Burg Bommersheim

Burg Bommersheim
Burg Bommersheim
Rekonstruiertes Fundament, Aufnahme von Westen.

Rekonstruiertes Fundament, Aufnahme von Westen.

Entstehungszeit: 11. bis 12. Jahrhundert
Burgentyp: Niederungsburg
Erhaltungszustand: Mauerreste rekonstruiert
Ständische Stellung: Ministeriale
Bauweise: Zweischalentechnik
Ort: Bommersheim
Geographische Lage 50° 11′ 56,6″ N, 8° 36′ 8,1″ O50.1990611111118.60225175Koordinaten: 50° 11′ 56,6″ N, 8° 36′ 8,1″ O
Höhe: 175 m ü. NN
Burg Bommersheim (Hessen)
Burg Bommersheim

Die Burg Bommersheim ist eine ehemalige Burganlage im Ortsteil Bommersheim der Stadt Oberursel im Hochtaunuskreis in Hessen, deren Fundamentreste seit 1988 teilweise freigelegt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die ehemalige Burg befand sich hinter der heutigen Kirche St. Aureus und Justina an der Straße Im Himmrich zwischen der Langen Straße und Burgstraße am östlichen Ortsrand von Bommersheim. Sie lag am Rand der Kalbach-Niederung, in der Nähe kreuzte sich die Saalburgstraße mit der Weinstraße, ein vorrömischer Handelsweg, der möglicherweise im Mittelalter weiter benutzt wurde.

Geschichte

Die Anfänge der Burg gehen auf eine sogenannte Motte zurück, die nach Ausweis der Funde vermutlich im 11. oder 12. Jahrhundert von den Herren von Bommersheim errichtet wurde. Der Ort Bommersheim scheint zu dieser Zeit schon bestanden zu haben, seine Ersterwähnung im Lorscher Codex fällt in das Jahr 792.

Die Turmhügelburg war im 13. Jahrhundert bereits zu klein geworden, und man baute an ihrer Stelle eine Niederungsburg mit steinerner Ringmauer. Ursache für den Umbau dürfte vermutlich eine Besitzänderung gewesen sein, denn die Burg erscheint in der Folge als Ganerbenburg und nicht mehr als Adelssitz einer einzigen Familie.

Gegen Ende des 14. Jahrhundert geriet die Reichsstadt Frankfurt zunehmend in Konflikte mit den umliegenden Adeligen, die sich teils im Löwenbund zusammenschlossen, während Frankfurt dem Rheinischen Städtebund beitrat. Hintergrund war die zunehmende Verarmung des niederen Adels, dessen Angehörige zu Überfällen auf Händler und Kaufleute auf dem Weg nach Frankfurt verleitet wurden (sogenanntes Raubrittertum). Daran hatten sich auch die Brüder Ruprecht und Wolf von Bommersheim sowie der weitere Ganerbe Udo von Vilmar beteiligt. Am 29. Januar 1382 sagte Frankfurt den Bewohnern der Burg die Fehde an und schritt offensichtlich schnell zur Tat: bereits am 9. März trafen die Klagen der Bommersheimer Ritter über die Zerstörung der Burg in Frankfurt ein, was den Zeitpunkt der Kriegshandlungen auf den Februar des Jahres einengt. Bemühungen der Herren von Cronberg, einen Entsatz der Burg durch den Erzbischof von Mainz zu organisieren, waren erfolglos.[1]

Im Zuge dieser Strafaktion wurden durch den Rheinischen Städtebund auch weitere Burgen der Umgebung angegriffen. Zuvor wurde bereits die Schelmenburg in Bergen-Enkheim kampflos eingenommen sowie das Eppsteiner Schloss in Schotten, Ganerbenbesitz Johanns von Rodenstein sowie einiger Schenken zu Schweinsberg, zerstört.[2] Die Burg Bommersheim wurde nicht wieder aufgebaut. Die beteiligten Ganerben stritten bis weit ins 15. Jahrhundert erfolglos um Schadensersatz vor dem Reichsgericht, bis schließlich der Prozess niedergelegt wurde.

