Fritjof Capra

Fritjof Capra

Fritjof Capra (* 1. Februar 1939 in Wien) ist ein Physiker, Systemtheoretiker, Philosoph und Autor. Er lebt zurzeit in Berkeley (Kalifornien).

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Der Sohn der österreichischen Lyrikerin Ingeborg Capra-Teuffenbach promovierte 1966 an der Universität Wien in theoretischer Physik. Er studierte bei Werner Heisenberg und forschte und lehrte auf dem Gebiet der Hochenergiephysik an der Universität Paris von 1966 bis 1968, an der University of California, Santa Cruz von 1968 bis 1970, am Stanford Linear Accelerator Center (1970) und am Imperial College London, University of London 1971 bis 1974. Von 1975 bis 1988 war er am Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory der UC Berkeley tätig. Er lehrte auch an der U.C. Santa Cruz, U.C. Berkeley und der San Francisco State University. Er publizierte einige technische Artikel und beschäftigte sich intensiv mit den philosophischen Auswirkungen der Naturwissenschaften, wozu er auch mehrere Bücher veröffentlicht hat. Sein bekanntestes Buch ist Das Tao der Physik (1975). Ursprünglich wollte er ein Buch über Elementarteilchenphysik schreiben und war deshalb in Kontakt mit Victor Weisskopf. Sein Vorgesetzter in Santa Cruz, Michael Nauenberg, überzeugte ihn dann aber davon, ein mehr populärwissenschaftliches Buch zu schreiben[1]. Derzeit unterrichtet er am Schumacher College in England. Er ist Direktor des von ihm gegründeten Center for Ecoliteracy in Berkeley, wo er mit seiner Frau und Tochter lebt. 2007 ist sein neues Buch über die wissenschaftliche Arbeit von Leonardo da Vinci erschienen, The Science of Leonardo.

Philosophie

Capras Denken ist tief geprägt von einem ganzheitlich-systemischen Ansatz, mit dem er verschiedene Wissensgebiete und -bereiche behandelt. Sein Werk ist durchzogen von dem Versuch, die cartesianische Trennung von Geist und Körper zu überwinden und durch eine holistische Weltsicht zu ersetzen. Dabei wendet er sich kritisch gegen den mechanistisch-reduktionistischen Ansatz, der die westliche Wissenschaft seiner Ansicht nach heute beherrscht. Das analytische Denken möchte Capra durch Elemente der östlichen Philosophie ergänzen, die auch die mystische, spirituelle Seite des menschlichen Lebens einbeziehen. Durch das Center for Ecoliteracy (Zentrum für ökologische Bildung) möchte er Kindern und interessierten Erwachsenen einen nachhaltigen Lebensstil vermitteln und ökologische Bildung an Schulen verankern.

In seinen neueren Werken kritisiert er auch den ungesunden, nicht nachhaltigen Lebensstil der westlichen Welt und zeigt umweltfreundliche Alternativen auf. Statt Beherrschung, Ausbeutung und Unterwerfung der Erde zielt Capra auf einen respektvollen Umgang mit Natur und Umwelt ab, auf eine ressourcenschonende Koexistenz von Menschen und dem sie umgebenden Ökosystem. Immer wieder warnt Capra vor Gefahren und Problemen, die sich aus den neuen Wissenschaftszweigen ergeben (Atomkraft, Gentechnik, industrialisierte Landwirtschaft und andere Biotechnologien) und an deren Folgen erst kommende Generationen leiden werden. Ebenso wendet er sich gegen die uneingeschränkte Globalisierung auf Basis eines Markt-Fundamentalismus, die auf Kosten des Großteils der Weltbevölkerung die Gewinne einiger Konzerne maximiert. Als Ausweg schlägt er eine soziale, gerechte und umweltschonende andere Globalisierung mithilfe einer gestärkten, demokratischen UNO im Sinne einer globalen Zivilgesellschaft vor.

