Englischer Landschaftsgarten

Englischer Landschaftsgarten

Der Englische Landschaftsgarten (auch Englischer Landschaftspark, kurz Englischer Garten oder Englischer Park) ist ein Landschaftspark (Landschaftsgarten), dessen Form und Stil sich in England im 18. Jahrhundert entwickelte. Innerhalb der Geschichte der Gartenkunst entstand er als bewusster Kontrast zum bisher dominierendem Barockgarten französischer Prägung, der die Natur in geometrisch exakte Formen zwang.

Landschaftspark in Bath

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Wilton House Gardens in Wilton, England
Parkanlage der Villa Haas

Anders als in den französisch geprägten Barockgärten mit ihren großen geometrisch angelegten Blumenbeeten (Parterres) finden sich in den klassischen englischen Landschaftsgärten kaum Blühpflanzen. Ziel des Englischen Gartens war es, die bis dato vorhandene mathematische Strenge der exakt angelegten Beete und beschnittenen Hecken zu eliminieren und sich bei der Gartengestaltung mehr nach dem zu richten, was die Natur an Ausblicken zu bieten hat. In ihm sollte sich das Prinzip einer natürlichen Landschaft widerspiegeln, die durch unterschiedliche und abwechslungsreiche, malerische Eindrücke im Sinne des Ideals eines „begehbaren Landschaftsgemäldes dem Auge des Betrachters Vergnügen bereiten sollte. Die Entstehung einer solchen Parklandschaft ist allerdings nicht ohne menschliches Zutun möglich, und war in Großbritannien durch die intensive Beweidung im Umfeld der dortigen frühen Industrialisierung bedingt.

Die englischen Landschaftsgärten sind durch von Ferne unsichtbare Gräben, bzw. versenkte Mauern, Ha-Ha genannt, von der umgebenden Landschaft abgegrenzt. Der englische Landschaftsarchitekt William Kent griff bei seinen großzügigen Gartenplanungen auf das Ha-Ha als unsichtbares gestalterisches Element zurück. Dieses war erstmals von Charles Bridgeman in die Gartengestaltung eingeführt worden. Es handelt sich dabei um einen Graben, der den eigentlichen Garten von der angrenzenden Landschaft trennt, ohne dass man einen Übergang sieht. Auf diese Weise wurde der nahe Garten mit der weiter hinten liegenden Landschaft optisch zu einer Einheit verschmolzen, ohne dass größere Zäune und Hecken den Ausblick störten.

Um den Horizont zu akzentuieren, wurden antike Tempel, später auch chinesische Pagoden, künstliche Ruinen, Grotten und Einsiedeleien (Eremitagen) in die Landschaft eingestellt. Anstelle von geradlinigen Kanälen, runden Bassins und Kaskaden, die man im barocken Garten von den geometrisch exakt angelegten Wegen aus bewundern konnte, gab es im Englischen Garten sich abwechslungsreich durch die Landschaft schlängelnde Wege und Flüsse. Lancelot 'Capability' Brown schuf Gärten (oder eher Parkanlagen) mit weiten Rasenflächen, sich großzügig windenden Wegen, sich frei windenden Flüssen und natürlich wirkenden Teichen und Seen, zwischen die Reihen aus passenden Bäumen oder kleinere Wälder gepflanzt wurden.

Ein Phänomen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts waren die Schmuckeremiten, professionelle Einsiedler, die während einer vertraglich festgelegten Dauer in eigens eingerichteten Eremitagen wohnten und sich zu bestimmten Tageszeiten sehen ließen, um die Eigentümer der Parks und deren Gäste mit ihrem Anblick zu unterhalten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kamen auch Bauten der Neogotik in Mode, unter dem Einfluss von Horace Walpole, der auch ein Buch über englische Gartenkunst schrieb (Essays on Gardening 1794).

In abgewandelter Form wurde die Idee des Englischen Gartens auch in die Nachbarländer importiert. Beispiele aus Deutschland sind der von Friedrich Ludwig Sckell gestaltete Englische Garten in München und der Rombergpark in Dortmund oder der Georgengarten und der Hinübersche Garten in Hannover. Führend bei der Einführung in Deutschland war Christian Cay Lorenz Hirschfeld, dessen Theorie der Gartenkunst in fünf Bänden zwischen 1779 und 1785 erschien. Er beeinflusste zum Beispiel Carl Heinrich August Graf von Lindenau (1755–1842), dessen Park in Machern einen der frühesten englischen Gärten in Deutschland darstellt, auch wenn gewisse Ideen noch auf die Gartenideale der Empfindsamkeit zurückgehen. Die landschaftsarchitektonische Fortentwicklung auf dem europäischen Kontinent ist stark dem „Gartenfürsten“ Hermann von Pückler-Muskau zu danken.

Als größter Landschaftspark Europas gilt die ca. 200 km² umfassende Kulturlandschaft um Lednice (dt.: Eisgrub) und Valtice in Südmähren (Tschechien), die heute das Prädikat „UNESCO-Weltkulturerbe” trägt.

Beispiele von Landschaftsgärten

Pagode in den Royal Botanic Gardens, Kew, England
Dorischer Tempel im Gothaer Schlosspark

Beispiele in Deutschland

Beispiele in Österreich

Der bedeutendste Landschaftspark Österreich ist der Schlosspark in Laxenburg, in dem sich auch viele klassizistische und romantische Staffagebauten finden, etwa die Franzensburg.

Beispiele in der Schweiz

Die Ermitage Arlesheim in Arlesheim ist der größte englische Garten in der Schweiz. Der Park wurde auf Initiative von Balbina von Andlau-Staal und deren Cousin Domherr Heinrich von Ligerz erbaut und 1785 eröffnet.[2]

Beispiele in England

Beispiele für Englische Gärten in England sind der für den Dichter Alexander Pope in Twickenham angelegte Garten (nicht mehr erhalten), William Kents Landschaftsparks in Claremont House und Stowe House, die für Lord Burlington geschaffene Anlage in Chiswick, John Vanbrughs Garten Aislabie in Studley sowie Stourhead bei Stourton in Wiltshire.

Beispiel in Russland

Literatur

  • Adrian von Buttlar: Der Landschaftsgarten. Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln: DuMont, 1989, ISBN 3-7701-2088-4
  • Alfred Hoffmann: Der Landschaftsgarten (Reprint der Ausgabe Hamburg, Broschek, 1963), Koenigstein/W.-Germany: Koeltz, 1981 (= Bd 3. von Dieter Hennebo u. Alfred Hoffmann (Hrsg.): Geschichte der deutschen Gartenkunst), ISBN 3-87429-196-0
  • Heinz-Joachim Müllenbrock: Der englische Landschaftsgarten des 18. Jahrhunderts und sein literarischer Kontext: als öffentl. Vortrag d. Joachim-Jungius-Ges. d. Wiss. gehalten am 5.11.1985 in Hamburg (Veröffentlichungen der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg; Nr. 54), Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1986, ISBN 3-525-86219-9
  • Frank Maier-Solgk/Andreas Greuter: Landschaftsgärten in Deutschland, Stuttgart 1997: Dt. Verl.-Anst., ISBN 3-89836-130-6
  • Eduard Petzold: Fürst Hermann von Pückler-Muskau in seiner Bedeutung für die bildende Gartenkunst, 1874

Weblinks

 Commons: English gardens – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Website zum Grünfelder Park
  2. ermitage-arlesheim.info: Die Ermitage von Arlesheim. Führungen durch den grössten englischen Landschaftsgarten der Schweiz, Zugriff am 22. September 2011

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