Gebirgskrieg 1915–1918

Gebirgskrieg 1915–1918
Gebirgskrieg 1915–1918
Teil von: Erster Weltkrieg
Italienfront
Ortler Vorgipfelstellung 3850 m
Ortler Vorgipfelstellung 3850 m
Datum 23. Mai 1915–3. November 1918
Ort Ostalpen
Ausgang Sieg der Alliierten
Territoriale Änderungen Südtirol, Welschtirol, Kanaltal, Istrien
Friedensschluss Vertrag von Saint-Germain
Konfliktparteien
Italien 1861Italien Italien
Vereinigtes Konigreich 1801Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland Vereinigtes Königreich
FrankreichFrankreich Frankreich
Ab 7. Dezember 1917
Vereinigte Staaten 48Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Ab 28. Oktober 1918:
BöhmenBöhmen Tschechoslowakei
Osterreich-UngarnÖsterreich-Ungarn Österreich-Ungarn
Deutsches ReichDeutsches Reich Deutsches Reich
Befehlshaber
Luigi Cadorna Svetozar Boroëvić von Bojna
Österreichische Stellung in den Hängen der Sextener Rotwand
Gesprengte Brücken über den Grenzbach zwischen Italien und Österreich-Ungarn bei Pontebba und Pontafel (Ende Mai 1915)

Der Gebirgskrieg 1915–1918 im Ersten Weltkrieg war ein groß angelegter Stellungskrieg im gebirgigen Gelände der Alpen an der Grenze zwischen Österreich-Ungarn und Italien. Er war als Gebirgskrieg einzigartig, da sich nie zuvor oder danach zwei Armeen in einem derart breit angelegten und langwierigen Stellungskrieg im Gebirge gegenüberstanden.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangslage

Am 23. Mai 1915 trat Italien trotz des Bündnisses mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn (Dreibund) auf Seiten der Entente gegen Österreich-Ungarn in den Ersten Weltkrieg ein.

Italien verfügte bei Kriegsbeginn über ein Heer von 900.000 Mann, das sich in vier Armeen sowie die Karnische Gruppe gliederte. Oberbefehlshaber war General Luigi Cadorna. Der festgelegte Operationsplan sah vor, mit der 2. und 3. Armee über den Fluss Isonzo in Richtung Laibach vorzustoßen, um ein strategisches Zusammenwirken mit dem russischen und serbischen Heer zu ermöglichen. Die Karnische Gruppe sollte Richtung Villach in Kärnten vorstoßen, die 4. Armee Toblach angreifen. Die gegen Südtirol eingesetzte 1. Armee sollte sich defensiv verhalten. Bereits in den ersten Wochen zeigte sich, dass die geplanten Operationsziele völlig unrealistisch waren.

General Cadorna war zwar ein gewandter Redner, sein militärisches Geschick stand jedoch in keiner Relation dazu. Die österreichische Grenze war in Erwartung eines italienischen Kriegseintrittes gut befestigt worden, allerdings nur mit schwachen Landsturmeinheiten besetzt. Für manche Frontabschnitte waren zu Beginn überhaupt keine k.u.k. Truppen verfügbar. Hier marschierten Freiwillige nachts von Gipfel zu Gipfel und täuschten durch viele Fackeln eine stärkere Besetzung vor. General Cadorna scheute jedes Risiko wie auch eine rasche Offensive. Die Österreicher brachten ihrerseits schließlich Verstärkung von der serbischen und russischen Front an die italienische Grenze und schafften es so, bereits nach zwei Wochen eine geschlossene Verteidigung zu organisieren.

Österreich hatte bereits vor dem Krieg umfangreiche Festungswerke an der Grenze zu Italien bauen lassen, in der Erwartung, dass der Bündnisvertrag mit Italien nicht halten würde. Nachdem Italien dem Krieg dann nicht beigetreten war, wurden die Festungswerke von der Landwehr besetzt.

Der deutsche Verbündete griff der Donaumonarchie unter die Arme: das neu aufgestellte Alpenkorps wurde noch im Mai 1915 nach Südtirol verlegt und blieb dort bis in den Herbst. Deutschland war allerdings erst seit August 1916 formell mit Italien im Kriegszustand. Das gebirgige Gelände stand einem schnellen italienischen Vormarsch entgegen und begünstigte die Verteidiger zusätzlich.

Der Kriegsschauplatz

Die italienische Front 1915-1917: elf Schlachten in der Isonzo- und Asiago-Offensive. In blau, italienische Eroberungen.
Die Schlacht von Caporetto und italienischer Rückzug zur Piave.
Die italienische Front 1918 und die Schlacht von Vittorio Veneto.

