Roald Dahl

Roald Dahl
Roald Dahl und Patricia Neal 1954, Fotografie von Carl van Vechten

Roald Dahl (* 13. September 1916 in Llandaff bei Cardiff, Wales; † 23. November 1990 in Great Missenden, Buckinghamshire) war ein norwegisch-walisischer Schriftsteller. Er verfasste Romane und Kurzgeschichten, die von einem feinen schwarzen Humor geprägt sind und oft überraschend enden. Bekannt ist er sowohl für seine Kinderbücher als auch für seine Werke, die eher dem Genre schwarzer/makabrer Humor zuzuordnen sind.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft und Ausbildung

Roald Dahl wurde in Llandaff in Süd-Wales als Sohn von Sofie Magdalene Dahl geb. Hesselberg und Harald Dahl, beide norwegischer Herkunft, geboren. Er wurde nach dem Polarforscher Roald Amundsen benannt. Seine vier Jahre ältere Schwester starb im Alter von sieben Jahren an einer Blinddarmentzündung, wenige Wochen darauf auch sein Vater an einer Lungenentzündung im Alter von 57 Jahren. Seine Mutter bemühte sich dennoch in Wales zu bleiben, anstatt zurück nach Norwegen zur Verwandtschaft zu ziehen. Die Sommerferien verbrachte Roald Dahl oft in Norwegen, was er später in Boy. Tales of Childhood autobiographisch verarbeitete.

Er wurde auf der Llandaff Cathedral School eingeschult. Nach einem üblen Streich, bei dem Roald mit vier Freunden in einem Süßigkeitentopf einer Händlerin eine tote Maus versteckten, wurde er jedoch von dem Schulleiter brutal bestraft, woraufhin ihn seine Mutter von der Schule nahm. Danach besuchte er zwei Internate in England, die er als unangenehm empfand. Mit neun Jahren wurde er Schüler an der St Peter's Preparatory School in Weston-super-Mare, mit dreizehn Jahren an der Repton School in Derbyshire, wo er Assistent eines Präfekten und auch Kapitän des Fives-Teams war. Hier entwickelte er auch sein Interesse für die Fotografie. Repton-Schüler bekamen regelmäßig Schokolade von der Firma Cadbury zum Testen, was für Dahl eine Inspiration für sein zweites Kinderbuch Charlie und die Schokoladenfabrik gewesen sein dürfte.

Nach Abschluss der Schule verbrachte er drei Wochen in Neufundland, das er zu Fuß mit einer Gruppe der Public Schools' Exploring Society bereiste. Entgegen den Erwartungen seiner Mutter, der eine Universitätsausbildung vorschwebte, durchlief er ab Juni 1934 eine kaufmännische Ausbildung bei der Shell Oil Company. Für seine Firma reiste er 1936 nach Daressalam in Tansania und jagte in seiner Freizeit Löwen und Schlangen.

Der Zweite Weltkrieg

Als im August 1939 der Zweite Weltkrieg vor der Tür stand und auch in Tansania Spannungen entstanden, wurden die etwa fünfzehn in Dar-es-Salaam lebenden Engländer, so auch Dahl, zu Offizieren der King’s African Rifles ernannt. Sie erhielten daraufhin umgehend den Befehl, alle in der Stadt lebenden Deutschen zu verhaften. Dahl war darüber zwar nicht besonders begeistert, erledigte aber seine Aufgabe.

Kurz darauf, im November, trat er der Royal Air Force bei und begann im 600 Meilen entfernten Nairobi eine Ausbildung zum Piloten. Nach gerade einmal 7 Stunden und 40 Minuten Flugerfahrung durfte er schon alleine fliegen. Weiteres Training erfolgte in Habbaniya, 50 Meilen westlich von Bagdad. Nach sechs Monaten Flugdienst in einer Hawker Hart wurde er Flight Officer und der 80. Squadron zugeteilt.

