Maria Tudor

Maria Tudor
Maria I. (Porträt von Anthonis Mor) 1554

Maria I. Tudor (eng. Mary Tudor) (* 18. Februar 1516 in Greenwich; † 17. November 1558 im St. James's Palace) war von 1553 bis 1558 Königin von England und Irland.

Die erste Monarchin und vierte Person in der Königsliste aus dem Haus Tudor regierte in einer Zeit großer religiöser Spannungen. Die Tochter von König Heinrich VIII., der die englische Kirche von der römisch-katholischen getrennt hatte, versuchte, den Katholizismus erneut als Staatsreligion zu etablieren. Dabei kam es zur Hinrichtung von fast dreihundert Protestanten. Die Nachwelt bezeichnete sie daher, je nach religiösem Standpunkt, mit den Beinamen „die Katholische“ oder „die Blutige“ (engl. „Bloody Mary“). Marias protestantische Halbschwester und Nachfolgerin Elisabeth I. machte ihre religionspolitischen Maßnahmen wieder rückgängig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frühe Jahre

Kardinal Thomas Wolsey

Maria Tudor wurde am 18. Februar 1516 als fünftes Kind König Heinrichs VIII. und seiner ersten Frau Katharina von Aragon im Palace of Placentia bei Greenwich geboren. Anders als die übrigen Kinder Katharinas überstand sie die ersten Lebensmonate. Ihr Taufpate wurde der einflussreiche Kardinal Thomas Wolsey.

Kindheit und Jugend

In ihren frühen Jahren galt Maria als kränkliches Kind und litt unter einer Sehschwäche, Stimmungsschwankungen und schweren Kopfschmerzen. Unter manchen Historikern wird vermutet, dass ihre schwache Konstitution auf eine Syphiliserkrankung ihres Vaters Heinrich zurückzuführen ist, mit der ihre Mutter sie womöglich schon bei der Geburt infiziert hatte.

Als Prinzessin genoss Maria eine fundierte Ausbildung unter der Leitung ihrer Erzieherin Margaret Pole, 8. Countess of Salisbury. Neben ihrer Muttersprache (Englisch) lernte sie Latein, Französisch und Italienisch. Außerdem wurde die junge Maria in Musik unterrichtet und durch Gelehrte wie Erasmus von Rotterdam mit den Wissenschaften vertraut gemacht. Großen Anteil an ihrer frühen Erziehung hatte ihre Mutter, die sie persönlich in Latein unterrichtete und der es gelang, den spanischen Humanisten Juan Luís Vives an den englischen Hof zu holen.

Der König gewährte Maria das Privileg eines eigenen Hofstaats im Schloss Ludlow im Fürstentum Wales. Ein weiteres Privileg war ihre Ernennung zur Fürstin von Wales. Der Hof in Ludlow war das Machtzentrum des Fürstentums und diente daher meist den jeweiligen Thronfolgern, den Fürsten [engl. „Prince“] von Wales, als Regierungssitz. Obwohl Heinrich Maria im Alter von neun Jahren zur Fürstin von Wales ernannte, hatte er sie noch nicht als offizielle Thronfolgerin vorgesehen. Vielmehr erhoffte er sich noch immer einen legitimen männlichen Thronfolger. Dennoch war Marias Ernennung ein erster Schritt auf ihrem Weg zur Macht.

Zunächst aber verfolgte Heinrich andere Pläne mit Maria: Wie damals üblich sollte seine Tochter eine Ehe eingehen, um die politischen Bündnisse ihres Vaters zu festigen. So wurde sie im Alter von zwei Jahren dem Dauphin Franz versprochen, dem Sohn des französischen Königs Franz I.. Nach drei Jahren wurde die Verbindung jedoch wieder gelöst. Schon im Jahr 1522 schmiedete Heinrich VIII. mit dem Vertrag von Windsor ein zweites Ehebündnis. Marias neuer Ehemann in spe war ihr Cousin ersten Grades und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Karl V. Auch dieses Eheversprechen verlor wenige Jahre später seine Bedeutung. Als Maria 1526 in Wales einem Konzil vorstand, wurde der Vorschlag unterbreitet, die Prinzessin nicht mit dem Dauphin zu verheiraten, sondern mit dessen Vater, dem König Franz I. von Frankreich. Eine solche Verbindung sollte in einer Allianz beider Länder münden. Ein neues Eheversprechen wurde unterzeichnet, welches eine Heirat Marias mit Franz I. oder dessen zweitem Sohn Heinrich, dem Herzog von Orléans, vorsah. Kardinal Wolsey, Chefunterhändler Heinrichs VIII., konnte England jedoch die Allianz mit Frankreich ohne eine derartige Heirat sichern, da der französische König das Bündnis mit England um jeden Preis eingehen wollte.

