Infanteriebrigade Sassari

Infanteriebrigade Sassari
Wappen der Brigade „Sassari”
Wappen 151. Infanterieregiment
Wappen 152. Infanterieregiment
Wappen 3. Bersaglieri-Regiment
Wappen 5. Pionierregiment

Die Infanteriebrigade „Sassari” ist ein auf Sardinien stationierter mechanisierter Verband des italienischen Heeres. Die Brigade, deren Hauptquartier sich in Sassari befindet, ist historisch und kulturell besonders eng mit der Insel verbunden.

Inhaltsverzeichnis

Auftrag

Die Infanteriebrigade „Sassari“ untersteht truppendienstlich dem regionalen Führungskommando COMFOD 2 in San Giorgio a Cremano bei Neapel. Sie wird vorwiegend für Friedensmissionen im Rahmen der EU, der NATO oder der UNO im Ausland eingesetzt. Im Bereich der Landesverteidigung ist sie für Sardinien zuständig, kann jedoch auch auf dem Festland oder zur Erfüllung von NATO-Bündnisverpflichtungen eingesetzt werden. Auf Sardinien übernimmt sie bei Bedarf auch Unterstützungs- und Sicherungsaufgaben im Auftrag ziviler Stellen.

Gliederung

  • CoA mil ITA b mec Sassari.jpg Stabs- und Versorgungsverband „Sassari” (Sassari)
  • CoA mil ITA rgt fanteria 151.png 151. mech. Infanterieregiment „Sassari” (Cagliari)
  • CoA mil ITA rgt fanteria 152.png 152. mech. Infanterieregiment „Sassari” (Sassari)
  • CoA mil ITA rgt bersaglieri 03.png 3. Bersaglieri-Regiment (Teulada)
  • CoA mil ITA rgt genio 05.png 5. Pionierregiment (Macomer)

Alle Regimenter der Brigade haben Bataillonsstärke. Die „Sassari”-Brigade ist heute eine der kleinsten Brigaden des italienischen Heeres. Bei Auslandseinsätzen wird sie in der Regel durch Verbände anderer Brigaden verstärkt. Das ursprünglich in Mailand stationierte 3. Bersaglieri-Regiment wurde Ende 2009 nach Sardinien verlegt und ist noch nicht einsatzfähig. In Teulada befindet sich auch das 1. Panzerregiment, ein teilaktiver Verwaltungs- und Ausbildungsverband, der den örtlichen Truppenübungsplatz (im Südwesten der Insel) betreut. Die Eingliederung dieses Verbandes in das 3. Bersaglieri-Regiment ist vorgesehen. Mehrmals angeregt wurde die Verlegung anderer Regimenter aus Norditalien in strukturschwache Gegenden Sardiniens.

Ausrüstung

Die Brigade ist noch mit Kettenfahrzeugen (modifizierte Variante des M113) ausgestattet. Eine Umrüstung auf Radschützenpanzer vom Typ Freccia ist geplant.

Geschichte

Regionale Rekrutierung

Die Regimenter des italienischen Heeres wurden mit Ausnahme der Alpini bis in die neueste Zeit nicht regional rekrutiert. Man legte aus politischen und sozialen Gründen Wert auf die sogenannte nationale Rekrutierung, d. h. die Soldaten der Heeresverbände sollten aus verschiedenen Landesteilen kommen. Besonders unmittelbar nach der italienischen Einigung glaubte man, dadurch den neuen Nationalstaat stärken zu können. Darüber hinaus wurde das Heer im Inland wiederholt für Polizeiaufgaben herangezogen und dafür brauchte man Verbände, die keine substanziellen emotionalen Verbindungen zu möglichen Einsatzgebieten und deren Bevölkerung hatten.

In anderen europäischen Staaten, besonders in Großbritannien, wusste man, oft seit alters her, um die förderliche Wirkung der lokalen Rekrutierung. Die auf diese Weise gebildeten Verbände zeichnen sich im Einsatz durch einen größeren Zusammenhalt aus, was in einer Schlacht oft den Ausschlag gibt.