Für die Überführung zu seiner neuen Einheit bekam er eine schon vor dem Krieg veraltete Gloster Gladiator. Am 19. September 1940 flog Dahl von Abu Suweir in Ägypten nach Amiriya, um zu tanken, und dann nach Fouka in Libyen für einen weiteren Tankstopp. Von dort flog er zum Flugfeld der 80. Squadron, das sich 30 Meilen südlich von Marsa Matruh befand. Er konnte aber das Flugfeld nicht finden und musste wegen Treibstoffmangels nachts in der Wüste landen. Dabei streifte das Fahrgestell seiner Maschine einen Felsen und ging zu Bruch. Bei dem Unfall zog er sich eine schwere Kopfverletzung zu. Durch einen Nasenbruch stark beeinträchtigt zog er sich noch vom brennenden Flugzeug weg, bevor er das Bewusstsein verlor. Die Royal Air Force stellte später fest, dass er falsche Anweisungen erhalten hatte und im Niemandsland zwischen britischen und italienischen Kräften abgestürzt war.

Dahl wurde gerettet und in Mersah Matruh verarztet, wo er das Bewusstsein, aber nicht seine Sehkraft, wiedererlangte. Mit dem Zug wurde er nach Alexandria gebracht, wo er sich in die erste Person verliebte, die er nach acht Wochen Blindheit sah: die Krankenschwester Mary Welland. Die Ärzte bezweifelten anfangs, dass er jemals wieder fliegen könne, aber nach fünf Monaten verließ er das Krankenhaus wieder vollständig flugtauglich.

Die 80. Squadron war inzwischen nach Elefsis nahe Athen verlegt worden und unterstützte die British Expeditionary Force gegen die Achsenmächte, ohne viel Hoffnung auf Erfolg. Dahl flog im April 1941 mit der neuen Hawker Hurricane über das Mittelmeer zu seiner Einheit. Dort traf er auf einen zynischen Korporal, der ihn fragte, wie lange sein nagelneues Flugzeug wohl überleben würde mit gerade einmal 14 anderen Hurricanes und vier Bristol Blenheims in ganz Griechenland gegen tausende feindliche Flugzeuge. Der Kommandant der Squadron, David Coke, der, hätte er den Krieg überlebt, Earl of Leicester geworden wäre, war nicht gerade begeistert davon, nur einen einzigen neuen Piloten bekommen zu haben. Er und Dahl wurden Freunde.

Die erste Kampferfahrung machte Dahl über Chalkis, wo sie auf sechs Junkers Ju 88 trafen. Dahl war alleine, konnte aber eine feindliche Maschine abschießen. Später verarbeitete er dies in dem autobiographischen Going Solo.

Nachdem er in Syrien und für den militärischen Geheimdienst eingesetzt wurde, beendete er den Krieg im Rang eines Wing Commanders.

1942 wurde er nach Washington D.C. versetzt, wo er Assistant Air Attache war. Wie zwischenzeitlich bekannt wurde, wirkte Dahl in den USA auch als Agent des britischen Geheimdienstes und war 1945 Co-Autor eines Berichts darüber, der lediglich in 12 Kopien erschien. Er begann hier außerdem mit dem Schreiben und veröffentlichte am 1. August 1942 in der Saturday Evening Post die Geschichte Shot Down Over Libya, in der er seinen Absturz mit der Gloster Gladiator beschrieb. Der ursprüngliche Titel A Piece of Cake war geändert worden, um dramatischer zu klingen, auch wenn er überhaupt keinen Feindkontakt hatte.

Die Nachkriegszeit

Dahl ehelichte 1953 die Hollywood-Schauspielerin Patricia Neal, im Jahr 1983 folgte die Scheidung. Sie hatten fünf Kinder, darunter auch Tessa Dahl, die ebenfalls Schriftstellerin wurde. Tessas Tochter Sophie Dahl wiederum wurde Model und ebenfalls Autorin; auch war sie Inspiration für ihren Großvater bei der Geschichte The BFG.

