Große Weserbrücke

Große Weserbrücke

Als Große Weserbrücke wurden in der Geschichte der Stadt Bremen zahlreiche Brücken seit dem 13. Jahrhundert bezeichnet, die an nahezu der gleichen Stelle den Weserstrom überspannten. Sie befanden sich allesamt im Ostteil der Altstadt zwischen den Straßen Schlachte und Tiefer und verbanden die Altstadt anfänglich mit einer Weserinsel und später mit dem Teerhof. Keine der Großen Weserbrücken reichte in einer Länge bis zum Ufer der linksseitigen Neustadt. Alle überspannten lediglich den Hauptstrom, während die Kleine Weser, ein linker Nebenarm, von der versetzten Kleinen Weserbrücke überquert wurde. Erst in neuerer Zeit liegen Kleine und Große Weserbrücke in einer Achse. Die aktuelle Große Weserbrücke trägt den Namen Wilhelm-Kaisen-Brücke und wurde 1960 eingeweiht.

Inhaltsverzeichnis

Die ersten Brücken

Stadtansicht 1589: Die Weserbrücke führt von der Altstadt zum linksseitigen Weserufer. An der Altstadtzufahrt sind das alte Weserbrückentor sowie das Wasserrad zu erkennen.
Die Große Weserbrücke im Jahre 1764 mit Blick auf die Innenstadt, das neue Weserbrückentor und das verkleidete Wasserrad.
Große Weserbrücke von 1833 mit dem vom Jean Baptiste Broëbes gestalteten Brückentor

Die erste Nennung einer Weserbrücke in Bremen in einer Urkunde des Klosters Hude im Zusammenhang mit dem Stedingerkrieg datiert von 1244. Da die Stadt zu jenem Zeitpunkt allerdings schon seit über 460 Jahren als mehr oder minder große Siedlung bestand, ist davon auszugehen, dass es bereits in früheren Jahren an gleicher Stelle Brücken gegeben hat. Diese erste dokumentierte Weserbrücke hatte ihren Anfang auf der Altstadtseite an der Berührungsstelle der Uferstraßen Schlachte und Tiefer und führte auf eine Weserinsel mit Namen Herrlichkeit. Der auf der gegenüberliegenden Seite der Insel verlaufende schmalere Weserarm wurde von der in flussabwärtiger Richtung versetzten Kleinen Weserbrücke überquert. Die beiden Brückenbauwerke gehörten nicht zur Anlage der Bremer Stadtmauer. Der Straßenzug wurde auf der linken Weserseite durch den kleinen Borchwall und auf der rechten Seite durch das Brückentor vor der Wachtstraße geschützt. Nicht Bremen, sondern 102 Orte, weitgehend auf der linken Weserseite liegend, mussten die Unterhaltungskosten für die Brücke aufbringen. [1]

Ab etwa 1460 war die Herrlichkeit auf künstlichem Wege mit den benachbarten Inseln verbunden worden und bildete nun den Teerhof, eine Halbinsel, die den Hauptstrom der Weser auf der Altstadtseite von der Kleinen Weser auf der Neustadtseite trennt. Als eine dieser künstlichen Verbindungen fungierte das Propugnaculum Pontis, eine Festungsanlage (wörtlich Brückenbollwerk). Ab 1522 beherbergte das Pontis den im Volksmund Braut genannten Herrlichkeitzwinger, der gleichzeitig auch Pulverturm war. Diesen galt es fortan zu passieren, wollte man von der Großen zur Kleinen Weserbrücke gelangen. Letztere erhielt daher den Namen Brautbrücke.