Verlust der Thronfolge

Maria kehrte 1527 an den englischen Hof zurück, wo die Ehe ihrer Eltern gerade zerbrach. Da Katharina von Aragon König Heinrich keinen männlichen Thronerben schenken konnte, strebte dieser eine Annullierung seiner Ehe an und trennte sich schließlich im Juli 1531 von seiner ersten Frau. Unter dem Einfluss von Katharinas Neffen, Kaiser Karl V., lehnte Papst Clemens VII. die Nichtigkeitserklärung der Ehe jedoch strikt ab.

Heinrich VIII. erkannte daraufhin die Suprematie des Papstes über die englische Kirche nicht länger an und erklärte sich mit Zustimmung des Parlaments selbst zum Oberhaupt der Anglikanischen Staatskirche. Der Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer, stellte nach einer Anhörung die Ungültigkeit der Ehe zwischen Heinrich VIII. und Katharina von Aragon fest. Im Januar 1533 heiratete der König seine langjährige Geliebte Anne Boleyn.

Heinrich VIII. und seine Familie, links und rechts allegorische Gestalten

Nachdem seine erste Ehe für nichtig erklärt worden war, erkannte Heinrich VIII. Maria nicht mehr als legitime Tochter an. Sie verlor folglich ihren Status als Prinzessin von Wales und trug als Bastard des Königs nur noch den Titel einer Lady. Außerdem wurde sie des königlichen Hofes verwiesen und gezwungen, als Hofdame unter Lady Shelton, einer Tante der neuen Königin Anne, zu dienen, um ihre neugeborene Halbschwester Elisabeth zu versorgen.

Maria musste nach Hatfield umziehen. Obwohl es ihr streng untersagt war, unterhielt sie eine geheime Korrespondenz mit ihrer Mutter. Als diese 1536 starb, durfte Maria nicht an ihrem Begräbnis teilnehmen. Die Bevölkerung schrieb diese Behandlung dem Einfluss der unpopulären Königin Anne zu. Die schlechte Behandlung der früheren Prinzessin durch König und Königin brachte Maria Sympathien unter den einfachen Menschen, die in ihr weiterhin die legitime Thronerbin sahen.

Als 1536 auch Anne Boleyn die Gunst des Königs verlor, hoffte Maria auf eine Verbesserung ihrer Lage. Allerdings ging es nun ihrer Halbschwester Elisabeth ähnlich wie ihr wenige Jahre zuvor: Sie verlor ihren Platz in der Thronfolge und wurde zur Lady herabgestuft. Dies machte deutlich, dass Marias schwierige Lage vor allem von ihrem Vater und nicht allein von Königin Anne herbeigeführt worden war.

Ausgleich mit Heinrich VIII.

Um die Gunst Heinrichs VIII. wiederzuerlangen, war Maria zu Zugeständnissen bereit: Sie schwor, dem König „treu zu dienen“, wie es ihr Gewissen erlaubte, weigerte sich aber, den Eid auf ihn als Oberhaupt der Kirche von England zu leisten. Als sie darüber informiert wurde, dass der König plante, sie der Ketzerei anzuklagen und hinrichten zu lassen, falls sie sich weiter widersetzen würde, plante sie zunächst eine Flucht auf den Kontinent. Schließlich akzeptierte sie Heinrich jedoch als Oberhaupt der Kirche, obwohl dies ihrem Glauben widersprach und gegen die päpstliche Autorität verstieß. Außerdem erkannte sie die Annullierung der Ehe ihrer Mutter Katharina als rechtmäßig an, wodurch sie ihren eigenen illegitimen Status bestätigte. Die unter Zwang erfolgte Verleugnung ihrer katholischen Überzeugungen ließ sie während ihrer eigenen Herrschaft umso konsequenter für die katholische Sache eintreten.

