Erholungsurlaub

Erholungsurlaub

Erholungsurlaub ist die wichtigste Form des gesetzlich geregelten Urlaubs, die dem Erhalt und der Wiederherstellung der Arbeitskraft des Beschäftigten dienen soll.
Die ersten gesetzlichen Regelungen in Europa gehen auf die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zurück und begannen bei 3 bis 6 Werktagen. Heute beträgt der jährliche Urlaubsanspruch – je nach Staat – zwischen 4 und 6 Wochen, davon mindestens die Hälfte ungeteilt (in manchen Ländern auch der ganze Anspruch). Die Europäische Union schreibt in Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie einen Mindesturlaub von vier Wochen vor. Auf anderen Kontinenten ist er meist viel geringer, in manchen Ländern, wie etwa den USA, besteht gar kein gesetzlicher Anspruch.

Volkswirtschaft durchschnittliche tarifliche
Urlaubstage 2003
Schweden 33
Niederlande 31,5
Dänemark 30
Deutschland 29,1
Italien 28
Luxemburg 28
Österreich 25
Finnland 25
Frankreich 25
Griechenland 23
Irland 20
Schweiz 20
Japan 18
USA 12
Quelle: FR?; für die Summen von Urlaub und gesetzlichen Feiertagen vgl. IWD 2009[1]

Inhaltsverzeichnis

Dauer des Urlaubs

Der Umfang des Urlaubsanspruchs eines Arbeitnehmers richtet sich primär nach dem Arbeitsvertrag, wobei aber Tarifverträge und vor allem die Arbeitsgesetzgebung Mindestansprüche festlegen, die vertraglich nicht unterschritten werden dürfen. In Österreich und der Schweiz sind weitergehende Regelungen relativ selten (siehe Kollektivvertrag). In Deutschland ist insofern § 3 Bundesurlaubsgesetz einschlägig, der „24 Werktage" vorsieht. Da auch der Samstag als Werktag zählt, aber zumeist nur fünf Tage pro Woche gearbeitet wird, ergibt dies zumeist faktisch 20 Arbeitstage. Für jugendliche Arbeitnehmer beträgt der gesetzliche Mindesturlaub nach § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz je nach Alter 25-30 Werktage. Schwerbehinderte bekommen nach § 125 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen.

Tatsächlich haben die meisten deutschen Arbeitnehmer heute einen Urlaubsanspruch von etwa 30 Tagen pro Jahr – das heißt etwa sechs Wochen – der durch Tarifvertrag oder einzelnen Arbeitsvertrag geregelt ist. Damit liegen sie im internationalen Vergleich, wie nebenstehende Tabelle zeigt, im oberen Mittelfeld. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass in Ländern wie Indien und Japan bei relativ wenigen Urlaubstagen viele gesetzliche Feiertage hinzukommen.[2] Aussagekräftiger beim Vergleich von Standorten ist also die Gesamtfreizeit als Summe von Urlaubstagen und gesetzlichen Feiertagen.

Berechnung des Urlaubs

Das Bundesurlaubsgesetz gibt den gesetzlichen Mindesturlaub mit 24 Werktagen vor, geht also noch von der 6-Tage-Arbeitswoche aus, wie sie bei der Verabschiedung des Gesetzes 1963 üblich war. Wer weniger Tage pro Woche arbeitet, erhält einen entsprechenden anteiligen Anspruch, zum Beispiel bei einer 5-Tage-Woche 20 Tage, so dass es immer vier Wochen Urlaub ergibt. Für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen hielt es der Gesetzgeber für erforderlich, in § 125 SGB IX dies ausdrücklich klarzustellen. Es ist aber ein allgemeines Prinzip.

Urlaub im öffentlichen Dienst in Deutschland

Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst haben nach § 26 TVöD einen Urlaubsanspruch in folgender Höhe: bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres 26 Arbeitstage, danach bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres 29 Arbeitstage, danach 30 Arbeitstage. Im TV-L gilt das Gleiche.[3]

Für Beamte ist § 5 der Erholungsurlaubsverordnung des Bundes bzw. die entsprechenden Parallelvorschriften der Länder maßgeblich. Hiernach stehen dem Beamten je nach Alter und Besoldungsstufe 26–30 Urlaubstage zu. Es gilt grundsätzlich die gleiche Staffelung wie bei den Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes.

