Otto Wiesheu

Otto Wiesheu

Otto Wiesheu (* 31. Oktober 1944 in Zolling) ist ein deutscher Politiker der CSU. Er war von 1993 bis 2005 Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie und von 2005 bis 2009 Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn AG.

Inhaltsverzeichnis

Beruf und Privatleben

Nach dem Abitur 1964 am Dom-Gymnasium in Freising leistete Wiesheu zunächst Wehrdienst bei der Bundeswehr und absolvierte dann ab 1966 ein Studium der Rechtswissenschaft in München, welches er 1970 mit dem ersten Staatsexamen beendete. 1973 folgte das zweite juristische Staatsexamen. 1977 wurde er an der Universität Würzburg bei Dieter Blumenwitz und Lothar Bossle mit einer Arbeit über die „Völkerrechtliche Bedeutung der Gebiets- und Grenzregelungen in den Ostverträgen" zum Dr. iur. promoviert. Von 1973 bis 2006 war Otto Wiesheu als Rechtsanwalt zugelassen.

Otto Wiesheu ist verheiratet und hat vier Kinder.

Politische Karriere

Wiesheu trat 1969 in die CSU ein und wurde 1972 erstmals in den Kreistag des Landkreises Freising gewählt, dem er bis 2005 angehörte. Von 1979 bis 2005 war er Kreisvorsitzender der CSU Freising.

1974 zog er als Abgeordneter des Stimmkreises Freising in den Bayerischen Landtag ein, dem er ebenfalls bis 2005 angehörte.

Wiesheu engagierte sich zunächst in der Jungen Union, deren Landesvorsitzender in Bayern er von 1975 bis 1979 war.

Dem Parteipräsidium der CSU, dem Landesvorstand und dem Bezirksvorstand der CSU Oberbayern gehörte Wiesheu von 1975 bis 2005 an.

Im April 1983 wurde er Generalsekretär der CSU, trat jedoch aufgrund eines von ihm unter Alkoholeinfluss verschuldeten Verkehrsunfalls bereits im November von diesem Amt zurück. In den folgenden Jahren war er Geschäftsführer der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung.

Verkehrsunfall und Verurteilung

Am 29. Oktober 1983 verursachte Wiesheu auf der Autobahn München-Nürnberg unter Alkoholeinfluss (1,75 Promille) einen schweren Verkehrsunfall, bei dem er den 67-jährigen Rentner Josef Rubinfeld tötete und dessen 41-jährigen Begleiter schwer verletzte.[1] Nachdem der Bayerische Landtag daraufhin Wiesheus Immunität aufgehoben hatte, wurde er in erster Instanz vom Amtsgericht München im Oktober 1984 zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten ohne Bewährung verurteilt. In zweiter Instanz verurteilte ihn das Landgericht München I 1985 rechtskräftig wegen grob fahrlässiger Tötung zu 12 Monaten Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Geldstrafe von 20.000 DM.

Mitglied der bayerischen Staatsregierung

Am 30. Oktober 1990 wurde er als Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst in die von Ministerpräsident Max Streibl geführte Bayerische Staatsregierung berufen.

Nachdem Edmund Stoiber zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden war, wurde Wiesheu am 17. Juni 1993 zum Bayerischen Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie ernannt, wobei seine Zuständigkeit für den Bereich Verkehr angesichts seines Unfalls kritisiert wurde.

Im Jahre 1999 kritisierte Wiesheu die Atomausstiegs-Politik der rot-grünen Bundesregierung, insbesondere deren Ankündigung, der Ausstieg werde unumkehrbar sein, mit den Worten „Es hat in diesem Jahrhundert einen gegeben, der Fragen endgültig lösen wollte; er war nach zwölf Jahren am Ende“. Dieser Vergleich der Energiepolitik von Kanzler Schröder mit HitlersEndlösung der Judenfrage“ löste Empörung und heftige Kritik auch aus der CSU aus. Wiesheu entschuldigte sich schriftlich bei Schröder.[2]

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichnete Wiesheu Mitte September 2003 einen Regionalverkehrsvertrag über zehn Jahre mit der Deutschen Bahn.[3] Kritiker bemängelten, dass rund 70 Prozent der darin vorgesehenen Verkehrsleistung direkt und ohne Ausschreibung an die Deutsche Bahn vergeben wurden. Wiesheu begründete diesen Schritt damit, dass kein anderer Wettbewerber in der Lage sei, dieses Volumen zu übernehmen.[4]

Im Herbst 2005 nahm Wiesheu für die CSU an den Verhandlungen zur Bildung der Großen Koalition teil und leitete den Bereich Verkehrspolitik. Unmittelbar danach kündigte er sein Ausscheiden aus der Politik an und legte sein Ministeramt und seine Abgeordnetenmandate nieder.

