- Dyl Ulenspiegel
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Till Eulenspiegel (niederdeutsche Schreibweisen: Dyl Ulenspegel Aussprache: [dɪl ˈʔuːlnˌspɛɪgl̩], hochdeutsch beeinflusst: Til Ulenspiegel) war ein Schalksnarr (Gaukler) und Titelheld eines mittelniederdeutschen Volksbuches. Das Buch "Ein kurtzweilig Lesen von Dyl Ulenspiegel, geboren uß dem Land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat…" wurde anonym veröffentlicht. Die älteste erhaltene Fassung stammt aus dem Jahr 1510/1511.
Inhaltsverzeichnis
Mögliche Verfasser
Es hat wegen der Bedeutung des Werkes große Anstrengungen gegeben, den anonymen Verfasser des Buches ausfindig zu machen. So ordnete Johann Martin Lappenberg die Geschichte in seinem 1835 erschienen Buch "Thomas Murners Ulenspiegel" dem Franziskaner Murner zu. Ebenfalls in die engere Wahl wurde der Braunschweiger Zollschreiber und Amtsvogt Hermann Bote gezogen. Nachdem in einer frühen Fassung des Textes das Akrostichon <Erman B> in den Initialen der Kapitel entdeckt wurde, gilt diese Vermutung als gesichert. In seiner 1996 abgeschlossenen Habilitation "Das Straßburger Eulenspiegelbuch" versucht der Germanist Jürgen Schulz-Grobert außerdem den Beweis zu führen, dass der "Eulenspiegel" Anfang des 16. Jahrhunderts in der Offizin des Straßburger Buchdruckers Johannes Grüninger sein Profil erhielt.
Die Figur des Eulenspiegel
Nach dem genannten Volksbuch wurde Till Eulenspiegel im Jahr 1300 in Kneitlingen am Elm geboren und in dem Nachbardorf Ampleben in der Schlosskapelle seines Taufpaten Till von Uetze getauft. Die Taufe soll von dem Abt Arnold Pfaffenmeyer (oder Arnold Papenmeyer) des Aegidienklosters vollzogen worden sein.
Im Volksbuch hieß es zu seiner Herkunft: „Bei dem wald Melme genannt, in dem land zuo Sachsen, in dem Dorf Knetlingen, da ward Ulnspiegel geborn, und sein vater hiess Claus Ulnspiegel und sein muoter Ann Witcken“ (nach E. Götzinger 1885)
Eulenspiegel ist nur äußerlich ein Narr, tatsächlich ist er seinen Mitmenschen an Geisteskraft, Durchblick und Witz überlegen. Eulenspiegels Streiche ergeben sich meist daraus, dass er eine bildliche Redewendung wörtlich nimmt. Er verwendet dieses Wörtlichnehmen als ein Mittel, die Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen bloßzustellen und die Missstände seiner Zeit aufzudecken.
Er starb nach Angaben auf einem Gedenkstein 1350 in Mölln. In den letzten 200 Jahren wurden immer wieder Belege für die tatsächliche Existenz der historischen Person Till Eulenspiegel gesucht. Der Eulenspiegel-Forscher Bernd Ulrich Hucker fand in einem Braunschweiger Urkundenbuch einen Beleg, dass 1339 ein Thile van Cletlinge (Kneitlingen) mit vier anderen Angehörigen des niederen Adels aus dem Harzvorland wegen Straßenraubes inhaftiert war. Um 1350 gab es in Kneitlingen drei verarmte Linien dieser Adelsfamilie.
Bedeutung
Das Buch von Till Eulenspiegel gilt als das bedeutendste Werk des niedersächsischen Raumes und wurde bereits im 16. Jahrhundert in viele europäische Sprachen übersetzt, darunter Latein, Französisch, Niederländisch, Englisch und Polnisch. Neuere Buchfassungen modifizierten die Geschichten in den folgenden Jahrhunderten immer weiter, wobei aus dem ursprünglich derben Charakter ein immer sympathischerer Possenreißer wurde. Bis heute ist der „Eulenspiegel“ in über 280 Sprachen übersetzt worden.
