Burg Wersau

Burg Wersau

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Burg Wersau
Burg Wersau um 1690

Burg Wersau um 1690

Entstehungszeit: vor 1155
Burgentyp: Niederungsburg, Wasserburg
Erhaltungszustand: Burgstall
Ständische Stellung: Adlige
Ort: Reilingen
Geographische Lage 49° 17′ 23″ N, 8° 34′ 52″ O49.2897222222228.5811111111111Koordinaten: 49° 17′ 23″ N, 8° 34′ 52″ O
Burg Wersau (Baden-Württemberg)
Burg Wersau

Die Burg Wersau stand unweit der Gemeinde Reilingen, gelegen in der Metropolregion Rhein-Neckar zwischen Heidelberg und Speyer. Die Vergangenheit dieser inzwischen abgegangenen bzw. später zu einer Mühle umgebauten Anlage ist zu großen Teilen unbekannt.

Inhaltsverzeichnis

Historische Besonderheiten

Dass die Burg Wersau eine besondere Bedeutung gehabt haben muss, ist auch daran zu erkennen, dass die päpstliche Bulle zur Gründung der Universität Heidelberg nicht in der Stadt am Neckar, sondern von den Gesandten des Papstes Urban VI. auf der Burg Wersau überreicht wurde. Außerdem ist seit 1451 das Bestehen einer Wendelinsbruderschaft belegt, deren Geschichte ebenfalls unmittelbar mit der Burg Wersau und der dortigen Kapelle, geweiht dem heiligen Wendelin, verbunden ist. Eine „löbliche Bruderschaft“, in der - und das ist das Besondere - auch die kurfürstliche Familie Mitglied war.[1]

Geschichte

Mittelalterliche Gründung

Beim Blick in die Geschichte der Gemeinde Reilingen, fällt auf, dass das Schicksal des Dorfes und auch der ganzen Umgebung stets von der Burg Wersau geprägt wurde. Schon 1286, als „Villa Reitling“ zum ersten Mal urkundlich im Lorscher Codex erwähnt wurde, lag die Gemarkung im Grenzgebiet der beiden alten Königsforste Lußhardt und Schwetzinger Hardt. Die Lußhardt, also die Wälder, die sich bis zum fränkischen Königshof in Bruchsal erstreckten, war bereits 1056 durch König Heinrich III. dem Bistum Speyer geschenkt worden. Nur sieben Jahre später erweiterte Heinrich IV. den bischöflichen Waldbesitz um die heutige Schwetzinger Hardt.

Herrschaftsbereich

Aus alten Dokumenten weiß man, dass bereits die Könige an der Kraichbach eine Burg besaßen, die „Walsrhawe“ genannt wurde. Daraus entwickelte sich in den Jahren der Begriff „Wersau“. Die gut befestigte Burganlage hatte damals die Aufgabe, die umliegenden Wälder und die Verkehrswege zu sichern. Zum Herrschaftsbereich gehörten die Dörfer Reilingen und Hockenheim sowie für kurze Zeit auch Oftersheim und St. Leon. Da es an genauen Unterlagen aus dieser Zeit fehlt, gehen die Historiker heute davon aus, dass die Dörfer und die Burg mit der Schenkung der Wälder an die Speyerer Bischöfe kamen.

Schenken von Wersau

Das Bistum setzte dann dort zur Verwaltung ein Ministerialengeschlecht ein, die Schenken von Wersau. Als Erster von ihnen wurde bereits um 1155 ein Dietrich als Schenk des Hochstifts noch ohne den Bezug zu Wersau genannt. 1198 wird Eberhard, der Sohn des Schenken von Hockenheim, erwähnt und erst 1236 gab es dann einen Schenk von Wersau. Von dieser Zeit an werden die Schenken in den Urkunden immer unter dem Namen ihrer Burg genannt und galten als Speyerer Dienstleute. Im Dunkel der Geschichte wechselte der Besitz an Burg Wersau an die Schenken, denn 1286 ist zu lesen, dass Eberhard von Wersau die Hälfte seiner Burg an den Bischof von Speyer wieder verkaufte. Da dieser das Geld nicht zur Verfügung hatte, gab er seinen Erwerb als Pfand an den Pfalzgrafen Ludwig II. weiter, der bereits die andere Burghälfte von Markward von Annweiler (auch: von Krobsberg) und den Brüdern von Erligheim (alles Verwandte der Wersauer Schenken) gekauft hatte. Als Zubehör zur Burganlage wurden auch die Dörfer Reilingen und Hockenheim wieder genannt.

