Drogenkrieg in Mexiko

Drogenkrieg in Mexiko
Mexikanisches Militär im Kampf im Bundesstaat Michoacán (2007)

Als Drogenkrieg in Mexiko werden die bewaffneten Konflikte in Mexiko bezeichnet, die sowohl von Polizei- und Militäreinheiten gegen die im Drogenhandel tätigen kriminellen Organisationen (sog. mexikanische Drogenkartelle) als auch unter den Angehörigen der Drogenkartelle selbst ausgetragen werden. Seit 2006 hat der Drogenkrieg über 35.000 Opfer gefordert. Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung bewertete 2010 den Konflikt neu als innerstaatlichen Krieg.[1]

Zurzeit stehen ungefähr 50.000 Armeeangehörige und 35.000 Bundespolizisten gegen schätzungsweise 300.000 Angehörige der mexikanischen Drogenkartelle und ihre paramilitärischen Einheiten im Einsatz. Die Drogenkartelle kämpfen mit hochmodernen Schusswaffen sowie mit Granatwerfern und Handgranaten. Sie haben mittels ihrer territorialen Herrschaft in einigen Grenzregionen zu den USA das Gewaltmonopol des mexikanischen Staates faktisch außer Kraft gesetzt.[2]

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung des Konflikts

Karte aller Bundesstaaten Mexikos (rot: heftige Konflikte)

Entstehung

Gewalttätige Konflikte zwischen den Drogenkartellen gab es bereits in den 1990er und in den frühen 2000er Jahren. So wurden während der sechsjährigen Amtszeit von Vicente Fox (2000 bis 2006) etwa 9000 Personen in Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Drogenhandel getötet. Die mexikanische Regierung verhielt sich trotzdem lange passiv. Dies änderte sich erst mit der Wahl des mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón, der die Bekämpfung der organisierten Drogenkriminalität in Mexiko zu einem seiner wichtigsten Ziele für seine Amtszeit 2006 bis 2012 erklärte. Am 11. Dezember 2006 sandte er 6500 Militärangehörige in den Bundesstaat Michoacán, um die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Drogenkartellen zu beenden. Diese Handlung gilt allgemein als der Beginn des Drogenkrieges zwischen dem mexikanischen Staat und den Drogenkartellen.

Konfliktparteien

Polizei

Zur mexikanischen Polizei werden die Polizeikräfte der Gemeinden, Städte und Bundesstaaten sowie die zentrale Bundespolizei gezählt. Am meisten Polizisten (über 425.000) arbeiten für die Gemeinden; die Munizipalpolizei ist häufig schlecht entlohnt und wenig ausgebildet. Die Bundespolizei besteht aus ungefähr 34.500 Polizisten. Weil jeder Gliedstaat und jede Gemeinde ein eigenes Corps hat, gibt es über 2000 Einheiten. Die von Präsident Calderón angestrebte Vereinheitlichung der Polizei stößt indessen im Parlament auf Widerstand der kommunalen Behörden und der Gouverneure der Bundesstaaten. [3]

Das Korps der Munizipalpolizei gilt als besonders anfällig für Korruption.[4] Es werden immer wieder Fälle bekannt, in denen kommunale Polizisten selbst kriminell verwickelt waren oder sogar Angehörige anderer staatlicher Behörden ermordeten. Aber auch die Bundespolizei gilt als korrumpierbar. So wurde im August 2010 die Entlassung von ungefähr 4700 Bundespolizisten angekündigt, weil sie sich nicht als vertrauenswürdig erwiesen hätten. [5] Nach Schätzungen sollen 5 bis 15 Prozent der Sicherheitskräfte mit den Kartellen zusammen arbeiten.[6]

Militär

Die mexikanischen Streitkräfte, die sich in die Bereiche Heer und Marine trennen, unterstehen dem mexikanischen Verteidigungsministerium. Von den ungefähr 200.000 Militärangehörigen sind über 50.000 Soldaten im Drogenkrieg engagiert.

Drogenkartelle

Einflussbereiche der Kartelle in Mexiko (2008)

Die bereits in den 1990er-Jahren entstandenen Drogenkartelle [7] (Golf-Kartell, Juárez-Kartell, Tijuana-Kartell und das unterdessen mächtigste Drogenkartell, das Sinaloa-Kartell) und neuere wie das Beltrán-Leyva-Kartell, La Familia Michoacana und Los Zetas sind in die Kämpfe untereinander oder gegen die mexikanischen Sicherheitskräfte involviert.

