- Araber in Deutschland
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Als Araber in Deutschland werden Menschen bezeichnet, die oder deren Vorfahren aus arabischsprachigen Ländern stammen und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Wohnsitz haben. Nicht zu den Arabern in Deutschland gezählt werden Angehörige ethnischer Minderheiten in ihrem Herkunftsland wie die Kurden. Strittig ist, ob jemand, der die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat oder gar von Geburt an besitzt, wegen seiner ethnischen Herkunft als Araber gelten soll.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die ersten Araber, fast ausschließlich Männer, kamen nach dem Zweiten Weltkrieg als Studenten in die Bundesrepublik Deutschland, die nach dem Studium verblieben sind. Unter ihnen sind viele binationale Ehen entstanden, meist mit deutschen Frauen. Im Jahre 1966 wurde die Deutsch-Arabische Gesellschaft (DAG) gegründet, die zum Ziel hat, die deutsch-arabischen Beziehungen sowohl in politischer und wirtschaftlicher als auch in kultureller Hinsicht auszubauen und zu verbessern.
Während der Wirtschaftswunderzeit in den 1950er und 1960er Jahren wurden in Deutschland dringend Arbeiter gesucht. Nach Anwerbeabkommen mit Italien, Griechenland, dem ehemaligen Jugoslawien, Portugal, Spanien und der Türkei schloss die Bundesrepublik entsprechende Verträge mit den arabischen Staaten Marokko 1963 und Tunesien 1965. Zunächst war nicht daran gedacht, dass die als Gastarbeiter bezeichneten Arbeitskräfte dauerhaft in Deutschland bleiben sollten. Sie arbeiteten hauptsächlich in der Eisen- und Stahlindustrie sowie in der Bauwirtschaft. Im Laufe der folgenden Jahre, nach dem Anwerbestopp 1973, zogen Frauen und Kinder nach. Inzwischen gibt es Urenkel der ersten Migrantengeneration, die marokkanische oder tunesische Staatsbürger sind, obwohl bereits ihre Eltern in Deutschland geboren wurden.
Die Bürgerkriegsflüchtlinge stellen die größte Gruppe unter den Arabern. Sie kamen vor allem nach 1975 während des Libanonkrieges 1982 sowie nach den Übergriffen des Regimes Saddam Hussein im Irak als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland. In den Statistiken wurden auch verfolgte Kurden als „Staatsbürger des Irak“ erfasst, so dass sich aus ihnen nicht ergibt, wie viele Araber aus dem Irak flohen. In den 90er-Jahren nach der Verschärfung des Guerillakampfes zwischen der PLO und Israel im Süd-Libanon kamen weitere Flüchtlinge nach Deutschland. Auch Algerier kamen in den 1990er-Jahren als Asylbewerber nach Deutschland infolge des Bürgerkriegs zwischen algerischer Armee und radikalen Islamisten (u.a. von FIS und GIA).
Migrationssituation
Staatsbürger arabischer Länder in Deutschland Stand: 31. März 2008
Herkunftsland Personen Irak 73.247 Marokko 67.394 Libanon 38.422 Syrien 28.245 Tunesien 23.139 Algerien 13.170 Ägypten 11.330 Jordanien 7.792 Somalia 4.941 Libyen 3.449 Sudan 2.670 Jemen 2.268 andere arabische Länder 4.192 gesamt 280.259 Die Zahl der in Deutschland lebenden Staatsbürger arabischer Länder beträgt 280.259[1]. Insgesamt 400.000[2] bis 500.000[3] Menschen mit Migrationshintergrund haben ihre familiären Wurzeln in den arabischen Staaten.
So leben etwa in Berlin ca. 64.000 Berliner mit einem arabischen Migrationshintergrund. Davon sind ca. 33.585 Deutsche und 30.492 besitzen die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedslands der Arabischen Liga. Wiederum die Hälfte von ihnen haben palästinensische Wurzeln und sind zumeist als Flüchtlinge aus dem Libanon nach Berlin gekommen.[4] Exakte Zahlen für die immerhin größte Gruppe arabischer Zuwanderer sind allerdings schwer zu ermitteln. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 30.000 Palästinenser unterschiedlicher Staatsangehörigkeit in Berlin leben, etwa aus dem Libanon, Syrien, Jordanien sowie eine große Zahl Staatenloser und Personen mit ungeklärtem Status und die vielen inzwischen eingebürgerten Personen mit palästinensischen Wurzeln.[5][6] In den West-Berliner Bezirken befindet sich auch seit den 1980er-Jahren die größte arabische Gemeinde Deutschlands; dort bestehen 12 Kultur-[7] und 13 Moscheevereine[8] sowie zahlreiche arabische Restaurants und Geschäfte.