Bei der Weserbrücke, die über viele Jahrhunderte die einzige feste Verbindung über den Fluss in der Hansestadt war, handelte es sich anfangs um eine Holzkonstruktion mit zahlreichen tragenden Jochen im Unterbau. Deren Anzahl variierte zwischen acht und 14. Am Baumaterial kam es in Folge der Witterungsbedingungen in der Regel rasch zu Verwitterungen, so dass häufige Neubauten vonnöten waren. Die Rohstoffe für diese Bautätigkeiten lieferten einem stillschweigenden Abkommen folgend in der Regel die Dörfer des Umlandes, wie beispielsweise Hoya oder Bruchhausen, da sie aus wirtschaftlicher Sicht auf den Handel mit Bremen angewiesen waren und die Brücke die wichtigste Verbindung zu den Märkten darstellte. Im Gegenzug gestattete die Stadt diesen Gemeinden allerdings auch, den Brückenzoll zu erheben. Dieser wurde bis ins 16. Jahrhundert von der Grafschaft Neubruchhausen und danach von der Grafschaft Hoya eingetrieben.

Bereits an der ersten erwähnten Brücke wurden zwischen den Jochen auf Pontons Schiffmühlen angekettet. Diese dienten dazu, mit Hilfe der Wasserkraft Korn zu mahlen. Ab 1394 gab es auf der Altstadtseite auch ein Wasserrad mit einem Durchmesser von etwa zwölf Metern – die sogenannte „Wasserkunst“. Das Rad schöpfte Wasser in ein Holzröhrensystem, an das etwa 200 Nutzer angeschlossen werden konnten. Diese waren zumeist Mitglieder der höheren Gesellschaft, die die Konstruktion finanzierte. Im Jahre 1710 verkleidete man das Wasserrad mit Holz und einem Dreiecksgiebel, um die Zufahrt zur Innenstadt repräsentativer zu gestalten. Auf der Verkleidung waren das Bremer Wappen sowie zahlreiche Verzierungen und Figuren zu sehen. Das Rad wurde 1823 durch Pumpen ersetzt.

Weserbrücke von 1738

Die Weserbrücke von 1738, die vollständig aus Holz errichtet wurde, entstand in nur siebenmonatiger Bauzeit für 26.000 Taler unter der Leitung des Baumeisters Hermann Ficke. Sie war 7,75 m breit. Auf der Neustadtseite besaß sie ein Fährgatt, eine Klappvorrichtung ähnlich einer Zugbrücke, die Schiffen die Durchfahrt ermöglichte. Zwischen den 14 Pfahljochen der Brücke, über die die Fahrbahn verlief, befestigte man erneut Wassermühlen. Nur ein Jahr nach der Fertigstellung wurde die Brücke allerdings in der Nacht des 22. Septembers 1739 zerstört, als ein Blitzschlag die Braut explodieren ließ. Dieses Unglück hatte weitreichende Verwüstungen der Innenstadtbebauung zur Folge und forderte 32 Menschenleben. Es gelang jedoch, die Große Weserbrücke rasch zu reparieren.

Es folgten weitere kostspielige Brückenreparaturen, besonders die von 1815 bis 1817 durch den Stadtbaumeister Poppe und die von 1822. Nun erhielt sie einen zweiten Fußweg. Die Sacklager der Müller, die an 11 Pfahljochen jeweils eine Wassermühle angehangen hatten, behinderten den zunehmenden Verkehr und verschwanden. 1829 wurde die hölzerne Brücke über die Kleine Weser ersetzt durch einen 9,45 m breiten Neubau. Diese Brücke blieb bis 1916 erhalten.[1]

Brückentore

Den Zugang zur Großen Weserbrücke von der Altstadtseite bildeten über die Jahrhunderte zwei Tore. Diese ließen sich im Bedarfsfall schließen und schützen so die Altstadt vor feindlichen Übergriffen von der anderen Weserseite. Das erste von ihnen entstand in den Jahren 1552 bis 1554 und besaß einen spitzen Treppengiebel mit dem es die umliegenden Häuser überragte. Es wurde 1688 zu Gunsten eines Neubaus abgerissen. Dieser wurde nach den Entwürfen des französischen Architekten Jean Baptiste Broëbes (1660–1720) gestaltet, der sich in Bremen weiterhin vornehmlich als Erbauer der Alten Börse hervortat. Das neue Weserbrückentor war klobiger und glich trotz einer breiten Durchfahrt mehr einem Haus denn einem Tor. Im Jahre 1839 riss man es ebenfalls ab.