Die zahlreichen Verhaftungen oder Tötungen von Drogenbossen in den fünf Jahren des Drogenkrieges haben die Kräfteverhältnisse zwischen diesen Drogenkartellen nachhaltig verändert. Im Februar 2010 soll sich das Sinaloa-Kartell mit dem Golf-Kartell und La Familia Michoacana verbündet haben, um gemeinsam gegen die anderen Drogenkartelle zu kämpfen.[8] Diese Kämpfe sollen unterdessen vorwiegend durch das Sinaloa-Kartell und die Los Zetas beherrscht werden.[9]

Anderseits verstärkte sich der Trend zur Fraktionierung der Drogenkartelle. Dies gilt vor allem für die beiden Nachfolgeorganisationen des Beltrán-Leyva-Kartell, das 2010 gegründete Cartel Pacifico Sur und das Cártel Independiente de Acapulco oder für Los Caballeros Templarios, welche aus Teilen der (ehemaligen) La Familia Michoacana bestehen.

Opfer

Todesopfer

Tote im Drogenkrieg
Jahr Anzahl
2006 (nach 11. Dezember) 62
2007 2.826
2008 6.837
2009 9.614
2010 15.273
gesamt 34.612

Die Regierung Mexikos veröffentlichte im Januar 2011 aufgrund einer neuen Berechnung die Zahl der Todesopfer des Drogenkrieges in den Jahren 2006 bis 2010 (siehe Tabelle rechts).[10] Danach sind im Zusammenhang mit dem Drogenkrieg bis Ende 2010 34.612 Todesopfer zu beklagen. Fast die Hälfte aller Todesopfer wurden in den Bundesstaaten Chihuahua, Sinaloa und Guerrero gezählt; die fünf am stärksten betroffenen Städte waren Juárez, Culiacán, Tijuana, Chihuahua und Acapulco de Juárez.[11]

Es wird davon ausgegangen, dass von neun Getöteten acht Angehörige der Drogenmafia sind. Experten gehen dabei davon aus, dass auf Unternehmungen der Staatsgewalt keine äquivalenten Gegenmaßnahmen seitens der Drogenkartelle folgen, sondern dass diese verstärkt damit beginnen, sich untereinander zu bekämpfen, beispielsweise um sich die weniger werdenden Schmuggelrouten zu sichern. Insgesamt wurden bis März 2010 rund 121.000 Personen festgenommen. Die Zahl an getöteten Militärangehörigen, Polizisten, Staatsanwälten und weiteren in der Justiz tätigen Personen wird mit 1000 angegeben.[12]

Medienvertreter

Immer häufiger kommen auch Zivilpersonen ums Leben. So wurden zahlreiche Journalisten von Angehörigen der Drogenkartelle mit dem Tode bedroht, entführt oder ermordet, was faktisch zu einer massiven Einschränkung der Pressefreiheit führt.[13] Laut Angaben der Nationalen Menschenrechtskommission (Comisión Nacional de los Derechos Humanos) wurden 58 Medienschaffende seit 2000 umgebracht. Im Jahr 2010 wurden laut der Jahresbilanz der Reporter ohne Grenzen 7 Medienvertreter ermordet, womit Mexiko zu den gefährlichsten Staaten für Journalisten gehört.[14] Bekanntestes Beispiel ist die im September 2011 enthauptete Journalistin María Elisabeth Macías Castro. Die vielfach verstümmelte Leiche wurde von den Tätern an eine belebten Hauptstraße in der Grenzstadt Nuevo Laredo abgelegt. [15][16]

Illegale Einwanderer

Des Weiteren werden immer wieder illegale Einwanderer vor der Grenze zu den USA abgefangen und verschleppt, um von bereits in den Vereinigten Staaten lebenden Verwandten Lösegeld zu erpressen.

