Christoph Marthaler

Christoph Marthaler

Christoph Marthaler (* 17. Oktober 1951 in Erlenbach, Kanton Zürich) ist ein Schweizer Regisseur und Musiker.

Inhaltsverzeichnis

Theatermusik

Marthaler studierte zunächst Musik in Zürich (Blockflöte und Oboe). Ende der 1960er Jahre besuchte Marthaler die Theaterschule von Jacques Lecoq in Paris. In die Schweiz zurückgekehrt, arbeitete er als Theatermusiker und Komponist am Zürcher Theater am Neumarkt. Es folgten Kompositionen für zahlreiche Inszenierungen an deutschsprachigen Bühnen. Mit Dodo Hug und Pepe Solbach gründete er die experimentelle TheatergruppeTarot“. Mit verschiedenen Projekten etablierte sich Marthaler in der Off-Theater-Szene. Von 1988 bis 1993 arbeitete er kontinuierlich am Theater Basel, wo er mehrere szenische Liederabende entwickelte. Seit seiner Basler Zeit gehören die Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock und die Dramaturgin Stefanie Carp zu Marthalers festem Team. Ab 1990 komponierte Marthaler Filmmusik fürDer Tod zu Basel“ (Regie Urs Odermatt) und fürHinterlandEine Vater-Sohn-Geschichtevon Dieter Gränicher.

Theaterregie

1991 inszenierte er sein erstes Theaterstück. 1993 wechselte er mit dem Theaterdirektor Frank Baumbauer an das Deutsche Schauspielhaus Hamburg. Die Produktion mit dem TitelMurx den Europäer! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn ab!“ (1993) machte ihn einem breiten Publikum bekannt. „Murxstand bis zum Jahr 2007 auf dem Spielplan der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Viele seiner Inszenierungen wurden zum Berliner Theatertreffen [1] eingeladen. Mit dem musikalischen Leiter Sylvain Cambreling inszenierte er bereits 1994 seine erste Oper. Im Jahr 2000 übernahm Marthaler als künstlerischer Direktor die Leitung des Zürcher Schauspielhauses. Zu seinem Leitungsteam gehörten Stefanie Carp und Anna Viebrock. 2000 und 2001 wählte Theater heute das Zürcher Schauspielhaus zum Theater des Jahres. 2004 verließen Marthaler und sein Team das Zürcher Schauspielhaus. Seither arbeitet Marthaler in Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien und der Schweiz wieder als freier Regisseur.

Mitarbeiter

Stark geprägt durch die Ästhetik der Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock bewegen sich seine Inszenierungen zwischen musikalischen, collagenartigen Abenden und eigenwilligen Klassiker-Interpretationen. Seine Figuren auf der Bühneoft in altmodischen, eigenwilligen Kostümenbleiben meist vereinzelt, warten, starren vor sich hin und schließen sich manchmal mit anderen zu einer kleinen Gruppe zusammen. Ihnen ist eine eigentümliche Komik inne, die sich darin äussert, dass sie wie aus der Zeit gefallen scheinen.

Die Schauspieler, mit denen er oft zusammen arbeitet, werden alsMarthaler Familiebezeichnet. Dazu gehören unter anderem Graham F. Valentine, den er schon als Studenten in Zürich kennenlernte, Ueli Jäggi, Jürg Kienberger, Olivia Grigolli, Josef Ostendorf, Robert Hunger-Bühler, Bettina Stucky,Michael von der Heide, Katja Kolm, Matthias Matschke und Clemens Sienknecht.

Privatleben

Christoph Marthaler lebt mit seiner Frau, der Schauspielerin Sasha Rau, in Paris. 2008 bekam das Paar Zwillinge.[2]

