Provinzen

Provinz ist ein auf die Verwaltungsterminologie des antiken Rom zurückgehender Begriff, der heute verschiedene administrativ-territoriale Einheiten sowohl im staatlichen als auch im kirchlichen Bereich bezeichnet.

Zum Begriff

Bedeutung in der Antike

Der Begriff provincia (aus pro- ‚für‘, und dem Stamm von vincere ‚siegen‘)^[1] bezeichnete im Lateinischen der Antike primär den Geschäftsbereich eines Magistrats, entspricht also dem Begriff Kompetenz-, Zuständigkeitsbereich, Portefeuille: In diesem Sinn ist die Rechtsprechung in Rom genauso eine Provinz wie der Bau einer Flotte oder die Trassierung einer Straße.

Im engeren Sinn bezeichnet der Begriff Römische Provinz (provincia romana im Kontext der administrativen Organisation des Römischen Reiches ein unter römischer Oberherrschaft und Verwaltung stehendes, erobertes Gebiet außerhalb Italiens, den Kompetenzbereich einer territorialen Verwaltungsgliederung.

Unter Kaiser Diokletian wurden die bis dahin bestehende Gliederung des Römischen Reiches in Provinzen durch eine neue zweistufige Gliederung in Diözesen und Provinzen abgelöst, in die jetzt auch die italienische Halbinsel einbezogen wurde.

Im byzantinischen Reich bestand die Gliederung in Diözesen und Provinzen zunächst fort, bevor sie durch die Gliederung in Themen verdrängt wurde.

Begriffsentwicklung im Mittelalter

Im Spätlateinischen bezeichnet provincia auch allgemein Gegend oder Bereich. Erhalten hat sich der Begriff in diesem Sinne namentlich in der Provence in Frankreich.

Im Deutschsprachigen ist der Begriff provincia seit dem 14. Jahrhundert bezeugt. Zuerst erscheint der Begriff am Niederrhein als provincie mit der Bedeutung ‚Bezirk des Erzbistums‘, später wird mit dem Begriff ein größeres staatliches oder kirchliches Verwaltungsgebiet bzw. ein Landesteil bezeichnet.

Moderner Kontext

Hauptstädte, manchmal auch andere größere Städte, sind von der Landesgliederung in Provinzen oft ausgenommen. Daher wird das Umland als ‚Provinz‘ bezeichnet, manchmal mit abwertender Konnotation: Da aktuelle Moden oder Sitten oft zuerst in den Städten auftreten und diese im ländlichen Raum noch wenig bekannt sind, gilt dieser als eine rückständige, ‚provinzielle‘ Gegend.

Provinzen moderner Staaten

Im staatlich-politischen Bereich bezeichnet bzw. bezeichnete Provinz (bzw. die entsprechende, auf lateinisch Provincia zurückgehende Form der jeweiligen Landessprache) Verwaltungs- oder Selbstverwaltungseinheiten zahlreicher moderner Staaten. In einigen föderalen Ländern ist der Begriff Provinz als Bezeichnung von untergeordneten Verwaltungsebenen übernommen und auf die einzelnen Gliedstaaten übertragen worden. Die rechtliche Stellung dieser Provinzen geht also über die der Provinzen als Verwaltungseinheiten im ursprünglichen Sinn hinaus.

Provinzen in ursprünglichen Sinne gab es

• in Frankreich (bis 1789), siehe Historische Provinzen Frankreichs,
• in Griechenland, siehe Liste der ehemaligen Provinzen Griechenlands,
• in Preußen, siehe Verwaltungsgliederung Preußens. Dort war die Provinz die höchste territoriale Verwaltungsgliederung oberhalb der Regierungsbezirke und der Kreise. Die Provinzverwaltungen wurden von Oberpräsidenten geleitet und verfügten mit den Provinziallandtagen über eine zunächst ständische, später parlamentarisch-demokratische Selbstverwaltung.

Heute gibt es Provinzen als Verwaltungs- oder Selbstverwaltungseinheiten

• in Belgien, siehe Politische Gliederung Belgiens,
• in Costa Rica, siehe Administrative Gliederung Costa Ricas,
• in der Dominikanischen Republik, siehe Provinzen der Dominikanischen Republik,
• in Ecuador, siehe Verwaltungsgliederung Ecuadors,
• in Italien, siehe Italienische Provinzen,
• in Kuba, siehe Provinzen Kubas,
• in Mosambik, siehe Provinzen Mosambiks,
• in den Niederlanden, siehe Provinzen der Niederlande,
• in Panama, siehe Verwaltungsgliederung Panamas,
• in den Philippinen, siehe Verwaltungsgliederung der Philippinen und Bezirke der Philippinen,
• in Schweden, siehe Län,
• in Spanien, siehe Liste der Provinzen Spaniens.

Heute gibt es Provinzen als Gliedstaaten

• in Argentinien, siehe Liste der Provinzen Argentiniens,
• in Kanada, siehe Provinzen und Territorien Kanadas,
• in Pakistan, siehe Verwaltungsgliederung Pakistans,
• in Südafrika, siehe Provinzen Südafrikas.

Als Provinzen werden zudem gewöhnlich die einheimischen Bezeichnungen von Verwaltungs- oder Selbstverwaltungseinheiten folgender Staaten übersetzt:

• Volksrepublik China, siehe Administrative Gliederung der Volksrepublik China,
• Iran, siehe Verwaltungsgliederung des Iran,
• Thailand, siehe Changwat und Liste der Provinzen Thailands,
• Türkei, siehe Liste der türkischen Provinzen.

Außerdem werden oft die einheimischen Bezeichnungen historischer Verwaltungs- oder Selbstverwaltungseinheiten folgender Staaten als Provinzen übersetzt:

• Äthiopien, siehe Verwaltungsgliederung Äthiopiens 1941 bis 1963,
• Japan, siehe Provinzen Japans.

Provinzen im kirchlichen Bereich

Im kirchlichen Bereich bezeichnet Provinz

• als Kirchenprovinz (lat. provincia ecclesiastica) den der Jurisdiktion eines katholischen Erzbischofs unterliegender Bezirk, siehe Kirchenprovinz in der Katholischen Kirche, sowie bestimmte evangelische Landeskirchen, siehe Kirchenprovinz in der Evangelischen Kirche.
• einen Bezirk eines religiösen Ordens.

Siehe auch

Einzelnachweise

1. ↑ Eintrag province. In: dictionary.die.net