- Dallara
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Dallara Automobili ist ein Rennwagenhersteller aus Varano Melegari bei Parma, Italien. Dallara konstruiert mit unterschiedlichem Erfolg Chassis für zahlreiche Rennsportklassen. In der Formel 3 und der Indy Racing League werden nahezu ausschließlich Dallara-Fahrgestelle verwendet; in der Formel 1 hingegen ist der Dallara der Durchbruch bislang nicht gelungen.
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Das Unternehmen wurde 1972 von dem Ingenieur Gian Paolo Dallara gegründet, der zuvor Automobile und Rennwagen für Ferrari, De Tomaso und Lamborghini konstruiert hatte. Anfänglich entwarf und baute Dallara Chassis für Sportwagen- und Bergrennen. Seit 1978 ist Dallara als Chassishersteller in der italienischen Formel 3 vertreten, wo seither alle Meisterschaften gewonnen wurden. 1987 konstruierte Dallara ein Formel 3000-Fahrzeug, das in jenem Jahr von den Teams Euroventurini und Forti Corse eingesetzt wurde und erhebliche Defizite aufwies. 1988 stieg Dallara als Konstrukteur von Beppe Lucchinis Team Scuderia Italia in die Formel 1 ein. Die Verbindung hielt bis 1992, war aber nur von geringen Erfolgen gekrönt. Seit den 1990er Jahren entwickelte Dallara im Auftrag unterschiedlicher Unternehmen weitere Fahrzeuge für die Formel 1, die entweder nicht zum Einsatz kamen oder sich als nicht konkurrenzfähig erwiesen.
1993 entwickelte Dallara ein Formel-3-Chassis, das innerhalb kurzer Zeit die konkurrierenden Fahrzeughersteller Reynard und Ralt fast vollständig aus den meisten Formel-3-Meisterschaften verdrängen konnte. Auch das Dallara-Chassis für die Indy Racing League, das erstmals 1997 eingesetzt wurde, genießt ein Quasi-Monopol in dieser Rennserie.
Seit 2002 ist Dallara Fahrwerkslieferant der damaligen World Series by Nissan sowie deren Nachfolger, der World Series by Renault und löste damit Coloni als Hersteller der Einheitschassis ab. Die Formel-1-Nachwuchsklasse GP2-Serie wird ebenfalls exklusiv mit Dallara-Chassis gefahren.
1993 stieg Dallara mit dem Ferrari 333SP wieder erfolgreich in den Sportwagenrennsport ein. Später entwickelte Dallara die Rennversion des Ferrari F50, die Aerodynamik des Toyota GT-One, sowie einige Versionen des Audi R8, des dominierenden Wagens der letzten Jahre bei den 24 Stunden von Le Mans und in der ALMS-Serie. Das letzte Projekt von 2006/2007 war die Produktion des KTM X-Bow, eines Rennwagens für die Straße für ca € 45.000.
Dallara in der Formel 1
Dallara 191 aus dem Jahr 1991. Die Unternehmensgruppe des Teaminhabers Giuseppe Lucchini wirbt auf den Seitenkästen.Williams und De Tomaso
Den ersten Kontakt zur Formel 1 hatte Giampaolo Dallara 1970, als er für den argentinisch-italienischen Unternehmer Alejandro de Tomaso ein Formel-1-Chassis konstruierte. Der als De Tomaso 308/505 bezeichnete Wagen wurde in der Formel-1-Saison 1970 von Frank Williams Racing Cars eingesetzt. Das Auto ist weniger für seine Erfolge bekannt als für den Umstand, dass der britische Rennfahrer Piers Courage in ihm beim Großen Preis der Niederlande im Spätsommer 1970 tödlich verunglückte.
BMS Scuderia Italia
15 Jahre nach dem Unfall Courages hatten die von Dallara entwickelten Rennwagen vor allem durch ihre Erfolge in der Formel 3 einen guten Ruf. Als sich der Unternehmer Giuseppe Lucchini, der einen im Tourenwagensport engagierten Rennstall unterhielt, nach dem Ende der Turbo-Ära für einen Einstieg seines Teams in die Formel 1 interessierte, schien es naheliegend, die künftigen Formel 1-Chassis bei Dallara entwickeln zu lassen, um den Aufbau eines eigenen Entwicklungszentrums zu vermeiden. Ein ähnliches Konzept verfolgte zur gleichen Zeit beispielsweise Gérard Larrousse, der seine Formel-1-Fahrzeuge bei Lola entwickeln und bauen ließ.
