Hasenheide (Straße)

Hasenheide (Straße)
Die Hasenheide mit dem Warenhaus Karstadt von der Hermannstraße Ecke Karl-Marx-Straße aus gesehen

Der Straßenzug Hasenheide in Berlin befindet sich nördlich des Volksparks Hasenheide und erstreckt sich vom Südstern bis zum Hermannplatz. Zum Ortsteil Neukölln gehört die Südseite mit dem Volkspark und dem alten Turnplatz, zum Ortsteil Kreuzberg die Nordseite mit den früheren Schultheiss-Festsälen.

Inhaltsverzeichnis

Weg durch die Heide

Vergnügungspark Alte Hasenheide, Hans Baluschek, 1895

Der Weg führte ursprünglich mitten durch das 1678 angelegte, dem Gebiet seinen Namen gebende kurfürstliche Hasengehege bis zum Rollkrug, einer Pferdewechselstation mit Bierschänke (seit 1737). 1811 wurde hier auf Betreiben von Friedrich Ludwig Jahn der erste öffentliche Turnplatz Deutschlands eingeweiht, der allerdings nicht zuletzt auch der militärisch orientierten Körperertüchigung diente. Das im Volkspark in der Nähe des Eingangs stehende Jahndenkmal erinnert seit 1872 an den Initiator der Deutschen Turnbewegung.

1854 wurde das an die heutige Blücherstraße anschließende Wegstück zwischen dem heutigen Südstern und dem Hermannplatz zur Chaussee ausgebaut, für die sich der Name „Hasenhaide“ (seit 1907 „Hasenheide“ geschrieben) einbürgerte. Die verbesserten Straßenverhältnisse trugen nicht unerheblich dazu bei, die Popularität des seit den 1840er-Jahren zu einem beliebten Ausflugsziel gewordenen Gebietes mit seinen zahlreichen Bier- und Kaffeegärten noch weiter zu steigern. Wer einen richtigen „Rummel“ liebte, den lockten Schaubuden, Schießstände, Verkaufsbuden und Militärkonzerte.

Biergärten, Festsäle und Ballhäuser

Die „Neue Welt“ im Jahr 1881; Aquarell von K. Steinberg
Biergarten „Neue Welt“; Ansichtskarte von 1905

Am Ostende der Straße, bereits auf Rixdorfer Gebiet, ließ der Kaufmann C. Kelch auf dem Gelände der Lehmgrube der ehemaligen Braunschen Ziegelei 1867 eine Brauerei mit Ausschankgarten errichten, die „Bergbrauerei Hasenhaide“ genannt wurde. 1880 pachtete der Gastronom Rudolf Sternecker Garten und Ausschank und errichtete hier ein Vergnügungslokal großen Stils, das er wegen seiner Lage am entfernten Stadtrand „Neue Welt“ nannte. Außer den üblichen Volksbelustigungen gab es die „Indische Halle“, davor eine große Teichanlage mit Springbrunnen und Kaskaden, ein Hippodrom, eine Freiluftmanege sowie eine Halle für den „Ball champetrie“ – den „ländlichen Ball“. Eine besondere Attraktion des Parks war die elektrische Eisenbahn, die Werner von Siemens schon 1879 auf der Gewerbe-Ausstellung in Moabit vorgeführt hatte.

1902 entstand anstelle der großen Gartenhalle und des Ballhauses ein großer Saalbau, an den 1910 ein kleinerer Saal angefügt wurde. Die neuen Säle sahen die Bockbierfeste, die Arbeiterkundgebungen sowie die vielen Weihnachtsfeiern, Sommerfeste und Branchentreffen, die Vereine und Verbände – insbesondere des grafischen Gewerbes – in der „Neuen Welt“ ausrichteten. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Saalbauten schwer beschädigt. 1946 wurde der große Saal wieder aufgebaut und sollte als Varieté-Bühne die Tradition des zerstörten „Wintergartens“ fortführen. Dieser Plan ließ sich jedoch nicht verwirklichen, und so wurde unter dem Namen "Wintergarten" zunächst ein großes Kino daraus, das dem beliebten „Primus Palast“ auf der anderen Straßenseite Konkurrenz machte.

Außer der seit 1875 als „Bergschloßbrauerei“ (Neue Welt) firmierenden Bergbrauerei nennt der Baedeker von 1910 als weitere Brauerei mit Garten die von Franz Happoldt in der Hasenheide 32–38 an der Ecke zur Graefestraße. Sie wurde verkauft und gelangte 1920 schließlich in den Besitz der Schultheiss-Brauerei, die den ältesten Teil der Brauereigebäude umbauen und mit einem Festsaal ausstatten ließ, der den Namen „Orpheum“ trug. Aus diesem Etablissement ging 1951 das bekannte „Neue Ballhaus Resi“ hervor, das Besucher mit Attraktionen wie Tischtelefone, Wasserspiele und einer Rohrpostanlage lockte.

