Esenhausen

Esenhausen
Wappen Deutschlandkarte
Wappen der Gemeinde Wilhelmsdorf
Wilhelmsdorf (Württemberg)
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Wilhelmsdorf hervorgehoben
47.8659.4275616Koordinaten: 47° 52′ N, 9° 26′ O
Basisdaten
Bundesland: Baden-Württemberg
Regierungsbezirk: Tübingen
Landkreis: Ravensburg
Höhe: 616 m ü. NN
Fläche: 38,1 km²
Einwohner: 4818 (31. Dez. 2007)[1]
Bevölkerungsdichte: 126 Einwohner je km²
Postleitzahl: 88271
Vorwahl: 07503
Kfz-Kennzeichen: RV
Gemeindeschlüssel: 08 4 36 083
Gemeindegliederung: 4 Ortsteile
Adresse der Gemeindeverwaltung: Saalplatz 7
88271 Wilhelmsdorf
Webpräsenz:
Bürgermeister: Dr. Hans Gerstlauer

Wilhelmsdorf ist eine Gemeinde im westlichen Landkreis Ravensburg in Baden-Württemberg.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Nachbargemeinden

An Wilhelmsdorf grenzen die Gemeinden Riedhausen, Guggenhausen, Fleischwangen, Fronreute und Horgenzell im Landkreis Ravensburg sowie Illmensee und Ostrach im Landkreis Sigmaringen.

Gemeindegliederung

Zur Gemeinde Wilhelmsdorf gehören die Ortsteile Esenhausen, Pfrungen und Zußdorf.


Wilhelmsdorf um 1920

Geschichte

Blick zum Saalplatz
Betsaal am Saalplatz
Das Innere des Betsaals
Kinderheim / Jugendhilfe Hoffmanhaus

Im Gegensatz zu den gewachsenen Gemeinden der Umgebung ist Wilhelmsdorf 1824 als pietistische Siedlung planmäßig gegründet worden. Nach der Einführung einer neuen Liturgie für die württembergische Landeskirche war im württembergischen Pietismus starker Widerstand aufgekommen, weil viele Menschen die neue Gottesdienstordnung als unchristlich ansahen. Als in den Jahren 1816/17 eine riesige Auswanderungswelle einsetze, verließen auch zahlreiche Pietisten das Land. Es gelang dem Leonberger Bürgermeister Gottlieb Wilhelm Hoffmann, bei König Wilhelm I. von Württemberg eine Genehmigung zur Begründung einer religiösen Siedlung auf dem Rittergut Korntal in der Nähe der Residenzstadt Stuttgart zu erlangen. Diese Brüdergemeinde hatte das Recht, ihre religiöse Verfassung selbst zu bestimmen, war aber ansonsten an die württembergischen Gesetze gebunden. Weitere Siedlungsgründungen lehnte der König jedoch ab, da er die Entstehung einer größeren nichtkirchlichen Religionsgemeinschaft fürchtete. Erst als Gottlieb Wilhelm Hoffmann anbot, das Lengenweiler Moosried bei Pfrungen trocken zu legen, gestattete der König die Errichtung einer „Kolonie“ als Tochtersiedlung von Korntal. Dazu schenkte er der evangelischen Brüdergemeinde Korntal (bei Stuttgart) Land aus seinem Privatbesitz im unfruchtbaren Moor des Pfrunger Rieds. Da er auch den Aufbau der Siedlung unterstützte, wurde der Ort nach ihm benannt. Wilhelmsdorf und Korntal sind so genannte Brüdergemeinden, das heißt nicht-landeskirchliche Gemeinden nach Herrnhuter Vorbild.

Im Januar 1824 trafen die ersten Siedler ein und begannen mit der Trockenlegung des Moorgebiets. Sie kamen jedoch aus dem zentralen Teil Württembergs und verfügten über keine Erfahrung über die Bewirtschaftung solcher Flächen. Außerdem war das Unternehmen unterkapitalisiert, so dass die Siedler von vornherein auf finanzielle Unterstützung durch den König angewiesen waren. Durch königliche Privilegien gelang es mit der Zeit, das Moor urbar zu machen. Allerdings geriet die Siedlung in eine schwere wirtschaftliche Krise und schließlich in den Konkurs. Nur durch die Ausweisung von einem Drittel der Familien und hohe Spenden der württembergischen Pietisten konnte der Fortbestand gesichert werden. Inmitten des katholischen Oberschwaben entwickelte Wilhelmsdorf ein eigenständiges Leben, allerdings weiterhin geprägt durch schwierige Rahmenbedingungen und ungünstige Voraussetzungen für die Landwirtschaft.

