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NH90
NH90 der deutschen HeeresfliegerTyp: Taktischer Mehrzweckhubschrauber Entwurfsland: Hersteller: NH Industries Erstflug: 18. Dezember 1995 Indienststellung: In der Flugerprobung Produktionszeit: Seit 2001 in Serienproduktion Stückzahl: 20 (Stand: Ende 2007) Der NH90 (NATO-Helikopter 90) ist ein neuer mittlerer Transporthubschrauber von NHIndustries. Er soll als europäischer NATO-Hubschrauber in vielen Ländern das Rückgrat der Hubschrauberflotte bilden.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Erste Konzepte für einen Transport-Hubschrauber in der Gewichtsklasse von 9 bis 13 Tonnen wurden bereits in den 1980er-Jahren innerhalb der NATO bei der NIAG (NATO Industrial Advisory Group) geführt. Zu einer gemeinsamen Realisierung durch die NATO-Staaten kam es jedoch nicht. Dazu waren die Forderungen und Interessen der einzelnen Länder zu unterschiedlich. Lediglich Frankreich, Italien, die Niederlande und Deutschland konnten ihren Bedarf und Forderungen zu einem gemeinsamen Vorgehen und Beschaffen harmonisieren. Als zentrale Interessensvertretung gründeten sie die NATO Helicopter Management Agency (NAHEMA) in Aix-en-Provence (Frankreich), der sich später Portugal (2001) und Belgien (2007) anschlossen.
Mit der NHIndustries (NHI) wurde ein zentraler Auftragnehmer gegründet, der aus den Hubschrauberherstellern EADS Eurocopter (vormals MBB und Aérospatiale) (62,5 %), AgustaWestland (32 %) und Stork Fokker (5,5 %) besteht.[1] Der Firmensitz ist in Aix-en-Provence.
Die Entwicklung und Produktion wurde auf die genannten Firmen baugruppenweise aufgeteilt.
Montage
Es wurden anfangs drei Montagelinien eingerichtet: je eine in Frankreich (Marignane), Deutschland (Entwicklung Ottobrunn, Produktion Donauwörth) und Italien. Es war von vornherein vorgesehen, den Basishubschrauber frei auf dem Markt anzubieten. Zusätzliche Montagestraßen für den NH90 wurden 2007 bei Patria in Finnland und 2008 bei Australian Aerospace in Australien eingerichtet.[2]
Prototypen
Am 18. Dezember 1995 hob der erste Prototyp des NH90 in der TTH-Version zum Erstflug ab, im Dezember 1999 startete der fünfte und letzte Prototyp in der Version für die Marine zu seinem Jungfernflug.[3]
Serienproduktion
Nachdem am 30. Juni 2001 der Vertrag über das erste Los zwischen NAHEMA und NHI geschlossen wurde, lief die Serienproduktion an, die mit dem Erstflug der ersten Serienmaschine in Donauwörth im Jahr 2004 gipfelte. Die Hersteller hatten mehrfach mit Schwierigkeiten in der Produktion zu kämpfen, sodass sich die Auslieferung um mehrere Jahre verzögerte.
Versionen
Der NH90 wurde so konzipiert, dass er aus einem Basis-Hubschrauber besteht, der modular erweitert werden kann. Er existiert derzeit in zwei im Wesentlichen identischen Grundversionen:
TTH, TTT, MRH
für die Land-/Luftstreitkräfte als Taktischer Transporthubschrauber (TTH)/Tactical Troop Transport (TTT - nur Finnland und Schweden)/Multi-Role Helicopter (MRH - nur Australien). Die TTH-Variante für den Oman weist unter anderem ein auf 1.897 kW leistungsgesteigertes Triebwerk RTM 322 01/9A [4] sowie Bordkanonen auf.
NFH, MH-90
für die Seestreitkräfte als NATO-Fregattenhubschrauber (NFH) bzw. MH-90 (nur Deutschland) für den schiffsgestützten Einsatz. Der NFH ist insbesondere durch seine Avionik und Sensorik speziell zur Bekämpfung von Schiffen und U-Booten ausgelegt.
Varianten
Untergeordnet zu den beiden Versionen gibt es mehrere Varianten. Diese Varianten können sich in Größe und Ausstattung unterscheiden.
Ab 2002 wurde eine Variante mit erhöhtem Kabineninnenraum konstruiert, die als TTH oder NFH-Version ausgestattet werden kann. Diese Variante hatte am 18. März 2005 im französischen Marignane ihren Erstflug.