Das Tao der Physik

In seinem ersten Buch Das Tao der Physik beschäftigt sich Capra mit der kulturellen Transformation, die durch die Einsicht in die Konvergenz der modernen Physik und der alten Überlieferungen östlicher Mystik entsteht. Durch die Erkenntnisse der Quantenphysik kann das Ideal der objektiven, wertfreien Naturwissenschaften nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Beobachter ist bei quantenphysikalischen Experimenten immer mit in den Versuchsaufbau einbezogen und beeinflusst durch seine Fragestellung die Antwort der Natur. Damit ergibt sich aber, dass die gesamte Forschung niemals wertfrei sein kann und es immer auf die oft nicht explizit formulierten Werte und ethischen Normen bei jeder Wissenschaft ankommt. Die östliche Mystik kann mit ihrer tiefen Weisheit den philosophischen Hintergrund für die modernen wissenschaftlichen Theorien bilden. Capra untersucht den Zusammenhang zwischen den Grundbegriffen der modernen Teilchenphysik und fernöstlichen philosophischen Traditionen, deren Ergebnisse und Ansichten einander sehr ähnlich sind. Im Weg zur Erkenntnis unterscheiden sich die naturwissenschaftlichen Studien und Experimente natürlich von den durch Meditation und philosophische Überlegungen erreichten Einsichten. Mystiker schauen nach innen, erforschen ihr Bewusstsein und beziehen die Körpererfahrung in ihre mystische Weltanschauung mit ein. Physiker studieren empirisch die materielle Welt, erkennen aber auch die Einheit aller Dinge und Vorgänge. Durch die Quantenphysik wurde auch klar, dass der Beobachter und sein Bewusstsein integrale Bestandteile dieser Einheit sind.

Unterschiedliche Weltanschauungen

Wie in allen nachfolgenden Werken beklagt Capra, dass die gesamte westliche Tradition von den Lehren der griechischen Atomisten Leukipp und Demokrit geprägt ist, wonach eine Trennung von toter Materie, die aus kleinsten unteilbaren Teilchen (Atomen) besteht, und dem immateriellen Geist vorliegt. Dieser Dualismus zwischen Geist und Materie bzw. zwischen Körper und Seele fand bei René Descartes seinen Höhepunkt und wurde gemeinsam mit Isaac Newtons mechanistischem Modell der Wirklichkeit das grundlegende Paradigma westlichen Denkens. Nach Capra bedingt diese Ansicht die innere Zersplitterung des Menschen, der sich fortan nicht mehr mit seinem ganzen Organismus, sondern nur noch mit seinem Geist identifiziert. Diese Trennung von Ich und Welt weitet sich in der abendländischen Gesellschaft auf die gesamte Gesellschaft und Umwelt aus, was nach Capras Ansicht die ökologischen, sozialen und kulturellen Krisen der Gegenwart zur Folge hat.

Dagegen ist die östliche Sicht von der Welt organisch. Das Universum wird als grundlegende Einheit verstanden, mit der der Mensch in Einklang lebt und der er sich zugehörig fühlt. Alle Phänomene sind durch wechselseitige Zusammenhänge verbunden und zutiefst dynamisch. Die östliche Weltsicht beruht auf Zeit und Wandel.

Realität und Relativität

Auch in der modernen Physik wird das Universum als unteilbares dynamisches Ganzes gesehen, dessen Teile durch ein kompliziertes Geflecht von Beziehungen miteinander verbunden sind. Im subatomaren Bereich hängen alle Phänomene zusammen, eine isolierte Betrachtung einzelner Teilchen ist unmöglich. Nur als integrierte Teile eines Ganzen können ihre Eigenschaften verstanden und in statistischer Weise beschrieben werden. Die Wahrscheinlichkeit anstelle des Determinismus wurde als grundlegende Eigenschaft der atomaren Realität erkannt. Atomare Grundbausteine sind bloße Idealisierungen, die Beschreibungsmodelle ermöglichen. Der Begriff des kosmischen Netzes wird auch in östlichen Traditionen verwendet, um die mystische Erfahrung der Einheit mit der Natur mitzuteilen. Gegensätze und polare Beziehungen werden nicht statisch, sondern als dynamisches Zusammenspiel von zwei Extremen aufgefasst. Auch die Quantenphysik überwindet die Trennung von früher getrennt gedachten Begriffen, wie der Welle-Teilchen-Dualismus zeigt. In der Relativitätstheorie sind Raum und Zeit durch den Begriff der Raumzeit vereint, Masse und Energie hängen über Albert Einsteins berühmte Formel E=mc² zusammen. Das dynamische Spiel von Zeit und Wandlung der östlichen Weltanschauung kommt intuitiv dem Zeitverständnis der Relativitätstheorie sehr nahe – auch darin, dass sich beide Richtungen aus der traditionellen Sicht der Kausalkette von Ursache und Wirkung lösen und so eine gedankliche Befreiung von der Zeit erreichen. Die durch den ständigen Wandel erzeugten Strukturen und Symmetrien sind sekundär und vergänglich. Atomphysik und östliche Mystik überschreiten die Grenzen alltäglicher Erfahrung und kommen zu einer Sicht der Wirklichkeit jenseits von Existenz und Nichtexistenz.