Das Areal wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum Teil zur Anlage eines Kerbplatzes planiert, worauf ihre genaue Lage in Vergessenheit geriet[3]. Beim Ausheben eines Löschteiches 1941 wurden ihre Mauern angeschnitten und von Ferdinand Kutsch untersucht[4]. In der Folgezeit stieß man bei Kanalarbeiten noch mehrmals auf Mauerreste, so auch im Jahre 1988, als der Fund dank des gestiegenen Geschichtsbewusstseins einiger Bürger und des Magistrats zu einer über mehrere Jahre andauernden archäologischen Untersuchung führte. Heute ist ein Teil der Ringmauerfundamente bis zu einer Höhe von 0,50 – 0,70 m aufgemauert in das Freigelände eines Kinderhorts integriert.

Anlage

Sämtliche Informationen zur Anlage und Baugeschichte entstammen den archäologischen Ausgrabungen der letzten beiden Jahrzehnte. Durch neuzeitliche Störungen und spätere Überbauung waren diese Befunde zwar recht ausschnitthaft, liefern jedoch ein anschauliches Bild zur Geschichte des kleinen Adelssitzes.

Turmhügelburg

Angriff auf eine Motte (Burg Dinan), zeitgenössische Darstellung auf dem Teppich von Bayeux

Die ältesten Teile der Burg bestehen nach dem Ausgrabungsbefund in dem Turmhügel einer sogenannten Motte, der an seiner Basis einen Durchmesser von 20 bis 25 Metern besaß.[5] Damit verbliebe auf dem Hügelplateau ein Platz mit etwa 10 Metern Durchmesser, auf dem sich ein hölzerner Wohnturm befand. Die Höhe wird zwischen 2,5 und 4 m geschätzt. Der Turmhügel wurde außen durch eine hölzerne Palisade oder einen Flechtwerkzaun gesichert. Funde von angespitzten Holzpfählen, die in einem Abstand von 15 – 20 cm in den Boden gerammt wurden, lassen beide Deutungen zu.[6] Außerdem wurde ein 1,8 m tiefer und 4 m breiter Graben festgestellt. Wahrscheinlich befand sich davor ein weiterer Graben, dessen Befund allerdings weniger gesichert ist.

Die grobe Datierung der Anlage in das 11./12. Jahrhundert erfolgte im Wesentlichen aufgrund des Fundes einer bemalten Henkelscherbe Pingsdorfer Machart.

Niederungsburg

Mit dem Umbau zur Ringmauerburg wurde an Stelle des Außenwalls eine 1,70 m starke Ringmauer errichtet und der Innenraum aufgeschüttet. Das Mauerwerk wurde in Zweischalentechnik ausgeführt. Die Burggebäude wurden innen an diese Mauer in Form einer Randhausbebauung angelehnt, wahrscheinlich mit den Traufseiten nach außen, wofür die zahlreichen Funde aus dem Burggraben sprechen. Der polygonale Mauerzug mit stumpfwinkligen Ecken hatte einen Durchmesser von 35 m und schloss eine Fläche von etwa 1000 m² ein.[7] Er reicht außerhalb der heutigen Rekonstruktion nach Südwesten in den Friedhof der Kirche St. Aureus und Justina hinein. Der Innenraum war mit neuzeitlichem Schutt verfüllt und von den Mauern kein Sichtmauerwerk mehr vorhanden. Das Laufniveau des Burghofes ist damit erodiert und Aussagen zur Innenbebauung waren aus dem archäologischen Befund nicht möglich.

Um die Ringmauer verlief ein mehr als 9 m breiter und etwa 2 m tiefer Graben. Die frühesten Keramikfunde aus diesem Graben datieren in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der Bautyp der Niederungsburg ähnelt stark der nahe gelegenen Burg Bonames, die in der gleichen Zeit erbaut wurde.

Funde

Durch Feuchtbodenerhaltung konnte besonders im Burggraben reichlich Fundmaterial geborgen werden. Wegen der Zerstörung der Burg sind die späteren Funde besonders zahlreich und stellen das Inventar der Burg zu diesem fest bestimmbaren Zeitpunkt dar. So haben sich im feuchten Boden ein fast vollständiges Burghausinventar mit mittelalterlicher Keramik (vorwiegend Gebrauchskeramik wie Töpfe, Krüge und Kacheln, aber auch Nuppenbecher aus Glas sind belegt) aus dem 13. bis 14. Jahrhundert sowie sorgfältig behauene Tür- und Fenstergesimse aus rotem Mainsandstein gefunden. Die Essgewohnheiten der Burgbewohner werden durch Untersuchung der gefundenen Pflanzenreste und Tierknochen rekonstruierbar.[8]