NH90 der Bundeswehr
In Deutschland bestand der Bedarf, Nachfolgemuster für die Bell UH-1D beim Heer und bei der Luftwaffe und für die Sea King MK 41 und Sea Lynx MK 88 bei der Marine zu beschaffen. Ursprünglich wollte die Bundeswehr drei Varianten der TTH-Version und eine Variante der NFH-Version beschaffen. Für das Heer ist die Variante TGEA (TTH German Army) vorgesehen, während die Luftwaffe die Varianten TGEF (TTH German Air Force) und TGEE (TTH German Enhanced) einführen sollte.
Auf Grund der sich bereits im Jahre 2004 abzeichnenden Verzögerung im Programm NH90 entschloss sich die Bundeswehr, nach der Auslieferung der ersten drei Maschinen für das Heer am 13. Dezember 2006 im Rahmen des Truppenversuchs den Flugbetrieb mit einem Vorserienbauzustand zu beginnen. Die noch anlaufende Ersatzteilversorgung ließ 2007 nur rund 100 Flugstunden zu. Zudem wurde im Januar 2009 bekannt, dass Beschädigungen am Kabinenboden aufgetreten sind, deren Ursache noch untersucht wird.[5] Auch bei der Version TGEE der Luftwaffe, die für CSAR-Einsätze bestimmt war, zeigten sich früh Schwierigkeiten in der Entwicklung. Zur Erfüllung seiner Aufgabe sollte der TGEE als zusätzliche Ausrüstung unter anderem ein (MIDS)-Datenfunksystem erhalten. Der Zulauf der ersten dieser Einheiten war für 2011 geplant, die dazu nötigen Rüstsätze sollten bis 2014 komplett sein.[6] Mitte des Jahres 2008 wurde jedoch das Scheitern des NH90-CSAR-Projekts der deutschen Luftwaffe offiziell bekannt gegeben.[7] Aufgrund ebenfalls erheblicher Verzögerungen in der Entwicklung der Marinevariante MH90 wurden darüber hinaus im März 2008 bereits Stimmen laut, ein anderes, eher verfügbares Hubschraubermodell für die Seestreitkräfte der Bundeswehr zu beschaffen oder bei Eurocopter darauf hinzuwirken, auf die zeitintensiven Entwicklungen bei Radar und Avionik des MH90 zu verzichten. Als Ersatzlösung war unter anderem der für die kanadische Marine entwickelte CH-148 Cyclone im Gespräch.[8]
Derzeit verfügt die Bundeswehr über acht Maschinen bei der Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg, von denen eine bei der Technischen Schule der Luftwaffe 3 (TSLw 3) in Faßberg steht. Die Übergabe der ersten Exemplare an das Transporthubschrauberregiment 10 in Faßberg als Einsatzverband ist für den 1. Juli 2009 geplant. Bei der Luftwaffe rechnet man mit der Stationierung erster Einheiten im Jahre 2010.[9] Für die Marine wird dies für 2015 oder 2016 erwartet.[10]. Der Zulauf soll hier zeitnah mit der Einführung der neuen Fregattenklasse F 125, für die die MH90 als Bordhubschrauber geplant sind, erfolgen.[11]
Konstruktion
Zum Aufbau des Rumpfes werden überwiegend Faserverbundwerkstoffe auf Kohlenstofffaser-Basis verwendet. Lediglich hoch beanspruchte Teile der Zelle (zum Beispiel an den Triebwerken) werden aus Metall gefertigt. Dies bedingt einen im Vergleich zu älteren Militär-Hubschraubern erheblich kleineren Radarquerschnitt, der durch die X-Form der Zelle nochmals reduziert wird. Besonderes Augenmerk wurde auf die Sicherheit gelegt. Die Zelle mit drei einziehbaren Rädern kann Abstürze mit Sinkraten bis zu 7,7 m/s (Räder eingefahren) u. 10,6 m/s (ausgefahrene Räder) überstehen (bei max. 15 Grad Neigungs- und 5 Grad Rollwinkel).[12] Darüber hinaus muss die Bruchlast von der Zelle aufgenommen werden, die sich in diesem Fall kontrolliert verformt. Dadurch werden die Überlebenschancen der Mannschaften und Besatzung wesentlich verbessert. Ein weiterer großer Vorteil des CFK-Materials, dessen Gesamtanteil 85% beträgt, liegt in der Gewichtsersparnis.
