Max Wundt

Max Wundt

Max Wundt (* 29. Januar 1879 in Leipzig; † 31. Oktober 1963 in Tübingen) war ein antisemitischer und nationalsozialistischer deutscher Philosoph.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Max Wundt, der Sohn von Wilhelm Wundt besuchte in Leipzig die Nicolaischule.[1] Nach dem Abitur studierte er in Leipzig, Freiburg, Berlin und München deutsche und klassische Philologie und Philosophie. Nach der Promotion 1903 mit einer historischen Arbeit über Herodot bei Justus Hermann Lipsius[2] in Leipzig begab sich Wundt für ein Jahr auf Reisen nach Italien und Griechenland. 1906 wurde er Probekandidat am Gymnasium in Dresden-Neustadt. Nach seiner Habilitation 1907 bei Theobald Ziegler und Clemens Baeumker zum Thema „Intellektualismus in der griechischen Ethik“ arbeitete er als Privatdozent in Straßburg. Dort heiratete er die Tochter des Nationalökonomen Freiherr August Satorius von Weitershausen Senta (1885-1961).

Wundt wurde im August 1914 zum Wehrdienst einberufen und kam bereits im Januar 1915 zu Einsatz im Feld. Im Mai 1915 wurde er zum Leutnant der Reserve befördert und als Kompanieführer eingesetzt. Gegen den Widerstand Natorps[3] wurde Wundt aufgrund der Fürsprache Erich Jaenschs zum Sommersemester 1918 a.o. Professor in Marburg. Im Herbst 1918 arbeitete er einige Monate an der wiedereröffneten Universität Dorpat. Im Jahr 1920 folgte er auf Betreiben Bruno Bauchs einem Ruf als ordentlicher Professor nach Jena als Nachfolger Rudolf Euckens. Von 1929 bis zu seiner Emeritierung 1945 war Wundt als Philosophiehistoriker an der Universität Tübingen tätig.

Philosophie und Weltanschauung

Wundt befasste sich bis zum Ersten Weltkrieg vorrangig mit der Geschichte der griechischen Philosophie. Dabei ging es ihm weniger um philologische Forschungen als um die Interpretation in Bezug auf die Gegenwart. Im vorsokratischen Denken steht die Figur des Weisen im Vordergrund. Demgegenüber emanzipiert sich die Philosophie in der Klassik. Durch Individualisierung kommt es dann im Hellenismus zu einem Rückfall in die mystischen Anfänge. Die griechische Philosophie muss stets auf ihr christliches Telos bezogen werden. Den Platonismus bestimmt er als „Wiedergeburt der Kultur aus dem Geiste des Subjekts.“ Platons Idealismus dient dem Menschen in Krisenzeiten zur Ausrichtung auf höhere Ziele.[4]

In Marburg las Wundt unter anderem über die „Philosophie des Krieges“. In einer 1918 gehaltenen Rede über die „Deutsche Staatsauffassung“ bezeichnete er „Befehl und Gehorsam“ als Grundlage eines jeden sittlichen Verhältnisses.[5] Die allgemeine Begeisterung der Deutschen bei Kriegseintritt 1914 empfand er noch 1920 als einen Moment „als ein heiliges Gefühl das deutsche Volk in allen seinen Gliedern und Ständen zusammenschmolz, und ein Bewusstsein der inneren Einheit und des wahren Wertes seiner selbst in glühender Begeisterung zum Durchbruch kam.“[6]