Als Italien 1915 in den Ersten Weltkrieg eintrat, stellte das Heer im Rahmen der Generalmobilmachung zahlreiche zusätzliche Brigaden auf, die den Friedensbestand von 48 Infanteriebrigaden (darunter die national rekrutierte Infanteriebrigade „Cagliari“, Inf.rgt. 63 und 64) erheblich erweiterten. Unter den neuen Brigaden befand sich die am 1. März 1915 in Tempio Pausania (Sassari) und Sinnai (Cagliari) aufgestellte Infanteriebrigade „Sassari“ mit ihren beiden Infanterieregimentern 151 und 152. Die Soldaten dieser Regimenter stammten fast ausschließlich aus Sardinien, die Offiziere zum überwiegenden Teil. Diese durch zeitliche und geografische Gründe bedingte Rekrutierungsweise stellte eine große Ausnahme dar. Aber schon bald wurde der durch diese Rekrutierung bedingte Kontrast zwischen der Infanteriebrigade „Sassari“, den Alpini und den ebenfalls besonders rekrutierten Bersaglieri auf der einen, und vielen anderen Regimentern auf der anderen Seite deutlich. Darüber hinaus waren die Sarden den Alpini in vieler Hinsicht ähnlich. Obwohl auf einer Insel lebend, handelte es sich in erster Linie um ein Bergvolk, das schon die Römer kaum zu kontrollieren vermocht hatten. Als Hirten kannten sie lange und entbehrungsreiche Aufenthalte in der unwirtlichen Bergwelt Sardiniens und die militärische Zusammenfassung solcher Menschen mit ihrer ganz eigenen, urtümlichen sardischen Sprache bedingte letztlich das später oft zitierte „granitartige“ Wesen der Brigade.

Erster Weltkrieg

Barettabzeichen

Ab Juli 1915 kämpfte die Brigade in den ersten Isonzo-Schlachten und zeichnete sich am Unterlauf des Flusses bei den Kämpfen um die Schützengrabensysteme „Frasche” und „Razzi” aus. 1916 wurde sie auf die Hochebene von Asiago verlegt, um der dort von den Österreichern gestarteten Offensive („Strafexpedition”) zu begegnen. Im Juni 1916 eroberten sie dort den Monte Fior, den Monte Castelgomberto und Casera Zebio. Für diesen Einsatz erhielten die beiden Regimenter die sehr selten vergebene höchste italienische Auszeichnung (Goldene militärische Tapferkeitsmedaillie). Nach der Schlacht von Karfreit, die Italien Ende 1917 an den Rand der Niederlage brachte, kämpfte die Brigade (im Gegensatz zu vielen anderen Verbänden) während des Rückzugs vom Isonzo zum Piave mit außerordentlicher Härte und Disziplin. Das Bataillon des Majors Musinu war das letzte des gesamten italienischen Heeres, das sich Ende 1917 hinter den Piave zurückzog. Die Bataillone der „Sassari“-Brigade standen im Januar 1918 während der ersten italienischen Gegenoffensive nach Karfreit wiederum an vorderster Front. Nördlich von Vicenza kämpften sie in der Schlacht um den Col de Rosso, den Col d’Echelle und den Monte Valbella. Als ihnen dort bei den wechselhaften Kämpfen der Nachschub ausging, griffen sie die Österreicher nur mit blanken Waffen an. Dieser Moment ist für die Geschichte der Brigade und vor allem für die der heutigen autonomen Region Sardinien von besonderer Bedeutung. Die italienischen Soldaten wurden normalerweise unter dem Ruf „Vorwärts, Savoyen!“ ins feindliche Feuer geschickt. Bei dieser kritischen Gelegenheit riefen zunächst nur einige, dann alle Soldaten der Brigade „Vorwärts, Sardinien!”. Für diese Schlacht wurden die beiden Regimenter erneut mit goldenen Medaillen ausgezeichnet, was während des Krieges im Heer ein einmaliger Vorgang blieb. Im Ersten Weltkrieg hatte die „Sassari” von allen italienischen Infanteriebrigaden die höchsten Verluste zu beklagen. Der sardische Schriftsteller und Autonomist Emilio Lussu kämpfte während des Ersten Weltkriegs ebenfalls in der „Sassari“-Brigade und hinterließ in seinem Buch „Un anno sull’altipiano“ („Ein Jahr auf der Hochfläche“) eine Beschreibung der Grauen des Kriegs. Die Bedeutung dieses Werks in Italien ist mit der von Erich Maria Remarques Roman „Im Westen nichts Neues“ in Deutschland zu vergleichen.

1919 löste das italienische Heer alle 1915 zusätzlich aufgestellten Brigaden auf, mit Ausnahme der „Sassari“-Brigade und drei weiteren Reservebrigaden („Liguria“, „Arezzo“ und „Avellino“), die sich während des Kriegs ebenfalls besonders ausgezeichnet hatten. Nach Aufstellung der neuen, aus drei Regimentern bestehenden Heeresdivisionen, kamen die beiden Infanterieregimenter 151 und 152 zusammen mit dem 12. Infanterieregiment („Casale“-Brigade) zur 12. Infanteriedivision „Timavo“ in Triest. Mit der Heeresstruktur von 1939 entstanden die schwachen, aus nur zwei Infanterieregimentern bestehenden sogenannten „binären“ Divisionen, die die Namen und die beiden Regimenter der alten, 1919 aufgelösten Brigaden übernahmen. 1939 stellte man demzufolge die Division „Sassari“ auf und unterstellte ihr das 151. und das 152. Infanterieregiment, sowie das 34. Feldartillerieregiment. Als Ausgleich für das fehlende dritte Infanterieregiment kam 1941 noch die 73. Legion der faschistischen „Schwarzhemden“ hinzu.