Kurpfälzischer Besitz

In der pfälzischen Landesteilung kam die Burg mit all ihrem Besitz an die Linie Pfalz-Mosbach der Wittelsbacher. Herzog Otto verschrieb Wersau 1429 seiner Gemahlin Johanna von Bayern, die die Burg und die Dörfer später Stephan von Pfalz-Simmern-Zweibrücken verpfändete. Erst nach der Schlacht bei Seckenheim (1462) kam die Herrschaft Wersau endgültig in den Besitz der immer mächtiger werdenden pfälzischen Kurfürsten. Nach wechselvoller Geschichte standen am Ende des Dreißigjährigen Krieges von Wersau nur noch einige Mauern, Kellergewölbe, Stallungen und ein baufälliger Turm mit alten Glocken. Die Ruine wurde nochmals notdürftig instandgesetzt und diente über längere Zeit hinweg den Kurfürsten als Jagdschloss.

Burgbeschreibung

Die Wersau war zu ihrer Blütezeit eine stattliche Burg mit Ringmauer, einem Palas, wahrscheinlich vier großen Türmen und zahlreichen weiteren Gebäuden. Mit Vorburg, Mühle, Kapelle und Schafhof gehörten so 24 oder mehr Gebäude zu dieser Anlage. Die gesamte Burganlage war von Wassergräben umgeben. Das Schlossgut umfasste noch 1686 eine bebaubare Fläche von 154 Morgen Ackerland und 30 Morgen Wiesen in der Ketschau. Das Schloss war, nimmt man einen Plan aus der Zeit um 1690 zu Hilfe, eine ovale Anlage, deren maroden Außenmauern durch Strebepfeiler gestützt wurden. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde die Anlage 1689 zerstört. Auch die inzwischen beim Schloss eingerichtete Mühle brannte bis auf die Grundmauern ab. Aus den Steinen wurde u.a. eine Friedhofsmauer gebaut, aber auch für den Bau der ersten steinernen Kraichbachbrücke in Hockenheim durch den kurfürstlichen Baumeister Rabaliatti genutzt. Von der ganzen Burg- und Schlossanlage ist heute fast nichts mehr zu sehen. Lediglich ein Gewölbekeller und ein alter Tiefbrunnen erinnern an die Burg.

Wersauer Hof

Wersau 1690

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde für die Landwirtschaft und Schäferei östlich des Schlosses ein Hofgut errichtet, das zunächst unter kurpfälzischer Verwaltung stand. Später wurde es von Schwetzingen aus verwaltet und lediglich ein herrschaftlicher Wiesenknecht war noch in Reilingen eingesetzt. Nach der Auflösung des Herrschaftsbesitzes war der Wersauer Hof zunächst in bäuerlichem Eigentum. Um die Wende zum 20. Jahrhundert übernahmen die Freiherren von Wamboldt das Hofgut, das schließlich 1927 an die evangelische Pflege Schönau verkauft wurde. In deren Besitz ist die Hofanlage noch heute.

Schlossmühle

Die Mühle bei der Burg ist von 1596 an belegt, bestand wohl aber schon länger. Der heutige Baubestand ist im Wesentlichen von 1911. Die Betriebseinstellung war 1959. Das Hauptgebäude wurde dann viele Jahre von einer Großhandelsfirma genutzt. Das Maschinenhaus mit Schornstein ist noch erhalten. Seit 2007 sind Gebäude und Grundstück im Besitz der Gemeinde Reilingen.

Denkmalschutz

Die "Burg Wersau" ist heute ein Bodendenkmal und geschützt nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg (DSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden. Amtlicher Eintrag in der Liste der Kulturdenkmale: "Die Existenz der Burg Wersau ist seit 1155 belegt, sie dürfte jedoch um einiges älter und ehemaliger Königsbesitz sein. Genauere Aussagen zur Frühgeschichte der Burg lassen allerdings nur die archäologischen Zeugnisse erwarten. Die Burg wurde 1622 und 1689 zerstört und damals als Steinbruch benutzt. Die Mühle bei der Burg ist von 1596 an belegt, bestand wohl aber schon länger. Die Reste der Mühle und der Burg sind als wertvolle Geschichtszeugnisse zu werten. Sie bilden zusammen mit der heutigen sogenannten Schlossmühle ein Denkmal, dessen Erhaltung aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen in öffentlichem Interesse steht."

