Freikauf von Rumäniendeutschen

Freikauf von Rumäniendeutschen

Mit dem Freikauf von Rumäniendeutschen durch die deutsche Bundesregierung wurde zwischen 1967 und 1989 unter den Decknamen Geheimsache Kanal auf westdeutscher Seite und Aktion „Rückgewinnung“[Anmerkung 1] (rumänisch Acţiunea „Re­cuperarea“) auf rumänischer Seite die Ausreise von 226.654 Rumäniendeutschen aus dem zu dieser Zeit unter kommunistischer Herrschaft stehenden Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland erwirkt. Die Höhe der Zahlungen für das sogenannte Kopfgeld wird auf über 1 Milliarde DM geschätzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Aussiedlerzahlen aus Rumänien laut amtlicher deutscher Statistik[1]
Jahr Personen
1950 13
1951 1.031
1952 26
1953 15
1954 8
1955 44
1956 176
1957 384
1958 1.383
1959 174
1960 2.124
1961 3.303
1962 1.675
1963 1.321
1964 818
1965 2.715
1966 609
1967 440
1968 614
1969 2.675
1970 6.519
1971 2.848
1972 4.374
1973 7.577
1974 8.484
1975 5.077
1976 3.764
1977 10.989
1978 12.120
1979 9.963
1980 15.767
1981 12.031
1982 12.972
1983 15.501
1984 16.554
1985 13.972
1986 13.130
1987 13.994
1988 12.902
1989 23.387
1990 111.150
1991 32.178
1992 16.146
1993 5.811
1994 6.615
1995 6.519
1996 1.777
1997 4.284
1998 1.005
1999 855
Summe 1967-1989: 226.654
Summe 1950-1999: 428.666

Politische Situation

Bei der ersten Volkszählung nach dem Zweiten Weltkrieg Ende Januar 1948 wurden in Rumänien rund 345.000 Rumäniendeutsche registriert. Als vorgebliche „Kollaborateure Hitlers“ wurde die Volksgruppe für mehrere Jahre kollektiv entrechtet und der Willkür staatlicher Stellen ausgesetzt. Hierzu gehören die Verschleppung in die Sowjetunion im Januar 1945 und die Deportation in die Bărăgan-Steppe im Juni 1951. Zudem wurde infolge des Bodenreformgesetzes im März 1945[2] den Rumäniendeutschen auf dem Lande der Feldbesitz, die Häuser, das Großvieh und alle landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte enteignet. Erst durch einen Ministerialbeschluss im Dezember 1955[3], der die Befreiung und Heimkehr der Bărăgan-Deportierten regelte, wurden der Feldbesitz und die Häuser rückerstattet.[4] Hinzu kam eine die gesamte Bevölkerung des Landes (insgesamt etwa 80.000 Bauern) um 1950 treffende und etappenweise durchgeführte Zwangskollektivierung, sowie die Nationalisierung der Industrie, des Handels, der Banken und des Transportwesens vom 11. Juni 1948.[5] Trotz der zeitweisen Lockerung dieser Repressionen in den 1960er und 1970er Jahren verspürte die überwiegende Mehrheit der Rumäniendeutschen den Wunsch, das Land permanent zu verlassen, was ihnen zu dieser Zeit nur in seltenen Fällen gelang.[6]

Nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 116 GG) sind deutsche Volkszugehörige mit fehlender deutscher Staatsangehörigkeit nicht als Ausländer zu behandeln.[7] Nach § 6 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) ist ein deutscher Volkszugehöriger eine Person, die sich in ihrer (außerdeutschen) Heimat „zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird“.[8]

Parallel zu diesen Umständen schlossen Rumänien und der junge Staat Israel im Juli 1948 ein Wirtschaftsabkommen, welches unter anderem die Auswanderung von 5000 Juden monatlich vorsah, zu Kosten von 8000 Lei pro Kopf. Das Joint Distribution Committee erklärte sich bereit, diese Kosten zu tragen. Insgesamt verließen 118.000 Juden zwischen Mai 1948 und Ende 1951 das Land Richtung Israel.[9] Als weitere Kompensation wurden Geflügelfarmen und andere agrarwirtschaftliche Betriebe von Israel geliefert.[10]

Erste Kontakte

Bei Verhandlungen des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft mit einer rumänischen Wirtschaftsdelegation 1954 in Wien wurde das Thema Familienzusammenführung angesprochen. Es wurde von einer Zusammenkunft in Stockholm berichtet, in der Vertreter der rumänischen Regierung deutlich erklärt hätten, dass sie Personen deutscher Volkszugehörigkeit nur dann aus dem Land ausreisen lassen würden, wenn pro Kopf 1000 Dollar gezahlt würden.

Die von 1949 bis 1970 bestehende Zentrale Rechtsschutzstelle des Auswärtigen Amtes war ursprünglich dem Bundesministerium der Justiz zugeordnet und wurde 1953 dem Auswärtigen Amt unterstellt. Sie war unter anderem zuständig für „Grundsatzfragen des Rechtsschutzes vor ausländischen Gerichten oder Behörden für Deutsche, die als Auswirkung des Zweiten Weltkriegs oder auf Grund der in einzelnen Ländern bestehenden besonderen Verhältnisse in Schwierigkeiten geraten sind“. Verschiedene Anwälte wurden mit der Wahrnehmung von Rechtsschutz betraut, so der Stuttgarter Anwalt und Notar Ewald Garlepp in den frühen 1960er Jahren für Rumänien.

Dieser berichtete am 19. Dezember 1962 „über Angebote eines regulären Menschenauskaufes, die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die Rechtsschutzstelle gemacht wurden. Ihm wurde in einem konkreten Falle, der 76 Personen umfasste, von rumänischer Seite ein Vorschlag von 5000 DM pro Person gemacht. Bei Inhaftierten beträgt die Summe 7000 DM pro Person. Für eine größere Gruppe wurde ein Betrag von rund 600.000 DM verlangt. Herr Dr. Garlepp versicherte, dass auf diesem Wege heute jeder Deutsche aus Rumänien herausgebracht werden kann, gleichgültig, ob er inhaftiert ist oder nicht“. Garlepp erklärte 1963, „dass es, nachdem einmal Geld für die Übersiedlungsgenehmigung einer Anzahl Personen gezahlt worden ist, nicht möglich sein wird, über Familienzusammenführung hinaus Personen ohne finanzielle oder wirtschaftliche Gegenleistung herauszubekommen.“ In dieser Zeit wurde in Einzelfällen unter anderem 44.000 DM für zwei Familien mit zusammen sieben Personen gezahlt.