Erstmals bei einem europäischen Helikopter werden praktisch sämtliche Systeme an Bord digital gesteuert und überwacht. Die Steuereingaben des Piloten werden über ein vierfach redundantes Fly-by-Wire-System an den Flugkontrollcomputer (FCC = Flight Control Computer) und von dort aus an den Aktuatorkontrollcomputer (ACC = Actuator Control Computer) übertragen. Auch eine vollständig rechnergestützte Steuerung des Hubschraubers ohne manuelles Eingreifen des Piloten (Autopilot) während des Marsch- oder Schwebefluges ist auf diese Weise möglich. Über ein Data Transfer Device (DTD) ist es mittels eines Data Insert Devices (DID) möglich Daten down- bzw. upzuloaden. Zum einen können so Wartungsdaten vom Monitoring Diagnostic System (MDS) heruntergeladen werden sowie Daten wie Funkfrequenzen oder Flugrouten hoch geladen werden. Alle Daten können extern erstellt oder ausgewertet werden.
Das Navigationssystem besteht aus einem redundantem Inertial Reference System (IRS) mit integrierten Laserkreiselsystem, einem „klassischen“ Teil zur Trägheitsnavigation, einem GPS-Empfänger, Systemen zur Entfernungsbestimmung und einer Rechnerbaugruppe, die die Informationen für die Besatzung visualisiert. Dazu kommen weitere Rechner mit speziellen Aufgaben, zum Beispiel Kommunikation nach innen und außen sowie Luftfahrzeug-Management, Überwachung und Diagnose.
Selbstschutz
Der NH90 verfügt über ein mehrteiliges elektronisches Selbstschutzsystem. Teil des Systems ist ein von EADS Deutschland entwickeltes Raketen- und Laserwarnsystem.[13] Das eingesetzte Radarwarngerät kommt von der Firma Thales [14]. Der Abwehr anfliegender Lenkwaffen dient der Täuschkörperwerfer MBDA Saphir-M, der in Bedrohungssituationen Düppel und Flares ausstoßen kann.
Bestellungen
Der NH90 wurde bisher von folgenden Länder bestellt bzw. als Option angemeldet:
Land TTH NFH TTT Optionen Gesamt Auslieferungen Australien 46 - - - 46 5 Belgien 4 4 - - 8 - Deutschland 122 - - 12 134 8+ Finnland - - 20 - 20 1+ Frankreich 34 27 - 34 95 - Griechenland (Griechisches Heer) 20 - - 14 34 ? Italien 70 46 - 1 116 4+ Neuseeland 8 - - - 8 - Niederlande 8 12 - - 20 ? Norwegen - 14 - 10 14 ? Oman 20 - - - 20 ? Portugal 10 - - - 10 ? Schweden - 5 13 7 18 ? Spanien 90 14 - - 104 ? Insgesamt: 410 122 33 100 665 ? Die Bestellungen staffeln sich nach Teilstreitkräften wie folgt:
- Australien Army: 46 MRH (Multi Role Helicopter, entspricht TTH)
- Belgien 4 TTH, 4 NFH + 2 Optionen
- Deutschland Heer: 80 TTH, Luftwaffe: 42 TTH + 12 Optionen,[15] Marine: 30 NFH (MH-90) (geplant)
- Finnland 20 TTT (SAR)
- Frankreich Heer: 34 TTH + 34 Optionen,[16] Marine: 27 NFH
- Griechenland 16 TTH, 4 TTH (Special Operations) + 14 TTH (Optionen)
- Italien Heer: 60 TTH, Marine: 46 NFH, 10 TTH, Luftwaffe: 1 TTH/CSAR (Option)
- Neuseeland Luftwaffe: 8
- Niederlande Marine: 12 NFH + 8 TTH
- Norwegen Marine 6 NFH (ASW), Küstenwache 8 NFH + 10 NFH (SAR) (Optionen)
- Oman 20 TTH
- Portugal Heer: 10 TTH
- Schweden 13 TTT (SAR), 5 NFH (ASW) + 7 (Optionen)
- Spanien Heer: 48 TTH, Marine: 14 TTH, 14 NFH, Luftwaffe: 28 TTH
Die offizielle Zahl der Festbestellungen beträg laut NHI im Dezember 2007 insgesamt 507 Maschinen.
Unfälle
Bei einer Militärflugschau am 1. Juni 2008 in Bracciano berührte der Pilot beim Abfangen aus dem Sturzflug nach einem Turn mit Rumpf und Heckausleger des Hubschraubers den Bracciano-See bei Rom, dabei überschlug sich die Maschine und versank.[17] Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich Hunderte Zuschauer und viele Tretboote und Kanus auf und an dem Badesee. Zwei der drei Besatzungsmitglieder befreiten sich leicht verletzt aus dem Hubschrauber. Der 44-jährige Pilot Filippo Fornassi starb auf dem Weg in die Klinik.[18] Der NH-90 (TTH MM81519/EI-202) gehörte zum 1. Heeresfliegerregiment in Viterbo und war eine der ersten fünf Serienmaschinen für Italien.