Die Allianz zwischen Dallara und Lucchini dauerte von 1988 bis 1992. In diesen Jahren entwickelte Dallara fünf Fahrzeugtypen, die Motoren von Cosworth (1988 bis 1990), Judd (1991) und Ferrari (1992) erhielten. Das Team setzte überwiegend italienische Fahrer ein. Für BMS-Dallara fuhren Alex Caffi (1988–1989), Andrea de Cesaris (1989–1990), Gianni Morbidelli (1990), Emanuele Pirro (1990–1991), JJ Lehto (1991–1992) und Pierluigi Martini (1992).
Die Erfolge blieben bescheiden. Dallaras Autos standen in unmittelbarer Konkurrenz zu den Fahrzeugen des schwach finanzierten Minardi-Teams, das, abgesehen von einer Ausnahme, in der Konstrukteurswertung üblicherweise besser platziert war. In den fünf Jahren der Partnerschaft zwischen Dallara und BMS konnte als bestes Resultat ein dritter Platz von JJ Lehto beim Grand Prix von San Marino 1991 eingefahren werden. Im ersten Jahr wie auch 1990 erreichte das Team keine Punkte in der Konstrukteursmeisterschaft, 1989 und 1991 wurde es jeweils Achter mit acht (1989) beziehungsweise drei Punkten (1991), und 1992 schloss es die Meisterschaft mit zwei Punkten als Zehnter ab.
In der Formel-1-Saison 1992 übernahm Andrea Moda Formula die Hinterachskonstruktion des Dallara BMS 191 und verband sie mit dem veralteten Chassis des Coloni C4. Das Fahrzeug wurde für Alex Caffi und Enrico Bertaggia unter der Bezeichnung Andrea Moda Coloni C4B zur Formel-1-Weltmeisterschaft 1992 gemeldet, kam aber nicht zum Einsatz, da das Team zu Saisonbeginn (zunächst) disqualifiziert wurde.
Honda
1999 baute Dallara für Honda vier Exemplare des von Harvey Postlethwaite entwickelten Honda RA099, der Vorstufe eines Fahrzeugs, mit dem Honda im Jahr 2000 werksseitig in die Formel-1-Weltmeisterschaft zurückkehren wollte. Jos Verstappen testete den RA099 bei verschiedenen Anlassen. Das Projekt wurde allerdings im Frühjahr 1999 nach dem Tod Postlethwaites beendet..[1]
Hispania Racing F1 Team
2009 wurde Dallara von Adrián Campos beauftragt, für sein neu gegründetes Team Campos Grand Prix ein Formel-1-Fahrzeug zu entwickeln. Nachdem Campos in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, übernahm Hispania Racing F1 Team das Projekt und setzte Dallaras Auto in der Formel-1-Saison 2010 unter der Bezeichnung HRT F110 ein. Der Wagen wurde erst wenige Stunden vor dem ersten Rennen der Saison 2010 fertiggestellt und erwies sich im Laufe des Jahres als nicht konkurrenzfähig. Teammitarbeiter führten das im Wesentlichen darauf zurück, dass der Wagen in seiner Gesamtheit nicht dem Stand der Formel 1 entspreche; Dallara habe an vielen Stellen simple, veraltete Lösungen gewählt.[2][3] HRT löste die Verbindung zu Dallara im Mai 2010 und entwickelte das Fahrzeug eigenverantwortlich weiter.[4]Formel-3-Meisterschaften späterer Formel-1-Piloten mit Dallara
- Jean Alesi: französischer Formel-3-Meister 1987
- Jos Verstappen: deutscher Formel-3-Meister 1993
- Giancarlo Fisichella: italienischer Formel-3-Meister 1994
- Pedro de la Rosa: japanischer Formel-3-Meister 1995
- Ricardo Zonta: südamerikanischer Formel-3-Meister 1995
- Jarno Trulli: deutscher Formel-3-Meister 1996
- Nick Heidfeld: deutscher Formel-3-Meister 1997
- Takuma Satō: britischer Formel-3-Meister 2001
Literatur
- Adriano Cimarosti: Das Jahrhundert des Rennsports. Stuttgart 1997, ISBN 3-613-01848-9
- David Hodges, Rennwagen von A-Z nach 1945, 1. Auflage Stuttgart (Motorbuch Verlag) 1993.
- Sam Collins: Unraced, Formula One´s Lost Cars; Veloce 2007. ISBN 978-1-84584-084-6 (engl.) (zum bei Dallara gebauten Honda RA 099).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Zum Honda RA099 vgl. Collins: Unraced, S. 49 ff.
- ↑ vgl. Motorsport Aktuell, Heft 15/2010, S. 21
- ↑ „Bei weitem kein Formel-1-Standard“: Interview mit Geoff Willis auf www.motorsport-total.com
- ↑ HRT baut für 2011 ein eigenes Auto. Notiz auf www.motorsport-total.com (vom 6. Mai 2010)
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