Neben der Landwirtschaft waren in Wilhelmsdorf soziale Einrichtungen begründet worden, die sich im 19. Jahrhundert erfreulich entwickelten. Auch sie trugen maßgeblich zur Erhaltung der Gemeinde bei. Es entwickelten sich vielfältige diakonische Einrichtungen mit Schulen, Heil- und Pflegeanstalten und Bildungsstätten.

Während der NS-Gewaltherrschaft 1941 wurden 19 Patienten in der "Euthanasie"-Tötungsaktion T4 zu ihrer Vernichtung ausgeliefert, trotz der hinhaltenden Verweigerungshaltung des damaligen Leiters Heinrich Hermann. Eine Bilderwand in der Eingangshalle des Hauses "Höchsten" sowie zwei Gedenksteine auf dem Ortsfriedhof erinnern an dieses Geschehen.[2]

Die Einrichtungen der Zieglerschen Anstalten, wie beispielsweise die Gotthilf-Vöhringer-Schule, eine Fachschule unter anderem für Arbeitserziehung und Heilerziehungspflege, haben Wilhelmsdorf weit über die nähere Umgebung hinaus bekannt gemacht und prägen den Charakter der Gemeinde bis heute.

Pfrungen

Pfrungen

Im Jahr 1436 erwarb die Deutschordenskommende Altshausen die niedere Gerichtsbarkeit im Ort Pfrungen vom Ravensburger Patrizier Konrad Gremlich. Die hohe Gerichtsbarkeit lag bei der Herrschaft Fürstenberg-Heiligenberg. Damit besaß der Deutsche Orden Rechte in einem Ort, der als Exklave inmitten anderer Herrschaften lag, einige Kilometer entfernt von der kleinen geschlossenen Deutschordensherrschaft. Neben den Lehengütern des Deutschen Ordens besaßen auch andere Herrschaften Güter, so die Geistlichkeit von Pfullendorf einen Lehenhof, das Kloster Salmansweiler ein Lehenhof und die Grafschaft Fürstenberg-Heiligenberg sieben Lehengüter. Deshalb mussten die beteiligten Herrschaften stets miteinander verhandeln.

Bis zur Säkularisation und Mediatisierung blieb diese Situation bestehen. Im Jahr 1806 ließ der nunmehrige Großherzog von Baden den Ort besetzen und beanspruchte ihn für sich. Auf dem Verhandlungsweg gelang es jedoch König Friedrich von Württemberg, die gesamte Deutschordenskommende Altshausen in seinen Besitz zu bringen, so dass Pfrungen im Jahr 1807 württembergisch wurde.

Esenhausen

Esenhausen

Esenhausen ist eine eigenständige Kirchengemeinde als Teilgemeinde von Wilhelmsdorf und liegt östlich davon an den Lengenweiler-See angrenzend. Das Wappen zeigt in Schwarz eine zweitürmige goldene Burg mit einer Tür im rechten Turm.

Zußdorf

Zußdorf

Zußdorf wurde im Jahre 1177 erstmals urkundlich erwähnt und bildete im Mittelalter den Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft im so genannten Zocklerland. Zußdorf wurde zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs durch Brand fast völlig zerstört.

Zußdorf ist heute ein gutes Beispiel für den Strukturwandel einer oberschwäbischen Dorfes. Die Landwirtschaft befindet sich auf dem Rückzug und wird aus dem Dorf heraus verlagert; ehemals üppige Streuobstwiesen sind von Neubaugebieten verdrängt worden. Heute besitzt das Dorf viele Vereine, Geschäfte und besondere Gebäude, die in den anderen umliegenden Ortschaften nicht vorhanden sind. Der amtierende Ortsvorsteher ist Martin Knaus. Kindergarten und Grundschule sind in Zußdorf vorhanden.

Vereine: Musikverein, Feuerwehr, Theaterverein, Sportverein, Männergesangsverein, Katholische Landjugendbewegung, Narrenverein, Volkstanzgruppe, Krieger- und Soldaten-Verein, Blutreiter, Förderverein Dorfgemeinschaftshaus und KAB.