Zusatzurlaub für Schwerbehinderte

Schwerbehinderte Menschen (also solche mit einer Grad der Behinderung von 50 und mehr auf dem Schwerbehindertenausweis, nicht die gleichgestellten Arbeitnehmer) erhalten einen Zusatzurlaub von 5 Tagen pro Jahr (§ 125 SGB IX). Arbeitet der Schwerbehinderte mehr oder weniger als 5 Tage pro Woche, so erhöht oder vermindert sich der Anspruch entsprechend.

Staffelung der Urlaubsdauer nach Lebensalter

Ältere Arbeitnehmer haben nicht selten aufgrund entsprechender tarif- oder arbeitsvertraglicher Regelungen mehr Urlaub als ihre jüngeren Kollegen. Dies ist im Hinblick auf das Verbot der Altersdiskriminierung nicht unproblematisch. Dieses dient nicht etwa nur dem Schutz älterer Arbeitnehmer, sondern verbietet auch nicht gerechtfertigte Benachteiligungen jüngerer Arbeitnehmer. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf [4] gab der Klage einer inzwischen 24 Jahre alten Mitarbeiterin statt, der laut Manteltarifvertrag des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen 34 Urlaubstage pro Jahr zustehen, während Arbeitnehmer ab 30 Jahre 36 Tage Urlaub haben. Das LAG hält die nach dem Alter unterscheidende Regelung nicht für gem. § 10 AGG gerechtfertigt. Es fehle an einem legitimen Ziel für diese Ungleichbehandlung, das im Tarifvertrag oder in dessen Kontext Anklang gefunden hätte.

Die Altersstaffelung im TVöD hält das LAG Berlin-Brandenburg für zulässig.[5] § 10 Satz 1 und 2 AGG lasse eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Zu den legitimen sozialpolitischen Zielen gehöre es auch, besondere Belastungen, denen Arbeitnehmer bei der Ausübung ihrer Arbeitstätigkeit ausgesetzt sind, zu vermindern. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass die physische Belastbarkeit mit zunehmendem Alter abnehme[6]. Gegen das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg wurde unter dem Aktenzeichen 9 AZR 529/10 Revision zum BAG eingelegt, so dass in absehbarer Zeit eine endgültige Entscheidung vorliegen wird.

Einlösen und Verfall des Anspruchs

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind nach § 7 Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn dem dringende betriebliche Belange entgegenstehen (z. B. Betriebsferien, Hochsaison). Unter Umständen können auch die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer aus sozialen Gründen Vorrang haben. Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dringende betriebliche Belange oder Gründe in der Person des Arbeitnehmers machen eine Teilung erforderlich.

Bei der Festlegung des Urlaubs von Beamten sind die „ordnungsgemäße Erledigung der Dienstgeschäfte" zu gewährleisten und Stellvertretungskosten zu vermeiden (§ 2 ErholungsurlaubsVO des Bundes bzw. Parallelvorschriften der Länder).

Die Aufstellung des Urlaubsplanes und die Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Beschäftigte, wenn zwischen dem Dienststellenleiter und den beteiligten Beschäftigten kein Einverständnis erzielt wird, unterliegt im öffentlichen Dienst nach § 75 Abs. 3 Nr. 3 BPersVG oder den entsprechenden Regelungen in den Personalvertretungsgesetzen der Länder der Mitbestimmung durch den Personalrat. Vergleichbares gilt in der Privatwirtschaft, wo dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt wird.

Eltern legen ihren Urlaub meist auf die Schulferien, um die Freizeit mit den Kindern zu verbringen, bzw. gemeinsam mit ihnen wegfahren zu können, oder auch um eine Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Bei Lehrern und einigen anderen Berufsfeldern liegt der Urlaub generell in den Schulferien. Singles und Paare ohne Kinder im Schulalter nehmen dagegen gerne auch außerhalb der Ferienzeit Urlaub, da die Reisen in der Nebensaison günstiger sind und mehr Ruhe an den Ferienorten herrscht.