Flüchtlinge

Laut einer Untersuchung des Internal Displacement Monitoring Centre sind schon 230.000 Menschen vor der Gewalt im Drogenkrieg geflüchtet. Die Ziele sind teilweise die USA und teilweise weniger gefährliche Regionen Mexikos.[2]

Chronologie außerordentlicher Ereignisse

2008

  • Am 15. September 2008, dem 198. Unabhängigkeitstag von Mexiko, starben bei einem Handgranatenanschlag auf dem Marktplatz von Morelia mehrere Zivilpersonen.[17] In der Folge wurden drei Angehörige der Los Zetas verhaftet und verdächtigt, das Attentat verübt zu haben.
  • Nach einer Schießerei am 26. Oktober 2008 gelang der Polizei die Festnahme von Eduardo Arellano Felix, einem führenden Mitglied des mächtigen Arellano-Kartells.[18] Die US-Behörden hatten zuvor ein Kopfgeld von 5 Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt, nachdem er die Nachfolge seines 2006 inhaftierten Bruders Francisco Javier Arellano Felix angetreten hatte.
  • Am 4. November 2008 kamen der mexikanische Innenminister Juan Camilo Mouriño und 13 weitere Personen bei einem Flugzeugabsturz in Mexiko-Stadt ums Leben.[19] Zunächst wurde ein Attentat eines Drogenkartells, später die Turbulenzen eines vorausfliegenden Flugzeuges als Unfallursache vermutet.[20]

2009

  • In einer Mitteilung der US-Botschaft in Mexiko-Stadt aus dem Oktober 2009, die im Rahmen der Veröffentlichung von Depeschen US-amerikanischer Botschaften durch WikiLeaks bekannt wurde, wird erwähnt, dass der damalige mexikanische Staatssekretär für Inneres, Gerónimo Gutiérrez Fernández, vorschlug, die Anstrengungen im Drogenkrieg auf drei wichtige Städte zu konzentrieren, darunter Ciudad Juarez und Tijuana, um schnell Erfolge vorzeigen zu können. Er zeigte sich wegen der Möglichkeit des „Verlierens“ bestimmter Regionen ernsthaft besorgt, denn dies würde Mexikos internationales Ansehen beschädigen, ausländische Investitionen reduzieren und zum Eindruck einer hilflosen Regierung führen. [21][22]
  • Am 16. Dezember 2009 wurde Marcos Arturo Beltrán-Leyva, einer der führenden Drogenhändler des Landes, von Soldaten der Marine in einer Luxusresidenz in Cuernavaca im Süden des Landes aufgespürt und getötet. Der Schlag gegen den als „Boss der Bosse“ bezeichneten Beltrán-Leyva wurde als einer der wichtigsten Erfolge im Jahr 2009 für Präsident Calderón in seinem Krieg gegen die Drogenkriminalität angesehen.[23] Danach beanspruchten dessen Bruder Héctor sowie Valdez den Führungsposten.