Die Figur Till Eulenspiegel inspirierte auch viele vom Original losgelöste literarische Werke, zum Beispiel die Eulenspiegel-Fastnachtspiele von Hans Sachs, den Roman La légende et les aventures héroiques joyeuses et glorieuses d'Ulenspiegel et de Lamme Goedzak au pays des Flandres et ailleurs von Charles De Coster, sowie musikalische Werke (z. B. die sinfonische Dichtung Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss, 1895).
Auch in der DDR fand seine Figur weitgehende Beachtung. Der Film Till Eulenspiegel wurde in den Jahren 1973/74 gedreht und zeigt die legendäre Figur, wie sie schon vor der Zeit der Bauernkriege den Mächtigen den Spiegel vorhält und dem einfachen Volk in vielen Dingen die Augen öffnet.
In einer russischen Verfilmung von 1976 Legend o Tile wurden unter anderem 5.000 Komparsen, 300 Reiter und zwölf nachgebaute Koggen aufgeboten.
Darstellung
Till Eulenspiegel wird in bildlichen Darstellungen mit Narrenattributen dargestellt. Sein wichtigstes Attribut und Erkennungszeichen ist die Narrenkappe, häufig mit "Eselsohren" und/oder Schellen besetzt.
Namensgebung
Der Vorname Till leitet sich von Tilldrick und dies wiederum von Dietrich ab.
Die niederdeutschen Wörter ule und spegel bedeuten Eule und Spiegel. Tills Nachname wird daher oft als einfache Zusammensetzung der Wörter Eule und Spiegel angesehen, und daher kommt auch die Übersetzung des Namens ins Hochdeutsche als "Eulenspiegel". Einer Mutmaßung nach könnte sich der Familienname zum Beispiel aus einer Abbildung am Haus entwickelt haben. Eine weitere Möglichkeit ist der Bezug zu einem Turm, dessen Spitze als "Eule" bezeichnet wird.
Einer ganz anderen Deutung nach ist der Name ein Wortspiel: das mittelniederdeutsche Wort ulen bedeutet auch "wischen" und das Wort spegel hat auch die Bedeutung Gesäß (noch heute wird in der Jägersprache das helle Fell am Hinterteil von Reh und Hirsch "Spiegel" genannt). Der Ausruf Ul'n spegel bedeutete also Wisch mir'n Hintern, vulgo Leck mich am Arsch (Schwäbischer Gruß, Götzzitat).
Schließlich wird Till Eulenspiegel auch der Ausspruch "ick bin ulen spegel" zugeschrieben, was soviel bedeutet wie "Ich bin euer Spiegel", also "Ich halte euch den Spiegel vor".
Redensarten
Der Name Eulenspiegel fand aufgrund seiner Popularität Eingang in mehrere Redensarten und Sprichwörter, darunter:
- Eulenspiegelei/Eulenspiegelpossen machen: Schabernack bzw. Unsinn treiben, vor allem durch die allzu wörtliche Ausführung eines Auftrages.
- Er macht's wie Eulenspiegel, er verleidet der Bäuerin das Mus, um es allein zu essen: Diese Redensart bezieht sich direkt auf eine der bekanntesten Eulenspiegelgeschichten mit dem Titel "wie Ulenspiegel ein weiß muoß allein us aß, darumb daz er ein klumpen uz der naßen daryn ließ fallen" (Wie Eulenspiegel einen weißen Brei alleine aß, indem er einen Klumpen aus seiner Nase hineinfallen ließ).
- er spielt Eulenspiegels Stück: er denkt, dass es einmal wieder anders wird, bezogen auf das Violinenstück "Alle Dinge eine Weile", welches das einzige war, das Eulenspiegel beherrschte.