Metallgegenstände liegen in Form von Messern und Löffeln, Schlüsseln, eisernen Beschlägen, Maultrommeln sowie Pfeilspitzen vor. Prachtstück dieser Fundgruppe ist eine eiserne Turnierlanzenspitze in Form einer Krone. Von der Bekleidung der Burgbewohner haben sich vor allem Teile aus Leder erhalten (Wamsteile, Reste von Jacken und Gürteln sowie Schuhe). Ebenfalls häufig der Kleidung zugehörig sind Beschläge, Schnallen und Schließen, Nadeln, Golddrähte und Perlenketten aus Bernstein und Bergkristall. Zeugnis von Pilgerreisen der Bewohner geben gegossene Pilgerabzeichen sowie Jakobsmuscheln, die wohl auf Reisen nach Santiago de Compostela hinweisen. Die Zerstörung der Burg ist durch Armbrustbolzen sowie Kanonenkugeln aus Basalt belegt.

Zahlreiche Funde der Ausgrabungen sind im Vortaunusmuseum Oberursel ausgestellt.

Denkmalschutz

Das Burggelände und die Bodendenkmäler in der Umgebung sind Kulturdenkmäler nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Alle Nachforschungen, seien es Grabungen, Schürfungen, Wühlereien, auch gezielte Fundaufsammlungen und Veränderungen am Bestand sind genehmigungspflichtig. Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden zu melden[9].

Literatur

  • Reinhard Friedrich/Harro Junk/Angela Kreuz/Jörg Petrasch/Karl-Friedrich Rittershofer/Peter Titzmann/Christina von Waldstein: Die hochmittelalterliche Motte und Ringmauerburg von Oberursel-Bommersheim, Hochtaunuskreis. Vorbericht der Ausgrabungen 1988 bis 1991. Germania 71, 1993, S. 441-519.
  • Reinhard Friedrich: Zur Herkunftsbestimmung der Keramik von Burg Bommersheim vor dem Hintergrund der Keramikentwicklung in Südhessen. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 33, 2005 S. 173–182.
  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag. Gudensberg-Gleichen 2000. S. 465. ISBN 3-86134-228-6
  • Jörg Lindenthal: Kulturelle Entdeckungen. Archäologische Denkmäler in Hessen. Jenior, Kassel 2004, S. 174f. ISBN 3-934377-73-4
  • Elsbeth Orth: Die Fehden der Reichsstadt Frankfurt am Main im Spätmittelalter. Fehderecht und Fehdepraxis im 14. und 15. Jahrhundert. Frankfurter Historische Abhandlungen 6 (1973), bes. S. 134f.
  • Jörg Petrasch/ Karl-Friedrich Rittershofer: Die Burg von Bommersheim, Stadt Oberursel (Taunus), Hochtaunuskreis. Burg des niederen Adels und Ganerbenburg des Hoch- und Spätmittelalters. Archäologische Denkmäler in Hessen 101, Wiesbaden 1992. ISBN 3-89822-101-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Orth 1973 S. 135.
  2. Zum Ablauf dieser Fehde siehe Orth 1973 S. 132-135.
  3. Petrasch/Rittershofer 1992 (siehe Literaturliste), S. 3.
  4. Ferdinand Kutsch, Die Burg von (Oberursel-)Bommersheim. Nassauische Heimatblätter 41 (Bodenaltertümer in Nassau 1), 1951, 48–51
  5. Kann aufgrund der kleinteiligen Grabungsausschnitte nur geschätzt werden. Nach Petrasch/Rittershofer 1992 20 m, nach Friedrich/Junk/Kreuz/Petrasch/Rittershofer/Titzmann/von Waldstein (Germania 71, 1993) S. 449 25 m.
  6. Friedrich/Junk/Kreuz/Petrasch/Rittershofer/Titzmann/von Waldstein (Germania 71, 1993) S.446.
  7. nach Petrasch/Rittershofer 1992 800 m².
  8. Friedrich/Junk/Kreuz/Petrasch/Rittershofer/Titzmann/von Waldstein (Germania 71, 1993)
  9. Petrasch/Rittershofer 1992 S. 1

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