Dorla (Gudensberg)

Dorla (Gudensberg)
Dorla
Stadtteil von Gudensberg
Koordinaten: 51° 10′ N, 9° 19′ O51.1684861111119.3195388888889190Koordinaten: 51° 10′ 7″ N, 9° 19′ 10″ O
Höhe: 190 m ü. NN
Einwohner: 400 (Dez. 2005)
Eingemeindung: 1. Jan. 1972
Postleitzahl: 34281
Vorwahl: 05603

Dorla ist ein Dorf und seit 1. Januar 1971 ein Ortsteil der nordhessischen Kleinstadt Gudensberg im Schwalm-Eder-Kreis. Das Dorf hat etwa 400 Einwohner. Es liegt 3 km südwestlich der Kernstadt Gudensberg an der Kreisstraße K80 und der ehemaligen Bundesstraße B3 (heute als Landesstraße 3150 Umgehungsstraße) und westlich der Bundesautobahn 49. auf einem nach Süden geneigten Geländesattel in einer Schleife des Eder-Zuflusses Ems. Die Gemarkung Dorla hat eine Fläche von etwa 230 Hektar.

Inhaltsverzeichnis

Dorfbild und Sehenswürdigkeiten

Dorla ist ein geschlossenes Haufendorf mit regellosem Grundriss und vielen, zumeist schön restaurierten Fachwerkhäusern in dichter Gehöftanordnung im alten Ortskern um die Dorfkirche. Der mehr als hundert Jahre alte Friedrichsbrunnen im Dorf ist beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war Landwirtschaft auf den fruchtbaren Böden der Fritzlarer Börde die Basis des örtlichen Erwerbslebens. Noch heute ist man stolz auf einen alten, in Lesebüchern verbreiteten Spruch, der sich auf die besondere Fruchtbarkeit des Bodens bezieht: „Dorla, Werkel, Lohne - Hessenlandes Krone“. Heute findet die Mehrzahl der Einwohner Arbeit als Pendler in den umliegenden Städten.

Kirche

Die 1718 erbaute Kirche in der Mitte des Dorfes, mit Mansarddach und barockem Glockenturm, ist mit außergewöhnlicher Bauernmalerei an der Empore und den Außenwänden verziert. Der Tod spielt in der Symbolik der zahlreichen bildlichen Darstellungen eine zentrale Rolle. Auch die Kirchenbänke fallen farblich aus dem üblichen Rahmen; sie sind marmoriert, und ihr Farbenspektrum reicht von dunkelbraun über rotbraun bis flaschengrün. Viele Bänke tragen noch heute die Namen der Familien, die früher auf ihnen ihren angestammten Platz hatten.

Kandelaber-Linde

Eine etwa 22 Meter hohe und um die 500 Jahre alte Linde auf dem Friedhof im Dorf hat sechs aufrecht wachsende Stämme und sieht daher aus wie ein sechsarmiger Kandelaber. Der Baum war durch Spaliere und Gerüste in diese Form gebracht worden und hatte einst sogar sieben aufrecht wachsende Stämme, so genannte „Kerzen“. Die Linde diente auch als Gerichtsbaum, und der Vogt des Landeshospitals Merxhausen, dem das Dorf seit 1535 gehörte, hielt dort noch bis 1802 mindestens zweimal jährlich seine Gerichtstage.[1]

Geschichte

Mittelalter

Im Jahre 860 wird der fränkische Adlige Erphold als erster Graf in Tonna genannt. Dieser gilt auch als Gründer und Namensgeber von Erfurt. König Ludwig der Deutsche hatte ihm den Ort Tonna übergeben. Allerdings starb das Geschlecht mit Erphold im gleichen Jahr aus. Kurz vor seinem Tod soll er seine Besitztümer im Grabfeld und im oberen Eichsfeld der Abtei Fulda und dem Stift Würzburg geschenkt haben. In dieser Urkunde wird auch Dorla (Thurailohun) genannt.[2] Das Dorf wird im Jahre 1040 urkundlich erwähnt, als Erzbischof Bardo von Mainz durch Tausch Güter und Unfreie des Klosters Kaufungen in Durloon erwarb. Das Dorf war Eigentum der Grafen von Ziegenhain (Nachkommen der Grafen von Reichenbach), die es mitsamt der niederen Gerichtsbarkeit an in der Gegend sesshafte Adelige zu Lehen gaben. So ist bekundet, dass das halbe Gericht Dorla, Ziegenhainer Lehen, im Jahre 1313 von den Herren Hund zu Holzhausen an die Herren von Wehren verkauft wurde. Aus dem Jahre 1390 ist beurkundet, dass Graf Engelbert III. von Ziegenhain die Hund von Holzhausen mit dem halben Gericht und einer Hube in Dorla belehnte. Schon sieben Jahre später, 1397, kaufte das Kloster Breitenau das Dorf, das halbe Gericht und das Kirchenpatronat in Dorla von den Herren von Wehren. Die andere Hälfte des Gerichts Dorla wurde im folgenden Jahr von Engelbert III. von Ziegenhain an die Herren von Wehren zu Lehen gegeben. 1399 verzichteten die Hund von Holzhausen gegenüber dem Kloster Breitenau auf alle ihre Ansprüche an Dorla. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu wiederholten Besitzwechseln. Graf Johann II. von Ziegenhain belehnte das Kloster Breitenau im Jahre 1416 mit dem Dorf Dorla. 1424 belehnte er Hermann von Hertingshausen mit dem halben Dorf Dorla, der wiederum das halbe Gericht Dorla umgehend für 9 Jahre an das Kloster Breitenau versetzte. 1436 belehnte Graf Johann II. das Kloster Breitenau mit Dorf und Gericht Dorla. Diese Belehnung wurde nach dem Tod Johanns und dem darauf folgenden Anfall der Grafschaft Ziegenhain an die Landgrafschaft Hessen bis 1498 mehrfach durch die Landgrafen erneuert.