Auch die Unions-Brauerei in der Hasenheide 22–31, zu der Zeit eine der größten Brauereien Berlins, unterhielt einen Biergarten. Das Unternehmen ließ 1889/1890 von Wilhelm Walter (1853–1943) den „Kaisersaal“ (Nr. 31) errichten, der als einziges Gebäude erhalten geblieben ist[1] und heute – wie auch die Höfe am Südstern (Nr. 54)[2] – unter Denkmalschutz steht.

Von der Pferde-Eisenbahn zur „Elektrischen“

Das vom Maler K. Steinberg 1881 festgehaltene Leben und Treiben auf der Straße vor der „Neuen Welt“ zeigt neben anderem die beiden verschiedenen Pferde-Eisenbahn-Wagen. Sie fuhren für die Große Berliner Pferde-Eisenbahn AG auf der 6,13 Kilometer langen Strecke DönhoffplatzHallesches Tor – Hasenheide – Rixdorf.

Die erste elektrische Straßenbahn durch die Hasenheide fuhr am 1. Juli 1899. Sie gehörte zu einer über Rixdorf, Britz, Tempelhof, Schöneberg und Kreuzberg führenden, von der Südlichen Berliner Vorortbahn A.G. betriebenen Ringlinie.

Ab 1954 war die Verkehrspolitik darauf ausgerichtet, die Straßenbahnlinien nach und nach durch Omnibusse zu ersetzen. Am 15. November 1963 wurden schließlich auch die Gleise in der Hasenheide stillgelegt.

Warenhaus am Hermannplatz

Ebenfalls zu den geschützten Objekten gehört das Warenhaus Karstadt (Nr. 1–6) am Hermannplatz, das 1929 eröffnet wurde und damals zu den größten Warenhäusern der Welt gehörte. Auf neun Stockwerken mit insgesamt rund 72.000 m² Nutzfläche (das KaDeWe hatte zu der Zeit weniger als 30.000 m²) waren anfangs rund 4000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Monumentalbau besaß außerdem zwei 56 Meter hohe Türme, eine 4.000 m² große Dachterrasse, mehrere Lkw-Aufzüge sowie einen eigenen Zugang vom U-Bahnsteig; der Abschnitt Hasenheide–Bergstraße (heute Südstern–Karl-Marx-Straße) der Untergrundbahn war am 11. April 1926 in Betrieb gegangen. Der Karstadt-Bau erwies sich schon bald als überdimensioniert. Durch die Wirtschaftskrise bedingt standen bereits 1932 mehrere Stockwerke leer.

1945 wurde das Gebäude von SS-Leuten gesprengt; nur ein kleiner Gebäudeteil an der Hasenheide blieb erhalten. In ihm begann Ende Juli 1945 wieder der Verkauf. 1950 wurde der Wiederaufbau in Angriff genommen, und bis 1951 entstand nach den Plänen des Architekten Alfred Busse an der Hasenheide Ecke Hermannplatz ein viergeschossiger Bau, der an den alten Gebäudeteil anschloss. Das später noch einmal erweiterte Kaufhaus kämpfte seit 2009 als Teil des Arcandor-Konzerns um seinen Bestand und wurde 2010 gesichert.

Die Hasenheide heute

Die großen Biergärten und Tanzpaläste existieren nicht mehr. Das „Resi“ wurde 1977 geschlossen. Jetzt befindet sich an dessen Stelle eine von den Architekten Rainer Oefelein und Bernhard Freund errichtete Wohnanlage.

Brauerei und Ausschank von „Löwen-Böhmisch“ (ehemalige „Bergschloßbrauerei“) wurden 1974 an die Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ verkauft und 1975 geschlossen. Die 1956 wiedereröffnete, für ihre traditionellen Bockbierfeste berühmte „Neue Welt“ war 1982 endgültig am Ende. Seit 1985 beherbergt der umgebaute Saalbau Supermärkte, Fitnesscenter und eine Automatenspiel-Dependance der Spielbank Berlin. Die ehemalige Gartenfläche dient als Kundenparkplatz. Im Haus Hasenheide 69 befindet sich seit einigen Jahren das Brauhaus Südstern.[3]

Am Rande des Jahn-Ehrenhains im Volkspark Hasenheide befindet sich zur Zeit der Sri-Ganesha-Hindu-Tempel Berlin im Bau. Er ist der zweite hinduistische Tempel Deutschlands und, nach dem „Shri Swaminarayan Mandir“ in London, der zweitgrößte Hindutempel Europas. Namensgebend ist die Gottheit Ganesha.

Literatur

  • Berlin Museum: Stadtbilder – Berlin in der Malerei vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nicolaische Verlagsbuchhandlung und Verlag Willmuth Arenhövel, Berlin 1987, ISBN 3-87584-212-X, S. 88.
  • Max Kretzer: Wilder Champagner. In: Ruth Glatzer (Hrsg.): Berlin wird Kaiserstadt. Siedler Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-88680-474-7, S. 229.

Weblinks

 Commons: Hasenheide – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  2. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  3. http://www.brauhaus-suedstern.de/
52.48777777777813.415555555556

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