Sakuska

Sakuska

Die russische Küche existiert in ihrer heutigen Form seit etwa hundert Jahren und hat ihren Ursprung in der slawogermanischen bzw. germanoslawischen Küche. Entwickelt hat sie sich aus einer langen Tradition, die mehrere Phasen durchlief:

  • die Altrussische Küche vom 9. bis zum 16. Jahrhundert
  • die Küche des Moskauer Staates im 17. Jahrhundert
  • die Küche des 18. Jahrhunderts und die Petersburger Küche in dieser Zeit
  • die gesamtrussische Küche im 19. Jahrhundert
  • die sowjetische Küche seit 1917.

Einzelne Gerichte und Zutaten der russischen Küche sind weltbekannt, zum Beispiel Kaviar, eingelegte Gurken, Wodka, Krimsekt, Borschtsch oder Pelmeni (gefüllte Teigtaschen ähnlich den Tortellini), Sauerkraut (russ. Kwaschennaja Kapusta) und Kohlrouladen (russ. Golubcy). Andere traditionelle Gerichte sind außerhalb der Landesgrenzen eher unbekannt, und russische Restaurants im Ausland waren bis zum Fall des Eisernen Vorhangs äußerst selten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Altrussische Küche

Borschtsch

Wegen der Kälte im Winter hatten die Häuser ähnlich wie in den Alpen große Öfen, die zum Heizen und meistens auch als Schlafmöbel dienten. Um die Hitze dieser Öfen auszunutzen, wurden sie auch zum Kochen benutzt. Im Sommer, wenn nicht geheizt werden musste, konnten viele dieser Öfen auch nur teilweise betrieben und damit zum Kochen genutzt werden. Die Zubereitung von Speisen beschränkte sich daher auf das Kochen, Backen und Schmoren; Braten und Grillen waren selten. Die Vorratshaltung für den langen Winter bestand wie im Alpenraum zu großen Teilen aus getrockneten Früchten und Pilzen, später besonders aus in Lake eingelegtem Gemüse, das durch die natürliche Milchsäuregärung haltbar gemacht wurde. Die Vorliebe für eingelegtes Gemüse aller Art und insbesondere für das Sauerkraut, das in Osteuropa wesentlich häufiger konsumiert wird als in Deutschland, hat sich bis heute erhalten.

Brot bildete bereits in dieser Zeit eine Nahrungsgrundlage, besonders dunkles Roggenbrot aus Sauerteig. Bereits in dieser Zeit entstanden auch Pfannkuchen, kleine gefüllte Teigtasche aus Hefe- oder Blätterteig oder einfach „Der Kuchen“ (russ. „Pirog“) und Kissel. Ab dem 14. Jahrhundert war auch Weizen bekannt und es entstanden Backwaren aus einer Mischung aus Weizen- und Roggenmehl: Oladji, die hartgebackenen Kringel (russ. „Baranki“) und Bubliki. Brei wurde aus Buchweizen, Roggen, Gerste oder Dinkel hergestellt und konnte je nach Wassermenge in verschiedenen Festigkeitsstufen hergestellt und mit Gemüse und Fleisch ergänzt werden. Außerdem entwickelte sich die Vorliebe der Ostslawen für Suppen und Eintöpfe bereits in dieser Zeit.

Es entwickelten sich typische Getränke wie Kwas und Bier, außerdem war die Schnapsherstellung seit dem 15. Jahrhundert etabliert. Seit dem 16. Jahrhundert gab es ein Herstellungsmonopol des Staates.

Die Unterteilung der Tage in Fasten- und Festtage hatte eine Aufteilung in Fastenspeisen (vegetarisches, Pilze und Fisch) und Festtagsspeisen (Fleisch, Butter, Eier, Milch) zur Folge, die die Vielzahl an vegetarischen Gerichten förderte, die Kombination von Fleisch und Gemüse, die verboten war, jedoch verhinderte. Auch Salat war praktisch unbekannt.

Als Süßmittel waren nur Honig und Beeren bekannt; außer Lebkuchen gab es daher keine Süßspeisen.

Moskauer Küche im 17. Jahrhundert

Durch die Spaltung der Gesellschaft in eine reiche adlige Oberschicht und das verarmende Volk veränderte sich auch die Küche. Die der einfachen Leute verarmte, während die des Adels reichhaltiger und ausdifferenzierter wurde. Der Handel mit dem Ausland nahm zu, mehr Gewürze und Zutaten aus dem Ausland wurden importiert. Sie bereicherten die höfische Küche, blieben jedoch für die Mehrheit unerschwinglich. Neue Gerichte entstanden auch durch den Einfluss der Tataren, die Datteln, Rosinen getrocknete Aprikosen und Melonen lieferten. Rohrzucker wurde importiert und erweiterte die Möglichkeiten für Süßspeisen. Die Kombinationsmöglichkeiten waren jedoch immer noch eingeschränkt, da Zutaten nicht zerkleinert und nicht vermischt werden durften.