2010

  • Ein Massaker am 31. Januar 2010 auf einer Geburtstagsparty in Ciudad Juarez, das von Angehörigen eines Drogenkartells verübt wurde, forderte 17 Todesopfer , die meisten davon unter 18 Jahre alt. Das Verbrechen an den Jugendlichen beruhte anscheinend auf einer Verwechslung. Der Kondolenzbesuch von Präsident Calderón am 14. Februar 2010 bei den Angehörigen der Opfer führte zu Unruhen im Veranstaltungssaal.[24]
  • Am 28. Juni 2010 geriet Rodolfo Torre (46), aussichtsreichster Kandidat bei den Gouverneurswahlen im nordöstlichen Bundesstaat Tamaulipas, gemeinsam mit seinen Beratern nahe dem Flughafen von Ciudad Victoria in einen Hinterhalt und wurde erschossen. Calderón kündigte bei einer Sondersitzung seines Kabinetts eine Fortsetzung des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität an. Er rief zu einer „gemeinsamen Front“ gegen das organisierte Verbrechen auf. In einer Rundfunkansprache forderte er die politische Klasse und die Zivilgesellschaft zu einem nationalen Dialog auf. Alle politischen Kräfte des Landes müssten denjenigen eine gemeinsame und geschlossene Antwort liefern, die das demokratische Leben und den Frieden der Mexikaner angreifen.[25]
  • Ende Juli 2010 wurde bekannt, dass eine Gefängnisdirektorin mehrere Insassen über Nacht freigelassen und mit Waffen ausgestattet hat, damit diese Morde an konkurrierenden Banden verüben konnten. Insgesamt sollen die nächtlichen Freigänger für 35 Tote bei drei Überfällen in Torreón verantwortlich sein.[26]
  • Am 2. September 2010 griff die Armee ein Ausbildungslager der Zetas an der Grenze zur USA an und tötete 27 Mitglieder. Es war bis dahin das Gefecht mit den meisten Verlusten für ein Drogenkartell im Drogenkrieg.[31]
  • Am 12. September wurde Sergio Villareal vom Beltrán-Leyva-Kartell in Puebla festgenommen.[32] Für seine Festnahme hatten die Behörden eine Belohnung von zwei Millionen Dollar (1,6 Millionen Euro) ausgesetzt.
  • Am 25. September fassten die Sicherheitskräfte im westmexikanischen Bundesstaat Jalisco den Kriminellen Margarito Soto Reyes alias „El Tigre“. Er gehörte nach Angaben der Behörden zur Führungsriege des Sinaloa-Kartells und war für den Schmuggel von monatlich einer halben Tonne unterschiedlicher Drogen in die USA verantwortlich.
  • Am 26. September wurde José Ángel Fernández de Lara, ein Anführer der Los Zetas, in Cancún festgenommen.[33]
  • Am 6. Oktober 2010 ging ein Gesetzesentwurf für eine Polizeireform an den Senat. Dabei sollen viele der zweitausend Abteilungen aufgelöst werden. Jeder Bundesstaat soll nur mehr eine Polizeiverwaltung besitzen die dem Gouverneur unterstellt ist.[34]
  • Am 18. Oktober 2010 wurden bei einer Operation von Militär und Polizei 105 Tonnen Marihuana (nach anderen Berichten 134 Tonnen[34]) beschlagnahmt und elf Verdächtige festgenommen. Zwei Personen wurden verletzt. Die Drogen sind auf dem mexikanischen Schwarzmarkt 335 Millionen US-Dollar, umgerechnet 240 Millionen Euro, wert. Jedoch ist der Wert der Drogen auf dem US-amerikanischen Markt viermal so hoch.
  • Am 19. Dezember 2010 rief die Regierung von Guatemala in der Provinz Alta Verapaz den Ausnahmezustand aus. Als Grund gab sie die offene Machtübernahme der Los Zetas seit mindestens 2009 in der Region an, die sie als einen Korridor für den Drogenhandel verwenden.[35]
  • Ende 2010 drohten die Zetas alle Bürger der Stadt Ciudad Mier zu töten. Die Bewohner flüchteten daraufhin und hinterließen eine Geisterstadt.[2]