Komplementarität

Niels Bohr hat für die Physik den Begriff der Komplementarität eingeführt, der sich stark am Yin und Yang-Prinzip der chinesischen Philosophie orientiert. Statt absoluter Gegensätze beschreibt das dynamische Zusammenspiel einander ergänzender Kräfte die Grundlage der Realität deutlich besser. Das Teilchen-Bild und das Wellen-Bild sind zwei einander ergänzende Beschreibungen derselben Wirklichkeit. Capra stellt fest, dass Wissenschaft und Mystik komplementär zueinander die rationalen und intuitiven Fähigkeiten des menschlichen Geistes betonen. Wichtig ist ihm nicht die Synthese der beiden Pole, sondern ihr dynamisches Zusammenspiel. Im Westen ist das Yang-Prinzip zu stark im Vordergrund – die rationale, männlich-aggressive Seite des Mensch-Seins. Das menschliche Wohlergehen in der Zukunft wird nach Capra davon abhängen, ob auch wieder mehr Yin-Aspekte übernommen werden und die Natur ganzheitlich erfahren wird.

Ein neues Paradigma – Wendezeit

All die momentanen ökonomischen und sozialen Probleme wie Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Umweltverschmutzung etc. entspringen nach Capra einer Krise der Wahrnehmung in der westlichen Gesellschaft. Die moderne, global vernetzte Welt kann nicht mehr im Rahmen des reduktionistisch-mechanistischen Weltbilds von Descartes und Newton verstanden werden, sondern braucht eine neue holistisch-organische Sicht der Realität. Aus dieser systemischen Perspektive lassen sich die vielfältigen gegenseitigen Abhängigkeiten und Verbindungen erkennen. Capra beginnt seine Analyse des momentanen Zustands der westlichen Welt mit einem geschichtsphilosophischen Rückgriff auf Arnold J. Toynbee, der kulturelle Übergänge als notwendige Stufen in der Entwicklung von Kulturen sieht. Capra unterstellt wie Toynbee einen zyklischen Prozess von Entstehung, Wachsen, Blüte, Zusammenbruch und Auseinanderbrechen, wobei der Verlust von Flexibilität Zeichen eines kulturellen Niedergangs ist. Capras Geschichtsbild einer mythischen besseren Vergangenheit mag problematisch erscheinen, aber für ihn ist in den 1980er Jahren am Ende des Zeitalters fossiler Brennstoffe die Wendezeit gekommen, der ein Paradigmenwechsel folgen muss. Die wichtigsten Übergänge sind nach Capra der Niedergang des Patriarchats und der Feminismus, das nahe Ende der Reserven fossiler Brennstoffe und der zugehörige kulturelle Wandel. In ‘‘Wendezeit’’ beschäftigt sich Capra ausführlich mit den Folgen der westlichen Überbetonung des Yang-Prinzips: Die mechanistisch-reduktionistische analytische Weltsicht, die Ausbeutung der Frauen und der Natur und die starke Fragmentierung der akademischen Disziplinen, die einen ganzheitlichen interdisziplinären Blick nicht gerade erleichtert.

Diesen Phänomenen setzt Capra das nicht-lineare ökologische und vernetzte Denken in Prozessen der Systemtheorie dagegen. Das System wird als integrales Ganzes betrachtet, dessen Eigenschaften sich nicht auf einzelne Teile reduzieren lassen, sondern erst ab einem bestimmten Grad an Komplexität durch Emergenz auftreten. Capra wendet die systemtheoretische Sicht auf viele Wissensgebiete an: Physik, Medizin, Psychologie, Biologie, Ökonomie und Umweltschutz. Dabei kritisiert er jeweils die verheerenden Auswirkungen des Cartesianischen Weltbildes auf den einzelnen Menschen und die gesamte Gesellschaft.

In Wendezeit sieht Capra die Transformation in das Zeitalter der Sonnenenergie schon im Gange. Die Kennzeichen einer untergehenden Kultur – mangelnde Flexibilität, Festhalten an veralteten Ideen und verkrustete, korrupte, institutionelle und politische Strukturen – sind vorhanden. Die Hoffnung für die Zukunft ist für Capra die Einsicht, dass sich evolutionäre Erneuerungsprozesse nicht durch kurzsichtige politische Aktivitäten aufhalten lassen.