Technische Daten
Kenngröße Daten Typ: Taktischer Mehrzweckhubschrauber Gesamtlänge: 19,56 m Rumpflänge: 16,23 m Rotordurchmesser: 16,30 m Höhe: 5,44 m Leergewicht: 5.945 kg Normales Startgewicht: 10.600 kg Maximales Startgewicht: 11.400 kg Höchstgeschwindigkeit: - TTH: 305 km/h
- NFH/MH-90: 291 km/h
Marschgeschwindigkeit: - TTH: 260 km/h
- NFH/MH-90: 245 km/h
Dienstgipfelhöhe: ca. 6.000 m Schwebehöhe: - mit Bodeneffekt: 2.960 m
- ohne Bodeneffekt: 2.355 m
Steigrate: 11 m/s Einsatzdauer: 4 Std 35 Min. Überführungsreichweite: - TTH: 800 km
- NFH/MH-90: 1.000 km
Besatzung: 3 Mann + max. 20 Soldaten oder 12 Tragen Nutzlast: 2.500 kg Triebwerk: - Zwei Rolls-Royce Turbomeca RTM 322 01/9 mit je 1.788 kW
- Zwei General Electric T700-T6E (Italien) mit je 1.692 kW[19]
Einzelnachweise
- ↑ Homepage der EADS, eingesehen am 20. November 2008
- ↑ Pressemitteilung auf EADS.net; Stand: 17. Juni 2008; eingesehen am 28. Oktober 2008
- ↑ NH90 auf der Homepage des Bundesamts für Wehrtechnik und Beschaffung, eingesehen am 20. November 2008
- ↑ http://www.rolls-royce.com/defence_aerospace/downloads/helicopters/rtm322.pdf
- ↑ Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von FDP-Abgeordneten des Bundestages, PDF-Datei
- ↑ Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten des Bundestages, 80 KB, PDF-Datei
- ↑ Welt Online; eingesehen am 24. Oktober 2008
- ↑ Artikel bei Reuters Deutschland vom 20. März 2008
- ↑ Webseite Luftwaffe
- ↑ Manuskript 23. Februar 2008 - Streitkräfte und Strategien
- ↑ Jährliche Weisung Marine 2009 PDF-Dokument, Seite 4
- ↑ http://www.uni-stuttgart.de/zv/themenheft/03/bansemir.pdf
- ↑ EADS.com Pressemitteilung vom 10. Mai 2004
- ↑ http://www.thalesgroup.com/all/pdf/twe.pdf Datenblatt TWE
- ↑ Eurocopter.com Pressemitteilung vom 18. Juni 2007
- ↑ EADS.net Pressemitteilung vom 3 Dezember 2007
- ↑ Meldung von Flight (englisch)
- ↑ Meldung bei Bild.de
- ↑ EADS N.V. - NH-90
Weblinks
- Eurocopter
- NH Industries
- NH90 - inoffizielle Homepage
- Marinehubschrauber MH-90
- Übergabe an die Bundeswehr
Siehe auch
Luftfahrzeuge der BundeswehrStrahlgetriebene Kampfflugzeuge: Eurofighter Typhoon | MiG-29 | Tornado | Alpha Jet | F-4F Phantom II | F-104G Starfighter | Fiat G.91 | Sea Hawk | F-84 Thunderstreak
Schulflugzeuge: Piper PA 18 | Northrop T-38 | Cessna T-37 | Grob G 120A
Verbindungsflugzeuge: Dornier Do 27 | Dornier Do 28 | Piaggio P.149
Hubschrauber: Kampfhubschrauber UHT Tiger | Schulungshubschrauber EC 135 | Transporthubschrauber CH-53G/GS | NH90 | Panzerabwehrhubschrauber BO 105VBH / BO 105P | Westland Mk.88 „Sea Lynx“ | Sikorsky S-61 „Sea King“ | Mehrzweckhubschrauber Bell UH-1D | Eurocopter AS532U2 | Bristol 171
Transportflugzeuge: Airbus A310 | Transall | Airbus A400M | Canadair CL-601 | Noratlas
Marineflugzeuge: Dornier Do 228 | Breguet Atlantic | Lockheed P-3
Unbemannte Flugzeuge: EuroHawk
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