2011

  • Von 5. bis 9. Mai 2011 fand ein, von Javier Sicilia organisierter Schweigemarsch gegen den Drogenkrieg von der Stadt Cuernavaca zum Zocalo-Platz in Mexiko Stadt statt. Es nahmen mehr als 85.000 Mexikaner teil.[36]
  • Am 15. Mai 2011 wurden in Guatemala, in der Provinz Petén an der Grenze zu Mexiko, 27[37] oder 29 Leichen gefunden. Als Täter vermuten die guatemaltekischen Behörden die Los Zetas.[38] Aufgrund des Massakers rief Präsident Alvaro Colom einen eintägigen Notstand am 27. Mai 2011 für die Provinz Petén aus. Die Polizei erhielt dadurch mehr Befugnisse.[37]
  • Am 26. Mai 2011 lieferten sich Angehörige des Sinaloa-Kartells, laut Regierungsangaben, in Ruiz auf der Hauptstrasse von Tepic nach Mazatlan mit Mitgliedern der Zetas ein einstündiges Feuergefecht aus fahrenden Autos heraus bei dem 29 Personen, teilweise mit Kampfanzügen und Schutzwesten bekleidet, getötet wurden. Die Polizei konfiszierte 14 Fahrzeuge, darunter zwei gepanzerte und zusätzlich Gewehre, Munition und Handgranaten.[39]
  • Im Mai 2011 flüchteten 2500 Einwohner aus Apatzingán und Umgebung vor der Gewalt im Drogenkrieg. Mitglieder eines Drogenkartells sperrten zwei Tage lang eine Straße in der Stadt. Die Regierung forderte die Bewohner auf die Stadt zu verlassen und etwa 40 Schulen wurden geschlossen.[39]
  • Am 29. Juli 2011 wurde Jose Antonio Acosta Hernández, einer der Anführer der für das Juárez-Kartell arbeitenden Gruppe La Línea festgenommen. Er soll laut Anklage für über 1.500 Morde verantwortlich sein.[40]
  • In der Nacht zum 11. August 2011 wurde Oscar García Montoya in Tlalpan in Mexiko-Stadt festgenommen. Laut Staatsanwaltschaft war er der Anführer der Gruppe Mano con Ojos (Hand mit Augen), der über 900 Morde zur Last gelegt werden.[41]
  • Bei dem Brandanschlag auf das Casino Royale in Monterrey drangen am 25. August bewaffnete Männer in das Casino Royale, ein Spielkasino, ein und setzten es in Brand. Dabei kamen mindestens 52 Menschen ums Leben. Laut Regierungsangaben soll ein Kartell dafür verantwortlich sein.[42]
  • Am 20. September wurden von zwei Kleinlastern in Veracruz, direkt neben dem einem Konferenzhotel das zu der Zeit von den Generalstaatsanwälten genutzt wurde, 35 gefolterte Leichen entladen. Die Toten sollen Mitglieder der Zetas gewesen sein was von der Polizei später bestätigt wurde. Es wurden Drohungen an die Gruppe am Tatort gefunden.[43][44]
  • Am 22. September fand die Polizei abermals 14 Leichen mit Drohungen an die Zetas.[44]
  • Am 24. September übernahm eine Gruppe namens Mata Zetas („die Zetamörder“) die Verantwortung für die am 20. und am 22. gefundenen Leichen. Ihre Gruppe sei gegründet worden um die Zetas zu bestrafen und ihre Herrschaft zu brechen.[44]
  • Am 6. Oktober fand die Polizei in Veracruz in drei Privathäusern insgesamt 32 Tote. Lokale Medien gehen von einer Täterschaft der Mata Zetas aus.[44]
  • Im Oktober wurden, nach einer Welle von Entführungen und Erpressungen in der Region um Linares, sämtliche Polizeikräfte der Stadt (insgesamt mehr als 100) zur Überprüfung einer möglichen Verwicklung in die Vorgänge festgenommen.[45]
  • Am 13. Oktober wurde die Nummer drei der Zetas, Carlos Oliva Castillo in Saltillo im Bundesstaat Coahuila festgenommen. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft soll Castillo für die Aktivitäten der Zetas in den Bundesstaaten Coahuila, Nuevo Leon und Tamaulipas verantwortlich gewesen sein. Er soll auch den Brandanschlag auf das Casino Royale befohlen haben.[46][47]

Strategien zur Deeskalation

Die mexikanische Regierung setzt ihr Schwergewicht auf die Verhaftung von Anführern der Drogenkartelle. Diese sog. Kingpin Strategy wurde von der DEA 1992 für die Bekämpfung von Drogenkartellen entwickelt. Sie wird von den mexikanischen Behörden weiterhin als erfolgreich bezeichnet.[48]

Nicht prioritär ist die Verhinderung der Produktion, des Handels oder des Schmuggels von illegalen Drogen, dies im Gegensatz zum War on Drugs noch in den 1970 (Operation Condor) bis in die späten 1990er Jahren. Die Verlagerung der Bekämpfungsstrategie hängt auch damit zusammen, dass die mexikanischen Drogenkartelle nach Schätzungen heute mehr als 60% ihrer Einnahmen mit anderen kriminellen Aktivitäten als dem Drogenhandel (z.B. Erpressung) erzielen.

Erst seit 2010 setzt Präsident Calderón nicht mehr einzig auf Sicherheitsmaßnahmen. Der mexikanische Staat soll nun auch zusätzlich in Bildung, Gesundheit und Sozialarbeit investieren. Damit sollen vorab Jugendlichen andere Perspektiven gegeben werden als der Einstieg ins Drogenbusiness. Ganz allgemein soll die Zivilgesellschaft dadurch gestärkt werden. Der „Eingriffsplan Juárez“ (benannt nach der Stadt Ciudad Juárez) soll umgerechnet insgesamt 200 Millionen Euro kosten und gilt als Pilotprojekt.

