- Fall Konstantinopels
-
Geschichte Istanbuls Die Stadt Konstantinopel wurde von Griechen um 660 v. Chr. unter dem Namen Byzantion gegründet und 330 n. Chr. in Konstantinopel umbenannt. Nach 1453 wurde sie auf Osmanisch:قسطنطينيه Kostantiniyye, etwas später auch mit إسطنبول Istanbul bezeichnet. Offiziell erhielt die Stadt den heutigen Namen Istanbul im Rahmen von Atatürks Reformen im Jahr 1930.[1][2]
Von Griechen wird sie heute noch Die Stadt (η Πόλη, i Póli) bzw. Konstantinopel (Κωνσταντινούπολη) genannt. In skandinavischen Quellen wurde sie hingegen stets als Miklagarð bezeichnet, von russischen und bulgarischen meist als „Kaiserstadt“ (Car'grad - Царьград oder Carigrad - Цариград). Konstantinopel wird in Überlieferungen oft auch als Stadt der sieben Hügel bezeichnet, ebenso wie Rom.
In der Spätantike und im Mittelalter war Konstantinopel als das Neue Rom (Nova Roma) die Hauptstadt des Oströmischen Reichs, nach der osmanischen Eroberung 1453 dann die Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Als Lebenszentrum zweier Weltreiche, an der Schnittstelle zweier Kontinente, besitzt Konstantinopel eine überragende historische und künstlerische Bedeutung. Als Prototyp einer imperialen Stadt ist es vom 4. Jahrhundert bis ins frühe 20. Jahrhundert eine Weltstadt gewesen.
Inhaltsverzeichnis
Name
Gegründet wurde Konstantinopel als Byzantion (altgr. Βυζάντιον). Nachfolgend verschiedene Schreibweisen und Übersetzungen:
- altgriechisch (Katharevousa): Κωνσταντινούπολις Konstantinoúpolis
- Griechisch (volkssprachlich): Κωνσταντινούπολη Konstandinoúpoli „Stadt des Konstantin“
- Osmanisch: درسعادت Der-i saadet „Das Tor zum Glück“, إسطنبول Istanbul, قسطنطينيه Kostantiniyye; Stambul u.v.m.
- Heutiges Türkisch: İstanbul
- In historischem Zusammenhang: Konstantinopolis, Konstantinopol, Dersaadet
- Auf Deutsch historischer Zusammenhang:"Die Stadt der Reichen"
Spätantike und byzantinische Zeit
Konstantinopel und das Oströmische Reich
Wegen der wachsenden Bedeutung der Osthälfte des Römischen Reiches wurde Byzantion 324/326 vom römischen Kaiser Konstantin I. als neue Residenz geplant und sechs Jahre später, am 11. Mai 330 feierlich eingeweiht.[3] Sie erhielt den neuen Namen Konstantinopel (griech.: „Κωνσταντινούπολις“, Stadt des Konstantin), womit die Tradition hellenistischer Könige und früherer römischer Kaiser aufgegriffen wurde, neuen Stadtgründungen den eigenen Namen zu geben. Zugleich blieb aber auch der Name Byzantion üblich. Mehrere Städte waren von Konstantin zuvor in Betracht gezogen worden, darunter das alte Troja an der kleinasiatischen Küste und angeblich auch Jerusalem, doch, so behauptete der Kaiser nachträglich selbst, habe er sich aufgrund einer nächtlichen Erscheinung der Jungfrau Maria auf ihren Rat hin für das am Bosporus liegende Byzantion entschieden. Der Ort lag strategisch günstig, in Reichweite sowohl der Donau- wie der Euphratgrenze. Die Stadt wurde auf das Fünffache der ursprünglichen Fläche vergrößert, und wie das Vorbild Rom auf (angeblich) sieben Hügeln errichtet. Auch die politischen und weltlichen Einrichtungen der alten Hauptstadt wurden vielfach nachgeahmt. So erhielt Konstantinopel ein Kapitol, einen Circus für 100.000 Zuschauer, ein Forum (Forum Constantini) und eine Hauptverkehrsachse in ost-westlicher Richtung. Aus dem ganzen Reich wurden Kunstwerke in die Stadt geschafft, um ihr Glanz zu verleihen. Trotz Konstantins Förderung des Christentums war die neue Stadt keine rein christliche Gründung, wie die (angebliche) Überführung des einst aus Troja geraubten Palladions aus Rom, vor allem aber die Renovierung der Tempel und die bei der Stadtgründung, wie sonst auch üblich, vollzogenen paganen Rituale zeigen: Die Stadt war nicht als „christliches Rom“ geplant, auch wenn spätere Quellen dies teils behaupten. Ferner gewährte Konstantin dem Rat der Stadt fast dieselben Privilegien, wie sie der römische Senat genoss, allerdings mit dem Unterschied, dass die Senatoren von Konstantinopel zunächst lediglich den Ehrentitel „clarus“ (der Strahlende) tragen durften, wohingegen sich die römischen Senatoren mit dem Superlativ „clarissimus“ schmücken durften. Erst Konstantins Sohn Constantius II. beseitigte diesen Unterschied.