Am 31. Januar 1967 nahmen die Bundesrepublik Deutschland und Rumänien diplomatische Beziehungen auf.[1] Durch das so genannte zweite Bein (finanzielle Leistungen im Tausch gegen Ausreisegenehmigungen für eine gewisse Zahl von Rumäniendeutschen) wollte Deutschland Erleichterungen für diejenigen herbeiführen, die in Rumänien bleiben wollten, und so den Ausreisedruck mindern.[11]

Berufung des deutschen Verhandlungsführers

1968 beauftragte die damalige Bundesregierung unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger den Rechtsanwalt Heinz Günther Hüsch als Verhandlungsführer der Bundesrepublik Deutschland mit Rumänien in der Geheimsache Kanal. Hüsch füllte diese Rolle auch während der folgenden Regierungszeiten unter Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl aus. Seine Mission endete erst mit dem Sturz des Ceaușescu-Regimes während der Rumänischen Revolution 1989.

Hüsch erhielt seinen offiziellen Auftrag zu Verhandlungen mit Rumänien, für den er sich Freiheit in seiner Methodik ausbat, im Januar 1968 von Gerd Ludwig Lemmer, dem damaligen Staatssekretär im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Für seinen Auftrag erhielt Hüsch keinen schriftlichen Vertrag mit der Bundesregierung. Das Deutsche Rote Kreuz unterstützte die Aktion, wollte sie aber nicht führen. Hüsch hatte mehr als 200 offizielle und mindestens 600[12] inoffizielle Treffen mit Vertretern der rumänischen Regierung, die ihm den Decknamen Eduard gaben. Hüsch hatte im Laufe der Jahre insgesamt sechs rumänische Verhandlungspartner:

  • Gheorghe Marcu, Stellvertretender Direktor des Instituts für Außenwirtschaft, ein enger Vertrauter Ceausescus
  • Tudor Gudina, Oberst
  • Stelian Octavian Andronic, Handelsrat, Kaufmann, ehemaliger Handelsattaché in den Niederlanden
  • Dragan alias General Niculescu alias General Doicaru, Chef der Securitate
  • Aristotelo Ene alias Aristotel Stamatoiu, stellvertretender Chef der Securitate
  • Constantin Anghelache

Dolmetscher waren Adalbert Bucur alias Popescu, Mitofan Oprea alias Oprescu, Marisescu (Vorname nicht bekannt).[13]

Verhandlungen

Seine erste Verhandlungsrunde mit den Vertretern Rumäniens führte Hüsch vom 9. bis 12. Februar 1968 in einem Hinterraum des Hotel Ambasador in Bukarest. Mit Aufnahme der Verhandlungen war von Anfang an „absolute Geheimhaltung“ verknüpft. Die Anfangsphase war geprägt von gegenseitigem Misstrauen und Unsicherheit bezüglich der Befähigung der anderen Seite, Vereinbarungen einhalten zu können. Der Inhalt der Verhandlungen bestand im Wesentlichen aus der Verpflichtung der rumänischen Seite, in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Anzahl von Deutschen in die Bundesrepublik ausreisen zu lassen, und der Verpflichtung der deutschen Seite, für jeden ausgereisten Deutschen einen bestimmten Betrag an Rumänien zu zahlen. Die rumänische Seite hatte folgende Forderungen:

  • ein Vorschuss von 200.000 Deutsche Mark, Barzahlung, keine Quittung
  • unterschiedliche Beträge für jede bewilligte Ausreise nach den Kategorien:
    • Alter
    • Berufliche Ausbildung (Arbeiter, qualifizierter Arbeiter, Akademiker)
    • Rentner

Zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten kam es bei der Einstufung von Spezialisten, also Facharbeitern oder Handwerkern, zu denen auch Traktorfahrer und Studenten im letzten Semester gehören sollten. Auch bei den folgenden Verhandlungen gab es hierüber Differenzen, da Hüsch auf die Umstellung auf einen pauschalen Betrag pro Person drängte.

Zur Kontrolle der erbrachten Leistungen übergab die rumänische Seite Listen mit Angaben über Namen, Vornamen, Adressen und Passnummern. Eine Überprüfung ergab, dass die aufgeführten Personen lediglich eine Ausreisegenehmigung erhalten hatten, und es war unklar, ob diese tatsächlich in die Bundesrepublik ausgereist waren.

In der Verhandlungsrunde vom 25. April 1968 forderte Rumänien folgende Ablösebeträge pro ausreisende Person:

  • Kategorie A: 1700 DM – normaler Mensch
  • Kategorie B: 5000 DM – gehobener, ausgebildeter Facharbeiter
  • Kategorie C: 10.000 DM – Akademiker

Der erste schriftliche Vertrag wurde am 7. März 1969 in Stockholm geschlossen und war bis zum 15. März 1970 befristet. Der zweite Vertrag folgte dann 1970 in Stockholm, in dem eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ab dem 16. März 1970 vereinbart wurde. Hierin verpflichtete sich die rumänische Seite, als Mindestleistung an legaler Auswanderung von 20.000 deutschstämmigen Rumänen aus der Sozialistischen Republik Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen, gestaffelt wie folgt:[13]

  • 16. März – 31. Dezember 1970
  • 1971
  • 1972
  • 1973

– 4000 Personen
– 6000 Personen
– 6000 Personen
– 4000 Personen

Zahlungen

Zahlungen Deutschlands

Im Sinne dieses Vertrages war die rumänische Seite berechtigt, innerhalb des Vertragsraumes bis zu 40.000 legale Auswanderungen in die Bundesrepublik herbeizuführen. Zur Abgeltung zahlte Hüsch für seine Auftraggeber folgende Entschädigung:

  • Kategorie A: 1800 DM Personen, die nicht unter eine spätere Kategorie fallen; sowie Männer, die bei der Einreise in die Bundesrepublik das 62. Lebensjahr vollendet haben, und Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben
  • Kategorie B1: 5500 DM Studenten, die ihr Studium noch nicht beendet haben
  • Kategorie B2: 7000 DM Studenten in den letzten beiden Jahren ihrer Ausbildung
  • Kategorie C: 11.000 DM Personen mit abgeschlossenem Studium
  • Kategorie D: 2900 DM Personen mit abgeschlossener beruflicher Ausbildung, aber nicht Hochschule, z. B. Facharbeiter, Meister, Gesellen

Höchstens 20 Prozent der Angekommenen sollten aus der Kategorie D stammen. Kamen im Vertragszeitraum mehr als 20.000 Aussiedler in die Bundesrepublik, erhielt Rumänien einen Bonus. Bei bis zu 30.000 Personen betrug dieser Bonus drei Millionen DM; bei bis zu 40.000 Personen vier Millionen DM, mit einer proportionalen Verrechnung der dazwischen liegenden Werte. Die Zahlung erfolgte jeweils zum Jahresende, zu 50 Prozent durch Verrechnungsscheck und zu 50 Prozent in bar, jedoch ohne schriftliche Quittung.[13] Der ehemalige deutsche Botschafter in Bukarest in der Zeit von 1971 bis 1976, Erwin Wickert, bestätigte die Angaben zu den Kopfgeldzahlungen.[14]

Bereits 1963 berichtete der damalige Bundesminister der Finanzen Rolf Dahlgrün von einem Gespräch mit dem damaligen Staatssekretär Karl Carstens vom Auswärtigen Amt, in dem Carstens davon ausging, dass 100.000 Rumäniendeutsche nach Deutschland ausreisen wollten, und dass Deutschland an Rumänien pro Person ein Kopfgeld von 1.000 DM zahlen müsste.[1]

Berndt von Staden, Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, erwähnte 1972, dass der „gegenwärtige Satz“ bei 3250 DM pro Person lag.[1]

Der Spiegel nannte 1985 folgende Beträge:[15]

  • Für ein Kind: 4000 DM
  • Für einen Rentner: 6000 DM
  • Für einen Erwachsenen: bis zu 10000 DM

Der siebenbürgischer Historiker Michael Kroner machte 1998 folgende Angaben:[16]

  • 1960er Jahre: etwa 1500 DM pro Person
  • 1970er Jahre: 5000 bis 8000 DM pro Person
  • 1980er Jahre: bis zu 12000 DM pro Person

In dem Vertrag von 1970 wurde präzisiert, dass die Einreise in die Bundesrepublik und die dortige Registrierung (in der Regel in Nürnberg) der Beweis für die rumänische Leistung und maßgeblich für deutsche Zahlungen war. Eine weitere Bedingung war, dass die Ausgereisten deutsche Volkszugehörige sein mussten. Konnte ein Ausgereister diese Klausel nicht im Sinne der deutschen Definition erfüllen, dann wurde auch kein Auslösebetrag gezahlt.

Wer ohne Erlaubnis in die Bundesrepublik kam, war nach rumänischer Auffassung ein „illegaler Flüchtling“. Angehörige von illegalen Flüchtlingen konnten nicht mit dem Argument der Familienzusammenführung die Ausreise beantragen, da sie gemäß Angaben der rumänischen Verhandlungsführer nie eine Ausreiseerlaubnis erhalten würden. Hüsch schlug seinen rumänischen Verhandlungspartnern vor, „Illegale“ nachträglich zu legalisieren. Deutschland würde solche Fälle als unter das Abkommen fallend betrachten und würde für diese Personen genau so bezahlen wie für legal ausgereiste. Rumänien akzeptierte das. Als Preise wurden für die Kategorien A, B und C jeweils 4000 DM, 7800 DM, und 8950 DM vereinbart.

Hüsch verständigte sich mit der rumänischen Seite, dass Heiratsgenehmigungen erteilt wurden, wenn die Eheschließungswünsche hinreichend glaubhaft gemacht werden konnten. Für Heiratsgenehmigungen wurde nichts gezahlt. Nach einem rumänischen Erlass mussten Ausreisewillige ihre Bahnfahrkarte für die Ausreise in Devisen bezahlen; rumänischen Staatsbürgern war aber der Besitz von Devisen verboten. Zur Abrechnung erhielt Deutschland von Rumänien nun zwei Listen, eine Ausreiseliste und eine so genannte Talonliste der Rumänischen Bahn Căile Ferate Române. Eine Bahnkarte kostete 390 DM.

Helmut Schmidt während der Begegnung mit Nicolae Ceaușescu am 6.-7. Januar 1978

Im Januar 1978 kam es zu dem sogenannten Handschlagabkommen zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Nicolae Ceaușescu. Vereinbart wurde eine Zahl von jährlich 11.000 Ausreisenden, für die im Gegenzug Hermes-Kredite über 800 Millionen DM gewährt werden und ein Kopfgeld von 4000 DM fließen sollten. Ab 13.500 Ausreisenden im Jahr sollte sich das Kopfgeld auf 5000 DM pro Person erhöhen. Dieses Abkommen war allerdings eine schriftliche Vereinbarung, die von Vasile Pungan, dem außenpolitischen Berater Ceaușescus, und Ministerialdirektor Günther van Well vom Auswärtigen Amt unterzeichnet wurde.[17]

Im Laufe der Zeit erhöhten sich die Ablösebeträge stetig. Nach der Abschaffung der Kategorien wurden 1983 einheitlich 7800 DM pro Aussiedler gezahlt; die letzte Abrechnung vom August 1989 wies einen Betrag von 8950 DM pro Person aus.