Die erste Große Weserbrücke von 1841 bis 1895

Nachdem auch die Brücke von 1738 mit der Zeit baufällig geworden war, beschloss der Bremer Rat im Jahre 1838, also einhundert Jahre nach deren Bau, die Errichtung einer zumindest teilweise steinernen Brücke, die unabhängiger von den klimatischen Einflüssen sein sollte. Die technische Leitung während der Bauphase von 1839 bis 1841 übernahm der aus der Rheinprovinz stammende Bauinspektor und zum Stadtbaudirektor ernannte Friedrich Moritz Stamm (1793–1843), der in Bremen bereits mehrere Arbeiten durchgeführt hatte. Seine Vorliebe für einen schlichten klassizistischen Baustil spiegelte sich auch im Erscheinungsbild der neuen Brücke wider.

Sie besaß sechs Strompfeiler aus Stein, auf denen ein hölzerner Unterbau lagerte. 10,75 m war diese Brüche breit mit einer Fahrbahn von 5,35 m breite und zwei Fußwegen. Das zuvor vorhandene Fährgatt wurde nicht erneut eingebaut, dafür besaß die Brücke jedoch eine größere Höhe, die der Mehrzahl der damaligen Schiffe eine Unterquerung ermöglichte. Auch verzichtete man nun auf die Wassermühlen, deren Betrieb in keinem sinnvollen Verhältnis mehr zu ihrem Nutzen stand. Auf jeder Seite wurde die Brücke von vier gusseisernen Laternen gesäumt, die auf das Geländer aufgesetzt waren. Die Einweihung der 214.000 Taler kostenden Brücke fand Silvester 1841 statt.

Zwanzig Jahre nach der Einweihung ersetzte man 1861 den hölzernen Fahrbahnträger mit einem Klotzpflaster als Belag durch einen eisernen und pflasterte die Brückenoberfläche. Während die in der Mitte verlaufende auf 7,17 m verbreiterte Fahrbahn für Kutschen mit dunkleren Steinen ausgelegt wurde, erhielten die Fußwege zu beiden Seiten, die auch zum Flanieren über den Fluss einladen sollten, durch hellen Sandstein freundlichere Farben.

Wenig später entstand unterhalb der Großen Weserbrücke eine zweite Weserbrücke, die im Volksmund Börsenbrücke hieß. Es folgte weserabwärts 1865/66 die Eisenbahnbrücke, die auch von Fußgängern genutzt werden konnte und von 1872 bis 1875 die Kaiserbrücke – heute Bürgermeister-Smidt-Brücke – für den großen, neuen Straßenzug vom Hauptbahnhof in die Neustadt.

Die zweite Große Weserbrücke von 1895 bis 1961

Die zweite Große Weserbrücke etwa im Jahre 1914 von der Altstadt auf den Teerhof gesehen

Im Zuge der Weserkorrektion, die eine Vertiefung und Begradigung des Flusses darstellte, ergab sich die Notwendigkeit einer neuen Brücke, da die alte den zu verändernden Ufern nicht angeglichen werden konnte und ein Rückbau erforderlich war. Auch behinderten die sechs starken Brückenpfeiler bei dem Hochwasser von 1880/81 den Wasserabfluß zu beträchtlich.