Die Front befand sich zum größten Teil in gebirgigem Gelände und stellte somit besondere Anforderungen an die Kriegsführung (vgl. Gebirgskrieg). So musste buchstäblich jede Wasserflasche und jedes Stück Feuerholz von Maultieren in die Stellungen transportiert werden. Da ab dem Winter 1916/17 die Pferde und Maultiere auf Grund von Futtermangel kaum noch leistungsfähig waren, wurden diese mehr und mehr durch elektrisch betriebene Seilbahnen bzw. Zugverbindungen ersetzt.

Die kürzeste Verbindung nach Kärnten bzw. ins nördliche Slowenien wurde außerdem durch noch in der napoleonischen Zeit errichtete Forts (z.B. Fort Hermann oder Herrmannswerk) versperrt. Der österreichisch-ungarischen Armeeführung war jedoch bewusst, dass diese Sperranlagen einem Beschuss mit modernen Artilleriegeschützen nicht standhalten würden. Die Geschütze und Besatzungen dieser Forts waren deshalb noch vor Kriegsausbruch, bis auf eine minimale Restmannschaft, die eine Vollbesetzung vortäuschte, abgezogen worden. Die italienischen Truppen wurden vor diesen Forts gestoppt und die italienische Artillerie schoss die Forts nieder, was der österreichischen Armee die Zeit verschaffte, die sie zum Aufbau ihrer Verteidigungslinien benötigte.

Am Isonzo und in Richtung Triest war das Gelände eher hügelig und verkarstet und somit offen für Großangriffe. Demzufolge konzentrierten sich die italienischen Angriffe immer wieder auf diesen Abschnitt. Vor allem die einzigen zwei österreichischen Brückenköpfe westlich des Isonzo, bei Tolmein und bei Görz, wurden mehrfach angegriffen. Hier zeigte sich jedoch das mangelnde militärische Geschick Cadornas.

General Cadorna bevorzugte zu Beginn eine konservative, veraltete Angriffstaktik. So gingen seine Soldaten dicht gedrängt und gestaffelt vor, was alle anderen kriegsführenden Länder wegen der dabei eintretenden außerordentlich hohen Verluste durch Maschinengewehrfeuer der Verteidiger bereits vermieden. Außerdem war Cadorna zu zögerlich und verschenkte so des Öfteren bereits erkämpfte Anfangserfolge.
Die Österreicher ihrerseits hatten mit Generaloberst Svetozar Boroevic von Bojna einen ihrer fähigsten Kommandanten an die italienische Front entsandt. Vor allem die Defensive war eine Spezialität General Boroevics und so schaffte er es immer wieder, trotz deutlicher Unterlegenheit gegen einen bis zu dreimal stärkeren Gegner, einen italienischen Durchbruch zu verhindern. Sein Geschick trug ihm bald den Beinamen „der Löwe vom Isonzo“ ein. Am 1. Februar 1918 wurde er von Kaiser Karl I. zum Feldmarschall befördert.

Beide Seiten hatten aufgrund der ungeheuren Strapazen und Entbehrungen mit Disziplinproblemen bis hin zur Desertion zu kämpfen. In der k.u.k. Armee waren italienische und tschechische Einheiten stark betroffen. Der Nationalismus und die Propagierung eines eigenen tschechischen Nationalstaats durch die Entente begann Wirkung zu zeigen. Die schlechte Versorgungslage der k.u.k. Einheiten tat ein Übriges, um die Moral zu senken.

Bei den italienischen Einheiten war oft der noch heute existierende Unterschied zwischen Nord- und Süditalienern Grund für das Überlaufen zum Feind. Süditaliener betrachteten den Krieg häufig als einen sie nichts angehenden "Krieg Roms und des Nordens“.

Besondere Gefahren drohten den Soldaten beider Seiten nicht vom Feind, sondern durch die Natur. Teilweise kamen mehr Soldaten durch Lawinen, Felsstürze und sonstige Unfälle ums Leben als durch feindlichen Beschuss. Aufgrund des schwierigen Geländes wurde auch wieder auf den Minenkrieg zurückgegriffen, wobei feindliche Stellungen, zum Teil sogar ganze Berggipfel, untergraben und in die Luft gesprengt wurden. Das bekannteste Beispiel hierfür ist der Col di Lana.

Verlauf

Verfallener Stellungsbau auf der Kammlinie der Karnischen Alpen

Während in den Dolomiten auf österreichisch-ungarischer Seite Halteschlachten (mit Ausnahme der Unternehmen Lawine genannten Offensive) geschlagen wurden, fanden die wesentlichen Ereignisse in den Karnischen und Julischen Alpen statt. Hierbei ragten besonders die Isonzo- und Piaveschlachten heraus.