Seine zweite Frau Felicity Ann Crosland (geb. d'Abreu) heiratete Dahl 1983. Sieben Jahre später starb Roald Dahl an Leukämie in seinem Heim in Buckinghamshire. Zu seinem Gedenken wurde die Roald Dahl Children's Gallery im Bucks County Museum (nahe Aylesbury) eröffnet. Dahls wohltätiges Wirken in Bereichen der Neurologie, Hämatologie und des Analphabetismus wurde nach seinem Tod durch die Roald Dahl Foundation fortgesetzt. Im Juni 2005 eröffneten das Roald Dahl Museum und der Story Store in Great Missenden, um das Werk Dahls zu feiern.

Künstlerisches Schaffen

Roald Dahl

Angeregt von einem Treffen mit C. S. Forester veröffentlichte Dahl seine erste Geschichte in der Saturday Evening Post für ein Honorar von 1000 Dollar.

Sein erstes Kinderbuch war 1943 The Gremlins, über kleine bösartige Tierchen, die Teil der Folklore innerhalb der Royal Air Force sind. Diese Geschichte wurde von Walt Disney in Auftrag gegeben, um daraus einen Film zu machen, der aber nie verwirklicht wurde. Dahl schrieb einige der beliebtesten Kinderbücher des 20. Jahrhunderts, zum Beispiel Danny oder Die Fasanenjagd oder Der fantastische Mister Fox. Seine Bücher dienten häufig als Vorlage für Verfilmungen, so Matilda, James und der Riesenpfirsich, Hexen hexen und Charlie und die Schokoladenfabrik. Viele seiner Kinderbücher wurden von Quentin Blake illustriert.

Dahl verfasste zwei Autobiographien: Boy sowie Im Alleingang.

Neben den Kinderbüchern schrieb er auch makabre Kurzgeschichten für Erwachsene, üblicherweise mit schwarzem Humor und einem überraschenden Ende. Die bekanntesten sind in Küsschen, Küsschen, sowie in der Fortsetzung … und noch ein Küsschen enthalten. Viele wurden für US-amerikanische Magazine geschrieben, wie das Ladies' Home Journal, Harper's, den Playboy und The New Yorker. Zusammengefasst in Anthologien mehrten sie den Ruhm des Autors. Insgesamt schrieb er über 60 Kurzgeschichten.

Eine seiner bekanntesten Erwachsenengeschichten, The Smoker (auch bekannt als Man from the South), wurde in einer Episode von Alfred Hitchcock Presents verfilmt und auch als Segment in Quentin Tarantinos Four Rooms von 1995 verwendet. Die englische Fernsehserie Tales of the Unexpected, die 1979 begann, adaptierte viele seiner Geschichten. Zwei seiner Kurzgeschichten und der Roman Onkel Oswald und der Sudan-Käfer sind Ausschnitte aus dem Tagebuch seines fiktiven Onkels Oswald, eines reichen Gentleman, dessen sexuelle Ausschweifungen die Basis dieser Geschichten bilden. Große Bekanntheit erreichte auch die makabre Kurzgeschichte The Landlady (Die Wirtin) (erschienen 1959).

In den sechziger Jahren schrieb Dahl auch einige Drehbücher, um Geld zu verdienen. Zwei davon, der James-Bond-Film You Only Live Twice und Chitty Chitty Bang Bang, waren Adaptionen von Romanen von Ian Fleming. Ein eigenes Werk adaptierte er für die 1971er Fassung von Willy Wonka und die Schokoladenfabrik.

Memories with Food at Gipsy House, das er mit seiner Frau Felicity schrieb und das 1991 postum erschien, ist eine Mischung aus Rezepten, Familienerinnerungen und Betrachtungen zu Dahls Lieblingsthemen wie Schokolade, Zwiebeln und Bordeauxwein.

Antisemitismus-Vorwurf

Dahl war nach der Veröffentlichung einer Literaturkritik für das Magazin Literary Review als antisemitisch bezeichnet worden und wurde in Israel und einigen anderen Ländern heftig kritisiert. Er sagte später, dass dies wohl der Grund war, warum er nie von der Königin zum Ritter geschlagen wurde. In einem Interview zu dem Thema infolge des israelischen Libanon-Feldzuges 1982 äußerte er:

“There's a trait in the Jewish character that does provoke animosity […] I mean there is always a reason why anti-anything crops up anywhere; even a stinker like Hitler didn't just pick on them for no reason.”