Heinrich VIII. heiratete noch 1536 die ehemalige Hofdame Jane Seymour, die ihm mit Eduard schließlich den lang ersehnten männlichen Thronfolger schenkte. Jane Seymour versuchte, Maria mit ihrem Vater zu versöhnen. Deren Zugeständnisse ließen diesen schließlich einlenken. Maria durfte Patin ihres Halbbruders Eduard werden und wieder in den königlichen Palästen wohnen. Königin Jane verstarb jedoch bald darauf an Komplikationen in Folge der Geburt. Maria wurde die Ehre zuteil, als Hauptleidtragende auf einem schwarzen Pferd dem Trauerzug voran zu reiten.

Von seiner vierten Ehefrau, Anna von Kleve, ließ sich ihr Vater schon nach kurzer Zeit wieder scheiden; die fünfte, Catherine Howard, endete 1542 wie zuvor Anne Boleyn auf dem Schafott. Catherine Parr, die sechste und letzte Frau Heinrichs, verbesserte Marias Lage am Hof weiter und führte Vater und Tochter enger zusammen. Der Act of Parliament von 1544 setzte beide Töchter Heinrichs VIII. wieder in ihre Rechte als Prinzessinnen ein – an zweiter und dritter Stelle der Thronfolge nach Eduard –, obwohl sie offiziell illegitim blieben.

Maria unter Eduard VI.

Datei:Mary I by Master John.jpg
Maria I. (1544)

Nachdem König Heinrich VIII. am 28. Januar 1547 gestorben war, erbte sein noch minderjähriger Sohn Eduard den Thron. In den ersten Jahren seiner Kindheit hatten sich Eduard und seine Halbschwestern sehr nahe gestanden, dies änderte sich mit Eduards Thronbesteigung. Der erst neun Jahre alte König stand unter dem Einfluss seines Vormunds Edward Seymour, der einen strikt protestantischen Kurs verfolgte.

Maria erkannte, dass neue Gesetze es ihr als überzeugter Katholikin unmöglich machten, am königlichen Hof zu bleiben. Daher zog sie nach Kenninghall, wo sie eine eigene Kapelle unterhielt und versuchte, nach den Regeln des katholischen Glaubens zu leben. Von Seymour dazu gedrängt, verbot Eduard VI. Maria die privaten Messen. Daraufhin wandte sie sich mit Erfolg an ihren Cousin Kaiser Karl V., der England mit Krieg drohte, falls Maria an der Ausübung ihrer Religion gehindert würde. So konnte sie weiter an ihren religiösen Praktiken festhalten.

Thomas Seymour, der Bruder des Vormunds des Königs wurde 1549 im Tower hingerichtet, nachdem sein Plan, den jungen König mit Maria von Schottland zu verheiraten, gescheitert war. Infolgedessen verlor Edward zunehmend seinen Einfluss und wurde schließlich untragbar für den König. Als neuer Vormund erlangte der machthungrige John Dudley, 1. Herzog von Northumberland, entscheidenden Einfluss auf den König. Auch Dudley war Maria, die ihn als politischen Gegner fürchtete, nicht wohlgesinnt.

Die Thronbesteigung

Wie berechtigt Marias Vorbehalte gegen Dudley waren, zeigte sich, als ihr Halbbruder am 6. Juli 1553 im Alter von nicht einmal 16 Jahren starb. Unter dem Einfluss des Herzogs hatte Eduard VI. unter Bruch des Act of Parliament von 1544 Maria und Elisabeth testamentarisch wieder von der Thronfolge ausgeschlossen.