Wird der Erholungsurlaub im Kalenderjahr nicht genommen, verfällt er, sofern er nicht wegen dringender betrieblicher oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe bis zu einem bestimmten Stichtag (meist: 31. März; auch bei Arbeitnehmern des öff. Dienstes) auf das Folgejahr übertragen wird. Dies setzt aber in der Regel - außer bei Krankheit - einen rechtzeitig gestellten und dann abgelehnten Urlaubsantrag voraus. Ausnahmsweise erlischt ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub jedoch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist.[7]

Einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, das heißt eine Zahlung für nicht genommene Urlaubstage, hat der Arbeitnehmer nur, wenn er seinen Urlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht nehmen kann.

Vergütung während des Urlaubs

Während des Urlaubs haben Arbeitnehmer nach § 11 Bundesurlaubsgesetz einen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung (Urlaubsentgelt). Auf tarif- oder einzelvertraglicher Grundlage zahlen manche Arbeitgeber ein zusätzliches Urlaubsgeld.

Bei Beamten ergibt sich die Fortzahlung der Besoldung aus § 89 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz bzw. den Parallelvorschriften der Länder. Urlaubsgeld wurde in der Vergangenheit auf gesetzlicher Basis gewährt, für Bundesbeamte etwa durch das Urlaubsgeldgesetz. Mittlerweile haben die meisten Dienstherrn das Urlaubsgeld aber gestrichen.

Urlaub nach Krankheit

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts[8] kann der Urlaubsanspruch auch dann geltend gemacht werden, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Kalenderjahres keinen einzigen Tag gearbeitet hat. Dies wird damit begründet, dass das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) lediglich auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses abstelle. Ansprüche auf Gewährung oder Abgeltung gesetzlichen Teil- oder Vollurlaubs (nicht eines darüber hinausgehenden Urlaubsanspruchs) erlöschen trotz § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist.[9] Diese Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes geht zurück auf die Rechtsprechung des EuGH.[10]

Geschichte

Die ersten tariflichen Urlaubsregelungen stammen aus dem Jahr 1903. Damals gelang es dem Zentralverband deutscher Brauereiarbeiter (Vorläuferorganisation der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten), Tarifverträge mit den Stuttgarter Ringbrauereien und der Brauerei in Greiz auszuhandeln. Darin erhielten Beschäftigte nach einer mindestens einjährigen Betriebszugehörigkeit 3 Tage bezahlten Erholungsurlaub.

Urlaubsgestaltung

Eine der klassischen Formen der Gestaltung des Erholungsurlaubs ist das Unternehmen einer Reise.

Daneben gibt es aber auch vielfältige Möglichkeiten die freie Zeit zuhause zu gestalten.

Eine anderweitige Arbeitstätigkeit während des Urlaubs kann pflichtwidrig sein, wenn durch sie der Erholungszweck des Urlaubs gefährdet wird.

Siehe auch

Weblinks

 Wikiquote: Urlaub – Zitate
Wiktionary Wiktionary: Urlaub – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Urlaub per Tarifvertrag – iwd → Archiv → 2009 → 4. Quartal
  2. Employee statutory and public holiday entitlements – global comparisons. Mercer 2009
  3. tdl-online.de
  4. Urteil vom 18. Januar 2011 - 8 Sa 1274/10
  5. Urteil vom 24. März 2010, 20 Sa 2058/09
  6. BAG, Urteil vom 17. Juni 2009, 7 AZR 112/08 (A), NZA 2009, 1355, http://lexetius.com/2009,3117 und BAG, Urteil vom 6. November 2008, 2 AZR 523/07, NJW 2009, 2326 = DB 2009, 626 = NZA 2009, 361, http://lexetius.com/2008,4114
  7. BAG, Urteil vom 24. März 2009, 9 AZR 983/07, NJW 2009, 2238 = NZA 2009, 538; http://lexetius.com/2009,703 sowie zuvor Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20. Januar 2009, C-350/06, C-520/06, NJW 2009, 495 = NZA 2009, 135; http://lexetius.com/2009,63
  8. 6 AZR 571/79 vom 28. Januar 1982, NJW 1982, 1548
  9. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 24. März 2009 – 9 AZR 983/07
  10. Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Januar 2009, Rechtssachen C-350/06 und C-520/06
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