Die Abkommen, die Hüsch mit der rumänischen Seite schloss, enthielten keine Angaben über Übereinkünfte zwischen den Staaten Deutschland und Rumänien, sondern waren privatrechtliche Verträge mit Hüsch. Die rumänische Seite legitimierte sich durch Ausreisen, Hüsch durch Zahlungen. Die Verträge wären völkerrechtlich nicht einklagbar gewesen.[13]

Finanzielle Transaktionen nach Rumänien

Die finanziellen Mittel für die Auslösungen stammten ursprünglich aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene und Flüchtlinge. Während der sozial-liberalen Koalition unter dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt wurde das Ministerium für Vertriebene und Flüchtlinge 1969 aufgelöst und für dieses Thema eine eigene Abteilung im Bundesinnenministerium gegründet, die einem Staatssekretär unterstellt wurde.

In der Anfangszeit akzeptierte Rumänien nur Barzahlungen, über die es zunächst keine anderen Belege gab. Protokolliert und dokumentiert wurden die Barzahlungen durch Ewald Garlepp, der Hüsch auch bei den rumänischen Verhandlungspartnern einführte. Später wurde per Scheck, noch später per Überweisung gezahlt.

Barzahlungen wurden nie in Rumänien übergeben, sondern in europäischen Städten wie Wien, Paris, Rom, Stockholm, oder Kopenhagen. Die Zahlungen bestanden aus 1000-DM-Scheinen, die in der Commerzbank gegenüber der Anwaltskanzlei Dr. Hüsch in gemeinsamen Besprechungen gezählt, kuvertiert, und mit dem Siegel der Bank und dem Anwaltssiegel Hüschs verschlossen wurden, und so später den Empfängern in Umschlägen übergeben wurden. Ein Verzeichnis mit der Notifizierung nach Nummern wurde an die Bundesregierung weitergeleitet.

Spätere Zahlungen erfolgten per Scheck, teilweise auch in Bukarest. Hüsch vereinbarte aus Misstrauen vor der Securitate mit der Commerzbank, dass die Schecksummen erst honoriert wurden, wenn er durch persönliches Erscheinen die Zahlung freigab. Später fanden die finanziellen Transaktionen durch Überweisungen statt. Die Gelder wurden immer in der nächsten Verhandlungsrunde gezahlt, damit etwa alle drei Monate. Unter dem rumänischen Verhandlungsführer Gheorghe Marcu bestand zeitweise für fünf Monate kein Kontakt zwischen den Parteien. In den letzten drei Jahren der Aktion strebte die rumänische Seite eine Systematisierung der Transaktionen an, mit Treffen in Abständen von zwei Monaten.

Die Gelder wurden auf Konten bei der Rumänischen Nationalbank, der Außenhandelsbank Rumäniens mit Sitz in Frankfurt am Main, oder der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich überwiesen. Als Empfänger der Zahlungen auf die immer gleich bleibende Kontonummer wurde angegeben: „Außenhandelsbank Rumäniens, betreffend Andronic“ oder „Außenhandelsbank Rumäniens, Besprechung mit Dr. Hüsch vom Datum …“.[13]

Die Höhe der Gesamtzahlung zwischen Bonn und Buka­rest in der Zeit von 1968 bis 1989 ist nicht bekannt. Die zahlreichen Dokumente, die Auskunft über einzelne, periodisch getätigte Zahlungen oder einen Überblick über die in einem bestimmten Zeitraum eingegangenen Beträge geben, vermitteln zwar ein ungefähres Bild davon, erlauben es aber wegen ihres selek­tiven Charakters nicht die Gesamthöhe der Freikaufsgelder zu ermitteln. Rumänien erhielt außer den verein­barten Pro-Kopf-Beträgen noch wei­tere finanzielle Zuwendungen, wie Prämienzahlungen bei der Überschreitung der festgelegten Ausreiseerlaubnisse, Sonderzahlungen für die Lösung schwieriger Fälle oder Zinssubventionen für in Anspruch genommene Kredite in Höhe von 32 Millionen DM jährlich (ab Mitte 1978).[18] Nach vorsichtigen Schätzungen des Forschers Ernst Meinhardt beläuft sich Die Gesamtsumme der auf diese Weise geflossenen Gelder nach dem Studium von Akten des Bundesarchivs in Koblenz und des Archivs des Auswärtigen Amtes in Berlin 2007 auf über eine Milliarde DM.[1] Nach dem Studium von 468 zum Großteil aus Securitate-Beständen stammenden 2011 freigegebenen Doku­menten, die sich heute im Archiv des Nationalen Rats für das Studium der Archive der Securitate (CNSAS) befinden, schloss sich der rumänische Historiker Florian Banu dieser Ansicht an.[18]. Gemäß Heinz Günther Hüsch ist diese Schätzung unzutreffend.[13]

Andere Leistungen

Für die Ausreise der Rumäniendeutschen gab es gemäß Ernst Meinhardt zusätzlich zur finan­ziellen Kompensation „nicht-geldliche Forderungen [,...welche...] die rumänische Seite immer wieder gestellt [hatte]. Die deut­sche Seite hat sie meist erfüllt. Abgelehnt wurden sie, wenn sie überzogen waren oder ge­gen Embargobestimmungen verstießen.“[19]

Nach Florian Banu „umfasste die Liste der Lieferungen unter anderem eine beträchtliche Zahl von Per­sonen­kraftwagen der Marken Mercedes, BMW, Ford, Opel und Audi, einen mit Filmapparatur und Lautsprechern ausgestatteten Kastenwagen (rumänisch autodubă) vom Typ Mercedes, ein Magi­rus-Feuerwehrfahrzeug, ein automatisches Blutana­ly­segerät sowie die komplette technische Ausstattung für ein Zahnarztkabinett, beide für die Poliklinik des Innenministeriums bestimmt.“[18]

Hinzu kam die Lieferung einer großen Menge von „operativer Technik“ ohne Bezahlung (rumänisch fără plată), vor allem von Ge­räten für akustische und optische Aufzeichnung und deren Wiedergabe. Derartige Lieferungen fanden gemäß der veröf­fentlichten Dokumen­te vornehmlich in der ersten Hälfte der 1970er Jahre.[18]