Ob Konstantin Byzantion wirklich als Konkurrenz zu Rom geplant hat, ist unter den Forschern umstritten, denn auch andere Kaiser vor und nach ihm hatten Städte wie Trier oder Nikomedia als Residenzen großzügig erweitert und teils nach sich selbst benannt; doch ohne Frage wuchs die Bedeutung der Stadt in den Folgejahren sehr rasch. Die ägyptischen Getreideflotten steuerten fortan nicht mehr Rom an, sondern die Stadt am Bosporus. Konstantinopel wurde in der Spätantike konsequent zum Mittelpunkt von Verwaltung, Wirtschaft und Kultur des Oströmischen Reiches ausgebaut und erfüllte diese Aufgabe (mit Unterbrechung) seit dem späten 4. Jahrhundert bis in die Neuzeit par excellence. Seit der faktischen Reichsteilung von 395 war die Stadt das Zentrum der östlichen Mittelmeerwelt. Solange Byzanz/Konstantinopel stand, stand auch das (von der modernen Geschichtsschreibung so genannte) Byzantinische Reich. Fiel die Stadt, fiel das Reich. In Konsequenz der zentralen Stellung wurde Konstantinopel auch zum kirchlichen Mittelpunkt. Der Bischof der Stadt, der sein Amt auf den Apostel Andreas zurückführte, war ab 381 Patriarch und beanspruchte eine herausgehobene Stellung (auf kaiserlichen Beschluss hin war er fortan nur dem Bischof von Rom nachgeordnet). Auch kulturell lebte die Stadt in der Spätantike auf: Die Hochschule war die jüngste, aber bald auch größte des Ostreiches und erreichte unter Theodosius I. eine erste Blütezeit, wobei auch die Bibliotheken ausgebaut wurden. Als eigentlicher Gründer der so genannten Universität von Konstantinopel gilt dann Kaiser Theodosius II.
Die Erweiterung Konstantinopels konnte auf Grund der geografischen Lage nur nach Westen hin erfolgen. Bereits Theodosius I., unter dem sich Konstantinopel seit 379 endgültig gegen Antiochia als Hauptresidenz des Ostens durchsetzte, baute die Stadt aus. Seit 412 wurde unter seinem Enkel Theodosius II. etwa 1500 m westlich der von Konstantin errichteten Stadtmauer eine neue, teilweise noch heute erhaltene Mauer errichtet und so das Areal der Stadt von sechs auf zwölf km² verdoppelt. Das gewaltige Befestigungswerk wurde danach noch wiederholt erneuert und erweitert. Die Bevölkerung Konstantinopels wuchs rasch und ab einem gewissen Maß gegen den Willen der Herrscher, doch selbst Zuzugsbeschränkungen vermochten den Zuzug nicht zu verhindern. Die Versorgung der weit über 400.000 Einwohner (zur Zeit Justinians waren es vor dem Ausbruch der Pest in den 540er Jahren gar zwischen 500.000 und 600.000) stellte die Machthaber zeitweise vor Probleme, insbesondere im späteren 7. Jahrhundert nach dem Verlust der „Kornkammer“ Ägypten an die Araber, wodurch die Einwohnerzahl wieder zurückging. Bis etwa 600 gab es in der Stadt übrigens noch zahlreiche Einwohner mit Latein als Muttersprache, wie unter anderem durch Grabinschriften bezeugt wird, erst danach wurde Konstantinopel vollständig gräzisiert.