Die Redensart jemandem den Pelz waschen hat ebenfalls einen direkten Bezug zum Eulenspiegel und einer Geschichte, bei der Eulenspiegel den Frauen die Pelze waschen will. Diese Redensart war bereits vorher bekannt und wurde im Eulenspiegel nur in literarischer Form umgesetzt. Das französische Wort 'espiègle' für 'schalkhaft' oder 'schelmisch' leitet sich aus dem deutschen Namen 'Eulenspiegel' ab.
Würdigung
- In Kneitlingen steht ein Eulenspiegeldenkmal.
- In Schöppenstedt gibt es ein Till-Eulenspiegel-Museum.
- Unregelmäßige Verleihung des Titels Bruder Eulenspiegel.
- In Braunschweig steht der "Eulenspiegel-Brunnen".
- In Bernburg an der Saale: Till Eulenspiegel im Museum im Schloss (der Eulenspiegelturm gilt als das größte Eulenspiegeldenkmal), Till-Skulptur, Till-Trinkbrunnenfigur und Till-Figur im "Paradies".
- Verleihung des Till-Preises an beliebte deutsche Kabarettisten.
- Am Westportal der Möllner Nicolaikirche ist ein Gedenkstein eingemauert, der an die Tatsache erinnert, dass Till Eulenspiegel nach der Überlieferung senkrecht begraben wurde. Als Grund wird angegeben, dass der Sarg bei der Beisetzung abstürzte und senkrecht im Grab stand. Der Gedenkstein wurde wahrscheinlich um 1530 aufgestellt und zeigt Eulenspiegel mit helmartigem Hut, der mit zwei Federn geschmückt ist. Auch Mölln hat in einem alten Fachwerkbau ein "Eulenspiegelmuseum" eingerichtet. Am Fuße des Kirchbergs befindet sich ein Brunnen mit einer Eulenspiegel-Skulptur, deren Daumen und Fußspitzen von vielen Berührungen abgewetzt sind. Angeblich soll das Berühren der Skulptur Glück bringen.
- Die Stadt Magdeburg hat eine Straße (Till-Eulenspiegel-Ring) nach ihm benannt. Des Weiteren findet man auf dem Alten Markt den stadtbekannten Eulenspiegel-Brunnen.
- Die höchste Auszeichnung des Fastnacht-Verbandes Franken ist der Till von Franken, der den Kopf Till Eulenspiegels mit Narrenkappe darstellt.
- Die Stadt Einbeck in Niedersachsen hat den Eulenspiegel-Brunnen auf dem Marktplatz. Außerdem findet jedes Jahr das Eulenfest statt, das ebenfalls an Till Eulenspiegel erinnern soll. Der Stadtführer führt Touristen im Eulenspiegelkostüm durch die historische Altstadt. In Einbeck soll Eulenspiegel seinen Schabernack mit einem Brauer getrieben haben. Er sollte den "Hopfen" sieden und nahm das zum Anlass, den Hund des Brauern, namens Hopf, zu kochen, bis ihm das Fleisch von den Knochen fiel.
- In der Hansestadt Lübeck gibt es einen Eulenspiegelweg.
- In Calbe (Saale) steht am "Tillweg" neben der Saalebrücke ein von Calbensern unter der Leitung von Oskar-Heinz Werner geschaffenes Eulenspiegeldenkmal mit einem Stahlschnitt des Künstlers Otto Plönnies.
- Am südwestlichen Ecktürmchen des Altstädter Rathauses Eisleben, das zu Beginn des 16. Jahrhunderts errichtet wurde, befindet sich eine Narrenmaske, die auch in Bezug zur Eulenspiegel-Geschichte "Wie Eulenspiegel zu Eisleben einen Wirt erschreckte mit einen Wolf" haben kann.
- Auch in Stendal wurde ein Till abgebildet. Auf der Rückseite der Rolandssäule hält er im einen Arm einen Dudelsack, mit dem anderen stützt er das Stadtwappen und ist somit als Element bürgerlichen Selbstbewusstseins dargestellt. Hier stammt der Schalck wohl aus jüngerer Zeit als der Roland selbst.