Die rumänische Seite forderte Sonder­zahlungen für ihre Bemühungen, die Bestimmun­gen der Vertraulichen Konvention zu erfüllen. Im Namen seines Auftraggebers stimmte Heinz Günther Hüsch zu und über­wies in drei Tranchen insgesamt 4,6 Millionen DM auf ein Spezialkonto. Mit dem Geld wurden auf dem deutschen Markt operative Technik und sonstige Materialien für die Ausstattung der Securitate-Einheiten an­gekauft. Die rumänische Seite ersuchte Hüsch mehrfach um Hilfestellung bei der Vermittlung von Fir­menkontakten, der Beschaffung von bestimmten Produkten und der Erteilung von Exportli­zenzen.[18]

Verwendung der Gelder in Rumänien

Der Leiter der Abteilung für Devisen im rumänischen Finanzministerium von 1978 bis 1982 Theodor Stolojan bestätigte, dass es zwar zwei Devisenkonten bei der Rumänischen Außenhandelsbank gegeben habe, dass es sich hierbei aber nicht um Privatkonten Nicolae Ceausescus, sondern um „Konten zur Verfügung Ceausescus“ gehandelt habe. Ceausescu habe das meiste Geld auf diesen Konten in den 1980er Jahren zur Begleichung der Auslandsschulden Rumäniens benutzt. Den Rest des Geldes habe die Regierung um Ion Iliescu nach der Revolution von 1989 zum Import dringend benötigter Konsumgüter für die Bevölkerung verwendet. Über geheime Schweizer Konten Ceausescus oder über Geheimdienstler, die Geld von diesen Konten abgehoben hätten, wisse er nichts.[20]

Gemäß Florian Banu wurden die Zahlungen in Rumänien als aus „operativen Aktio­nen erzielte Valuta“ deklariert, welche ab 1966 in den Staatshaushalt flossen und zunächst zur Deckung des Bedarfs der rumänischen Volks­wirtschaft an Gütern und Technologien aus dem Ausland, später auch zur Tilgung von Aus­landsschulden verwendet wurden. Den gesetzlich festgelegten Selbstbehalt von 20 Prozent benutzte die Securitate vorwie­gend für die Anschaffung von operativer Technik.[18]

Zusätzliche Zahlungen der Ausreisewilligen

Zusätzlich war es üblich, dass sich ausreisewillige Familien die begehrten Ausreisepapiere durch ein Devisen-Schmiergeld an die lokalen Behörden erkaufen mussten. Der Besitz von Devisen war in Rumänien allerdings verboten, so befanden sich Ausreisewillige oft in einem Illegalitätsdilemma. Dieses kann als weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass dieses Verfahren von höchster Stelle in Staat und Politik gedeckt war. Wer nicht zahlen wollte oder konnte, musste viele Jahre und oft vergeblich auf die Bearbeitung seines Ausreiseantrages warten. Auch die Zahlung war aber nicht immer eine Garantie für den Erfolg. Zur Erteilung der Ausreiseerlaubnis wurden Ausreisewillige oft genötigt, ihr Land und Haus nach festgesetzten Tarifen zu verkaufen.[17] Diese Tarife betrugen in der Regel nur einen Bruchteil des tatsächlichen Wertes.[1] Nach erfolgter Ausreise waren viele Betroffene so in der Pflicht, zum Teil erhebliche Beträge an Verwandte, welche die Schmiergelder vorgestreckt hatten, zurückzahlen.[17]

Vor allem in den 1980er Jahren wurden Schmiergelder an sogenannte Mittelsleute gezahlt, beispielsweise in Timișoara an den berüchtigten Gärtner (rumänisch Grădinaru) alias Blumenmann Nicolae Căpraru oder an den ehemaligen Königlichen Notar Bogdan Nicolae.[1][21]

Aus einzelnen Fällen ist bekannt, dass bereits 1960, 1962 und 1964 Ausreisewillige vor der Ausreise die Kosten für ihre in Rumänien erhaltene Ausbildung an den rumänischen Staat zurückzahlen mussten.[1] Mit dem Bukarester Dekret von 1982, das in Deutschland als Freikauf-Dekret bekannt wurde, bestand Rumänien im Fall der Ausreiseabsicht auf die „Rückzahlungspflicht“, unter anderem für Ausbildung, Förderung, usw. und „Gesamtbesitzabtretung an den Staat“ von Grund, Haus, Kulturgut, usw. Das Dekret rief internationale Proteste hervor. Beginnend mit Februar 1983 wendete Bukarest das Dekret rigoros an und verlangte bis zu 80.000 DM von ausreisewilligen Familien, reagierte allerdings infolge der Androhung US-amerikanischer Wirtschaftsmaßnahmen und der Ankündigung völkerrechtlicher Prüfung nervös. Am 1. Juni 1983 erklärte sich die rumänische Regierung als Ergebnis eines Besuchs des damaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher in Bukarest bereit, das „Dekret auf die Angehörigen der deutschen Minderheit nicht mehr anzuwenden“.[22]

Die Gebühren für Anträge auf den Verzicht der rumänischen Staatsangehörigkeit lagen bei den diplomatischen Vertretungen Rumäniens in Deutschland bei bis zu 880 DM pro Person.

Der siebenbürgische Forscher Otto-Walter Roth schätzte die Höhe der in den 1980er Jahren insgesamt gezahlten Schmiergelder auf 225 Millionen DM. Die in Timișoara erscheinende Monatszeitschrift Timișoara International veröffentlichte Mitte der 1990er Jahre eine mehrteilige Serie über Schmiergeldzahlungen, in der umfangreiche Listen mit Angaben über die Namen der Zahlenden, deren Heimatgemeinde und die Beträge inklusive Datum erschienen. Eine Gesamtsumme wurde hier nicht genannt.[1]

Aufkündigung der Abkommen

Am 4. Dezember 1989 erfolgte die überraschende endgültige Kündigung aller Vereinbarungen durch Rumänien. Die humanitären Verpflichtungen würden erfüllt werden, aber Rumänien würde zukünftig auf weitere Zahlungen verzichten. Für den 20. Dezember 1989 war eine Abrechnung vorgesehen, und am 31. Dezember 1989 wurde die Vierteljahreszahlung fällig.

Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl konsultierte Heinz-Günther Hüsch am 20. Dezember im Bezug auf seine Einschätzung, ob die Bundesrepublik im Licht der revolutionären Ereignisse und mittlerweile kritischen Lage in Rumänien die ausstehenden Zahlungen leisten sollte, und entschied am gleichen Tag: „Wir gehen das Risiko ein. Wir bleiben vertragstreu.“ Am 25. Dezember 1989 wurden Elena und Nicolae Ceausescu standrechtlich erschossen, und am 29. Dezember 1989 hob die Übergangsregierung die Reisebeschränkungen auf.[13] Insgesamt hatte Heinz-Günther Hüsch bis dahin in 22 Jahren 313 Verhandlungen geführt.[23]

Nach der Rumänischen Revolution von 1989

Innerhalb der nächsten sechs Monate verließen 111.150 Deutschstämmige „fluchtartig, in Panik das Land“. Misstrauen und mangelndes Vertrauen in die Rechtslage in Rumänien prägte das Bewusstsein auch jener Rumäniendeutschen, die ihren Ausreisewunsch hinausschieben mussten, trotz der am 21. November 1991 verabschiedeten neuen rumänischen Verfassung, welche die Gleichheit aller Bürger und das Recht der nationalen Minderheiten auf die „Bewahrung, Entwicklung und Äußerung ihrer ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität“ versprach.

Die Bundesregierung sah sich ab Mitte des Jahres 1990 gezwungen, eine Reihe gesetzlicher Maßnahmen zu beschließen mit dem Ziel, die Einreise dieser Personengruppe in die Bundesrepublik zahlenmäßig zu beschränken. Vordringliches Ziel dieser Politik war die Stabilisierung der deutschen Minderheit in Rumänien. Hierzu wurden die diplomatischen Rahmenbedingungen in den bilateralen Beziehungen zwischen beiden Staaten verbessert, sowie ein weitverzweigtes Netz vielfältiger materieller Hilfeleistungen eingerichtet. Der am 21. April 1992 unterzeichnete Vertrag über die Freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien verbesserte die rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen für das künftige Bestehen der deutschen Minderheit in Rumänien. Allein in den ersten fünf Jahren nach der Wende beliefen sich die von der Bundesregierung geleisteten Hilfen für die deutsche Minderheit in Rumänien auf einen Wert von 122 Millionen DM.[24]

Von 1950 bis 2005 kamen 430.101 Rumäniendeutsche als Aussiedler beziehungsweise Spätaussiedler aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland.[25] Die Zahl der in Rumänien verbliebenen Personen mit deutschem Hintergrund lag bei der Volkszählung von 2002 bei unter 50.000.[26]

Bewertung

Nicolae Ceausescu soll des öfteren gewitzelt haben, dass „Erdöl, Deutsche und Juden Rumäniens lohnendste Exportartikel“ seien.[10]

Rumäniens Präsident Traian Băsescu verurteilte in seiner Rede vor beiden Kammern des rumänischen Parlaments am 18. Dezember 2006 den „Verkauf der Juden und der Deutschen“ durch das kommunistische Regime. Geheimdienstakten zu diesem Thema sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht in vollem Unfang freigegeben. Die deutsche Geheimhaltungsfrist für Dokumente zum Thema beträgt 30 Jahre, sodass frühestens 2019 mit dem Bekanntwerden aller Umstände auf deutscher Seite gerechnet werden kann.[1]

In einem Interview mit der Deutschen Welle bemerkte Klaus Kinkel, von 1979 bis 1982 Präsident des Bundesnachrichtendienstes und von 1982 bis 1990 Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz: „Es war mir zuwider, was dort abgelaufen ist, aber wir hatten keine anderen Möglichkeiten und keine andere Chance es zu tun. Selbst unter den Umständen, die damals notwendig waren, war es richtig.“ „Wir mussten überlegen, ob wir dies tun oder nicht, wir waren ja in einer in mancher Beziehung erpressbaren Situation, und deshalb hat man damals so gehandelt. Mit ungutem Gefühl, mit Bauchgrimmen, und auch - das sage ich deutlich - mit manchem Ekel, was die rumänische Vehandlungsweise und die Situation dort anbelangt.“[27]

Gemäß Anton Sterbling, Professor für Soziologie und Pädagogik, „liegt es in der Natur von Diktaturen, dass sie Menschen in solche Zwangslagen führen, Schuld verschleiern und letztlich die Menschen in moralische Krisen führen. Die Dilemmata wurden durch ein menschenverachtendes, totalitäres und nationalkommunistisches Herrschaftssystem und seine Funktionsträger herbeigeführt. Hinzu kam die allgegenwärtige Korruption, denn jeder, der einen kleinen Akt zu unterschreiben hatte, hat die Hand aufgehalten.“[28]

Der rumänische Historiker Paul Milata bemerkte, dass nach wie vor offene Fragen im Raume ständen, wie zum Beispiel die Identität zahlreicher deutscher und rumänischer öffentlicher und privater Vermittler von Ausreisegenehmigungen, die Anzahl und soziale Struktur (Alter, Beruf) der Ausreisenden nach Ausreisejahr, die Höhe und das Ziel der öffentlichen und privaten Zahlungen und Schmiergelder, sowie die Anzahl der bei den illegalen Ausreiseversuchen zu Tode gekommenen Rumäniendeutschen. Milata erwähnte auch die ausgesprochene Zurückhaltung der Betroffenen, welche die Forschung behindern würde. Betroffene begründeten diese Haltung mit der immer noch grassierenden Angst vor rumänischen Beamten und der Meinung, dass viele dieser nach 1989 Entscheidungsträger der rumänischen Wirtschaft und Politik wurden oder geblieben sind.[29]

Florian Banu stellte fest: „Es kam [...] zu der gewissermaßen paradoxen Situation, dass die Dissidenten aus Rumänien, deklarativ von den ‚westlichen Demokratien’ unterstützt, von der Securitate auch mit Hilfe der von denselben Staaten ge­lieferten leistungsstarken Technik überwacht und ihre Karteikarten mit neuester Computer­technik westlicher Provenienz bearbeitet wurden.“ Walter Tonţa kommentierte die Zweck- und Verhältnismäßigkeit der zur Verfügung ge­stellten Mittel und die Glaubwürdigkeit der deutschen Politik: „Indem man die Securitate, ein in der Be­völkerung verhasstes Instrument zur Durchsetzung der kommunistischen Diktatur, mit mo­derner Technik versorgte, wurde eine deutliche Grenzüberschreitung begangen, die auch nicht durch die Notwendigkeit rechtfertigt werden kann, die Aus­reise der Rumäniendeut­schen sicherzustellen.“[19]

Aufarbeitung

Dieses Kapitel rumänischer Geschichte ist weitestgehend noch nicht aufgearbeitet, jedoch wurden erste Versuche bereits gemacht.