Die Verantwortlichen in den städtischen Gremien einigten sich auf der Basis des Konstruktionspläne von Oberbaudirektor Ludwig Franzius für den eingereichten künstlerischen Entwurf des Karlsruher Architekten, Regierungsbaumeisters und Oberbaurats Hermann Billing. Die Brücke war die Verlängerung der in der Altstadt gelegenen Wachtstraße auf den Teerhof. 1893 begannen die Bauarbeiten. Billing, der die künstlerische Gestaltung übernahm, standen mit August Thiersch aus München und dem Baurat Franz Heinrich Schwechten aus Berlin zwei Sachverständige zur Seite. In zweijähriger Bauzeit entstand eine 137 Meter lange, zweispurige Auslegerbrücke mit Fachwerkgerberträgern und einer Hängegurtung, ruhend auf zwei sandsteinverkleideten Strompfeilern. Diese bildeten eine Stromöffnung von 64 Metern Breite, und an ihren Schmalseiten war jeweils ein Löwenkopf aus Sandstein befestigt – je zwei Köpfe blickten also weserauf- und -abwärts. Beide Zufahrten zur Brücke waren von je zwei etwa vier Meter hohen Obelisken flankiert, an denen in halber Höhe ein zur Landseite schauender Löwenkopf aus Bronze angebracht war. Diese Obelisken markierten auch den Beginn der Gusseisen-Verstrebungen, die das markanteste architektonische Merkmal der Brücke darstellten. Sie begannen an den Obelisken und bildeten im Verlauf der Weserquerung zwei bedachte Portale, die einen kleinen Dachreiter und eine Fahnenstange trugen. Zwischen der Gusseisen-Konstruktion verlief die neun Meter breite Fahrbahn für Kutschen und getrennt davon an den Außenseiten der Brücke die Fußwege. Die Eröffnung der Großen Weserbrücke erfolgte im Jahre 1895. Die Brücke war ob ihrer Konstruktion in der Bevölkerung sehr beliebt und avancierte schon bald zu einem der Wahrzeichen der Stadt. Sie gilt noch heute als die schönste und berühmteste der zahlreichen Bremer Weserbrücken.

1903 wurde über die Kleine Weser die St.-Pauli-Brücke, eine eiserne Bogenbrücke mit Zuggurt und eingehängter Fahrbahn, erstellt. Damit wurde die Straßenführung von der Großen Weserbrücke über den Teerhof mit dem Bauhof und dem Durchbruch zur Brückenstraße (heute Friedrich-Ebert-Straße) in die Neustadt fortgesetzt. In der Nähe stand schon seit 1894 die kleine, private, sogenannte Pfennigbrücke, dessen Querung ein Pfennig kostete. Diese Brücke verschwand 1903.

Bei statischen Untersuchungen im Jahre 1929 stellte man fest, dass sich die Flusssohle um sechs Meter vertieft hatte und somit eine ernstzunehmende Gefahr hinsichtlich der Standfestigkeit der Brückenpfeiler bestand. Zur Sicherung der Brücke wurden an den Pfeilerfundamenten und Sinkstücken Steinschüttungen durchgeführt.

Am 1. April 1933, knapp einen Monat nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Bremen, wurde die Brücke in einer aufwändig inszenierten, propagandawirksamen öffentlichen Veranstaltung auf den Namen „Adolf-Hitler-Brücke“ getauft. Etwas mehr als sechs Jahre darauf, am 1. Juli 1939, übertrug man diesen Namen auf die neu errichtete Westbrücke. Die Große Weserbrücke erhielt stattdessen die Bezeichnung „Lüderitzbrücke“, zu Ehren und im Gedenken an den aus Bremen stammenden Kaufmann und Kolonialherren Franz Adolf Eduard Lüderitz.

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges beschlossen die nationalsozialistischen Machthaber in Bremen, alle Weserbrücken, darunter auch die „Lüderitzbrücke“, zu sprengen, um die von Süden anrückenden Alliierten daran zu hindern, über den Fluss in die Altstadt einzudringen. Die Sprengung erfolgte am 25. April 1945. Der Mittelteil der Brücke wurde zerstört und stürzte in den Fluss. Zwei Tage darauf nahmen die Alliierten, die über eine unzerstörte Brücke weseraufwärts in Achim andere Wege gefunden hatten, die Stadt ein und beendeten die Diktatur in Bremen.