Um eine protestantische Thronfolge zu sichern, sollte die Krone nach dem letzten Willen Eduards auf Lady Jane Grey übergehen. Sie stammte von der Schwester Heinrichs VIII., Mary Tudor, der Herzogin von Suffolk, ab und war die Schwiegertochter des Herzogs von Northumberland. Noch am Todestag Eduards wurde Jane Grey widerrechtlich zur Königin Johanna proklamiert.

Dudley versuchte Maria, die sich zum Zeitpunkt von König Eduards Tod in Suffolk aufhielt, in seine Gewalt zu bringen. Truppen wurden ausgesandt, um sie gefangen zu nehmen oder zu töten. Maria konnte sich dem Zugriff des Herzogs durch eine Flucht nach Norfolk entziehen, wo sich ihre Anhänger um sie versammelten. Für die Mehrheit der Bevölkerung war Maria ungeachtet der religiösen Bedenken die rechtmäßige Thronerbin. Obwohl der Herzog von Northumberland gewaltsam gegen Unruhen vorgehen ließ, unterstützte die Bevölkerung Maria. Das Regime des Herzogs von Northumberland brach großteils am 18. Juli zusammen. Der Staatsrat in London stürzte John Dudley trotz der zahlreichen im Rat sitzenden Günstlinge des Herzogs. Die Ratsmitglieder wollten sich rechtzeitig auf die Seite von Maria schlagen, deren Zuspruch in der Bevölkerung stetig anstieg. Am 19. Juli schwand der Zuspruch für den Herzog gänzlich und es gelang Maria, sich endgültig gegen Jane Grey durchzusetzen. Die frühere Proklamation wurde aufgehoben und Maria zur Königin von England und Irland ausgerufen. Am 3. August zog sie zusammen mit ihrer Schwester Elisabeth, die ihren Thronanspruch unterstützt hatte, triumphierend in London ein.

Maria regierte aufgrund der Thronfolgeregelung von 1544 de jure vom 6. Juli an, de facto aber erst seit dem 19. Juli. Maria wurde am 1. Oktober 1553 zur Königin gekrönt.

Herrschaft

Nach ihrer Thronbesteigung ließ Maria als erstes die Ehe ihres Vaters Heinrich VIII. mit Katharina von Aragón wieder für gültig erklären. Außerdem begnadigte sie zahlreiche im Tower of London inhaftierte Katholiken, unter anderem Thomas Howard, 3. Herzog von Norfolk, und Stephen Gardiner; letzteren ernannte sie zu ihrem Lordkanzler. Jane Grey, deren Vater Henry Grey, 1. Herzog von Suffolk, sowie Schwiegervater John Dudley wurden verhaftet. Da Maria sich aber überzeugen ließ, dass Lady Jane die Krone nur auf Druck Dudleys angenommen hatte, begnadigte sie ihre Nichte 2. Grades und deren Vater zunächst. Der Herzog von Northumberland dagegen wurde des Hochverrats angeklagt und hingerichtet.

Aufstand der Protestanten

Um eine erneute protestantische Thronfolge durch ihre Halbschwester Elisabeth zu verhindern, suchte Maria nach einem katholischen Ehemann. Nachdem sie Edward Courtenay, den Earl of Devon, zurückgewiesen hatte, fiel ihre Wahl auf den spanischen Kronprinzen Philipp, den sein Vater, der römisch-deutsche Kaiser Karl V., ihr vorgeschlagen hatte. Der Bräutigam stieß bei den Engländern auf große Ablehnung. Sogar Marias eigener Lordkanzler Gardiner und das House of Commons fürchteten, dass England unter starken spanischen Einfluss geraten könnte.