Wissenschaftliche Aufarbeitung

Tagungen

  • Am 20. Juni 2007 fand in Berlin eine Tagung zum Thema „Freikauf der Rumäniendeutschen in den Jahren des Kommunismus“ in der Vertretung des Saarlandes beim Bund statt. Hier wurde erstmals ein Versuch zur wissenschaftlichen und öffentlichen Aufarbeitung des Themas gemacht. Organisiert wurde die Tagung von Elisabeth Packi, Kulturreferentin des Landesverbandes Berlin und Bundesvorstandsmitglied der Landsmannschaft der Banater Schwaben. Referenten waren Anton Sterbling, Dozent an der Hochschule der Sächsischen Polizei, Ernst Meinhardt, Redakteur der Deutschen Welle Berlin, Hannelore Baier, ADZ-Redakteurin und der Filmregisseur Günther Czernetzky, die in ihren Vorträgen den damals aktuellen Stand der Dinge darstellten.[30]
  • In kleinerem Rahmen hatte der Landesverband Bayern der Landsmannschaft der Banater Schwaben bereits am 11. Juni 2005 im Haus der Heimat Nürnberg unter dem Titel Freikauf, Schmiergelder, Kopfprämien ein Seminar zu dem Thema abgehalten.
  • Vom 5.−10. Dezember 2010 organisierte die Akademie Mitteleuropa in Bad Kissingen eine Tagung zum Thema Freikauf von Rumäniendeutschen. Zum ersten Mal berichtete Heinz-Günther Hüsch öffentlich über seine Tätigkeit als Verhandlungsführer der Bundesregierung in Sachen Familienzusammenführung der Rumäniendeutschen.[31]

Dokumentationen

  • Florica Dobre, Florian Banu, Luminița Banu, Laura Stancu: Acțiunea „Recuperarea”. Securitatea și emigrarea germanilor din România (1962-1989) (deutsch Aktion „Rückgewinnung”. Die Securitate und die Auswanderung der Rumäniendeutschen (1962-1989)), Verlag Editura enciclopedică, Bukarest 2011, ISBN 978-973-45-0628-6.

Aufarbeitung in der Presse

Deutschland

  • Banater Post: Das Geschäft mit der Ausreise, Nr. 13-14, 10. Juli 2004
  • Peter-Dietmar Leber: Kopfgelder und Schmiergelder für die Ausreise. Was Politiker, Archive und Menschen berichten können, Spiegelungen (Herbst 2007), Banater Post, 20. August 2007; Siebenbürgische Zeitung 12. September 2007
  • Edith Ottschofski: Sozialistische Leibeigenschaft. Der Verein der Banater Schwaben ging in Berlin dem vormittelalterlichen Handelsgebaren der rumänischen Kommunisten nach, Kulturpolitische Korrespondenz, 30. Juli 2007

Rumänien

  • Timișoara internațional (Dosar), Dinu Barbu und Florian Mihalcea: Vânzarea de etnici germani, Nr. 22, 30. Januar 1994, S.8, in rumänischer Sprache
  • Timișoara internațional (Dosar), Anișoara Preda: Rețeaua prin care erau vânduți etnicii germani, Nr. 24, 26. Februar 1994, S.8, in rumänischer Sprache
  • Timișoara internațional (Dosar), Lia Lucia Epure: Vinzarea etnicilor germani. Reteaua Nicolae Căpraru, Nr. 25, 12. März 1994, S.8, in rumänischer Sprache
  • Adevărul (Dossier), Andrei Bădin: Ceaușescu a incasat peste un miliard de dolari prin vinzarea germanilor, 16. Oktober 2006, S.10 und 11, in rumänischer Sprache
  • Jurnalul National, Andrei Bădin: Vinduti de comunisti, amenintati de securisti, 24. Juni 2007, in rumänischer Sprache

Künstlerische Aufarbeitung

Einen künstlerischer Versuch der Aufarbeitung des Themas hat die Bukarester Theaterregisseurin und Drehbuchautorin Gianina Cãrbunariu gemacht, indem sie auf den Ausverkauf von rumänischen Staatsbürgern deutscher oder jüdischer Volkszugehörigkeit einging. In der Vorbereitung hatte Cãrbunariu Rumäniendeutschen Fragen zur Identität, Heimat und Historie gestellt, und aus diesem dokumentarischem Material das Theaterstück Sold out entwickelt, welches am 5. Mai 2010 in den Münchner Kammerspielen seine Premiere haben wird.[32][33]

Weblinks

  • Deutsche Welle, Der größte Freikauf der Geschichte
  • adz.ro, Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, Ernst Meinhard: Klarheit über Bonner Zahlungen für Aussiedler aus Rumänien - Erstmals liegen alle Pro-Kopf-Beträge aus den Jahren von 1969 bis 1989 vor, 25. Januar 2011
  • banaterra.eu, Walter Tonţa: Der Geheimdienst Securitate und die Aktion „Rückgewinnung“, 2011
  • hotnews.ro, Florian Banu, cercetator CNSAS: Emigrarea etnicilor germani din Romania, inainte de 1989, rezultatul unui acord secret initat de Germania, 20 Mai 2011, in rumänischer Sprache