Inszenierungen

  • 1980: Zürcher Theater Spetakel, Rote Fabrik: Christoph MarthalerIndeed. Ein Interieur
  • 1983: Zürich: Christoph Marthaler nach Erik SatieBlanc et immobile
  • 1985: Minimal Festival Zürich: Christoph Marthaler nach Erik SatieVexations
  • 1985: Zürich: Christoph MarthalerGroße Worte Hymne. Ein Impromptu für Chor, Orchester, sechs bedeutende Männer und einen blinden Passagier.“
  • 1988: Schauspielhaus Zürich: Kurt SchwittersRibble Bobble Pimlico
  • 1988: Theater Basel: Christoph Marthaler / Barbara MundelAnkunft Badischer Bahnhof
  • 1989: Theater Basel: Christoph MarthalerWenn das Alpenhirn sich rötet, tötet, freie Schweizer, tötet
  • 1990: Theater Basel: Christoph MarthalerStägeli uf, Stägeli ab, juhee!“
  • 1991: Theater Basel: Eugene LabicheDie Affäre Rue de Lourcine
  • 1992: Schlotterbeckgarage Basel:Amora
  • 1992: Theater Basel: Christoph Marthaler nach Fernando PessoaFaust. Eine subjektive Tragödie
  • 1992: Theater Basel: Samuel BeckettEin Stück Monolog / Immer noch nicht mehr
  • 1993: Volksbühne Berlin: Christoph MarthalerMurx den Europäer! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn ab!“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 1993: Theater Basel: Christoph MarthalerProhelvetia
  • 1993: Deutsches Schauspielhaus Hamburg: Christoph Marthaler nach Johann Wolfgang von GoetheGoethes Faust Wurzel 1+2“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 1994: Oper Frankfurt: Claude DebussyPelléas et Mélisande
  • 1994: Volksbühne Berlin: Christoph Marthaler nach William ShakespeareSturm vor Shakespearele petit Rien
  • 1994: Deutsches Schauspielhaus, Hamburg: Christoph MarthalerSucht / Lust
  • 1994: Volksbühne Berlin: Christoph Marthaler nach Karl Valentin und Maurice MaeterlinckDer EindringlingEin Jubiläumskonzert in zwei Aufzügen
  • 1995: Deutsches Schauspielhaus Hamburg: Christoph Marthaler / Stefanie CarpDie Stunde Null oder die Kunst des Servierens“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen) [1]
  • 1995: Deutsches Schauspielhaus Hamburg: Elias CanettiHochzeit
  • 1996: Salzburger Festspiele: Arnold Schönberg / Olivier MessiaenPierrot Lunaire / Quatuor pour la fin du temps
  • 1996: Deutsches Schauspielhaus Hamburg: Ödön von HorváthKasimir und Karoline“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 1996: Welt in Basel und Volksbühne Berlin: Christoph MarthalerLina Böglis Reise“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 1996: Volksbühne Berlin: Christoph MarthalerStraße der Besten. Ein Rundgang
  • 1996: Oper Frankfurt: Giuseppe VerdiLuisa Miller
  • 1996: Opéra la Monnaie, Brüssel: Klaas de Vries nach Virginia Woolf und Fernando PessoaA King, Riding
  • 1996: Internationale Musikfestwochen Luzern: Michael Jarrell nach Christa WolfKassandraRegie: Christoph Marthaler und Anne Bennent
  • 1997: Theater Basel: Christoph Marthaler / Jürg HennebergerThe Unanswered Question“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen) [1]
  • 1997: Volksbühne Berlin: Anton TschechowDrei Schwestern
  • 1997: Oper Frankfurt: Ludwig van BeethovenFidelio
  • 1998: Deutsche Schauspielhaus Hamburg: Joseph KesselringArsen und Spitzenhäubchen
  • 1998: Volksbühne Berlin: Jacques OffenbachLa Vie Parisienne
  • 1998: Salzburger Festspiele: Leoš JanáčekKatja Kabanowa
  • 1999: Deutsches Schauspielhaus Hamburg: Christoph MarthalerDie Spezialisten. Ein Überlebenstanztee
  • 1999: Salzburger Festspiele: Ödön von HorváthZur schönen Aussicht
  • 2000: Theater Basel: Christoph Marthaler / Anna Viebrock / Jürg Henneberger20th Century Blues
  • 2000: Schauspielhaus Zürich: Christoph MarthalerHotel Angst
  • 2001: Schauspielhaus Zürich: William ShakespeareWas ihr wollt“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen) [1]
  • 2001: Schauspielhaus Zürich: Christoph Marthaler nach Franz SchubertDie schöne Müllerin“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 2001: Salzburger Festspiele: Wolfgang Amadeus MozartLe Nozze di Figaro
  • 2001: Volksbühne Berlin: Christoph Marthaler nach Raffaele VivianiDie zehn Gebote
  • 2002: Schauspielhaus Zürich: Thomas HürlimannSynchron
  • 2002: Münchner Kammerspiele: Elfriede JelinekIn den Alpen
  • 2003: Schauspielhaus Zürich: Christoph MarthalerGroundings“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 2003: Schauspielhaus Zürich: Georg BüchnerDantons Tod“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 2003: Volksbühne Berlin: Christoph Marthaler nach Herman MelvilleLieber nicht. Eine Ausdünnung
  • 2003: Schauspielhaus Zürich: Christoph Marthaler nach OvidDas goldene Zeitalter“, mit Stefan Pucher und Meg Stuart
  • 2003: Oper Zürich / Schauspielhaus Zürich: Beat FurrerInvocation
  • 2004: Schauspielhaus Zürich: Christoph MarthalerO.T. Eine Ersatzpassion
  • 2004: Nederlands Theater (NT) Gent: Christoph Marthaler nach Herman HeijermannsSeemannslieder
  • 2005: Wiener Festwochen: Christoph Marthaler / Stefanie CarpSchutz vor der Zukunft“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen, Nestroy-Theaterpreis für Beste Regie)
  • 2005: Donaueschinger Musiktage: Beat FurrerFAMA. Hörtheater für großes Ensemble, acht Stimmen, Schauspielerin und Klanggebäude
  • 2005: Bayreuther Festspiele: Richard WagnerTristan und Isolde
  • 2005: Volksbühne Berlin: Christoph MarthalerDie Fruchtfliege
  • 2006: KunstenFestivaldesArts Brüssel: Christoph MarthalerWinch only“ (Premio Ubu, Italien)
  • 2006: Volksbühne Berlin: Ödön von HorvathGeschichten aus dem Wiener Wald
  • 2007: Nederlands Theater (NT) Gent / Toneelgroep Amsterdam: Christoph MarthalerMaeterlinck
  • 2007: Opéra national de Paris: Giuseppe VerdiLa Traviata
  • 2007: Salzburger Festspiele / RuhrTriennale: Christoph MarthalerSauser aus Italien. Eine Urheberei
  • 2007: Rote Fabrik Zürich: Christoph MarthalerPlatz Mangel“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 2008: Opéra national de Paris: Alban BergWozzeck
  • 2008: Hotel Waldhaus Sils-Maria: Christoph MarthalerDas Theater mit dem Waldhaus“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 2008: Centre culturel suisse de Paris: Christoph MarthalerLorem Ipsum Dolor: carte blanche à Christoph Marthaler
  • 2009: Wiener Festwochen: Christoph Marthaler und Anna ViebrockRiesenbutzbach. Eine Dauerkolonie.“ (Einladung zum Berliner Theatertreffen)
  • 2009: Theater Basel: Jacques OffenbachLa Grande-Duchesse de Gérolstein"
  • 2010: Theater Basel: Beat FurrerWüstenbuch"
  • 2010: Festival d'Avignon: Christoph Marthaler und Anna ViebrockPapperlapapp
  • 2010: Theater Basel: Meine faire Dameein Sprachlabor
  • 2011: Wiener Festwochen. + - 0 Subpolares Basislager, Musikalisches Grönland projekt; UA: 12. Mai 2011
  • 2011: Salzburger Festspiele: Leoš JanáčekDie Sache Makropulos