Weitere bedeutende arabische Gemeinden gibt es in München mit über 13.000 Staatsangehörigen aus arabischen Ländern[9], in Frankfurt am Main mit fast 8.500 Staatsangehörigen[10], in Köln mit über 7.400 Staatsangehörigen[11], in Düsseldorf mit ebenfalls über 7.000 Staatsangehörigen[11], in Essen mit mehr als 5.500 Staatsangehörigen[11], in Dortmund mit ca. 5.300 Staatsangehörigen[11], in Bonn mit fast 5.000 Staatsangehörigen[11] und in Hannover mit über 3.500 Staatsangehörigen[12].
Die Araber in Deutschland stellen keine homogene Gruppe dar, da sie aus unterschiedlichen Nationen aus den arabischen Ländern stammen, bringen sie auch unterschiedliche Kulturen mit und sprechen unterschiedliche arabische Dialekte. Dabei ist zu beachten, dass die Migranten aus dem Maghreb, vor allem aus Marokko und Algerien, auch teilweise berberische Muttersprachler sind. Streng genommen dürfte man Abkömmlinge indigener Völker nur dann als „Araber“ bezeichnen, wenn sie sich vor der Migration hinreichend an die sie umgebende arabische Kultur assimiliert haben.
Religion
Etwas mehr als 90% der Araber in Deutschland gelten als religiös.[13] Anhänger der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam bilden die Mehrheit der Araber, aber auch Anhänger der schiitischen Glaubensrichtung sind vertreten. Eine Moschee besuchen 29% bis 32% der muslimischen Araber regelmäßig.[13] Daneben finden sich einige Christen verschiedener Kirchen, auch Drusen und Nusairier.
Integration
Die arabischstämmige Bevölkerung in Deutschland ist inzwischen so heterogen, dass die Erstellung einer Integrationsbilanz für die Gruppe der Araber fast unmöglich ist. An deutschen Universitäten studierten 2006 1.767 Staatsangehörige aus arabischen Ländern mit einer in Deutschland erworbenen Hochschulzugangsberechtigung (so genannte Bildungsinländer). Die größte Gruppe nicht-deutscher Bildungsinländer bilden die Türken mit 14.910 Studierenden. In demselben Jahr haben 15.733 Studierende in Deutschland aus arabischen Ländern ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben (so genannte Bildungsausländer).[14]
Medien
Seitdem Migranten nach Deutschland gekommen sind, etablierten sich relativ zügig Medien, die die Bedürfnisse der jeweiligen Gruppe bedienten. Dabei hat sich die Anzahl und Rolle der Medien stark geändert. Am Anfang bestanden die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der ersten arabischen Printmedien wie Al-Hayat. Seit Ende der achtziger Jahre konnten sich im Zuge der Kabel- und Satellitentechnik Privatsender aus den arabischen Ländern etablieren, mit einem reichen Angebot an Nachrichten- und Talksendungen, Serien und arabischen Filmen. Gerade die dritte Generation greift verstärkt auf das Internet zurück.[15]
Bekannte Araber aus Deutschland
- Meriam Abbas - Schauspielerin
- Aiman Abdallah - Fernsehmoderator bei der Sendung Galileo
- Aziz Acharki - Taekwondo-Diplom-Trainer (DOSB), Taekwondo-Weltmeister 1995 sowie zweifacher Militär-Weltmeister und zweifacher Europameister (CISM)
- Alisar Ailabouni - Fotomodell und Mannequin
- Salim Alafenisch - Schriftsteller
- Laith Al-Deen - Popmusiker
- Tarek Al-Wazir - Politiker, Mitglied des Hessischen Landtags sowie Landesvorsitzender der GRÜNEN in Hessen
- Mohamed Askari - Musiker und Musikethnologe
- Ayman - Soulpopsänger
- Baba Saad - Rapper
- Abdellatif Belfellah - Schriftsteller
- Änis Ben-Hatira - Fußballspieler des Hamburger SV
- Nadja Benaissa - Popsängerin
- Bushido - Rapper und Inhaber des Plattenlabels ersguterjunge
- Sofian Chahed - Fußballspieler von Hannover 96
- Adil Chihi - Fußballspieler des 1. FC Köln