Max Wundt zählte zu denen, die die Weimarer Republik von vorn herein ablehnten: „Dieser Staat ist undeutsch von der Wurzel bis zum Gipfel.“[7] Er trat bereits früh mit völkisch nationalen und antisemitischen Gedanken in die Öffentlichkeit.[8] Wundt war entsprechend auch Mitglied des antisemitischen „Deutschen Hochschulrings für Dozenten“.[9] Die Betroffenheit von den politischen Veränderungen zeigt sich auch in den Schriften Wundts nach dem Weltkrieg, die sich nun nahezu ausschließlich mit der politischen Situation der Gegenwart aus der völkischen Perspektive befassen. In der Ethik verfolgte er das Projekt einer „Deutschen Ethik“ auf der Grundlage der Werte Treue und Ehre. Neben einer Reihe von Büchern schrieb Wundt regelmäßig in einschlägigen Zeitschriften, so Deutschlands Erneuerung, Kreuzzeitung, der radikalvölkischen Sonne, im Türmer, im Deutschen Adelsblatt. Dazu war Wundt schon 1917/18 Mitbegründer der konservativen, als Gegengewicht gegen die Kant-Studien gerichteten „Deutschen Philosophischen Gesellschaft“. 1920 war er Mitbegründer der „Gesellschaft Deutscher Staat“, einer extrem konservativen, der DNVP nahe stehenden Vereinigung von Hochschullehrern, deren Vorsitzender er 1924 war. 1925 trat er in den Gesamtvorstand des „Alldeutschen Verbandes“ ein und 1927 wurde er Mitherausgeber der am Ständestaat orientierten Zeitschrift „Nationalwirtschaft“.[10] Ab 1932 unterstützte er RosenbergsKampfbund für deutsche Kultur“. In Tübingen betrieb Wundt gemeinsam mit Gerhard Kittel die „Forschungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des Neuen Deutschlands“.[11] Einen Bericht dieses Arbeitskreises, veröffentlicht 1937 als Das Judentum in der Philosophie sowie 1939 als Artikel im Völkischen Beobachter,[12] stufen George Leaman und Gerd Simon als „krassesten“ Rassismus ein.[13]

Nach dem Zweiten Weltkrieg befasste Wundt sich wieder mit der Philosophie der Antike, der Aufklärung und dem Deutschen Idealismus.

In der Sowjetischen Besatzungszone wurden Wundts Schriften Was heißt völkisch? (Beyer, Langensalza 1924), Deutsche Weltanschauung. Grundzüge des völkischen Denkens (Lehmann, München 1926), Volk, Volkstum, Volkheit (Beyer, Langensalza 1927), Aufstieg und Niedergang der Völker (Lehmann, München 1940) und Die Wurzeln der deutschen Philosophie in Stamm und Rasse (Junker und Dünnhaupt, Berlin 1944) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[14][15] In der Deutschen Demokratischen Republik folgten auf diese Liste noch seine Bücher Der ewige Jude. (Lehmann, München 1926) und Die Ehre als Quelle des sittlichen Lebens in Volk und Staat (2. Auflage, Beyer, Langensalza 1937).[16]

Schriften

Auswahl

  • Der Intellektualismus in der griechischen Philosophie, W. Engelmann, Leipzig 1907
  • Geschichte der griechischen Ethik, 2 Bände, W. Engelmann, Leipzig 1908/1911
  • Wilhelm Meister und die Entwicklung des modernen Lebensideals, Berlin-Leipzig 1913
  • Platons Leben und Werk, Jena 1914
  • Griechische Weltanschauung, 2. Aufl. Leipzig-Berlin 1917
  • Plotin. Studien zur Geschichte des Neuplatonismus, Leipzig 1919
  • Die deutsche Philosophie und ihr Schicksal, Erfurt 1920 (hrsg. Von der Deutschen Philosophischen Gesellschaft: Beiträge zur Philosophie des Idealismus)
  • Vom Geist unserer Zeit, 2. Aufl. München 1922
  • Staatsphilosophie. Ein Buch für Deutsche, München 1923
  • Kant als Metaphysiker. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Philosophie im 18. Jahrhundert. Stuttgart 1924
  • Die Treue als Kern deutscher Weltanschauung, Langensalza 1924 (3. Aufl. 1937)
  • Was heißt völkisch?, Langensalza 1924 (3. Aufl. 1925, 4. Aufl. 1927 als Volk, Volkstum, Volkheit)
  • Die Zukunft des deutschen Staates, 2. Aufl. Langensalza 1925
  • Der ewige Jude, J. F. Lehmann, München 1926
  • Deutsche Weltanschauung. Grundzüge völkischen Denkens, München 1926
  • Deutsche Weltanschauung. Eine Entgegnung. In: Völkischer Beobachter, 18. Feb. 1927
  • Johann Gottlieb Fichte. Sein Leben und seine Lehre, Frommann, Stuttgart Berlin 1927 (Nachdruck Frommann-Holzboog Stuttgart 1976)
  • Fichte-Forschungen, Frommann, Stuttgart 1929 (Nachdruck Frommann-Holzboog, Stuttgart 1976)
  • Von Platon zu Aristoteles. Bemerkungen zur Entwicklung der griechischen Staatsidee. In Karl Larenz (Hrsg.): Rechtsidee und Staatsgedanke. Festschrift Julius Binder. Berlin 1930, S. 188-206.
  • Geschichte der Metaphysik, Berlin 1931
  • Zu Hegels Gedächtnis. In: Völkischer Beobachter, Reichsausgabe, 14. Nov. 1931, 1. Beiblatt.
  • Der Sinn der Universität im deutschen Idealismus, Stuttgart 1933
  • Der Gedanke des Volkstums in der Geschichte der Philosophie. In: Ganzheit und Struktur. Festschrift zum 60. Geburtstage Felix Kruegers. Band III: Geistige Strukturen. München 1934, S. 9-27.
  • Platon als völkischer Denker. In: Aus Unterricht und Forschung, Band 6, 1934, S. 124-128
  • Platons Parmenides, Stuttgart-Berlin 1935
  • Kant und der deutsche Geist. In: Archiv für die gesammte Psychologie, Band 97, 1936, S. 106-116.
  • Das Judentum in der Philosophie. In: FzJ, Band 2, S. 75-87
  • Ewigkeit und Endlichkeit. Grundzüge der Wesenslehre, Stuttgart 1937
  • Die Ehre als Quelle sittlichen Lebens in Volk und Staat, Langensalza 1937
  • Die deutsche Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts, Tübingen 1939
  • Die Sachlichkeit der Wissenschaft. Wissenschaft und Weisheit. Zwei Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1940
  • Aufstieg und Niedergang der Völker. Gedanken über Weltgeschichte auf rassischer Grundlage, München-Berlin 1940
  • Christian Wolff und die deutsche Aufklärung. In: Theodor Haering (Hrsg.): Das Deutsche in der deutschen Philosophie. Stuttgart-Berlin 1941, S. 227-247
  • Die Wurzeln der deutschen Philosophie in Staat und Rasse, Berlin 1944
  • Die deutsche Schulphilosophie im Zeitalter der Aufklärung, Tübingen 1945 (Nachdruck G. Olms, Hildesheim 1964, 1992)
  • Hegels Logik und die moderne Physik, Opladen 1949
  • Untersuchungen zur Metaphysik des Aristoteles, Stuttgart 1953