Die Frankfurter Rundschau schrieb dazu:

Experten halten diesen Paradigmenwechsel zwar für überfällig, doch für Fachleute wie Edgardo Buscaglia geht Calderóns neue Politik noch immer nicht weit genug. "Nur wenn du an ihre Vermögenswerte und Besitztümer gehst, hast du eine Chance den Krieg zu gewinnen", sagt der Experte für organisierte Kriminalität und Hochschullehrer an der Universität Itam in Mexiko-Stadt. Aber an dem Punkt tue die Regierung nichts, weil Politik und Justiz bis in hohe Instanzen von der organisierten Kriminalität unterwandert seien.[49]

Auswirkungen auf die USA

Drogen- und Waffenschmuggel

Im April 2009 stellte US-Präsident Barack Obama anlässlich seines ersten Staatsbesuchs in Mexiko fest, dass der US-Bedarf an Drogen den Drogenkartellen helfe, im Geschäft zu bleiben. Der Krieg werde ausgetragen mit Schusswaffen, die nicht in Mexiko, sondern in den USA erworben worden seien.[50] Die US-Behörden gehen davon aus, dass der Hauptanteil der in die USA geschmuggelten Drogen aus Mexiko stammt. Ein Teil davon wird in Mexiko selbst angebaut (Marihuana) oder hergestellt (Methamphetamin). Vor allem aber ist Mexiko ein Transitland für Kokain aus Kolumbien und anderen südamerikanischen Ländern: Schätzungsweise 90 % des gesamten in den USA verkauften Kokains wird durch Mexiko transferiert und in die USA geschmuggelt. Der in den USA erzielte Erlös aus dem Drogenschmuggel soll für die mexikanischen und kolumbianischen Drogenkartelle jährlich zwischen 18 und 39 Milliarden Dollar betragen.[51]

Mit einem Teil der Einkünfte werden Waffen durch Strohmänner der Drogenkartelle in den USA rechtmäßig erworben und danach illegal nach Mexiko geschmuggelt. So sollen nach einer Untersuchung des U.S. Government Accountability Office 87 % aller in den letzten fünf Jahren in Mexiko beschlagnahmten Waffen in den USA gekauft worden sein.[52]

Merida-Abkommen (2008)

Der Schwerpunkt der militärischen Operationen liegt in den nördlichen Bundesstaaten (Baja California, Sonora, Chihuahua, Coahuila und Tamaulipas) an der Grenze zu den USA. Weil der Drogenkrieg zunehmend in die USA überzuschwappen droht, unterstützen die USA in den nächsten drei Jahren – gestützt auf das 2008 vom US-Kongress genehmigte sog. Merida-Abkommen – die mexikanische Regierung mit 1,6 Milliarden Dollar.[53] Zusätzlich beabsichtigen sie Hilfe in Form von militärischer Ausrüstung, Ausbildung und Unterstützung durch ihre Geheimdienste.[54] Um dem Nachbarland Mexiko im Kampf gegen die mächtigen Drogenbosse zu helfen, will die amerikanische Regierung unter Barack Obama 80 Millionen Dollar zum Kauf von Black-Hawk-Hubschraubern beisteuern. Mit diesen Militärhubschraubern soll der mexikanischen Polizei die Möglichkeit gegeben werden, verstärkt gegen die rivalisierenden Drogenbosse vorzugehen. Mit dieser Maßnahme, die von US-Präsident Obama bereits angekündigt worden war, wollen die USA auch ihre eigenen Bürger schützen, da viele der Drogen über die Grenze geschmuggelt werden und auf diese Weise unter die US-amerikanische Bevölkerung geraten.

Literatur

Sachliteratur

  • Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.): Erfolgreiche Strategie gesucht - Mexiko debattiert „Drogenkrieg“. 16. August 2010. pdf
  • June S. Beittel: Mexico’s Drug Trafficking Organizations: Source and Scope of the Rising Violence. Hrsg. von Congressional Research Service, U.S., CRS Report R41576, 7. September 2011. pdf
  • Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.): Drogen, Dollars, Demokratie. Herausforderungen durch den Drogenhandel in Mexiko und Brasilien. Berlin 2009, ISBN 978-3-86928-002-8. pdf
  • Karl-Dieter Hoffmann: Mexikos „War on Drugs“ und die Mérida Initiative. GIGA Focus, Nummer 4, 2008. pdf
  • Viridiana Rios, David A. Shirk: Drug Violence in Mexico. Data and Analysis Through 2010. Hrgs. vom Trans-Border Institute, University of San Diego, Februar 2011. pdf
  • Stratfor (Hrsg.): Mexican Drug Wars: Bloodiest Year do Date. 10. Dezember 2010.