Anmerkungen

  1. Hinter dem rumänischen Decknamen verbarg sich ursprünglich eine geheimdienstliche Aktion, welche die Rückführung der Sozialversiche­rungsbeiträge von rumänischen Arbeitern und Spezialisten, die in der ersten Hälfte der 1970er Jahre in der Bundesrepublik tätig waren, nach Rumänien verfolgte. Ab 1979 wurde dieser Codename dann auf die über den geheimen Kanal laufende Freikaufaktion übertra­gen. Die Bezeichnung trifft nicht auf die gesamte Zeitspanne der Verhandlungen zu. (vgl. Walter Tonţa: Der Geheimdienst Securitate und die Aktion „Rückgewinnung“)

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j kulturraum-banat.de, Ernst Meinhardt: Der Freikauf der Rumäniendeutschen – Was sagen deutsche Politiker dazu? Was geben die Archive her?
  2. Bodenreformgesetztes Nr. 187 vom 23. März 1945
  3. Ministerialbeschluss Nr. 2694 vom 7. Dezember 1955
  4. Wilhelm Weber: Über uns der blaue endlose Himmel. Die Deportation in die Bărăgan-Steppe Rumäniens 1951. Eine Dokumentation. Landsmannschaft der Banater Schwaben, München 1998, ISBN 3-00-002932-X.
  5. Hilke Gerdes: Rumänien für Deutsche. Mehr als Dracula und Walachei. Ch. Links Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-86153-456-3.
  6. km.bayern.de, Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bernhard Beller: Europa im Karpatenbogen, Textheft zur Wandzeitung „Gesellschaft und Staat“ Nr. 5/2008, Lüders & Baran, Agentur für Kommunikation, München, 2009
  7. gesetze-im-internet.de, Bundesministerium der Justiz: Art 116
  8. gesetze-im-internet.de, Bundesministerium der Justiz: § 6 Volkszugehörigkeit
  9. Hildrun Glass: Minderheit zwischen zwei Diktaturen. Zur Geschichte der Juden in Rumänien 1944–1949. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2002, ISBN 3-486-56665-2, S. 114–115 (Südosteuropäische Arbeiten 112).
  10. a b Ion Mihai Pacepa: Red Horizons The True Story of Nicolae and Elena Ceausescus' Crimes, Lifestyle, and Corruption. Regnery Gateway, Washington DC 1990, ISBN 0-89526-746-2 (in englischer Sprache).
  11. adz.ro, Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, Ernst Meinhardt: "Das war ja der Kreis der Securitate, dem man in keiner Weise trauen konnte" – Deutschlands Verhandlungsführer über den Freikauf der Rumäniendeutschen im Zeitraum 1967–1989, 23. Dezember 2009
  12. zwischen 600 und 1000
  13. a b c d e f g banaterra.eu, Banater Post, Ernst Meinhardt: Freikauf der Rumäniendeutschen, 20. August 2007
  14. Erwin Wickert: Die glücklichen Augen. Geschichten aus meinem Leben. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart u. a. 2001, ISBN 3-421-05152-6, S. 500.
  15. spiegel.de, Der Spiegel: Gegen Bakschisch, Ausgabe 43/1985, 21. November 1985
  16. Michael Kroner: Niedergang und Auflösung eines 850jährigen Gemeinwesens. Die Siebenbürger Sachsen in der Zeit des Nationalsozialismus, Kommunismus und Postkommunismus 1940 bis 1999. P. Hedwig, Erlangen 1998 (Geschichte der Siebenbürger Sachsen und ihrer wirtschaftlich-kulturellen Leistungen 4).
  17. a b c siebenbuerger.de, Siebenbürgische Zeitung, Peter-Dietmar Leber: Freikauf und Schmiergeld für die Ausreise, 12. September 2007
  18. a b c d e f Florica Dobre, Florian Banu, Luminița Banu, Laura Stancu: Acțiunea „Recuperarea”. Securitatea și emigrarea germanilor din România (1962-1989) (deutsch Aktion „Rückgewinnung”. Die Securitate und die Auswanderung der Rumäniendeutschen (1962-1989)), Verlag Editura enciclopedică, Bukarest 2011, ISBN 978-973-45-0628-6, in rumänischer Sprache
  19. a b banaterra.eu, Walter Tonţa: Der Geheimdienst Securitate und die Aktion „Rückgewinnung“, 2011
  20. welt.de, Die Welt, Boris Kalnoky: Ceausescus Reichtum hatte einen Namen: Raffgier, 16. Februar 1996
  21. spiegel.de, Der Spiegel, R. Traub, O. Ihlau: Jetzt hoffen die Rumänen auf Gorbatschow, Ausgabe 19/1987, 4. Mai 1987
  22. siebenbuerger.de, Siebenbürgische Zeitung, Hans Bergel: Historischer „Akt deutscher und internationaler Solidarität“, 11. Dezember 2007
  23. Zeitschrift für siebenbürgische Landeskunde, Ausgabe 2010, 1. Heft
  24. bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung, Anneli Ute Gabanyi: Geschichte der Deutschen in Rumänien
  25. initiative-tageszeitung.de, Initiative Tageszeitung e. V.: Aussiedler
  26. Hannelore Baier, Martin Bottesch u. a.: Geschichte und Traditionen der deutschen Minderheit in Rumänien. (Lehrbuch für die 6. und 7. Klasse der Schulen mit deutscher Unterrichtssprache). 4. Auflage. Central, Mediaș 2011, ISBN 978-973-87076-5-8, S. 19–36.
  27. youtube.com, Deutsche Welle, Politik Direkt: Der größte Freikauf der Geschichte, 2010, 8:17 min.
  28. kulturraum-banat.de, Peter-Dietmar Leber: Kopfgelder und Schmiergelder für die Ausreise
  29. siebenbuerger.de, Siebenbürgische Zeitung, Paul Milata: Freikauf der Rumäniendeutschen in den Jahren des Kommunismus
  30. kulturraum-banat.de, Kulturraum Banat: Tagung Freikauf
  31. www.siebenbuerger.de, Tagung der Akademie Mitteleuropa in Bad Kissingen
  32. muenchner-kammerspiele.de, Münchner Kammerspiele: Premiere
  33. kultiversum.de, Theaterheute - Jahrbuch 2009, Malte Jelden: Die gekauften Deutschen, S.160

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