Literatur

  • Hans_Joachim Dahms: Jenaer Philosophen in der Weimarer Republik, im Nationalsozialismus und in der Folgezeit bis 1950, in: Uwe Hossfeld u.a. (Hrsg.): Kämpferische Wissenschaft: Studien zur Universität Jena im Nationalsozialismus, Böhlau, Köln 2003, 723-771

Einzelnachweise

  1. Zu den biographischen Angaben siehe; Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, Akademie, Berlin 2002, insbesondere 123-129 und 282-284.
  2. Max Wundt: De Herodoti elucutione cum sophistarum comparata, Diss. Leipzig 1903.
  3. Ulrich Sieg: Aufstieg und Niedergang des Marburger Neukantianismus, Könighausen & Neumann, Würzburg 1994, 380-381
  4. Ulrich Sieg: Aufstieg und Niedergang des Marburger Neukantianismus, Könighausen & Neumann, Würzburg 1994, 380-381.
  5. Max Wundt: Deutsche Staatsauffassung, in: Deutschlands Erneuerung (2) 1918, 199-202, abgedruckt in: Klaus Böhme (Hrsg.): Aufrufe und Reden deutscher Professoren im ersten Weltkrieg, Stuttgart 1975, 152-157, 154.
  6. Max Wundt: Vom Geiste unserer Zeit, München 1920, 50; zitiert nach Ulrich Sieg: Aufstieg und Niedergang des Marburger Neukantianismus, Könighausen & Neumann, Würzburg 1994, 386.
  7. Max Wundt: Vom Geist unserer Zeit, München 1920, 130.
  8. Max Wundt: Staatsphilosophie für Deutsche, München 1923 und ders.: Der ewige Jude, München 1926.
  9. Kurt Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die Ideen des deutschen Nationalsozialismus zwischen 1918 und 1933, München 1962, 273.
  10. Aufzählung dieser Aktivitäten bei: Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, Akademie, Berlin 2002, 126 FN 320.
  11. Bericht des Arbeitskreises „Universität Tübingen im Nationalsozialismus”: Juden an der Universität Tübingen im Nationalsozialismus vom 19. Januar 2006
  12. George Leaman: Heidegger im Kontext. Gesamtüberblick zum NS-Engagement der Universitätsphilosophen, Hamburg-Berlin 1993, 88
  13. George Leaman, Gerd Simon: Die Kant-Studien im Dritten Reich, publiziert in Kant-Studien 85, 1994, 443-469, (S. 34 FN 106 der pdf-Version).
  14. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-w.html
  15. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-w.html
  16. http://www.polunbi.de/bibliothek/1953-nslit-w.html

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