Einer der 1998 wiedergefundenen Löwenköpfe

Als Ersatz für die „Lüderitzbrücke“ diente ab dem 15. Juni 1945 die eilends errichtete und äußerst provisorische „Memorial Bridge“. Die amerikanische Militärregierung der Besatzungszone war jedoch bestrebt, die Brücke so schnell wie möglich in ihrem alten Zustand aufzubauen. Die Amerikaner sahen sie als wichtige Verkehrsachse in der Stadt, über die Waren aus dem Inland zügig zu den Häfen transportiert werden konnten und umgekehrt. Eine rasche Öffnung der Zuwege zum Hafen war für die wirtschaftliche Entwicklung Bremens von elementarer Bedeutung – zumal die Amerikaner Wert darauf legten, in ihren Zonen schnell eine stabile Wirtschaft aufzubauen, auch in Konkurrenz zur russischen Besatzungszone. Dieser Wiederaufbau des Bauwerks begann im August 1945 und war sehr schwierig und langwierig, unter anderem bedingt durch die strengen Winter und die Rohstoffknappheit der Nachkriegsjahre. Am 18. März 1947 beschädigte schwerer Eisgang auf der Weser die bereits weit fortgeschrittene Baustelle. Über die so entstandenen Brüche verlegte man drei Tage später Holzbohlen, so dass zumindest Fußgänger die Brücke wieder eingeschränkt nutzen konnten. Im Sommer 1947 gelang es, den Mittelteil der Lüderitzbrücke mit Trägern vollständig zu schließen, und am 29. November des gleichen Jahres erfolgte die feierliche Wiedereröffnung. Der Name „Lüderitzbrücke“ entfiel auf Drängen der Amerikaner, die keine Verherrlichung der ehemaligen Deutschen Kolonien wünschten[2]. Stattdessen hieß die Brücke nun wieder „Große Weserbrücke“.

Aus architektonischer Sicht handelte es sich tatsächlich um einen nahezu originalgetreuen Nachbau. Lediglich die Dachreiter auf den Gusseisentoren hatte man nicht erneut berücksichtigt. Ansonsten stimmten Aussehen und Maße überein. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass die Brücke dem zunehmenden Verkehrsaufkommen der 1950er Jahre nicht mehr gewachsen war. Sie wurde daher ab 1960 von der modernen, neugebauten Wilhelm-Kaisen-Brücke abgelöst und ein Jahr später abgerissen.

Im Jahre 1998 fand man durch Zufall zwei der vier sandsteinernen Löwenköpfe von den Strompfeilern wieder, die bei der Sprengung 1945 in die Weser gefallen waren. Im Zuge der Sanierung des altstadtseitigen Uferstreifens durch das Hafenamt wurden sie von einem Schwimmbagger geborgen. Sie stehen heute auf Stahlstelen unter dem Nordende der Wilhelm-Kaisen-Brücke an der Weserpromenade.

Die Wilhelm-Kaisen-Brücke seit 1960

Am 2. Mai 1957 veranlasste die Baudeputation aus genannten Gründen, aber auch mit Blick in die Zukunft und bereits damals absehbare noch höhere Durchfahrtszahlen, einen kompletten Neubau der Großen Weserbrücke. Im Beschlusspapier hieß es:

„Die künftige Verkehrsentwicklung Bremens erfordert sowohl den Neubau der Großen Weserbrücke als auch den der Ostbrücke innerhalb eines Jahrzehnts.“ [3]

