Tel Aviv: United Artists Ltd., 1973
Einzelnachweise
- ↑ Martina Gabriel: Soshana- Leben und Werk. Wien: Amos Schueller, 2006, S. 14
- ↑ Schueller, Amos: http://www.soshana.com/. Stand 27. Mai 2009
Weblinks
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