- Wechselladersystem Multi
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Das Wechselladersystem MULTI ist ein Transportkonzept der Bundeswehr auf Basis eines Wechselladerfahrzeuges.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Seit Anfang 1980 erprobte die Bundeswehr Wechselladersysteme für die Nachschubtruppe, um die Umschlagsleistung von Mengenverbrauchsgütern wie Artilleriemunition und Minen zu erhöhen. Insgesamt beteiligten sich drei Firmen – MAN, IVECO und Mercedes-Benz. Anfang 1990 wechselte die Entwicklung in die sogenannte 3. Generation der Radfahrzeuge und Mercedes-Benz schied aus der Entwicklung aus. Die zwei verbliebenen Hersteller stellten gemäß der Anforderung Mobilitätsstufe B (kein gemeinsamer Einsatz mit Kampffahrzeugen, jedoch Einsatz abseits von Straßen bei jedem Wetter) mit 14 t Nutzlast, jeweils sechs Trägerfahrzeuge, vier in der Konfiguration 8×8 für das Heer und zwei in 8×4 für die Luftwaffe. Von MAN wurde der FX 90 mit modularem Fahrerhaus, von IVECO der 380 E 42 mit geändertem Fahrerhaus in den Wettbewerb geschickt.
Aufgrund neuer Vorgaben durch die Politik und die Entwicklung in den Einsatzländern, besonders im ehemaligen Jugoslawien wurde das Wechselladersystem vom Bundesministerium der Verteidigung zum Sofortbedarf ausgeschrieben. Insgesamt wurden bei MAN 358 Fahrzeuge mit Option für weitere 452 auf dem Fahrgestell des MAN mil gl KAT I A1.1 aus dem Programm Transport- und Sonderkraftfahrzeuge der Bundeswehr bestellt.
Ein Gesamtbedarf von insgesamt 1226 Wechselladersystemen wurde ermittelt. Die parallel weiter geführte Entwicklung der Mobilitätsstufe B wurde 1999 eingestellt.
Allgemein
Die Abkürzung MULTI bedeutet Mechanisierte Umschlag- Lagerung- Transport Integration. Als Trägerfahrzeug dient wie in der Entwicklung beschrieben ein Fahrgestell der MAN-mil-gl-Familie und trägt eine Wechselladeeinrichtung (WLE) AWL 172 T von ATLAS Weyhausen. Die Bundeswehrklassifizierung des gesamten Systems lautet LKW 15t mil gl MULTI. Zur Standardausrüstung gehören sogenannte Flat Racks; dies sind auswechselbare Wechselladerpritschen (WLP) ohne Seitenwände zum Transport von Munition bis hin zu Fahrzeugen. Nachteil dieser Racks ist, dass sie nicht stapelbar, nicht ISO-konform sowie nicht geeignet für den Seetransport sind.
Aufgrund dieser Einschränkungen entwickelte die Firma Drehtainer sogenannte Internal Flat Racks (IFR). Diese lassen sich ohne Einschränkungen in ISO-Container verladen und ermöglichen eine sichere Lagerung sowie Munitionstransporte auf dem Seeweg.
Zur weiteren Ausrüstung und zum Containertransportkonzept gehören:
- Wechselladerpritschen mit Plane in der Ausführung groß und klein
- 20-Fuß-Tankcontainer für Wasser und Kraftstoff
- Container-Ergänzungsausstattungen (CEA) zur Aufnahme von 20-Fuß-ISO-Containern
- MuConPers. Die Abkürzung bedeutet MULTI-fähiger geschützter Container zur Personenbeförderung und wurde nach dem Anschlag auf einen ISAF-Bus des deutschen Kontingents in Afghanistan von EADS zum minen- und beschusssicheren Transport von bis zu 18 Soldaten entwickelt. Als Transportfahrzeug soll der MULTI 2 FSA dienen. Insgesamt beschafft die Bundeswehr 20 TransProtec/MuConPers.
Im Heer werden jedem Fahrzeug nach STAN fünf Wechselladerpritschen mit einer Gesamtnutzlast von je 14 t zugewiesen. Für die Streitkräftebasis sieht das Konzept drei Wechselladepritschen vor, während die zwei restlichen Wechselladepritschen für Zulieferungen aus Depots und der Rüstungsindustrie zurückgehalten werden sollen.
Varianten
Typ LKW 15t mil gl MULTI
Ein mit Abgasturboaufladung und Ladelüftkühlung ausgestatteter 6-Zylinder-Reihenmotor von MAN mit einer Leistung von 400 PS beschleunigt den LKW auf eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 88 km/h, die elektronisch abgeregelt wird. Von den 358 Fahrzeugen baute MAN bis zum 1. Oktober 1996 85 Stück mit Schadstoffklasse Euro 1, danach in Euro 2. Des Weiteren verfügt das Allradfahrzeug über ein Split-Schaltgetriebe, Wandler-Schaltkupplung, Retarder sowie über eine Differentialsperre für die Vorder- und Hinterachse. Das Gesamtgewicht beträgt 32 t.