Da Maria jedoch an ihrer Wahl festhielt, brachen Revolten aus. Der Herzog von Suffolk, Henry Grey, verkündete, seine Tochter Jane sei die eigentliche Königin von England. Sir Thomas Wyatt versammelte Anfang 1554 eine Streitmacht bei Kent, um gegen die Königin zu kämpfen, der er selbst auf den Thron verholfen hatte. Die königliche Armee besiegte Wyatts Truppen erst vor den Toren Londons, und der Aufstand wurde gänzlich niedergeschlagen. Henry Grey und seine Tochter Jane, die am Aufstand nicht beteiligt war, wurden des Hochverrats für schuldig befunden und enthauptet. Maria sah ihre Pläne auch durch ihre Schwester Elisabeth und deren protestantischen Glauben bedroht; daher nutzte sie den Aufstand für ihre Zwecke. Sie beschuldigte ihre Schwester Elisabeth, die Revolte gegen sie unterstützt zu haben, und ließ sie in den Tower von London sperren. Erst als sich die inhaftierte Elisabeth offen zum Katholizismus bekannte, ließ Maria Gnade walten und wandelte die Strafe nach zwei Monaten in einen Hausarrest um.

Marias Religionspolitik

Reginald Pole, Porträt von Sebastiano del Piombo, 1540

Maria hatte die Entscheidung ihres Vaters, die englische Kirche von der römisch-katholischen abzuspalten, immer abgelehnt. Als Königin widmete sie sich daher vor allem der Religionspolitik. Ihr wichtigster Berater wurde Kardinal Reginald Pole, der Sohn ihrer Erzieherin Margaret Pole, der zur Zeit ihrer Thronbesteigung in Rom weilte, 1554 aber nach England zurückkehrte. Ihn ernannte sie zum Erzbischof von Canterbury. Mit Poles Hilfe versuchte Maria, England zu rekatholisieren, die von ihrem Vater geschaffene anglikanische Staatskirche wieder mit der römisch-katholischen zu vereinigen und sie erneut der Autorität des Papstes zu unterstellen.

Dabei stieß sie jedoch auf den wachsenden Widerstand des Parlaments. Zwar schaffte es die stark vom Protestantismus geprägten Religionsgesetze aus der Zeit Eduards VI. wieder ab. Aber es verweigerte die Rückgabe des beschlagnahmten Kirchenguts, insbesondere der Ländereien, die in den Besitz des niederen Adels, der Gentry, übergegangen war, aus dem die meisten Parlamentarier stammten. So gab Maria zunächst die von Heinrich VIII. beschlagnahmten klösterlichen Ländereien, die sich noch im Besitz der Krone befanden, an Franziskaner und Dominikaner zurück.

Nach dem Aufstand Wyatts fürchtete Maria weitere protestantische Aufstände, die sie mit allen Mitteln zu verhindern suchte. Die ersten Protestanten wurden wegen Ketzerei verurteilt und verbrannt. Einige der protestantischen Bischöfe, die nicht ins Ausland geflohen waren, fanden ihr Ende auf dem Scheiterhaufen, allen voran Erzbischof Thomas Cranmer. Zu den weiteren Opfern der Verfolgung gehörten unter anderem der verheiratete Priester John Rogers und der Bischof von Gloucester, John Hooper. Der überwiegende Teil der Verurteilten waren einfache Menschen aus dem Volk.

Die mit den öffentlichen Verbrennungen bezweckte Abschreckung setzte jedoch nicht ein. Stattdessen empfand die Bevölkerung zunehmend Sympathie für die protestantischen Märtyrer, deren Verfolgung über drei Jahre anhielt. Die Zahl der Verbrennungen stieg nach einem Jahr noch an, nachdem die Königin das Recht auf Widerruf nach einer Verurteilung abgeschafft hatte. Innerhalb wie außerhalb Englands wuchs die Zahl der Gegner Marias. Die Gewalt, mit der sie gegen Anhänger des Protestantismus vorging, brachte ihr schließlich den Beinamen Bloody Mary ein. In Irland dagegen stieß die Rekatholisierung auf weit weniger Gegenwehr als in England.

Heirats- und Außenpolitik

König Philipp II. von Spanien (Porträt von Anthonis Mor)

Die Königin setzte die Außenpolitik ihrer Vorgänger fort. Die Tudorkönige strebten eine Annäherung Englands an Spanien an, um so ein starkes Gegengewicht gegen Frankreich aufzubauen. Der Plan Marias, den spanischen Thronfolger zu heiraten, ging vielen Engländern dennoch zu weit.

