- Schloss Wilhelmsthal (Calden)
-
Das Schloss Wilhelmsthal ist ein Schloss nahe der Großstadt Kassel bei Calden im nordhessischen Landkreis Kassel (Deutschland). Die Anlage wurde von 1743 bis 1761 erbaut und zählt zu den bedeutendsten Rokokoschlössern nördlich des Mains. Das Schloss besitzt einen großflächigen Park mit Wasserspielen. Das Schlossgebäude kann im Rahmen von täglichen Führungen besichtigt werden. Der Park – seit 2009 Bestandteil des European Garden Heritage Network – ist ganzjährig bis zum Einbruch der Dunkelheit frei zugänglich.
Inhaltsverzeichnis
Geographische Lage
Das Schloss Wilhelmsthal steht etwa 10 km nordwestlich der Innenstadt von Kassel und rund 2 km südsüdöstlich des Caldener Ortskerns. Es befindet sich im Tal des kleinen Esse-Zuflusses Jungfernbach auf rund 260 m ü. NN.
Geschichte
1643 kaufte die hessische Landgräfin Amalie Elisabeth, Gattin von Wilhelm V. das Gut Amelgotzen. Das Gut war ursprünglich im Besitz des Klosters Helmarshausen. Unter dem Namen Amalienthal diente es ihr als bescheidener Landsitz.
Das heutige Schloss wurde von 1743 bis 1761 als Sommerresidenz für den hessischen Landgrafen Wilhelm VIII. erbaut.
Während des Siebenjährigen Krieges kam es 1762 zu einer blutigen Schlacht am Schloss. Noch heute befindet sich ein Massengrab von etwa 4000 französischen Soldaten im Schlosspark. Diese Schlacht wird in der Erzählung vom „Tambour von Wilhelmsthal“ aufgegriffen, eines halbwüchsigen Trommlers der Braunschweiger Truppen, der durch ein falsches Trommelsignal versehentlich den Angriff statt des Rückzuges auslöste und somit unerwartet den Sieg über die französischen Truppen herbeiführte.
Ausführung
Das Schloss wurde von François de Cuvilliés als locker gefügte Dreiflügelanlage ausgeführt. Die Gestaltung der Fassaden lässt bereits leichte Tendenzen des Klassizismus erkennen. Erst 1756 übernimmt Simon Louis du Ry die Bauführung. Von ihm stammen die vorgelagerten Wachhäuser. Die Entwürfe für das Innere gehen ebenfalls auf Cuvilliés zurück. Der Bildhauer Johann August Nahl (der Ältere) schuf die kostbaren Wandvertäfelungen und viele Stuckaturen. Von den ehemals im reinen Rokoko ausgeführten Räumen sind nicht alle überkommen. Viele Einrichtungsgegenstände stammen aus dem Schloss Wilhelmshöhe. Beachtenswert ist unter anderem die so genannte Schönheitsgalerie mit zahlreichen Porträts von Johann Heinrich Tischbein dem Älteren.
Die Kapelle im Nordflügel wird von der evangelischen Gemeinde und dem Standesamt Calden genutzt.
Schlosspark
Entgegen üblichen Landschaftsanordnungen liegt das Schloss an der tiefsten Stelle des Parks. Die Gartenanlage wurde als fächerförmiges Dreiachsensystem geplant und ist selbst in einer größeren landschaftlichen Komposition eingebettet, die im Westen und Osten durch je ein Lindenrondell den Abschluss findet. Die Mittelachse war als wasserführender Kaskadenlauf gedacht, der in den ursprünglich in strenger barocker Symmetrie eingefassten Schlossbassin mündete. Die Ausführung wurde teilweise umgesetzt. Durch den Siebenjährigen Krieg kamen die Arbeiten zum Ruhen. Um 1800 wird der Park zu einem Landschaftspark mit lockerer Bewaldung weiterentwickelt, das Bassin einem natürlich entstanden Teich im Grünen angepasst, die Kaskaden zugeschüttet. Aus den Steinen der Kaskaden der Mittelachse wird ein gotisierender Aussichtsturm gebaut.
In einem langgestreckten Hügel der Nordachse befindet sich der ehemalige Eiskeller, in dem in den Wintermonaten Eis eingelagert wurden, um im Sommer als Kühllager zu dienen. Aus der Anfangsphase ist heute nur noch die Grotte erhalten, welche das Glanzstück der Südachse darstellt. Ursprünglich war sie mit Muscheln und Glas reich dekoriert. Ursprünglich waren über die Parkanlage verteilt vergoldete Putten aufgestellt. Die besterhaltenen zieren nun die Balustrade der Grotte. Der vor ihr als Bestandteil der Südachse liegende Kanal mit den Wasserspielen wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg rekonstruiert. In östlicher Verlängerung der Südachse liegt – direkt hinter der Grotte – das (zugewachsene) Wasserreservoire der Wasserspiele. Weiter östlich der Ententeich mit der aus grob gebrochenen Felsen errichteten Enteninsel. Nicht mehr erhalten ist das auf der Enteninsel errichtete Entenhaus in chinesisch anmutender Bauweise.
Verkehrsanbindung
Das Schloss ist über die aus Richtung Osten bzw. Espenau von einem nahen, gemeinsamen Abschnitt der Bundesstraßen 7 und 83 heran führenden Landesstraße 3217 zu erreichen. Diese knickt am Schlosspark nahe dem Schlosshotel Wilhelmsthal als meistens gradlinig verlaufende Rasenallee nach Süden ab und führt nach Kassel zum Bergpark Wilhelmshöhe, in dem unter anderem das Schloss Wilhelmshöhe steht. Vom Knick führt die Kreisstraße 46 den Schlosspark im Westen passierend nordnordwestwärts nach Calden.