Um die Warenversorgung sicherzustellen, wurden früh Häfen an der Küste zum Goldenen Horn und zum Marmarameer aus- oder neugebaut. Für die Versorgung der riesigen Hauptstadt mit Trinkwasser wurden mehrere Aquädukte aus dem nordwestlich gelegenen Hügelland errichtet, deren Wasser in mehreren, insgesamt 130.000 m³ fassenden, unterirdischen Zisternen (bspw. der 532 unter Justinian I. fertiggestellten sog. Yerebatan Sarnıçı) gespeichert wurde. Allgemein erfasste die oströmischen Kaiser im 4. Jahrhundert bis 6. Jahrhundert eine auffällige Baulust, von der auch Chalcedon –- obwohl es ständig im Schatten von Konstantinopel stand –- profitierte. So wurde der Hafen erweitert, sowie Paläste und Kirchen gebaut. Nach den Zerstörungen während des Nika-Aufstandes 532 ließ Justinian I. zahlreiche Gebäude, darunter die Hagia Sophia, das bedeutendste spätantike Bauwerk der Stadt, neu errichten.
Militärisch galt Konstantinopel aufgrund der Theodosianischen Mauern lange Zeit als uneinnehmbar und als die stärkste Festung der bekannten Welt; zahlreiche Angriffe und Belagerungen scheiterten an dem mehrfach gestaffelten Befestigungswerk der Stadt. Die Zufahrt zum Hafen konnte mit einer gewaltigen Kette versperrt werden. Die Festung Konstantinopel kontrollierte damit auch den Übergang von Europa nach Asien und trug entscheidend dazu bei, dass die reichen römischen Orientprovinzen während der Völkerwanderung für Hunnen und Germanen praktisch unerreichbar blieben. Zu einer ersten echten Bewährungsprobe kam es mit der Belagerung von Konstantinopel (626) durch die persischen Sassaniden und die mit diesen verbündeten Awaren. Mit der islamischen Expansion, während der auch die Araber wiederholt an der dreifachen Mauer der Stadt scheitern sollten, endete wenige Jahre später die spätantike Phase der Stadtgeschichte.
Konstantinopel in mittelbyzantinischer Zeit
Die beiden abgewehrten Belagerungen durch die Araber in den Jahren 674-678 sowie 717/18 stoppten den Vormarsch der Muslime nach Europa und sind ebenso wie die Schlacht bei Tours und Poitiers durch die Franken von welthistorischer Bedeutung. Allerdings wirkte sich der endgültige Verlust der reichen römischen Orientprovinzen nach 636 auch auf die Hauptstadt aus; so entfielen nun die Getreidelieferungen aus Ägypten. Während die Araber im Laufe des 8. bis 10. Jahrhunderts teilweise zurückgedrängt werden konnten, wurden die Bulgaren zur neuen Bedrohung für die Stadt. Zu einer ersten (ebenfalls erfolglosen) Belagerung kam es 813. Die Serie der Angriffe riss auch im 9. und 10. Jahrhundert nicht ab, als Bulgaren und Rus, im Jahr 1090 die Petschenegen, mehrfach den Versuch einer Eroberung Konstantinopels unternahmen. In der Regel führten diese Belagerung zur Verwüstung des thrakischen Umlands der Stadt, und auch das leichter befestigte Chalcedon wurde mehrfach von Persern und Arabern eingenommen, geplündert und zerstört. Infolge dessen sind dort heute kaum noch Spuren der byzantinischen Baukunst zu finden.