Forschung

Die im Sommer/Herbst 2010 erstmals durchgeführten archäologischen Grabungsarbeiten des Landesdenkmalamtes, beruhend auf einem 2008 erstellten geophysikalischen Gutachten, haben nicht nur die Existenz der "Burg unter der Grasnarbe" bestätigt, sondern viele neue Erkenntnisse gebracht. Die zum Teil überraschenden und spektakulären Mauern- und Bodenfunde werden derzeit wissenschaftlich aufgearbeitet, eine Veröffentlichung ist vorgesehen. Unabhängig davon gehen die intensiven Forschungsarbeiten des Arbeitskreises Burg Wersau der "Freunde Reilinger Geschichte" in multidisziplinärer Zusammenarbeit weiter.

Literatur

  • Ernst Brauch: Hockenheim. Stadt im Auf- und Umbruch. 2. Auflage. Selbstverlag, Schwetzingen 1965.
  • Otmar Geiger: Hoggemer Geschichte(n) – Ein Beitrag zur Heimatgeschichte. Hockenheim 1987.
  • Otmar Geiger: div. Fachartikel/Aufsätze über die Burg Wersau und deren Geschichte. In: Schwetzinger Zeitung, Hockenheimer Tageszeitung, Rhein-Neckar-Zeitung und verschiedene Wochenblätter (1982–2010).
  • Uwe Gross: Weitere Funde aus dem Areal der Burg Wersau. In: Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung 16, 1999, ZDB-ID 127933-6, S. 203–218.
  • Ludwig H. Hildebrandt: Die Burg Wersau bei Reilingen. In: Kraichgau . 15, 1997, ZDB-ID 127933-6, S. 105–136.
  • Hans Huth: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim, ohne Stadt Schwetzingen. Deutscher Kunstverlag, München u. a. 1967 (Die Kunstdenkmäler Badens).
  • Hermann Krämer: Geschichte von Reilingen und Wersau. Selbstverlag, Reilingen 1912.
  • Ulrich Mehlhaus: Das Reilinger Findbuch. Nachweis schriftlicher Quellen zur Geschichte von Reilingen (mit Wersau), Rhein-Neckar-Kreis. Freunde Reilinger Geschichte, Reilingen 1992.
  • Meinrad Schaab: Die Königsleute in den rechtsrheinischen Teilen der Kurpfalz. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 111, 1963, ISSN 0044-2607, S. 121–175.
  • Bernhard Schmehrer: 700 Jahre Reilingen. Chronik einer Gemeinde in Nordbaden. Gemeinde Reilingen, Reilingen 1986.
  • Eugen Seyfried: Heimatgeschichte des Bezirks Schwetzingen. Ein Beitrag zur Geschichte der badischen Pfalz. Selbstverlag, Ketsch am Rhein 1926.
  • Staatliche Archivverwaltung Baden-Württemberg (Hrsg.): Die Stadt- und die Landkreise Heidelberg und Mannheim. Amtliche Kreisbeschreibung. Braun, Karlsruhe u. a. (Die Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg).
    • Band 1: Allgemeiner Teil. 1966.
    • Band 3: Die Stadt Mannheim und die Gemeinden des Landkreises Mannheim. 1970.
  • Johann Goswin Widder: Versuch einer vollständigen geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine. Theil 1. Frankfurt u. a. 1786 (Nachdruck: Verlag für Kunstreproduktion Schmidt, Neustadt an der Aisch 1995, ISBN 3-89557-034-6).
  • Johann Goswin Widder: Versuch einer vollständigen geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine. Theil 4. Frankfurt u. a. 1788 (Nachdruck: Verlag für Kunstreproduktion Schmidt, Neustadt an der Aisch 1996, ISBN 3-89557-037-0).
  • Konrad Winkler: Walldorf. Stadt zwischen den Wäldern. Stadt Walldorf, Walldorf 1969.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.reilingen.de/3350_DEU_WWW.php

Wikimedia Foundation.

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