Wechsel zur Deutschen Bahn

Nach seinem Rückzug aus der Politik wurde Wiesheu am 12. November 2005 in den Vorstand der Deutschen Bahn AG berufen. Er trat diese Position am 1. Januar 2006 an und übernahm das Ressort Wirtschaft und Politik. Er folgte Klaus Daubertshäuser nach, der diese Position bis Jahresende 2005 innehatte.[5]

Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen seiner Teilnahme an den Koalitionsverhandlungen und dem Wechsel zur Bahn brachte ihm Kritik ein[6] und wird bisweilen angeführt, um die Notwendigkeit eines Ehrenkodex' für Politiker zu begründen.[7]

Ende Mai 2009 schied Wiesheu nach dem Amtsantritt von Rüdiger Grube aus dem Vorstand aus. Laut Angaben von Rüdiger Grube habe Wiesheu noch nicht einmal gewusst, dass Datenschutz zu seinem Ressort gehöre.[8] Wiesheu berät das Unternehmen weiterhin bei Bedarf.[9]

Weiterer Werdegang

Am 7. Mai 2004 wurde Wiesheu fast einstimmig zum Nachfolger von Jürgen Möllemann als Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG) gewählt. Am 22. März 2007 trat er bei der jährlichen Mitgliederversammlung in Berlin zurück, nachdem ihm eine große Mehrheit der Mitglieder eine angestrebte Satzungsänderung, die zu einer Neustrukturierung der DAG geführt hätte, nicht bewilligen wollte. Sein Interims-Nachfolger wurde der Publizist Peter Scholl-Latour.

Am 3. Juli 2007 wurde die DAFG – Deutsch-Arabische Freundschaftsgesellschaft e.V. in Berlin gegründet, zu deren Präsident Wiesheu gewählt wurde.[10]

Im Juli 2009 wurde Wiesheu zum Präsidenten des Vereins Wirtschaftsbeirat der Union in Bayern gewählt.

Auszeichnungen

Wiesheu wurde u. a. mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland (2005) und dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Er erhielt 1997 den Deutschen Mittelstandspreis.

Otto Wiesheu gehört dem Hochschulrat der Technischen Universität München an.[11]

Ämterstatistik

Parteiämter
  • Bayerischer Landesvorsitzender der Jungen Union (1975–1979)
  • Kreisvorsitzender der CSU Freising (1979–2005).
  • Mitglied des Parteipräsidium der CSU (1975–2005)
  • Mitglied des Landesvorstand der CSU (1975–2005)
  • Mitglied des Bezirksvorstand der CSU Oberbayern (1975–2005)
  • Generalsekretär der CSU (April-November 1983)
Abgeordnetenmandate
  • Mitglied des Kreistags von Freising (1972–2005)
  • Mitglied des Bayerischen Landtags (1974–2005)
Regierungsämter
  • Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst (1990–1993)
  • Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie (1993–2005)
Ehrenämter
  • Präsident der DAFG – Deutsch-Arabische Freundschaftsgesellschaft e.V. (seit 2007)
  • Präsident des Wirtschaftsbeirates der Union (seit 2009)

Weblinks

Fußnoten

  1. Gerhard Mauz: Für mich war das ein stehendes Fahrzeug. In: Der Spiegel. Nr. 44, 1984 (29. Oktober 1984, online).
  2. FilzGeschichten.de: Otto Wiesheu: Der Minister für Gute Kontakte und krasse Entgleisungen (Website der SPD Bayern)
  3. Erster Wahlsieger ist die Bahn. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 206, 2003, ISSN 0174-4917, S. 44.
  4. Meldung SPNV-Vergabrpraxis in Bayern. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 12/2003, ISSN 1421-2811, S. 532.
  5. Meldung Bayerns Verkehrsminister wechselt in den DB-Vorstand. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 1/2006, ISSN 1421-2811, S. 2.
  6. Spiegel Online: CSU-Abtrünniger: Minister-Wechsel zur Bahn erzürnt Opposition, 13. November 2005
  7. siehe z. B. LobbyControl: Otto Wiesheu (CSU) wird Bahn-Lobbyist
  8. Entspannter Abend für Bahnchef Grube. In: Schwarzwälder Bote, 17. Januar 2011.
  9. Christian Esser, Astrid Randerath: Schwarzbuch Deutsche Bahn, 1. Auflage, Bertelsmann-Verlag, München 2010, ISBN 978-3-570-10036-3, S. 161
  10. Wider die Klischees und Vorurteile. Neuer deutsch-arabischer Verein gegründet. In: Berliner Zeitung, 9. Juli 2007.
  11. Portrait auf der Website der TU München.

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