Trotz wiederkehrender Stadtbrände, Seuchen und Erdbeben blieb Konstantinopel bis ins Mittelalter eine der wenigen „Weltstädte“ der westlichen Welt (neben Bagdad, Kairo und Córdoba), und die mit Abstand größte und wichtigste christliche Metropole. Unter Justinian hatte sie im 6. Jahrhundert, wie bereits beschrieben, ihre erste und wohl auch größte Blüte erreicht, die Einwohnerzahl durchbrach damals die 500.000er Marke. Doch bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts ging die Einwohnerzahl nicht zuletzt auf Grund der Araber-Belagerungen deutlich zurück, um dann allerdings bis ins 12. Jahrhundert wieder auf angeblich etwa 700.000 Einwohner anzusteigen.
Gebietsverluste infolge militärischer Niederlagen (unter anderem in der Schlacht von Manzikert im Jahr 1071) zwangen die Byzantiner Ende des elften Jahrhunderts, Hilfe im christlichen Westen zu suchen. Dem Vordringen der Normannen über Süditalien bis auf das griechische Festland konnte nur dank der Venezianer Einhalt geboten werden, im Gegenzug wurden ihnen Handelsprivilegien, Zollnachlässe sowie eine Handelsniederlassung in Konstantinopel vertraglich zugesichert. Weitere Hilfegesuche im Westen führten zum Ausruf des Ersten Kreuzzug durch Papst Urban II., infolgedessen ein Heer aus allen Teilen Westeuropas Richtung Konstantinopel zog, wo im April 1097 die letzten Abteilungen eintrafen. In der Metropole am Bosporus sahen die Kreuzfahrer eine fortschrittliche Infrastruktur, die sie aus keiner ihrer Städte auch nur annähernd kannten. Es gab Aquädukte, Bäder und Kanalisation, Kliniken mit Abteilungen für die unterschiedlichsten Krankheiten, eine große Universität, selbst Polizei und Feuerwehr. Händler aus aller Welt trafen sich auf den Märkten der Stadt, deren großer Reichtum auf dem Überseehandel beruhte. Kaiser Alexios I., der angesichts der barbarisch anmutenden Horden um seine Hauptstadt besorgt war, beeilte sich, das Kreuzfahrerheer auf die asiatische Seite des Bosporus zu befördern. Das gut 50.000 Mann starke Heer eroberte noch im gleichen Jahr die nahe gelegene Sultanats-Hauptstadt Nicäa und zog dann weiter Richtung Jerusalem. Dem bedrängten Konstantinopel war wieder etwas Luft verschafft worden; doch zugleich hatte sich das Verhältnis zum Westen, das ohnehin durch das Schisma von 1054 belastet war, im Zuge des Kreuzzugs erheblich verschlechtert.
Auch das traditionell freundliche Verhältnis der Byzantiner zu Venedig schlug im 12. Jahrhundert unter Manuel I. Komnenos in Misstrauen, Verachtung und Hass um, nicht zuletzt durch die immer wieder auf byzantinischem Boden ausgetragenen Machtkämpfe der Dogenrepublik mit Pisa und Genua. Die Einheimischen empfanden das anmaßende Auftreten der sogenannten „Lateiner“ als Provokation, während umgekehrt die Westler die „Griechen“ als heimtückische, verlogene Häretiker wahrnahmen. Die explosive Stimmung entlud sich 1171 in den Lateinerpogromen, als die byzantinische Regierung zuerst den Besitz tausender Venezianer konfiszierte und sie anschließend einkerkerte. Angeblich wurde damals sogar der anschließend zu Verhandlungen angereiste Enrico Dandolo geblendet, doch ist dies fraglich. Trotz eines 1177 beschlossenen Friedens beeinträchtigte das Ereignis der Lateinerpogrome die Beziehung zwischen Konstantinopel und Venedig nachhaltig. Und so ist es nicht verwunderlich, dass 1203 ein von Venedig ausgerüstetes und vom Dogen Dandolo geführtes Kreuzfahrerheer die Eroberung Konstantinopels in Angriff nahm, unter dem Vorwand, die dortigen Thronstreitigkeiten zu klären (allerdings ist in der modernen Forschung bestritten worden, dass Venedig wirklich von Anfang an einen Angriff auf Byzanz geplant habe). Kaiser Alexios III. floh vor dem anrückenden Heer, und Isaak II. nahm, eingesetzt von den Kreuzfahrern, (wieder) Platz auf dem Thron. Die Kreuzfahrer blieben trotz „getaner Arbeit“ zunächst in der Stadt und warteten auf ihre Belohnung. Als sie eine Moschee entdeckten –- es gab seit 718 infolge der Niederlassung arabischer Händler eine muslimische Gemeinde in Konstantinopel –- und sie anzündeten, zerstörte der dadurch entstandene Flächenbrand ein ganzes Stadtviertel.
