Schienen-Straßen-Omnibus

Schienen-Straßen-Omnibus
Der Schienen-Straßen-Omnibus im Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen

Der Schienen-Straßen-Omnibus, auch kurz Schi-Stra-Bus genannt, war ein Zweiwegefahrzeug für den Personenverkehr auf Eisenbahnstrecken und Straßen. Die Deutsche Bundesbahn (DB) setzte ihn sowohl als Nahverkehrszug als auch als Bahnbus ein.

Inhaltsverzeichnis

Das Fahrzeug

Das Fahrzeug bestand aus einem speziellen Omnibus mit allen für den Straßenverkehr notwendigen Einrichtungen. Der Schienen-Straßen-Omnibus verfügte über einen Standard-Dieselmotor von Klöckner-Humboldt-Deutz aus dem Omnibusbau. Dieser hatte eine Leistung von 88 Kilowatt (120 PS), er ermöglichte eine Geschwindigkeit von 80 km/h auf der Straße und 120 km/h auf Schienen.

Für den Betrieb auf Eisenbahngleisen wurde der Bus auf zwei zweiachsige Untergestelle – genannt „Spurwagen“ – gesetzt. Der Wagen war ein Einrichtungsfahrzeug, hatte aber entsprechend den Vorschriften für den Schienenverkehr beidseitig Türen. Außerdem verfügte er über eine bahntaugliche Bremse, die über die Spurwagen wirkte, eine Sicherheitsfahrschaltung und eine Notbremseinrichtung. Der Schienen-Straßen-Omnibus hatte zwei hydraulische Hebevorrichtungen, mit der wechselseitig die vordere und hintere Fahrzeughälfte zum Auf- und Absetzen von den Spurwagen angehoben wurde. Vor der Vorderachse und hinter der Hinterachse befand sich je ein Lager für den Drehzapfen des Spurwagens. Für das Umsetzen wurde ein Rillenschienen-Gleis auf Straßenebene benötigt. Im Schienenbetrieb war die Vorderachse vollständig abgehoben, die Hinterräder wurden teilweise entlastet, trieben aber das Fahrzeug auf der Schiene an.

Die Fahrzeuge boten 43 Sitzplätze und 15 bis 24 Stehplätze. Während des Wechsels auf und von den Spurwagen blieben die Fahrgäste im Bus.

Beschaffung

Ansicht von schräg hinten
Detailaufnahme

Die Deutsche Bundesbahn bestellte im Jahre 1951 zwei Prototypen bei der Firma Nordwestdeutscher Fahrzeugbau in Wilhelmshaven. Die Spurwagen wurden von der Firma Waggon- und Maschinenbau GmbH Donauwörth hergestellt. Die Prototypen wurden 1952 geliefert und erprobt. Kurz darauf folgten drei Serienfahrzeuge, eines wurde im März 1953 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main vorgestellt. Im Vertrauen auf den Erfolg des Konzepts wurden noch 1953 weitere 50 Fahrzeuge bestellt. Insgesamt kamen aber nur 15 Wagen auf der Schiene zum Einsatz, die restlichen verkehrten als reine Straßenfahrzeuge.

Einsatz

Passau–Cham

Die ersten drei Serienfahrzeuge wurden mit Beginn des Sommerfahrplans ab dem 8. Juni 1953 auf der Strecke von Passau nach Cham eingesetzt:

Von den 140,7 Kilometern Gesamtstrecke wurden somit 63,8 auf der Schiene zurückgelegt. Für das Umsetzen von der Schiene auf die Straße und umgekehrt wurden jeweils zehn Minuten eingeplant. Zusätzlich erfolgte ein Fahrtrichtungswechsel im Bahnhof Zwiesel. Die gesamte Reisezeit betrug fünfeinhalb Stunden. Die Verbindung wurde einmal täglich angeboten. Aufgrund fehlender Unterstellmöglichkeiten in Cham verlängerte man sie später unter Nutzung der Bahnstrecke Schwandorf–Furth im Wald um 19,2 Kilometer bis Furth im Wald.[1] Hierzu war ein weiterer Fahrtrichtungswechsel in Cham erforderlich.