- Faissal Ebnoutalib - Taekwondo-Sportler und Trainer sowie Vize-Olympiasieger bei den olympischen Sommerspielen 2000
- Farid Bang - Rapper
- Rola El-Halabi - Profiboxerin und Doppelweltmeisterin (WIBF und WIBA)
- Nadeem Elyas - war von 1995 bis 2006 Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland
- Ralph Ghadban - Islamwissenschaftler und Publizist
- Senna Guemmour - Moderatorin und Popsängerin der Girlgroup Monrose
- Awni Karoumi - war ein Professor, Regisseur und Theaterwissenschaftler
- Marwan Kassab-Bachi - zeitgenössischer Maler, der viele Auszeichnungen bekommen hat
- Akay Kayed - Popsänger und Eventmanager
- Sami Khedira - Fußballspieler des VfB Stuttgart
- Fady Maalouf - Sänger
- Yasemin Mansoor - Fotomodell und Schönheitskönigin
- Massiv - Rapper
- Elyas M’Barek - Schauspieler
- MC Rene - Rapper
- Youssef Mokhtari - Fußballspieler der SpVgg Greuther Fürth
- Samir Nasr - Regisseur
- Raymond Tarabay - Autor, Politologe und Filmproduzent
- Adel Tawil - Sänger der Band Ich + Ich
- Bassam Tibi - Politikwissenschaftler
- Tony D - Rapper vom Berliner Plattenlabel Aggro Berlin
- Yassir - Rapper
- Tarek Youzbachi - Journalist und Fernsehmoderator
Siehe auch
Literatur
- Frank Gesemann, Gerhard Höpp, Haroun Sweis: Araber in Berlin. Miteinander leben in Berlin, Berlin 2002, ISBN 3-7896-0664-2
- Ralph Ghadban: Die Libanon-Flüchtlinge in Berlin. Zur Integration ethnischer Minderheiten. Das Arabische Buch, Berlin 2000, ISBN 3-86093-293-4
- Beatrix Pfleiderer-Becker: Tunesische Arbeitnehmer in Deutschland. Eine ethnologische Feldstudie über die Beziehungen zwischen sozialem Wandel in Tunesien und der Auslandstätigkeit tunesischer Arbeitnehmer. Verlag für Entwicklungspolitik, Saarbrücken 1978, ISBN 3-8815-6105-6
- Renate Plücken-Opolka: Zur sozialen Lage marokkanischer Familien in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Dokumentation des Ausländerreferats des Kreisverbandes Düsseldorf der Arbeiterwohlfahrt. EXpress Edition, Berlin 1985, ISBN 3-8854-8356-4
Einzelnachweise
- ↑ Ausländer nach Staatsangehörigkeit aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten Stand: 31. März 2008
- ↑ Araber in Deutschland
- ↑ Flüchtlinge in Deutschland: Arabische Christen in Deutschland
- ↑ DER SCHWIERIGE WEG PALÄSTINENSISCHER FLÜCHTLINGE IN DIE BERLINER GESELLSCHAFT BERLIN INTERNATIONAL November 2010, Nr. 74
- ↑ Sanem Kleff, Eberhard Seidel: Stadt der Vielfalt. Das Entstehen des neuen Berlin durch Migration. Der Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration, Berlin 2009, ISBN 978-3-938352-38-0, Seite 86, Online-Version
- ↑ Das arabische Branchenbuch für Berlin - Brandenburg
- ↑ Arabische Vereine
- ↑ Arabische Moscheen
- ↑ Statistisches Amt München: Die ausländische Bevölkerung nach der Staatsangehörigkeit
- ↑ Statistisches Jahrbuch Frankfurt am Main: Bevölkerung 2008
- ↑ a b c d e LDS NRW: Ausländische Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen
- ↑ Stadt Hannover: Ausgewählte Daten zur Struktur der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in der Landeshauptstadt Hannover
- ↑ a b Udo Steinbach: Muslimisches Leben der persischen und arabischen Sprachgruppe, Seite 1
- ↑ Deutscher Akademischer Austausch Dienst (DAAD) / Hochschul-Informations-System: Wissenschaft weltoffen 2008
- ↑ Zahi Alawi: Mediennutzung der Araber in Deutschland. Eine Analyse der Nutzungswirkung der Medien auf eine ethnische Minderheit in Deutschland. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2007, ISBN 3-8364-5208-1
Kategorien:- Ethnische Minderheit in Deutschland
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