- In Mainz nimmt die Fastnacht Fastnacht vielfach Bezug auf die Till-Figur, beispielsweise mit dem Namen des Fastnachtsvereins CCM Die Eulenspiegel oder mit den Vorträgen des Till als Symbolfigur des Mainzer Carneval Clubs. Die städtischen Gremien haben jüngst der Errichtung eines Till-Denkmals als Fastnachtsfigur in der Innenstadt zugestimmt.
Ähnliche Figuren in anderen Kulturen
Eine dem Eulenspiegel entsprechende Gestalt kennt der islamische Raum zwischen Nordafrika, Türkei und Innerasien in Gestalt des weisen Narren, der als Nasreddin oder Dschuha populär ist. In Ostafrika werden diese Geschichten unter dem Namen von Abu Nuwas erzählt. Eine Entsprechung in der jiddischen Kultur findet sich in der Gestalt des Hersch Ostropoler (jiddisch: Hershele Ostropolier), der in der heutigen Ukraine zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte.
Siehe auch
- Ulenspiegel (Satirezeitschrift), Charles De Coster
- Eulenspiegel (Magazin)
- Narrenliteratur
- Till Eulenspiegels lustige Streiche (Tondichtung von Richard Strauss)
Verfilmungen
- Till Eulenspiegel, der lachende Rebell (fr. Les aventures de Till Espiègle), Kinderfilm, Frankreich/DDR 1959, Darsteller: Gérard Philipe, Fernand Ledoux, Nicole Berger, Jean Vilar, Wilhelm Koch-Hooge, Erwin Geschonneck.
- Tijl Uilenspiegel, Kinderserie mit 15 Teilen, Niederlande, 1961, Darsteller: Senne Rouffaer, Anton Peters, Elvire Deprez, Dora Vander Groen.
- Uilenspiegel, Spielfilm, Niederlande, 1973, Regisseur: Walter van der Kamp. Darsteller: Wim Van Der Grijn.
- Till Eulenspiegel, Spielfilm, DDR, 1975, Regie: Rainer Simon, Darsteller: Winfried Glatzeder, Cox Habbema, Franciszek Pieczka.
- Legenda o Tile, Sowjetunion, 1976, Regie: Aleksandr Alov, Vladimir Naumov, Darsteller: Lembit Ulfsak, Natalya Belokhvostikova
- Tijl Uilenspiegel, Belgien, 2003, Regie: Eberhard Junkersdorf
Literatur
- Charles De Coster: La légende et les aventures héroiques joyeuses et glorieuses d'Ulenspiegel et de Lamme Goedzak au pays des Flandres et ailleurs. 1867
- Christa Wolf: Till Eulenspiegel, Erzählung für den Film. (zusammen mit Gerhard Wolf) 1974
- Erich Kästner: Till Eulenspiegel, Nacherzählung. Hamburg: Dressler 1980
- Ernst Götzinger: Reallexikon der deutschen Altertümer. Leipzig 1885
- Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg: Verlag Herder 1994
- Jürgen Schulz-Grobert: Das Straßburger Eulenspiegelbuch. Tübingen: Niemeyer 1999 (urspr. Diss. Marburg 1996)
- Ernst Andreas Friedrich: Wenn Steine reden könnten. Landbuch-Verlag, Hannover 1989, ISBN 3-7842-0397-3
- Dirk und Anke Seliger: Die Rückkehr des Till Eulenspiegel. Neue Schelmenstreiche. Föritz: amicus Verlag 2001, ISBN 3-935660-03-0
- Georg Bollenbeck: Till Eulenspiegel. Der dauerhafte Schwankheld. Zum Verhältnis von Produktions- und Rezeptionsgeschichte. Stuttgart: S. Metzler Verlag. 1985. ISBN 978-3476005700
- Bernd Ulrich Hucker: Till Eulenspiegel. Braunschweig 1980
- Adam Kuckhoff: Till Eulenspiegel. Berlin 1933
Weblinks
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