Die Königin ließ sich jedoch nicht beirren und heiratete schließlich auf Geheiß ihres Vetters Karl V., den sie sehr verehrte und als ihren Retter und Unterstützer ansah, am 25. Juli 1554 dessen Sohn Philipp II. von Spanien in der Kathedrale von Winchester. Philipp erhielt durch den Ehevertrag auch den Titel „König von England“. Alle Dokumente und Abkommen des Parlaments mussten fortan von beiden Ehepartnern unterzeichnet werden. Die reale Macht Philipps war jedoch eher begrenzt auf die Funktionen eines Prinzgemahls. Zudem sicherte eine Klausel im Ehevertrag England gegen mögliche Forderungen zur Heerfolge oder Subsidienzahlungen gegenüber Philipps Vater Karl V. ab.

König Philipp II. von Spanien und Maria Tudor

Der Wunsch Marias nach einem männlichen Erben, der die katholische Thronfolge in England gesichert hätte, blieb unerfüllt. Philipp fand seine Frau unattraktiv und sah seine Ehe als reines dynastisches Bündnis an. Bereits vierzehn Monate nach der Hochzeit verließ er daher England unter Angabe falscher Gründe, während Maria unter einer von mehreren Phantomschwangerschaften litt.

Im März des Jahres 1557 kehrte Philipp II., mittlerweile nach der Abdankung Karls König von Spanien, zu seiner Ehefrau Maria nach England zurück. Er blieb bis Juli und überredete Maria, Spanien im Krieg gegen Frankreich beizustehen. Maria sicherte den katholischen Spaniern gegen den Willen der englischen Bevölkerung ihre Unterstützung zu. In Folge der im Juni 1557 begonnenen Mobilmachungen kam es daher zu vereinzelten Ausschreitungen. Zahlreiche protestantische Splittergruppen sorgten für Unruhe und die Bevölkerung wurde durch Pamphlete gegen die Spanier aufgebracht. Selbst Papst Paul IV. stellte sich gegen Maria auf die Seite der Franzosen. Der Krieg endete für England in einem Desaster und die Stadt Calais, Englands letzte Bastion auf dem Festland, fiel im Januar 1558 an Frankreich. „Wenn ich tot bin, werdet ihr Calais in meinem Herzen finden,“ soll Maria nach diesem schweren Schlag für England gesagt haben.

Wirtschaftspolitik

Innenpolitisch hatte Maria mit einer ernsten Wirtschaftskrise zu kämpfen. Ein Überangebot an Wolle hatte zu einem massiven Preisverfall geführt, der England schwer zu schaffen machte. Da der Exporthandel des Königreiches zu einem großen Teil aus Wollwaren bestand, brach eine wichtige Einnahmequelle des Landes weg.

Der Wertverlust des Geldes, der bereits in den letzten Jahren der Regierungszeit Heinrichs VIII. begonnen hatte, begünstigte die Krise noch. Die Inflation wurde von Heinrichs Finanzier Thomas Gresham nicht entschieden bekämpft und verschärfte sich unter Eduard VI. noch. Maria versuchte, durch eine Währungsreform dem dramatischen Wertverlust des Geldes entgegenzuwirken. Die Maßnahmen erwiesen sich aber als ungeeignet. Erst Elisabeth I. konnte während ihrer Herrschaft die wirtschaftliche Katastrophe abwenden. Die Wirtschaftskrise nahm bedrohliche Ausmaße an, als zu der Inflation in Marias Herrschaft einige Missernten kamen und die Bevölkerung von einer schweren Grippewelle geplagt wurde. Aufgrund ihrer tiefen christlichen Überzeugung versuchte Maria, durch soziale Reformen das Leid unter den Armen zu lindern, jedoch blieben die Maßnahmen weitestgehend erfolglos. Maria verbesserte die Verwaltung richtungsweisend und führte neue Zollregelungen zur Verbesserung der königlichen Finanzlage ein. Ihre Nachfolgerin Elisabeth profitierte nachhaltig von den begonnenen Finanz- und Verwaltungsreformen.