Reportagen

  • Malcolm Beith: The Last Narco. 2010. (El Chapo. Die Jagd auf Mexikos mächtigsten Drogenbaron. Aus dem Englischen übersetzt von Gunter Blank und Simone Salitter. 2011)
  • Jeanette Erazo Heufelder: Drogenkorridor Mexiko. Transit, Berlin 2011.
  • Anne Huffschmid: Mexiko - das Land und die Freiheit. Rotpunktverlag, Zürich 2010.

Belletristik

Weblinks

 Commons: Drogenkrieg in Mexiko – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. HIIK: (S.50ff.) CONFLICT BAROMETER 2010. 6. September 2010, abgerufen am 18. Mai 2011 (englisch).
  2. a b c Klaus Ehringfeld: Hunderttausende fliehen vor Mafia-Gewalt. In: Frankfurter Rundschau. 31. März 2011, abgerufen am 1. April 2011 (deutsch).
  3. Alex Gertschen: Moral für den Krieg ohne absehbares Ende. In: NZZ. 6. September 2010, abgerufen am 30. Januar 2011.
  4. Interview mit Karl-Dieter Hoffmann: Die Kartelle haben überall ihre Spione und Kollaborateure. In: NZZ. 3. Oktober 2010, abgerufen am 30. Januar 2011 (deutsch).
  5. sda: 3220 Polizisten in Mexiko entlassen. In: 20 Minuten Online. 31. August 2010, abgerufen am 30. Januar 2011.
  6. Toni Keppler: Offene Schlacht. In: die tageszeitung. 23. Dezember 2010, abgerufen am 28. Dezember 2010.
  7. http://www.spiegel.de/flash/flash-24006.html
  8. Sinaloa wird Mexikos mächtigstes Drogenkartell. In: Spiegel Online. 6. Januar 2011, abgerufen am 31. Januar 2011.
  9. Eduoardo Castillo, Katherine Corcoran: 2 powerful cartels dominate in Mexico drug war. In: Associated press. 2. Oktober 2011, abgerufen am 27. Oktober 2011 (englisch).
  10. Jorge Ramos Pérez: Poiré: 2010 terminó con 15 mil 273 muertes. El Universal, 12. Januar 2011, abgerufen am 22. Februar 2011 (spanisch).
  11. EL SALDO DE LA GUERRA. El Universal, abgerufen am 22. Februar 2011 (pdf, spanisch).
  12. Oficial: más de 22 mil 700 muertos por violencia. El Universal, abgerufen am 10. Juni 2010 (spanisch).
  13. Alex Gertschen: Pressefreiheit im Schraubstock. Mexiko bleibt für Journalisten ein gefährliches Pflaster. NZZ Online, 22. Januar 2010, abgerufen am 2. Februar 2010.
  14. Die Reporter ohne Grenzen-Jahresbilanz 2010. Reporter ohne Grenzen, 30. Dezember 2010, abgerufen am 31. Dezember 2010 (pdf).
  15. Blutiger Drogenkrieg in Mexico: ein Überblick
  16. Mexikanische Journalistin enthauptet
  17. Drogenkrieg in Mexiko „Es war wie ein Feuerball“, Tagesschau ARD, 17. September 2008 (nicht mehr online verfügbar)
  18. Tagesschau: Drogenboss in Mexiko festgenommen (nicht mehr online verfügbar)
  19. Tagesschau: Politiker in Mexiko ermordet? Jeder denkt es, keiner spricht es aus (nicht mehr online verfügbar)
  20. David Kaminski-Morrow: Turbulence from 767 suspected in Mexican Learjet crash. Flightglobal, 15. November 2008, abgerufen am 20. Mai 2010 (englisch).
  21. Anfragen an US-Diplomaten in aller Welt. In: ORF. 3. Dezember 2010, abgerufen am 3. Dezember 2010 (deutsch).
  22. 09MEXICO2882, ELEMENTS OF GOM POLICY TEAM INTERESTED IN FOCUSING Originalquelle (engl.)
  23. Reuters.de abgerufen am 21. Dezember 2009
  24. Unruhen bei Präsidentenbesuch. derStandard.at, 15. Februar 2010, abgerufen am 20. Mai 2010.
  25. stern.de vom 29. Juni 2010
  26. Welt: Gefängnisdirektorin setzt Häftlinge als Mörder ein
  27. Mexikanische Armee bringt Drogenboss zur Strecke. 30. Juli 2010, abgerufen am 30. Juli 2010.