Das Bräuhaus in Zußdorf ist das einzige Wirtshaus, das im Dorf überlebt hat und war ehemals Zentrum der Brauerei Luck (Zocklerbräu). Die verschiedenen anderen ortsprägenden Gebäude wie der Eiskeller wurden im Zuge der Dorfsanierung Anfang der 1980er Jahre abgerissen.

Gebäude: Das Veranstaltungs- und Dorfgemeinschaftshaus Schalander, die katholische Kirche, das Kaufhaus Spaeht oder der Biolandhof Gebhardt.

Religionen

Während der Kernort weiterhin von der pietistischen evangelischen Brüdergemeinde geprägt wird, hat sich in den Teilorten Esenhausen, Pfrungen und Zußdorf die römisch-katholische Dominanz erhalten.

Eingemeindungen

  • 1973: Esenhausen, Pfrungen, Zußdorf.

Politik

Gemeinderat

Die Kommunalwahl vom 13. Juni 2004 brachte folgendes Ergebnis:

  1. Bürgerliste 38,0% (+1,4) - 5 Sitze (=)
  2. FWG 35,8% (+1,2) - 5 Sitze (=)
  3. Natürlich Anders 26,2% (+12,1) - 4 Sitze (+2)
  4. Andere 0,0% (-14,7) - 0 Sitze (-1)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

Im Ort besteht das Museum für bäuerliches Handwerk und Kultur. Es zeigt von einer kleinen Schaufel bis hin zu Christus-Kreuzen oder Haushaltsgegenstände die volle Bandbreite bäuerlichen Lebens. Die Sammlung, zu der auch eine Schäfer-Schippe und Inhalte eines Krämerladens früherer Jahrhunderte gehört, geht zurück auf die jahrzehntelange Zeit des Sammelns von Museumsleiter Sepp Schelshorn, Gärtner aus Bayern.[3]

Naturdenkmäler

Das Pfrunger Ried ist nach dem Federsee mit 2600 Hektar das zweitgrößte Moorgebiet Baden-Württembergs. Im Jahr 2002 wurde das Pfrunger Ried in das Naturschutz-Großprojekt des Bundes aufgenommen.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Die Gemeinde ist mit einigen Buslinien u.a. mit Altshausen und Ravensburg verbunden und gehört dem Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund (bodo) an.

Bildung

Gotthilf-Vöhringer-Schule

Mit einem Gymnasium, einer Realschule und der Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule gibt es alle in Baden-Württemberg üblichen Schulformen. Daneben bestehen eine evangelische Fachschule (Gotthilf-Vöhringer-Schule) für Berufe im sozialen Bereich und mehrere Sonderschulen. Für die Jüngsten gibt es sechs Kindergärten. Während diese - bis auf den Waldkindergarten - im Kernort pietistisch geprägt sind, unterstehen sie in den Teilorten der römisch-katholischen Kirche.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Gemeinde

  • Bernhard Hanssler (1907–2005) geboren in Tafern, der Begründer des Cusanuswerks
  • Florian Schulz (* 1975), gilt als einer der besten Naturfotografen der Welt mit Preisen von Nature's Best, Gesellschaft Deutscher Tierfotografen, Banff Mountain photo competition und BBC wildlife photographer of the year[4]
  • Gerhard Stäbler (* 1949), Komponist

Anmerkungen

  1. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Bevölkerungsstand
  2. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 105
  3. Museum Wilhelmsdorf. Geschichte eines Sammlers. In: Südkurier vom 13. November 2008
  4. Petra Lanzer: Menschen. Glücksgefühle am Auslöser. Florian Schulz aus Wilhelmsdorf gilt als einer der besten Naturfotografen der Welt. In: Südkurier vom 9. Januar 2009

Literatur

  • Johann Daniel Georg von Memminger: Gemeinde Eßenhausen / Colonie Wilhelmsdorf / Gemeinde Zußdorf. In: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836 („Eßenhausen“, „Wilhelmsdorf“, „Zußdorf“ als Volltext bei Wikisource).
  • J. Ziegler: Ein Königskind. Erzählt für meine Söhne. Verlag der Ziegler'schen Anstalten, Wilhelmsdorf / Buchhandlung der Evangelischen Gesellschaft, Stuttgart 1905.
  • Andreas Bühler (Hg.): 175 Jahre Wilhelmsdorf. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart. Wilhelmsdorf, 1999.
  • Eberhard Fritz: Radikaler Pietismus in Württemberg. Religiöse Ideale im Konflikt mit gesellschaftlichen Realitäten. Epfendorf 2003. S. 247-254.

Weblinks


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