Lebensnetz

In sein Verständnis von Leben bezieht Capra lebende Systeme auf mehreren Ebenen ein: Organismen, soziale Systeme und Ökosysteme. Tiefes ökologisches Verständnis in seiner holistischen Sichtweise geht davon aus, dass Menschen und Gesellschaften in die zyklischen Naturprozesse eingebettet und mit diesen strukturell gekoppelt sind. Capra möchte auch in Lebensnetz Anstöße zu einem Paradigmenwechsel geben, der die Ausbeutung von Natur und Menschen durch Kapitalismus, Patriarchat, Imperialismus und Militarismus ablöst und sich stattdessen auf Grundwerte der gesunden Balance zwischen Expansion und Erhaltung, Wettbewerb und Kooperation, Quantität und Qualität und zwischen Dominanz und Partnerschaft gründet.

Das Konzept der Autopoiesis, die Möglichkeit der Selbsterzeugung, zeigt, dass das Netzwerk als Gesamtes von seinen Komponenten erzeugt wird und umgekehrt jede Komponente in zyklischen Schleifen an der Erzeugung anderer Komponenten mitwirkt. Capra referiert in diesem Zusammenhang auch James Lovelocks Gaia-Hypothese, die die gesamte Erde als lebendiges, selbstorganisierendes System sieht. Diese lebenden Systeme werden mit der Mathematik der komplexen dynamischen Systeme beschrieben, die mit nichtlinearen Gleichungen eine quantitative Analyse des Systems erlaubt.

Evolution

Das systemische Denken sieht Organismen als komplexe Netze von Beziehungen untereinander mit einer jeweils dynamischen, flexiblen und doch stabilen Struktur. Organismen funktionieren durch zyklische Feedback-Schleifen, ständigen Materie- und Informationsfluss, Metabolismus, sie sind dynamisch, fähig zur Reproduktion und hochgradig nichtlinear. Durch die Rückkopplungsschleifen befindet sich jeder Organismus in einem ständigen Prozess von Entwicklung, Lernen und Evolution. Der Prozess des kreativen Vordringens in Neuland führt zu einer geordneten Entfaltung von Komplexität. Die Evolution in systemtheoretischer Sicht beginnt in einem dynamischen Gleichgewicht, das seine Stabilität durch negative Feedback-Schleifen zu halten versucht (Homöostase). Erst wenn die Systemvariablen eine kritische Abweichung vom Normalzustand erfahren, gerät das ganze System in eine Krise. Doch eine solche Bifurkation kann auch einen Evolutionsschritt verursachen. Auch das den Organismus umgebende Ökosystem wird wiederum als Organismus gesehen, der sich gemeinsam mit den in ihn eingebetteten Organismen entwickelt (Koevolution). Das Leben des Mikrokosmos schafft die Bedingungen im Makrokosmos für sein weiteres Fortkommen, während die Biosphäre ihre eigenen Mikroorganismen hervorbringt. Evolution ist nach der Systemtheorie ein ständig fortschreitendes offenes Abenteuer, das seinen eigenen Zweck erschafft. Der Ausgang ist nicht prognostizierbar, jedoch gibt es allgemeine Muster:

  • Fortschreitender Anstieg an Komplexität, Koordination und wechselseitiger Abhängigkeit und Vernetzung.
  • Die Integration einzelner Individuen in vielschichtige Systeme.
  • Die ständige Verbesserung von bestimmten Funktionen und Verhaltensmustern.

Leben als Prozess

Capra führt in seiner Definition von Leben drei Konzepte zusammen:

  • Das Organisationsmuster ist die Autopoiesis von Humberto Maturana und Francisco Varela. Diese Konfiguration von Beziehungen macht die Grundeigenschaften des Systems aus. Dazu gehören eine physikalische Grenze, die den Organismus von seiner Umwelt trennt, und ein Metabolismus, der ihn mit dieser verbindet.
  • Dissipative Strukturen von Ilya Prigogine implementieren das Organisationsmuster in eine physikalische Struktur.
  • Der Lebensprozess ist Kognition, wie er von Gregory Bateson und Maturana und Varela definiert wurde. In dieser Aktivität vollzieht sich die ständige Gestaltung des Organisationsmusters.