Briefmarkenmotiv
Am 16. Juni 1982 erschien eine 0,80 DM Briefmarke mit dem Motiv Schloss Wilhelmsthal der Deutschen Bundespost Berlin. Bei der Deutsche Bundespost wie auch bei der Deutschen Bundespost Berlin wurden jeweils 21 Werte in dieser Serie ausgegeben.
Literatur
- Friedrich Bleibaum: Schloß Wilhelmstal. Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Bd. VII: Kreis Hofgeismar, 1. Teil. Kassel 1926 (enthält ein auf Vollständigkeit abzielendes Verzeichnis des damaligen Inventars).
- Wolfgang Einsingbach und Franz Xaver Portenlänger: Calden, Schloß und Garten Wilhelmsthal. Hrsg. Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen. Bad Homburg 1980.
- Bernd Modrow und Claudia Gröschel: Fürstliches Vergnügen, 400 Jahre Gartenkultur in Hessen. Hrsg. Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen. Bad Homburg und Regensburg 2002, ISBN 3-7954-1487-3.
- Fabian Fröhlich: Wo Ungestört Der Lenz Regiert, Schloss Wilhelmsthal bei Calden. Hrsg. Museumslandschaft Hessen Kassel und Michael Eissenhauer. Monografische Reihe, Band 21. Kassel 2007, ISBN 978-3-422-02144-0.
- Michael Karkosch: „Versteckt hinter hochstämmigen Buchen …“, Kaiserliche Sommerfrische in Wilhelmsthal. In: SehensWerte. Besuchermagazin der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Heft 4. Bad Homburg 2008, S. 39, ISSN 1860-7632.
- Schlösser, Burgen, alte Mauern. Herausgegeben vom Hessendienst der Staatskanzlei, Wiesbaden 1990, ISBN 3-89214-017-0, S. 71–72.
Weblinks
Commons: Schloss Wilhelmsthal – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
Schloss Beberbeck | Burgstall Beltershausen | Burgstall Blumenstein | Schloss Elberberg | Wasserschloss Elmarshausen | Schloss Escheberg | Burgruine Falkenberg | Burgruine Falkenstein | Burg Gieselwerder | Burg Grebenstein | Burgruine Großer Gudenberg | Burgruine Kleiner Gudenberg | Burg Haldessen | Burgruine Helfenberg | Burgruine Igelsburg | Burgstall Knickhagen | Krukenburg | Schloss Laar | Burgruine Malsburg | Schloss Meimbressen | Nachtigallenburg | Schloss Riede | Burgruine Rodersen | Sababurg | Burgruine Schartenberg | Burgruine Schauenburg | Burg Sensenstein | Burgruine Schöneberg | Schlösschen Schönburg | Schloss Stammen | Burg Trendelburg | Schloss Veckerhagen | Weidelsburg | Schloss Wilhelmsthal | Schloss Windhausen | Burg Wolfhagen | Wasserschloss Wülmersen
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Schloss Wilhelmsthal — ist der Name folgender Bauwerke: Schloss Wilhelmsthal (Calden) in Hessen Schloss Wilhelmsthal (Marksuhl) in Thüringen Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit demselben Wort bezeich … Deutsch Wikipedia
Wilhelmsthal (Begriffsklärung) — Wilhelmsthal ist der Name folgender Ortschaften: in Deutschland Wilhelmsthal, Gemeinde im Landkreis Kronach in Bayern Ortsteil der Gemeinde Calden im Landkreis Kassel, Hessen, siehe Schloss Wilhelmsthal (Calden) Wilhelmsthal (Eckernförde),… … Deutsch Wikipedia
Calden — Wappen Deutschlandkarte … Deutsch Wikipedia
Wahlershausen — Bad Wilhelmshöhe Stadtteil von Kassel … Deutsch Wikipedia
Warolfeshusen — Bad Wilhelmshöhe Stadtteil von Kassel … Deutsch Wikipedia
Liste der Burgen und Schlösser in Hessen — Auf dem Gebiet des deutschen Bundeslandes Hessen befindet sich eine Vielzahl von Schlössern und Burgen, viele von ihnen allerdings im Stande von mehr oder weniger gut erhaltenen Ruinen. Dazu zählen auch Rittergüter und Herrenhäuser. Diese zum… … Deutsch Wikipedia
Bergpark-Wilhelmshöhe — Karte des Bergparks Wilhelmshöhe um 1810 Der Bergpark Wilhelmshöhe, der sich im Stadtgebiet der nordhessischen Großstadt Kassel im Habichtswald befindet, ist der größte Bergpark in Europa und ein Landschaftspark von Weltgeltung. Georg Dehio,… … Deutsch Wikipedia
Kasseler Wasserspiele — Karte des Bergparks Wilhelmshöhe um 1810 Der Bergpark Wilhelmshöhe, der sich im Stadtgebiet der nordhessischen Großstadt Kassel im Habichtswald befindet, ist der größte Bergpark in Europa und ein Landschaftspark von Weltgeltung. Georg Dehio,… … Deutsch Wikipedia
Park Wilhelmshöhe — Karte des Bergparks Wilhelmshöhe um 1810 Der Bergpark Wilhelmshöhe, der sich im Stadtgebiet der nordhessischen Großstadt Kassel im Habichtswald befindet, ist der größte Bergpark in Europa und ein Landschaftspark von Weltgeltung. Georg Dehio,… … Deutsch Wikipedia
Schlosspark Wilhelmshöhe — Karte des Bergparks Wilhelmshöhe um 1810 Der Bergpark Wilhelmshöhe, der sich im Stadtgebiet der nordhessischen Großstadt Kassel im Habichtswald befindet, ist der größte Bergpark in Europa und ein Landschaftspark von Weltgeltung. Georg Dehio,… … Deutsch Wikipedia