Es bildeten sich drei Grundtypen von Suppen heraus: Kalja, Soljanka und Rassolnik. Chinesischer Tee wurde zum ersten Mal bekannt, für die meisten Menschen wurde er jedoch erst viel später erschwinglich.

18. Jahrhundert und Petersburger Küche

Die Spaltung der Essgewohnheiten vor Armen und Reichen wurde im 18. Jahrhundert noch deutlicher: Während die Oberschicht sich immer weiter von den ursprünglichen Gerichten ab- und zu ausländischer Küche, speziell aus Westeuropa, hinwandte, verarmte die Küche der einfachen Leute weiter. Dies ging so weit, dass es fast keine Kochbücher über ursprüngliche russische Küche gab, sondern nur noch Kochbücher mit Gerichten aus dem Ausland. So wurden Aufläufe und Pasteten, Butterbrot (bis heute ein deutsches Wort im Russischen) und Klöße bekannt. Erst nach dem Krieg gegen Napoleon I. 1812 erwachte durch stärkeres Nationalbewusstsein wieder das Interesse an der russischen Küche. Dennoch blieb der ausländische Einfluss deutlich. Die Speisen wurden mehr miteinander kombiniert, es gab nun auch gemischte Beilagen und Salate. Durch die Verbreitung des Herds und dazugehörendem Küchengerät wurden neue Zubereitungen möglich. International löste das in der russischen Küche übliche Service à la russe, bei dem die einzelnen Gänge nacheinander aufgetragen wurden, die bis dahin übliche Methode des Service à la française ab, bei dem alles auf einmal aufgetragen wurde, was zwar eindrucksvoll, aber unpraktisch war und wie es heute noch beim Büffet zu finden ist.

Gesamtrussische Küche

Durch die schnellere Verbindung der Eisenbahn und dem damit verbundenen Austausch beeinflussten sich die verschiedenen regionalen Küchen Russlands gegenseitig. Teigtaschen (Pelmeni) und Buckellachs aus dem Osten wurden zu gesamtrussischen Nationalgerichten. Rentierfleisch aus Sibirien und Kumys (Saure Stutenmilch) aus Kasachstan wurden später auch in den anderen Regionen konsumiert.

Die Vorlieben für Brot und gefüllte Teigtaschen, Brei, Pilz- und Fischgerichte sowie Suppen und sauer eingelegtes Gemüse blieben bis heute erhalten.

Sowjetische Küche

Der auf die Revolution von 1917 folgende Bürgerkrieg, Stalins Zwangskollektivierungs- und Umsiedlungspolitik hatten eine noch stärkere Durchmischung der unterschiedlichen Nationalitäten der Sowjetunion zur Folge. Eine Hungersnot in den frühen 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, bei der besonders in der Ukraine Millionen Menschen verhungerten, war ein Produkt dieser Politik.

In den Fabriken und Betrieben setzte sich die Gemeinschaftsverpflegung durch. Die genossenschaftliche Speiseproduktion verdrängte teilweise die häusliche Küche. Kulinarische Traditionen wurden vernachlässigt, und die Speisekarten verarmten. Die Industrialisierung ermöglichte Konserven und vorgefertigte Nahrung, westeuropäische Gerichte wurden übernommen, verbreiteten sich und wurden zu „russischen“ Gerichten.

Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts begann man sich wieder auf die altrussische und Moskauer Küche zu besinnen. Mit dem Ende der Sowjetunion kamen die internationale Küche, aber auch Fastfoodketten wie McDonald’s nach Russland.

Die sowjetische Küche unterbrach auch die vegetarische Tradition in Russland. Nach Peter Brang spielte im zaristischen Russland die vegetarische Küche, entsprechende Restaurants und Vereinigungen auch eine bedeutende politische Rolle, da eine vegetarische Lebensweise nach dem Vorbild Tolstois, wie im Falle Natalia Nordmans als Kennzeichen der intellektuellen politischen Opposition galt[1].

Siehe auch Sowjetische Küche.

Ess- und Trinkgewohnheiten

In den Datschen und auf dem Land findet man teilweise noch Selbstversorgung mit Obst, Gemüse und Milch. Zum Frühstück gibt es Kaffee oder Tee, saure Milchprodukte (Quark, Kefir, Sauerrahm), Eier, gekochte Wurst oder Käse, Milch-Brei und Brot. Manchmal gibt es Bliny, sonst ein Gericht, das typischerweise zum Fasching gehört. Der Bliny wird mit Schmand oder saurer Sahne bestrichen und dann zusammengerollt oder mit Kaviar gegessen. In Kantinen wurde in der Zeit der Sowjetunion mittags meist Suppe gegessen. Oft waren dies Suppen aus Geflügel- oder Fleischbrühe, in die Einlagen wie Graupen oder Reis gegeben wurden. Brot gehörte immer dazu. Kinder bekamen in der Schule oft ein warmes Frühstück. Das Mittagessen kann durch Salat als Vorspeise, Kompott oder Kisel zum Nachtisch ergänzt werden. Auch abends wird eine warme Mahlzeit bevorzugt.