Am 26. Juli selben Jahres begann die öffentliche Auftragsausschreibung für die Konstruktionsarbeiten. Bis zum Herbst reichten 22 Firmen ihre Angebote ein, und am 29. November erhielt das Unternehmen Dyckerhoff & Widmann den Zuschlag, dass eine schlichte dreifeldrige Spannbeton-Hohlkastenbrücke mit veränderlicher Konstruktionshöhe plante. Während man in früheren Jahrhunderten und Jahrzehnten die Hauptverkehrsadern der Stadt, also auch die Brücken, immer zum Zentrum, sprich zum Marktplatz ausrichtete, sollte der Neubau den Verkehr an diesem vorbei leiten. Dazu war es notwendig, die neue Brücke etwa 40 Meter weseraufwärts der alten zu errichten, so dass sie auf der Altstadtseite nicht mehr als Verlängerung der Wachtstraße diente, sondern ihre Zufahrt über die Balgebrückstraße erhielt, für welche eine Häuserzeile durchbrochen werden musste. Der Konstrukteur hieß Finsterwalder, als Bauleiter zeichnete Kurp verantwortlich.

Die Grundsteinlegung erfolgte am 1. August 1958 am Widerlager auf der Altstadtseite. Da die Strömungsverhältnisse der Weser keine großen Gerüstbauten im Fluss zuließen, wurde die Mehrzahl der Arbeiten an Land durchgeführt. So betonierte man die Stahlbeton-Senkkästen mit einer Grundfläche von 280 Quadratmetern in einem Trockendock an der Elbe nahe Hamburg. Die mit Aufbauten rund acht Meter hohen Konstruktionen wurden über See nach Bremen geschleppt, wo sie auf das zuvor planierte Flussbett hinabgelassen wurden. Beim Planieren war es kurzzeitig zu Verzögerungen gekommen, da man auf der Neustadtseite zahlreiche Findlinge bergen musste. Die Konstruktion der Fahrbahnen erfolgte im Freivorbau, einer bis dahin in Norddeutschland noch nie zuvor angewendeten Methode, die zahlreiche Zuschauer anlockte. Auf den Pfeilerköpfen montierte man je vier Vorbauwagen, von denen aus der Überbau in beide Richtungen betoniert wurde. Jede Woche wuchs die Brücke so um sechs Meter. Um Abweichungen beider Bauabschnitte voneinander auszuschließen, nivellierten die Ingenieure alle drei Meter von vier Festpunkten auf dem äußersten Brückenteil zum Ufer hin. Bei Nichtübereinstimmungen wurden die Vorbauwagen um die Differenz höher oder tiefer gestellt. Am 11. Dezember 1959 kam es durch die Einsetzung eines etwa 30 Zentimeter breiten Gelenks in die Gelenkfuge, den Zwischenraum zwischen beiden Bauabschnitten, zur erstmaligen Schließung der Brücke. Dieses Gelenk bietet den Brückenhälften gut drei Zentimeter Bewegungsspielraum.

Die Wilhelm-Kaisen-Brücke von der Schlachte in der Altstadt gen Süden gesehen

Die veranschlagten Kosten für den Bau beliefen sich auf 17.500.000 Deutsche Mark, von denen der Bund 5.000.000 DM übernahm, da zu jener Zeit kurzfristig die Bundesstraße 75 über die zu errichtende Brücke führte[4]. Im Zuge der Konstruktion der neuen Großen Weserbrücke kam es auch zu einer starken Veränderung des Verkehrsflusses und des Stadtbildes in jenem Bereich, da die Brücke weit in bestehende Straßen hineingriff. Der verkehrsreiche Leibnizplatz auf der Neustadtseite sowie die Altenwallkreuzung und die Dechanatstraße auf der Altstadtseite mussten großflächig umgestaltet sowie die ebenfalls auf der rechten Weserseite befindliche Martinistraße mit direkter Verbindung zur neuen Brücke erweitert werden. Hinzu kamen die Verbreiterung der Osterstraße links der Weser, der erwähnte Durchbruch zur Balgebrückstraße und die Anlage mehrerer Unterführungen, von denen einige Fußgängern vorbehalten waren. Der Bau der Brücke gestaltete sich insofern schwierig, als dass er unter Verkehr durchgeführt wurde. Das heißt, dass in den Monaten der Bauphase die alte Große Weserbrücke geöffnet bleiben musste, was zu einigen Verzögerungen der Arbeit, aber auch zu Improvisationen seitens der Bauleitung führte. So musste beispielsweise an der Martinistraße über eine sehr tiefe und lange Baugrube eigens eine Behelfsbrücke aus Holzbohlen gespannt werden, um der Straßenbahn die Durchfahrt zu ermöglichen.