Die Verbindung im Bayrischen Wald bestand bis zum Ende des Sommerfahrplans 1956 und wurde vor allem wegen der im Winter auftretenden Probleme aufgegeben. Als einzige der Verbindungen mit dem Schienen-Straßen-Omnibus erhielt sie unter der Nummer 426h eine eigene Fahrplantabelle im Kursbuch der Deutschen Bundesbahn und war deshalb auch in der beiliegenden Karte mit einer besonderen Signatur eingezeichnet.[2]

Augsburg–Füssen

Von 1954 bis 1958 wurde einmal täglich die Verbindung AugsburgFüssen bedient. Sie verlief von Augsburg auf der Straße bis Pforzen, dann auf der Schiene über die Allgäubahn, die Bahnstrecke Biessenhofen–Füssen und die Bahnstrecke Marktoberdorf–Lechbruck bis Roßhaupten. Von dort aus ging es wieder auf der Straße weiter nach Füssen.[3] Im Kursbuch wurde sie unter der Nummer 406c geführt. Die Fahrt dauerte drei Stunden und zehn Minuten.

Koblenz–Betzdorf

Zum Winterfahrplan 1954/55 wurde die Verbindung KoblenzBetzdorf eingerichtet. Die Strecke führte von Koblenz auf der Straße nach Dierdorf und von dort über die Bahnstrecke Engers–Au bis Au (Sieg) und weiter auf der Siegstrecke bis Betzdorf. Sie erwies sich als größter Erfolg dieses Konzepts und bestand deshalb auch am längsten. Oftmals reichte das Angebot an Sitzplätzen für die Zahl der Reisewilligen nicht aus.[4] Eine Fahrt dauerte zweieinhalb Stunden. Als einzige Verbindung wurden zwei Fahrten pro Tag und Richtung angeboten. Die letzte planmäßige Fahrt am 27. Mai 1967 besiegelte das Ende des Schienen-Straßen-Omnibusses.

Weitere Einsätze

Es gab weitere, jeweils nur kurze Einsätze, beispielsweise von Bernkastel nach Remagen oder zwischen Mai 1953 und November 1955 von Waldshut über die Hochrheinbahn, die Wutachtalbahn und die Schwarzwaldbahn (Baden) nach Immendingen. Ursächlich hierfür war die Sanierung des aufwändig trassierten Mittelabschnitts der Wutachtalbahn, dieser wurde zwischen Weizen und Blumberg auf der wesentlich kürzeren Straße umfahren.[5]

Erhalt der Fahrzeuge

Ein Fahrzeug mit zwei Spurwagen befindet sich im Besitz der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte und ist im Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen ausgestellt. Dieses Fahrzeug ist betriebsfähig. Das Umsetzen zwischen Straße und Schiene wird gelegentlich bei größeren Veranstaltungen vorgeführt.

Sonstiges

Bei Einführung der computerlesbaren Fahrzeugnummern zum 1. Januar 1968 wurde für den Schienen-Straßen-Omnibus noch die Baureihennummer 790 vergeben, jedoch waren zum Stichtag bereits alle Fahrzeuge ausgemustert.

Literatur

  • Wolfgang Stoffels: Die Schienen-Straßen-Omnibusse. Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte Folge 25 (1980). ISBN 3-921700-31-0
  • Klaus Strack: 150 Jahre Eisenbahn im Siegtal. Nümbrecht 2010. ISBN 978-3-89909-100-7

Weblinks

 Commons: Schienen-Straßen-Omnibus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Einsätze im Westerwald und in anderen Gebieten
  2. Angaben gemäß amtlichem Kursbuch der Deutschen Bundesbahn vom Sommer 1955.
  3. Angaben gemäß amtlichem Kursbuch der Deutschen Bundesbahn vom Sommer 1955.
  4. Zu dieser Verbindung insbesondere: Strack, Seiten 200f.
  5. Schi-Stra-Bus im Einsatz auf der Wutachtalbahn

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