Zweiter Weltkrieg

Barettabzeichen

1940 verblieb die Division „Sassari“ in Istrien. Am 6. April 1941 griff sie von dort aus unter dem Kommando der 2. italienischen Armee Jugoslawien an und eroberte zunächst Prezid und Čabar, dann Novi Lazi-Borovec. Am 19. April erreichte sie das Gebiet von Delnice, am 20. Knin, wo das Divisionskommando bis 1943 verblieb und von dort aus Einsätze gegen jugoslawische Partisanen leitete. Die Division operierete in Šibenik, Knin, Brod na Kupi, Gračac und Petrovac. Vom 22. bis zum 25. September 1941 versuchte man in Drvar, Kämpfe zwischen Kroaten und Serben zu beenden. Hauptaufgabe der Division blieb in diesen beiden Jahren jedoch der Kampf gegen jugoslawische Widerstandsgruppen, der 1942 in den Kämpfen um den Vrsa und um die Sedlo-Höhen seinen Höhepunkt erreichte. Im März 1943 beorderte der Generalstab die „Sassari“-Division wegen der Bedrohung Italiens durch die Alliierten nach Rom, um dort mit anderen Divisionen eine Heeresreserve zur Verteidigung der Hauptstadt zu bilden. Diese Reserve kam dann nach dem Waffenstillstand vom 8. September 1943 kurz gegen die Deutschen zum Einsatz. Vom 8. bis zum 10. September 1943 kämpfte die Division „Sassari“ zusammen mit den Divisionen „Granatieri di Sardegna“ und „Ariete“ in und um Rom.

Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf Sardinien keine Brigade oder Division stationiert, doch lösten sich auf den bedeutenden Truppenübungsplatzen der Insel laufend vom Festland kommende Truppenteile ab. Die beiden Regimenter der „Sassari“ hatten in der Nachkriegszeit zunächst verschiedene Stationierungsgebiete und Aufgaben, eine übergeordnete Brigade oder Division „Sassari“ gab es bis 1988 nicht. Das 152. Regiment entstand 1958 in Sassari als Ausbildungsregiment wieder, das 151. als motorisiertes Infanterieregiment in Triest. Mit der Heeresreform von 1975 verschwand die Regimentsebene zugunsten von gemischten, in Bataillonen untergliederten Brigaden. Bei dieser Gelegenheit wurde das neue 151. motorisierte Infanteriebataillon „Sette Comuni“ nach Cagliari verlegt und übernahm dort territoriale Verteidigungsaufgaben. In Sassari bildete das 152. Bataillon „Sassari“ bis 1988 weiter Rekruten aus, dann wurde es ebenfalls zu einem motorisierten Infanteriebataillon umgegliedert und mit dem 151. in der neuen Infanteriebrigade „Sassari“ vereinigt. 1991 konnte die Brigade mit überschüssigem Material anderer, aufgelöster Brigaden mechanisiert werden. Die Bataillone der „Sassari“ nahmen 1992 wieder die Bezeichnung “Regiment” an, obwohl sie weiterhin nur Bataillonsstärke haben. Die Infanteriebrigade „Sassari“ war zusammen mit den Brigaden “Garibaldi”, “Folgore” und „Taurinense“ eine der ersten, die in den 1990er Jahren professionalisiert wurden und an etlichen internationalen Einsätzen teilnahmen, zunächst vor allem im ehemaligen Jugoslawien, dann auch im Irak und in Afghanistan.

Granatieri di Sardegna

Wappen des 2. Gren.Rgt.

Die Infanteriebrigade „Sassari” sollte nicht mit der Brigade „Granatieri di Sardegna” verwechselt werden. Bei der „Brigata Sassari” handelt es sich um eine relative junge (1915), regional rekrutierte „Linieninfanteriebrigade”, während die „Granatieri di Sardegna” (1659) national rekrutierte Gardegrenadiere sind. Bei Letzteren ist die Körpergröße („Gardemaß”) ein wichtiges Rekrutierungskriterium, wohingegen die Sarden eher kleinwüchsig sind. Das 2. Regiment der „Granatieri di Sardegna” hat seine Ursprünge zwar auf Sardinien, doch das vorrangige 1. Regiment (1659) ist ein rein piemontesischer Abkömmling. Der Sardinienbezug im Namen der Grenadierbrigade steht mit dem 2. Regiment in Zusammenhang, als aber die Brigade 1852 ihren heutigen Namen erhielt, hieß dieser Staat offiziell „Königreich Sardinien”. Auf diesen Staat (aus dem 1861 das Königreich Italien entstand) bezieht sich der Name der Grenadierbrigade und weniger auf die Insel an sich.

Siehe auch

Weblinks


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