Tod und Nachfolge

Haupttor des St. James's Palace

Während ihrer Herrschaft musste Maria mehrere Scheinschwangerschaften durchstehen, die ihre ohnehin angeschlagene Gesundheit weiter schwächten. Sie hoffte weiterhin, einen männlichen Nachkommen zur Welt zu bringen. Aber eine erneute Scheinschwangerschaft veranlasste sie 1558 in ihrem Testament, ihren Mann Philipp als Regenten für ihr minderjähriges Kind einzusetzen. Als ihr Bauch schließlich anschwoll, dachte man, dass sie nun gebären würde, doch sie war nicht schwanger, sondern litt vielmehr an einer unheilbaren Krankheit – höchstwahrscheinlich an Eierstockkrebs. Maria starb am 17. November 1558 im St. James's Palace mit zweiundvierzig Jahren wahrscheinlich an einer Influenza sowie an den Folgen der Krebserkrankung.

Zeitlebens wollte Maria verhindern, dass ihre protestantische Halbschwester Elisabeth ihre Nachfolge antrat, um eine katholische Thronfolge in England zu gewährleisten. Da Marias Ehe mit dem spanischen König aber kinderlos blieb, bestieg ihre Schwester als Elisabeth I. den englischen Thron und herrschte bis ins Jahr 1603. Königin Maria ist neben ihrer Schwester Elisabeth in Westminster Abbey begraben. Die Bestattung fand ohne den sonst üblichen Aufwand statt, weder ihr Gemahl noch ihre Halbschwester Elisabeth nahmen daran teil. Einige wenige ihrer Allergetreuesten folgten dem Sarg. Der Bischof von Winchester, der sie und Philipp getraut hatte, hielt einen warmherzigen Nachruf über ihre Stärken und Verdienste, ihre Tapferkeit in kritischen Situationen und ihr soziales Gewissen den Benachteiligten gegenüber. Elisabeth I. ließ den Bischof am nächsten Tag unter Hausarrest stellen.

Die Übersetzung der lateinischen Inschrift auf ihren Grabsteinen lautet:

Partner beide in Thron und Grab,
hier ruhen wir die beiden Schwestern,
Elisabeth und Maria,
in der Hoffnung auf eine Auferstehung.

Persönlichkeit

Signatur Marias

Maria Tudor war eine Prinzessin, wie es sich für die damalige Zeit schickte. Sie hatte Freude an den Annehmlichkeiten ihres Standes, so machte sie leidenschaftlich gerne Musik und las Bücher. Außerdem war sie eine begnadete Reiterin und ging gerne mit auf die Jagd, des Weiteren war sie sprachbegabt und hatte ein Talent für Handarbeiten, besonders gut konnte sie sticken und nähen.

Marias Wesen wurde stark durch die Erlebnisse der Kindheit sowie der frühen Jugendjahre geprägt. Ihre spätere Härte gegen den protestantischen Glauben hat ohne Zweifel dort ihren Ursprung. Der Wunsch Heinrichs VIII., einen männlichen Thronfolger zu zeugen, führte zur Spaltung mit der römischen Kirche, in deren Folge Maria zum Bastard wurde und ihr zudem noch der Kontakt zur Mutter verwehrt wurde. Sie lehnte den protestantischen Glauben entschieden ab. Sie galt als starrköpfig und besaß großes Durchsetzungsvermögen. Einst sah sie sich gezwungen, ihre religiösen Überzeugungen zu verraten, um ihr Leben zu retten, konnte sich diesen Schritt aber nie verzeihen. Kompromisse waren daher für sie ein Zeichen der Schwäche, und sie regierte während ihrer Herrschaft dementsprechend mit harter Hand.

Maria war eine zutiefst religiöse Frau. Der Ursprung dieser Einstellung lag in der katholischen Erziehung ihrer spanischen Mutter Katharina. Ihr Beiname die Katholische zeugt von diesem starken Glauben sowie von ihrer konfliktgeladenen Religionspolitik. Neben dem Beinamen die Blutige, der aus ihrer Brutalität gegen die Protestanten resultierte, wurde sie auch die spanische Maria genannt. Schließlich war Maria Halbspanierin und Ehefrau des spanischen Königs. Das englische Volk blieb ihr dagegen zeitlebens fremd.