Ursprünglich war die Brücke für zwei Fahrbahnen mit je drei Fahrstreifen konzipiert die von jeweils 2,35 Meter breiten Radwegen flankiert werden sollten. Mittlerweile wurden die beiden mittleren Fahrstreifen in einen Straßenbahnbereich umgewandelt. Aus diesem Grunde folgt auf die Fuß-Radweg-Kombination zu beiden Seiten nun je eine gut 5,9 Meter breite zweispurige Fahrbahn. Die Fahrbahnen werden vom 5,8 Meter breiten Bereich der Straßenbahn getrennt, der ein Gleis je Richtung aufweist. Insgesamt hat die Brücke eine Breite von 30,4 Metern. Die Länge der Konstruktion, die zwei Hohlkästen besitzt, beträgt 151 Meter bei einer Stromöffnung zwischen den beiden Strompfeilern von 86 Metern. Besonders markant präsentieren sich die trompetenförmigen Ausrundungen an den Brückenwiderlagern.

Am 22. Dezember 1960 schnitt Wilhelm Kaisen, der Bürgermeister und Präsident des Senats, um 14:15 Uhr im Beisein hochrangiger Politiker mit einer goldenen Heckenschere ein weißes Band durch. In seiner anschließenden Rede betonte er:

„Ich nenne sie Große Weserbrücke. Der Übergang trägt ihn seit Jahrzehnten, und so soll es auch bleiben. Zweimal hat man der Brücke im Laufe der Zeit einen neuen Namen gegeben, aber keiner von beiden ist volkstümlich geworden.“ [5]

Wenige Stunden später wurde die Große Weserbrücke für den Verkehr freigegeben.

Am 1. Januar 1980 erhielt sie im Gedenken an den zwei Wochen zuvor verstorbenen Kaisen den Namen Wilhelm-Kaisen-Brücke. Kaisen war von 1945 bis 1965 Präsident des bremischen Senats und somit Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen. Seine Amtszeit von zwanzig Jahren ist die längste seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Heute stellt die Wilhelm-Kaisen-Brücke, die im Ortsteil Altstadt liegt, eine der wichtigsten und meistfrequentierten Weserquerungen unterhalb von Minden dar. Sie wird von Kraftfahrzeugen, Fahrrädern, Fußgängern und öffentlichen Verkehrsmitteln passiert und ist für die meisten Touristen und Einheimischen das „Südliche Tor zur Innenstadt“. Über die Brücke verlaufen mit den Linien 4, 5, 6 und 8 vier Straßenbahn- und mit der 24 eine Buslinie der Bremer Straßenbahn. Auf dem Teerhof befindet sich die von all diesen Linien bediente Haltestelle Wilhelm-Kaisen-Brücke.

Weblinks

 Commons: Wilhelm-Kaisen-Brücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Amt für Straßen und Brückenbau Bremen (Hg.): Brückenbau über die Grosse und kleine Weser 1960. Weser-Kurier, Bremen 1960.
  2. Weser-Kurier, 28. November 1947, Seite 1: „Weserbrücke ab morgen wieder geöffnet“
  3. Weser-Kurier, Nr. 300, 23. Dezember 1960, Seite 12: „Elegant schwingt sich die Brücke von Ufer zu Ufer“
  4. Weser-Kurier, Nr. 300, 23. Dezember 1960, Seite 1: „Bremen hat eine neue Große Weserbrücke“
  5. Weser-Kurier, Nr. 300, 23. Dezember 1960, Seite 11: „Eine Brücke für 100 Jahre“

Literatur

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