Typ LKW MULTI 2 FSA (A3/A4)
Der MULTI 2 ist ein gepanzerter LKW auf Basis des MAN SX und TGA-Technologie mit einer Leistung von 460 PS und Automatikgetriebe. FSA steht für Fahrzeugschutzaustattung und wird im Gegensatz zur nachrüstbaren modularen Schutzausstattung (MSA) bereits beim Bau in das Fahrzeug integriert. Wie beim ATF Dingo ist das gesamte Fahrerhaus eine Schutzzelle und bietet bis zu drei Soldaten einen gewissen Schutz gegen ABC-Waffen, Infanteriemunition sowie Landminen. Der LKW hat eine fernsteuerbare Lafette von Krauss-Maffei Wegmann Typ 1530 für verschiedene Bewaffnung zum Selbstschutz. Der MULTI 2 ist mit 9,7 Metern länger als sein Vorgänger und hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 36 t. In der Ausbaustufe A4 ist es mögliche einen 20 Fuß ISO-Container autark ohne Container-Ergänzungsausstattung zu laden.
MAN baute für die Truppenerprobung zwei Exemplare in Grundausstattung, die im Kosovo erprobt wurden. Mit der Vertragsunterzeichnung am 20. Dezember 2006 in Koblenz erhält die Bundeswehr ab dem Jahr 2010 bis 2012 insgesamt 157 Fahrzeuge des MULTI 2 FSA die bei Rheinmetall MAN Military Vehicles gebaut werden.[1]
Auch das österreichische Bundesheer beschafft unter der Bezeichnung Hakenladesystem MAN 38.440 8×8 ÖBH 24 Fahrzeuge, allerdings mit einem Hakenladesystem der Tiroler Firma EMPL. Dieses System ermöglicht die Bedienung des Hakenladesystems unter vollem Panzerschutz (über Kameras). Im System sind auch zweiachsige Schlittenanhänger sowie Universal Flat Racks enthalten. Der Zulauf zur Truppe ist für das 4. Quartal 2007 vorgesehen.
Kritik vom Bundesrechnungshof
Im Jahresbericht von 1999 bemängelte der Bundesrechnungshof die unnötigen Kosten bei der Beschaffung des Systems. So wird folgendes gerügt:
„Mit der neuen Generation ungepanzerter Radfahrzeuge der Bundeswehr wurde unter der Bezeichnung „MULTI“ auch ein Wechselladersystem entwickelt, das mit einem finanziellen Gesamtvolumen von rd. 1,5 Mrd. DM bis zum Jahre 2015 beschafft werden sollte. Eine Prüfung dieses Rüstungsvorhabens ergab erhebliche Mängel in der Feststellung des militärischen Bedarfs und im Beschaffungsverfahren. Die militärischen Forderungen und Beschaffungsplanzahlen für das Wechselladersystem waren wenig begründet, aber kostentreibend. Der Wettbewerb wurde für eine vorgezogene Beschaffung von 358 Fahrzeugen und dadurch zumindest auch für die Beschaffung weiterer 416 Fahrzeuge ausgesetzt. Wegen unzureichender Erprobung des Wechselladersystems vor der Beschaffung entstanden vermeidbare Mehrkosten, Zinsnachteile und Abschreibungsverluste von insgesamt rd. 12 Mio. DM.“
– Abschlussbericht Bundesrechnungshof Bemerkung Nr. 62/1999
Des Weiteren wurde auch die Beschaffung von nur zwei Wechselladerpritschen anstatt der für ein wirtschaftliches Arbeiten geforderten fünf Wechselladerpritschen kritisiert.
Im Jahr 2001 beschloss darauf der Rechnungsprüfungsausschusses (Protokoll Nr. 23 vom 30. März 2001), die 452 weiteren MULTI erst zu bestellen, wenn die fehlenden drei Wechselladerpritschen pro Fahrzeug angeschafft sind.
Weblinks
- Beschreibung des Deutschen Heers
- Der MULTI auf Panzerbaer.de
- Der MULTI 2 auf Panzerbaer.de
- Containerkonzept BW auf Panzerbaer.de
- IVECO-Konzept auf Panzerbaer.de
- Webseite des Bundesrechnungshofes
Einzelnachweise
- ↑ Presse und Information Rheinmetall AG: Erster Multi A4 FSA von Rheinmetall MAN Military Vehicles an die Truppe übergeben. www.rheinmetall-detec.de, 21. Dezember 2010, abgerufen am 21. Dezember 2010.
1. Generation: DKW Munga | Faun L 912/45 A | Ford G398 | Hercules K 125 BW | Kraftkarren (KraKa) | Magirus-Deutz Jupiter 6x6 | MAN 630 | Mercedes-Benz LG 315/46 | Mercedes-Benz Unimog (S404) | VW Typ 2 | VW Typ 181
2. Generation: Hercules K 125 BW | LARS Raketenwerfer | Magirus-Deutz 168M11/Iveco-Magirus 110-17 | MAN gl | Mercedes-Benz NG | Mercedes-Benz Unimog (U 1300 L) | SLT 50-2/3 Elefant | Spähpanzer Luchs | TPz Fuchs | VW Iltis | VW Typ 3
Ungepanzerte Radfahrzeuge der 3. Generation: Hercules K 180 BW | KTM 400 LS-E Military | MAN gl | Mercedes-Benz Unimog (U3000/U4000/U5000) | SLT 56 Franziska | Wechselladersystem Multi | Wolf
Geschützte Radfahrzeuge der 3. Generation: Eagle IV | Enok | ATF Dingo (1&2) | Duro 3 | GTK Boxer | Mungo ESK | Serval/Wolf AGF | Spähwagen Fennek | Wolf MSA und FSA
Truppenversuche: APE | Goliath Jagdwagen (Ausschreibung Lkw 0,25 gl 4×4) | Porsche Jagdwagen (Ausschreibung Lkw 0,25 gl 4×4) | Sonderwagen 4 (TM-170) (nur zur Erprobung, nicht realisiert) | Panzerspähwagen Zobel (Projektstudie zum Fennek)
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