Theorie des Geistes

In seiner Theorie des Geistes schließt sich Capra an die Santiago-Theorie des Geistes von Varela und Maturana an, die den Prozess des Wissens, die Kognition mit dem Lebensprozess identifizieren. Geist ist damit nicht ein nach dualistischer Auffassung unabhängig von Materie existierendes Substrat, sondern ein Prozess, der durch das Gehirn als spezifische Struktur abgearbeitet wird. Das Verhältnis zwischen Geist und Gehirn ist somit das zwischen Prozess und Struktur. Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Struktur und Prozess überwindet die alte Trennung zwischen Geist und Materie. Auch die Unterscheidung zwischen Determinismus und Freiheit wird insofern überwunden, als ein lebendes System von seinen Organisationsmustern und seiner Struktur determiniert ist. Die Struktur wiederum ist ein Produkt früherer struktureller Übergänge, die durch Interaktion mit der Umwelt durch strukturelle Kopplung ausgelöst wurden. Auf welche Umweltreize in welcher Form der Organismus nun reagiert, entscheidet er selbst, wodurch er selbst seine Struktur bestimmt und auf diese Weise wieder frei ist. Strukturelle Determiniertheit heißt nur, dass die Struktur den Rahmen vorgibt, innerhalb dessen sich das System bewegen kann. Capra zieht auch die Grenzen des kognitiven Netzwerks weiter, als dies nach gängiger Auffassung der Fall ist. Nervensystem, Immunsystem und das endokrine System der Hormone arbeiten eng zusammen und bilden gemeinsam das kognitive Netzwerk.

Kognition wird in der Santiago-Theorie als ein ständiges Hervorbringen einer Welt durch den Lebensprozess aufgefasst. Leben ist Wissen (Maturana). Jedes Lebewesen erzeugt abhängig von seiner Struktur seine eigene Welt. Durch die Ähnlichkeit der menschlichen Strukturen, die gemeinsame abstrakte Sprache und die gesamte Kultur vereinen sich die unterschiedlichen Welten zu einer gemeinsamen Lebenswelt.

Bewusstsein

Bewusstsein bedeutet nach Capra (und Maturana) die höchste Stufe des Geistes, die das Selbst-Bewusstsein, das Wissen, das man weiß, mit einschließt. Erst durch ein reflektierendes, abstraktes Denken kann Kommunikation entstehen, die als Koordination von Verhalten durch gegenseitige strukturelle Kopplung aufgefasst wird. Maturanas Theorie des Bewusstseins betont Kommunikation und eine symbolische Sprache gemeinsam mit Selbst-Bewusstsein als die Grundpfeiler, mit deren Hilfe sich menschliches Bewusstsein verstehen lässt. Bewusstsein ist immer durch die Sprache in den sozialen Kontext eingebettet und dadurch ein zutiefst soziales Phänomen. Das gefühlte, erlebte Selbst, das Ich, hat nach dieser Theorie keine unabhängige Existenz, sondern entsteht aus den inneren strukturellen Kopplungen. Individualität und Autonomie bedeuten nicht Unabhängigkeit und Verlassenheit, wenn die vielfältigen Beziehungen innerhalb des Lebensnetzes erkannt werden. Diese Erfahrung des Wiederankoppelns an das die Menschheit umgebende Lebensnetz, das kulturelle, soziale Netzwerk, bezeichnet Capra als Wiedererlangung der vollen Menschlichkeit, die durch die Cartesianische Angst, die durch die Trennung von Geist und Körper entsteht, verloren wurde.

Change Management

Capra wendet die Theorie des Lebens auf vielfältige Bereiche an, darunter auch Change Management in großen Organisationen, das oft Verunsicherung hervorruft, weil es mit einer ungewissen Zukunft verbunden ist. Ein Unternehmensklima, in dem sich die Lebendigkeit des Organismus ausdrücken kann, bleibt flexibel, effizient und kreativ. Informelle Netzwerke sind sehr wichtig, sie garantieren den nötigen Informationsaustausch. Capra schlägt einen nicht hierarchischen, flexiblen Führungsstil mit starker Partizipation aller Beteiligten vor, um die Lebendigkeit des Organismus der Organisation zu erhalten. Störungen werden in einem lebenden Netzwerk absorbiert, wodurch sich das Netzwerk selbst verändert. Nur eine Störung, die mit der eigenen Struktur in Einklang steht, wird als solche begriffen. Das macht den Unterschied zu deterministischen, steuerbaren Maschinen aus: lebende Organismen können nur gestört, aber nicht von außen geregelt werden. Die Veränderung von Organismen ist nicht vorhersagbar, sie sind in diesem Sinn autonom, indem sie auf Störungen auf die je ihnen eigene selbst-organisierende Art reagieren.

Wirkung

Capra fand mit dem Tao der Physik Eingang in Franco Volpis Großes Werklexikon der Philosophie (Alfred Kröner Verlag Stuttgart 2004, ISBN 3-520-83901-6).

Werke

Weblinks

Einzelnachweise

  1. David Kaiser zur Entstehung von "Das Tao der Physik" in einem Vortrag 2007

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