Kaviar

Kaviar stammt vom Stör, der hauptsächlich im Schwarzen Meer, Asowschen Meer und Kaspischen Meer gefangen wird. Er wird in Kombination mit Wodka meistens zu Silvester verzehrt. Zum Klischee, dass Kaviar eine typisch russische Leckerei sei, schreibt der deutsche Schriftsteller russisch-jüdischer Herkunft Wladimir Kaminer: „Wie jeder vernünftige Mensch würde der Russe zum Wodka viel lieber Salzgurken essen und sich den Kaviar für Silvester aufsparen.“[2] Der Kaviar hatte und hat eine außergewöhnliche Stellung in der russischen Küche. So war Kaviar in der Sowjetunion mehr als Prestigeobjekt für das Ausland gedacht als für die Bevölkerung, welche auf Grund des kaum kaufbaren Kaviars auf andere Fischkonserven wie etwa Lachs auswich.

Suppen

Ein Teller Borschtsch

Die russische Küche ist reich an Suppen. Die bekanntesten darunter sind: Borschtsch (Rote-Bete-Suppe), Soljanka, Ucha (Fischsuppe) und Schtschi (Kohlsuppe). Zu den Suppen werden Roggenbrot und gefüllte Teigtaschen gegessen.

Beliebt ist auch Okroschka, eine erfrischende kalte Suppe, die im Sommer serviert wird. Sie wird zubereitet aus Sahne und Kwas, auch Fleisch, Gurken, Kräutern und Gewürzen. Dazu werden saure Sahne und gehackte hartgekochte Eier gereicht.

Sakuski

Ein festliches Essen beginnt in Russland stets mit den kalten Vorspeisen, einer ganzen Reihe unterschiedlicher Salate (Kartoffelsalat, Heringssalat, Oliviersalat, Eiersalat und Kombinationen aus Gemüsen mit viel Majonese), Sülzen, eingelegtem Fisch (Sprotten, Strömlinge und weitere Heringsfische), Kaviar, Wurst, den Piroggen (russisch „Piroschki“), gefüllten Eiern, belegten Brötchen.

Das Servieren der Vorspeisen vor dem Hauptgericht ist eine alte Tradition. Schon im 10. Jahrhundert hat man zu Beginn einer Mahlzeit kalte Gerichte serviert. Die russischen Hausfrauen entwickelten im Laufe der Zeit mit viel Phantasie immer neue Rezepte. Die Zahl der Vorspeisen wurde daher immer größer und ließ den Tisch schöner und dekorativer werden. Zu den Vorspeisen trinken die Gastgeber und ihre Gäste Wein, Wodka und andere starke Getränke; Trinksprüche werden ausgegeben.

Ein alter Brauch, der schon lang nicht mehr geübt wird, war der Empfang des Gastes mit Brot und Salz, die ihm auf einem bestickten Handtuch überreicht werden.

Tee

Ein Glas mit Warenje

Tee, auf russisch Чай (Tschai) genannt, ist ein russisches Nationalgetränk. Er gelangte seit dem 16. Jahrhundert über die Seidenstraße aus China nach Osteuropa. In einer kleinen Keramikkanne wird ein kräftiger Extrakt angebrüht, der anschließend mit sprudelnd kochendem Wasser aus dem dafür erfundenen Selbstkocher (russ. Samowar) auf die gewünschte Stärke verdünnt wird.

Am liebsten wird starker indischer Tee getrunken. Gesüßt wird der Tee mit Zucker oder Honig, auch Milch und Zitrone werden verwendet. Dazu werden Suschki, Lebkuchen und Konfekt gegessen. Eine selbstgemachte Marmeladenart (russ. „Warenje“) wird auf kleinen Tellerchen serviert und entweder pur gegessen oder in heißem Wasser oder im Tee aufgelöst.

Literatur

  • W.W. Pochljobkin: Nationale Küchen. Die Kochkunst der sowjetischen Völker. Moskau, Leipzig 1988. ISBN 3-7304-0053-3
  • Marion Trutter: Culinaria Russia: Russland, Ukraine, Georgien, Armenien, Aserbaidschan. Hamburg 2007. ISBN 3-8331-2183-1
  • Irina Carl: Russisch kochen - Gerichte und ihre Geschichte. ISBN 3-86034-112-X
  • Miladinovic, A.: Russische Küche: Rezepte aus dem kalten Osten. UGB-Forum 6, 331-332, 1999[1]
  • Wladimir Kaminer: Küche totalitär. Das Kochbuch des Sozialismus., ISBN 3-442-54610-9
  • Markus Wolf: Geheimnisse der russischen Küche, Hamburg 1995, ISBN 3-88022-459-5

Einzelnachweise

  1. Peter Brang Ein unbekanntes Russland, Kulturgeschichte vegetarischer Lebensweisen von den Anfängen bis zur Gegenwart. Böhlau Verlag, Köln 2002 ISBN 3-412-07902-2
  2. Küche totalitär. Das Kochbuch des Sozialismus. (S. 203, Zeile: 3–5), ISBN 3-442-54610-9

Weblinks


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