„Es gibt einen Zug im jüdischen Charakter, der Abneigung provoziert […] Ich meine damit, es gibt immer einen Grund, warum Anti-Irgendwas irgendwo entsteht; sogar ein Stinker wie Hitler hackte nicht ohne Grund auf ihnen herum[1]

In einem Interview des Deutschlandfunks mit Amelia Foster, der Leiterin des Roald-Dahl-Museum-und-Geschichtenzentrums in Great Missenden, äußerte Foster sich dazu wie folgt:

„Es war dumm von ihm, so etwas zu sagen. Er war sehr erbost über die Israelis und dann schrieb er so etwas auf - das ist doch eine kindliche Reaktion auf das, was in Israel vor sich ging. Und dann bezieht er das auch noch auf den Zweiten Weltkrieg, das war einfach dumm von ihm! Aber ich bin mir sicher, dass er das nicht wirklich glaubte. Dahl wollte provozieren, so wie er immer gern beim Abendessen provozierte. Sein Verleger war Jude, sein Agent war Jude, er hätte sie alle im Handumdrehen verlieren können. Aber er mochte diese Leute, er respektierte sie und dachte nur Gutes von ihnen. Er bat mich, seine Geschäftsführerin zu werden, und ich bin auch Jüdin. Man bittet doch nicht Menschen für einen zu arbeiten, wenn man antisemitisch ist. Das ist wieder ein Beispiel, wie sehr Dahl sich weigerte, irgendetwas ernst zu nehmen, auch sich selbst nicht.[2]

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke (in Auswahl)

Kinderbücher

Kindergedichte

Sammlungen von Kurzgeschichten

Romane

Drehbücher

Autobiografien

Adaptionen

Film

Musical

Literatur

  • Anja Betke: Roald Dahl. Schwarzer Humor in der Kinder- und Jugendliteratur. Stuttgart: FH Diplom-Arb. 1991.
  • Karen von Homeyer: Nicht-mimetische Elemente und ihre Funktionen in der Kinderliteratur von Roald Dahl. Erlangen-Nürnberg: Univ. Mag.-Arb. 1994.
  • Wendy Mass: Great authors of children's literature. San Diego, Calif.: Lucent Books. 2000. ISBN 1-56006-589-3
  • Maja Mores: Roald Dahls Kinderbücher - umstritten bei Erwachsenen, beliebt bei Kindern. In: Jugendliteratur. Cham. 3/4. 1991. S. 40-44.
  • Vic Parker: Roald Dahl. 2. Aufl. Oxford: Heinemann Library. 2004. ISBN 0-431-17981-6
  • Susan Kreller: Des Pfirsichs Kern. Roald Dahls kinderliterarisches Werk in deutscher Sprache. Leipzig: Univ. Mag. Arb. 2000.
  • Jeremy Treglown: Roald Dahl. A biography. London u.a.: Faber and Faber. 1994. ISBN 0-571-16573-7
  • Alan Warren: Roald Dahl. San Bernardino: Borgo Press. 1990. (= Starmont contemporary writers; 1) ISBN 1-55742-013-0
  • Mark I. West: Roald Dahl. New York u.a.: Twayne u.a. 1992. (= Twayne's English authors series; 492) ISBN 0-8057-7019-4
  • Jennet Conant: The Irregulars: Roald Dahl and the British Spy Ring in Wartime Washington. Simon & Schuster. 2008. ISBN 978-0743294584
  • Donald Sturrock: Storyteller : the life of Roald Dahl London : HarperPress, 2010, ISBN 978-0-00-725476-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Welt: Roald Dahl (1916-1990), 13. November 2006
  2. Deutschlandfunk: In der Schokoladenfabrik, 16. November 2008

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