Erst nach dem erfolgreichen Feldzug gegen Serbien im Herbst 1915 ergab sich für Österreich eine Möglichkeit, gegen Italien offensiv zu werden. Geplant war eine Offensive von zwei österreichischen Armeen, ausgehend von der Hochfläche von Lavarone in Richtung Venedig. Durch ungünstige Witterungsverhältnisse konnte der Angriff jedoch erst am 15. Mai 1916 beginnen, wodurch der Überraschungseffekt verloren ging. Trotz des schwierigen Geländes erzielte die Offensive Anfangserfolge, lief sich jedoch bald fest. Die Anfang Juni 1916 einsetzende russische Brussilow-Offensive zwang die Österreicher endgültig zum Einstellen des Angriffes.

Die österreichische Frühjahrsoffensive, die im Jahr 1916 auf dem Gebiet der Sieben Gemeinden stattfand, blieb erfolglos.

Lediglich an der Kärntner und Isonzo-Front gelang es, den Stellungskrieg in den Bewegungskrieg zu überführen. Der Gasangriff der k.u.k. Armee bei Flitsch/Plezzo/Bovec am Beginn der 12. Isonzo-Schlacht am 24.Oktober 1917 führte auch zum Zusammenbruch der italienischen Front im Hochgebirge, ein Erfolg, der die k.u.k. Armee mit ihren verbündeten deutschen Truppen zuerst an den Tagliamento und weiter bis an die Piave führte.

Die Gebirgsfront bestand zwischen dem Stilfser Joch und dem Piave bis 1918 weiter. Der südliche Abschnitt der österreichischen Gebirgsfront brach Ende Oktober 1918 nach der Schlacht von Vittorio Veneto zusammen.

Museale Rezeption

Ortler-Geschütz im Heeresgeschichtlichen Museum.

Im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien ist der Gebirgskrieg in einem eigenen Bereich dokumentiert. Ausgestellt sind neben u. a. Uniformen, Tarnbekleidung, Gletscherschutzbrillen, Infanteriegeschützen und Maschinengewehren eine 7 cm-Gebirgskanone M 1899, welche in der Gipfelzone des Ortler auf 3.850 Meter in Stellung ging und somit die höchste Geschützstellung Europas bildete.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Etschmann: Die Südfront 1915–1918. In: Klaus Eisterer, Rolf Steininger (Hrsg.): Tirol und der Erste Weltkrieg. (= Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte, Band 12), Wien/Innsbruck 1995, S. 27–60.
  • Hubert Fankhauser, Wilfried Galllin: Unbesiegt und doch geschlagen. Der Gebirgskrieg an Kärntens Grenze, 1915 -1917. Verlagsbuchhandlung Stöhr, Wien, 2005
  • Ingomar Pust: Die steinerne Front. Vom Isonzo zur Piave. Auf den Spuren des Gebirgskrieges in den Julischen Alpen. Ares Verlag, Graz 2009 ISBN 978-3902475626
  • Walther Schaumann: Schauplätze des Gebirgskrieges in 5 Bänden; Ghedina & Tassotti Editori, Cortina, 1973.
  • Gabriele und Walther Schaumann: Unterwegs vom Plöckenpass zum Kanaltal. Auf den Spuren der Karnischen Front, 1915 - 1917, Verlag Mohorjeva - Hermagoras, Klagenfurt, 2004 (mit Tourenführer)
  • Der einsame Krieg. Hornung, München 1974, ISBN 3-87364-031-7, Athesia-Verlag, Aufl. 2-7, 1976-2007, ISBN 978-88-7014-174-0.
  • Spielhahnstoss und Edelweiss – Die Geschichte der Kaiserschützen, Leopold Stocker Verlag, Graz 1977, ISBN 3-7020-0260-X.
  • Heinz von Lichem: Der Tiroler Hochgebirgskrieg 1915–1918 im Luftbild; Steiger, Innsbruck 1985, ISBN 3-85423-052-4.
  • Heinz von Lichem: Gebirgskrieg 1915–1918. (3 Bände), Athesia, Bozen

Mit Fokus auf beteiligte Kriegsteilnehmer:

  • Walter Gauss: Kreuze in Ladinien im Herzen von Ladinien. Athesia Bozen 2000.
  • Vasja Klavora: Plavi Križ. Mohorjeva založba, Celovec/Ljubljana/Dunaj 1993 (slowenisch).
  • Manfried Rauchensteiner: Der Tod des Doppeladlers. Österreich-Ungarn und der Erste Weltkrieg. Graz/Wien/Köln 1997.
  • Mark Thompson: The White War. Life and Death on the Italian Front 1915–1919. Faber and Faber, London 2008. ISBN 978-0-571-22333-6 (engl., Fokus auf das Geschehen in der italienischen Armee).

Romane mit dem Schauplatz Gebirgskrieg:

Weblinks

 Commons: Gebirgskrieg 1915–1918 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Manfried Rauchensteiner, Manfred Litscher (Hg.): Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien. Graz, Wien 2000 S. 32.

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