Neben den Lehnsherren und Lehnshaltern des Dorfes als solchem hatten auch andere weltliche und geistliche Herren bzw. Institutionen Besitz in Dorla oder bezogen Einkünfte aus Dorla, und diese Rechte wurden oftmals verkauft, verpfändet, wieder eingelöst, verschenkt, vererbt oder getauscht. So sind in den Jahren zwischen 1209 und 1528 als Besitzer von Gütern beurkundet: das Kloster Breitenau, das Petersstift in Fritzlar, das Kloster Ahnaberg in Kassel, das Stift St. Martin in Heiligenstadt, das Kloster Spieskappel, das Kloster Haina, verschiedene Kanoniker und Domherren aus Fritzlar, und die Ritter von Venne, von Riedesel, die von Herzenrode, von Gleichen und von Falkenberg. In der gleichen Zeit bezogen u. A. das Fritzlarer Petersstift, das Stift St. Stephan in Mainz und die Hund von Holzhausen Einkünfte aus Dorla.

Neuzeit

Nach der Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen durch Landgraf Philipp nach der Homberger Synode im Jahre 1526 und der damit verbundenen Säkularisation der Klöster übertrug Philipp das Dorf im Jahre 1535 dem aus dem Kloster Merxhausen geschaffenen Landeshospital Merxhausen. 1557 überließ er Dorf und Kirchenpatronat Dorla endgültig dem Landeshospital im Tausch gegen andere Güter. Verwaltungsrechtlich gehörte Dorla nunmehr zum Amt Gudensberg; die niedere Gerichtsbarkeit lag beim Landeshospital Merxhausen, die peinliche Gerichtsbarkeit beim Landgrafen.

Während des kurzlebigen Königreichs Westphalen (1807-1813) gehörte Dorla zum Kanton und Friedensgericht Gudensberg. Mit der Wiederherstellung von Kurhessen war das Dorf wieder Teil des Amts Gudensberg, dann ab 1821 Teil des im Zuge der kurhessischen Verwaltungsreform neu geschaffenen Landkreises Fritzlar. Die Gerichtsbarkeit lag nunmehr beim Justizamt Fritzlar, bzw. ab 1867 (nach der Annexion von Hessen-Kassel durch Preußen) beim Amtsgericht Fritzlar. Ab 1932 war das Dorf Teil des neuen Landkreises Fritzlar-Homberg, und seit der hessischen Gebietsreform von 1974 ist es Teil des Schwalm-Eder-Kreises.

Kirchengeschichte

Kirchengeschichtlich ist beurkundet, dass das Kloster Breitenau im Jahre 1397 mit dem Dorf und dem halben Gericht auch das Kirchenpatronat kaufte. Im Jahre 1487 wird eine dem Hl. Matthäus geweihte Kapelle erwähnt. 1525 war Dorla eine selbständige Pfarrei, ab 1569 dann Filialkirche von Wehren. Das Kirchenpatronat wurde 1557 durch Landgraf Philipp dem Landeshospital Merxhausen übertragen.

Besondere Ereignisse

Am 8. Juni 1454, in der blutigsten Phase der Bundesherrenfehde zwischen verfeindeten niederhessischen Adelsgeschlechtern, wurden Hermann Hund, Heinrich Schenck zu Schweinsberg, Hans von Born, Heinrich von Wallenstein und Heinrich/Henne von Grifte in der Nähe von Dorla von Johann von Meisenbug und dessen Leuten überfallen und erschlagen.[3]

Einwohnerentwicklung und Religion

Das Dorf war nie sehr groß. Im 16. und 17. Jahrhundert sind jeweils 16 Hausgesesse bekundet. 1735 werden 21 Mannschaften erwähnt. 1742 gab es 25 Häuser, 1747 26 Hausgesesse. Einwohnerzahlen als solche sind erst ab 1834 bekannt, als 290 Menschen im Dorf lebten. 1835 waren es 296, darunter 7 Juden. Aus- und Abwanderungen in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts führten zu einem starken Rückgang der Einwohnerzahl: 1885 gab es nur noch 216 Einwohner, 1925 mit 233 und 1939 mit 240 kaum mehr. Erst die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs führten durch Ausgebombte und Heimatvertriebene zu einem starken Anstieg der Dorfbevölkerung, so dass im Jahre 1950 insgesamt 386 Personen ansässig waren. 1961 war die Zahl wieder auf 312 gesunken. Heute sind es etwa 400.

Seit der Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen ist die Dorfbevölkerung überwiegend evangelisch. Die wenigen im Jahre 1835 vermerkten jüdischen Einwohner sind später nicht mehr erwähnt und dürften wohl ins nahe Gudensberg mit seiner verhältnismäßig großen jüdischen Gemeinde gezogen sein. Heute sind etwa 15 % der Einwohner katholischen Glaubens.

Einzelnachweise

  1. Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) vom 29. Januar 2009.
  2. Guido Reinhardt: Geschichte des Marktes Gräfentonna, Langensalza 1892.
  3. http://www.suehnekreuz.de/hessen/dorla.htm

Literatur

  • Werner Ide, Von Adorf bis Zwesten, Bernecker, Melsungen, 1972

Weblinks


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