Auszeichnungen und Preise

  • 1992: Kulturpreis des Kantons Basel-Land
  • 1994: Regisseur des Jahres, Theater heute
  • 1996: Hauptpreis des VI. Internationalen Festivals von Torun, Polen
  • 1996: Konrad-Wolf-Preis der Akademie der Künste (Berlin)
  • 1997: Fritz-Kortner-Preis
  • 1997: Regisseur des Jahres, Theater heute
  • 1998: Europäischer Theaterpreis für New Theatrical Realities
  • 1998: Friedrich-Luft-Preis für Pariser Leben an der Volksbühne Berlin
  • 1999: Premio Ubu, Italien
  • 2004: Theaterpreis Berlin gemeinsam mit der Bühnenbildnerin Anna Viebrock
  • 2004: Anerkennungsmedaille der Stadt Zürich für besondere kulturelle Leistungen
  • 2005: Nestroy-Theaterpreis für Schutz vor der Zukunft
  • 2006: Premio Ubu, Italien
  • 2007: International Stanislavsky Award 2007
  • 2008: Politika Award des Festival BITEF, Belgrad
  • 2009: Kulturpreis des Kantons Zürich
  • 2011: Hans Reinhart-Ring

Literatur

  • Klaus Dermutz: Christoph Marthaler. Die einsamen Menschen sind die besonderen Menschen. Residenz, Wien 2000, ISBN 3-7017-1212-3.
  • David Roesner: Theater als Musik. Verfahren der Musikalisierung in chorischen Theaterformen bei Christoph Marthaler, Einar Schleef und Robert Wilson. Dissertation. Universität Hildesheim 2002. Narr, Tübingen 2003, ISBN 3-8233-6020-5.

Dokumentarfilm

  • Rasender Stillstand - Das Theater des Christoph Marthaler. Dokumentarfilm, Deutschland, 2001, 59 Min., Buch und Regie: Heinz Peter Schwerfel, Produktion: Artcore, WDR.
    Dokumentation über Marthalers Arbeit am Zürcher Schauspielhaus im Herbst 2000.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Chronik des Berliner Theatertreffens 1964 bis 2011
  2. Ulrike Kahle-Steinweh: Berliner Theatertreffen:Die Jury hat einen Knall.“ In: Der Tagesspiegel vom 1. April 2009.

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