Bedeutung

Maria I. 1554, Porträt von Hans Eworth

Maria steht für eines der dunkelsten Kapitel Englands im 16. Jahrhundert. Mit ihrem Namen ist fast ausschließlich die brutale Verfolgung der Protestanten verbunden. Während der fünf Jahre ihrer Herrschaft fanden fast 300 Menschen den Tod auf dem Scheiterhaufen. Im marianischen England des 16. Jahrhunderts waren Verfolgungen keine Seltenheit; unter Eduard VI. sowie Elisabeth I. wurden Katholiken verfolgt und hingerichtet, während es in den ersten Jahren Heinrichs VIII. Protestanten waren. Kein Monarch ging aber mit der Härte Marias vor. Obwohl Maria nicht ganz allein für die Verbrennungen der Ketzer verantwortlich gemacht werden kann – massiv unterstützt wurde sie unter anderem von Reginald Pole, dem Lordchancellor Stephen Gardiner und dem Bischof von London, Edmund Bonner – wird die Schuld ausschließlich ihr zugeschrieben. Dies spiegelt sich auch in dem Namen Blutige Maria (Bloody Mary) wider, den Marias Nachfolgerin Elisabeth prägte und der bis heute geläufig geblieben ist. In einer Phase des religiösen Umbruchs verfolgte Maria eine rein katholische Politik. Marias Ziel, die alte Religion wieder einzuführen, scheiterte, denn ihre Härte gegen Protestanten beschleunigte die Abkehr vom Katholizismus nur noch mehr.

Die Herrscher
des Hauses Tudor 1485–1603
1485–1509 Heinrich VII.
1509–1547 Heinrich VIII.
1547–1553 Eduard VI.
1553–1553 Lady Jane Grey
1553–1558 Maria I.
1558–1603 Elisabeth I.

Die Königin verspielte die Sympathien der Untertanen zusehends und verlor sie gänzlich, nachdem sie den spanischen Kronprinzen Philipp geheiratet hatte. Eine Heirat mit einem Habsburger sollte England vom Rand der europäischen Politik in deren Zentrum rücken, doch Philipp verfolgte eigene Ziele. Für ihn war England nur ein politischer und militärischer Verbündeter. Der Tiefpunkt in Marias Herrschaft war der Kriegseintritt auf Seiten der Spanier gegen die Franzosen, der mit dem Verlust Calais' an Frankreich endete. Der Verlust Englands letzter Bastion auf dem Festland versetzte dem aufkeimenden Nationalgefühl einen gehörigen Rückschlag, von dem sich die Engländer erst spät wieder erholen sollten.

Marias Herrschaft scheiterte in weiten Teilen ihrer Politik, jedoch hat auch diese Periode England geprägt und verändert. Der Katholizismus wurde nicht völlig ausgelöscht, und der englische Protestantismus entwickelte sich zum Puritanismus weiter. Mit Marias Tod war die katholische Restauration beendet, und Elisabeth I. machte sie in weiten Teilen wieder rückgängig. Die englische Geschichtsschreibung sieht die größte Bedeutung Marias darin, dass sie mit ihrem Scheitern erst das elisabethanische Zeitalter ermöglichte.

Abstammung

 
 
Edmund Tudor
(1430–1456)
 
Margaret Beaufort
(1443–1509)
 
Eduard IV.
(1442–1483)
 
Elizabeth Woodville
(1437–1492)
 
Johann II.
(1397–1479)
 
Juana Enriquez
(1425–1468)
 
Johann II.
(1405–1454)
 
Isabella von Portugal
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heinrich VII.
(1457–1509)
 
 
 
 
 
Elizabeth of York
(1466–1503)
 
 
 
 
 
Ferdinand II.
(1452–1516)
 
 
 
 
 
Isabella I.
(1451–1504)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heinrich VIII.
(1491–1547)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Katharina von Aragón
(1485–1536)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Mary Tudor
(1516–1558)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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