  28. Mexikos Armee tötet mächtigen Drogenboss. 30. Juli 2010, abgerufen am 1. August 2010.
  29. FAZ: Entsetzen über Massaker in Mexiko
  30. NZZ: «Barbie» festgenommen
  31. Alex Gertschen: Moral für den Krieg ohne absehbares Ende. In: Neue Zürcher Zeitung. 8. September 2010, abgerufen am 27. Mai 2011 (deutsch).
  32. Frankfurter Rundschau: Mexikanische Armee nimmt "El Grande" fest
  33. 20 Minuten Online: Gleich zwei Drogenbaranoe festgenommen
  34. a b Polizeireform in Mexiko. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. Oktober 2010, abgerufen am 7. Oktober 2010 (deutsch).
  35. Toni Keppler: Mit Ausnahmezustand gegen das Kartell. In: die tageszeitung. 20. Dezember 2010, abgerufen am 22. Dezember 2010 (deutsch).
  36. Großdemo gegen Drogenkrieg. In: ORF. 9. Mai 2011, abgerufen am 9. Mai 2011 (deutsch).
  37. a b Nach Massaker Notstand in Teil von Guatemala. In: Neue Zürcher Zeitung. 17. Mai 2011, abgerufen am 19. Mai 2011 (deutsch).
  38. C. Romero und T. Keppler: Massaker in Guatemala. In: die tageszeitung. 16. Mai 2011, abgerufen am 16. Mai 2011 (deutsch).
  39. a b Blutiges Gefecht zwischen Gangsterbanden in Mexiko. In: Neue Zürcher Zeitung. 27. Mai 2011, abgerufen am 27. Mai 2011 (deutsch).
  40. Bandenführer soll mehr als 1500 Morde befohlen haben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 1. August 2011, abgerufen am 1. August 2011 (deutsch).
  41. Polizei nimmt Massenmörder fest. In: Frankfurter Rundschau. 12. August 2011, abgerufen am 12. August 2011 (deutsch).
  42. Kasino in Monterrey sollte Schutzgeld zahlen. In: Blick. 28. August 2011, abgerufen am 31. August 2011 (deutsch).
  43. Widerstand gegen die Drogenmafia. In: Neue Zürcher Zeitung. 28. September 2011, abgerufen am 28. September 2011 (deutsch).
  44. a b c d Toni Keppler: Die "guten Mexikaner". In: die tageszeitung. 11. Oktober 2011, abgerufen am 12. Oktober 2011 (deutsch).
  45. Mexican army, state police patrolling streets of northern city after police force detained. In: The Washington Post. 10. Oktober 2011, abgerufen am 14. Oktober 2011 (englisch).
  46. Anschlag auf Kasino organisiert? In: ORF. 2. November 2011, abgerufen am 2. November 2011 (deutsch).
  47. David Luhnow und Jose de Cordoba: Casino Arrests Stir Scandal in Mexico. In: The Wall Street Journal. 14. Oktober 2011, abgerufen am 14. Oktober 2011 (englisch).
  48. Patrick Corcoran: The Kingpin Strategy, Nacho Coronel, and Violence on the Pacific. In: In Sight Online. 17. Mai 2011, abgerufen am 18. Mai 2011 (englisch).
  49. Klaus Ehringfeld: Calderons neue Strategie. In: Frankfurter Rundschau vom 10. März 2010, Seite 8
  50. Joint-Press-Conference-With-President-Barack-Obama-And-President-Felipe-Calderon-Of-Mexico. U.S. Government, 16. April 2009, abgerufen am 10. November 2009 (englisch).
  51. National Drug Threat Assessment 2009. U.S. National Drug Intelligence Center (NDIC), Dezember 2008, abgerufen am 10. November 2009 (englisch).
  52. Firearms Trafficking: U.S. Efforts to Combat Arms Trafficking to Mexico Face Planning and Coordination Challenges. GAO, 18. Juni 2009, abgerufen am 10. November 2009 (englisch).
  53. Mexikos „War on Drugs“ und die Mérida Initiative, Karl-Dieter Hoffmann, GIGA Focus, Nummer 4, 2008 (PDF)
  54. Unruhe über mexikanischen Drogenkrieg steigt in den USA, ORF (abgerufen am 7. März 2009)

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