Nachdem Isaak II. sowie sein Sohn Alexios IV. (unter ungeklärten Umständen) starben und ihnen Alexios V. auf den Thron folgte, wurden die Kreuzfahrer aus der Stadt verwiesen. Diese bereiteten daraufhin einen erneuten Angriff auf Konstantinopel vor. Unter Führung des 96 Jahre alten 41. venezianischen Dogen Enrico Dandolo, der ein erbitteter Gegner von orthodoxem Byzanz war, gelang es ihnen am 13. April 1204 gemeinsam mit den Venezianern, die Stadt von der Seemauer am Goldenen Horn her zu stürmen. Die anschließende Plünderung der Stadt dauerte drei Tage. Viele Einwohner der kosmopolitischen Metropole wurden dabei getötet. Zahlreiche Monumente wurden zerstört, großartige Kunstwerke wurden vernichtet oder geraubt, etliche Bibliotheken niedergebrannt und eine große Anzahl der in Konstantinopel aufbewahrten Heiligenreliquien über ganz Europa zerstreut. Von der Zerstörung und Plünderung durch die Venezianer und Kreuzfahrer erholte sich Konstantinopel im restlichen Verlauf des Mittelalters nicht wieder.
Die spätbyzantinische Zeit und das Vordringen der Türken
Die Kreuzfahrer zerstückelten das Byzantinische Herrschaftsgebiet und errichteten das sogenannte Lateinische Kaiserreich. Dieses hatte nur kurz Bestand, bereits 1261 eroberte ein Söldnerheer des von geflohenen byzantinischen Familien getragenen Kaiserreiches Nikaia die Stadt im Handstreich zurück. Das Byzantinische Reich wurde in vergleichsweise bescheidenem Umfang wiederhergestellt, verlor aber in der Folge immer weitere Gebiete seines Territoriums. Um 1300 hatte Konstantinopel noch etwa 100.000 Einwohner. Seine Rolle als wichtigstes Handelszentrum des Mittelmeers hatte es an die italienischen Hafenstädte, insbesondere Venedig, verloren. Die Italiener unterhielten Handelsniederlassungen im Stadtteil Pera (heute Beyoğlu) auf der nördlichen, europäischen Seite des Goldenen Horns.
1326 begann mit der Eroberung Bursas durch Osman I., einem Heerführer eines kleinen türkischen Stammes, der Siegeszug der Osmanen. In rascher Folge eroberten diese ganz Anatolien und Teile des europäischen Festlandes. Byzanz glich bald einer Insel im Osmanischen Reich. Im 15. Jahrhundert bestand es nur mehr aus dem eigentlichen Stadtgebiet und den umliegenden Dörfern, die Einwohnerzahl sank auf etwa 40.000 ab.
Mehrere Angriffe auf Konstantinopel blieben erfolglos, bis am 29. Mai 1453 die Stadt unter Mehmet dem Eroberer unter großen Verlusten eingenommen werden konnte (Siehe auch Belagerung von Konstantinopel (1453)). Die Zahl der Toten wird mit 50.000 angegeben. Die zahlenmäßig weit unterlegenen Verteidiger hielten knapp zwei Monate der Belagerung stand, warteten am Ende aber vergeblich auf Hilfe aus Venedig. Die Überlebenden wurden mit Ausnahme der Juden und Genuesen deportiert. Diese konnten dank ihrer umsichtigen Haltung während der Belagerung ihren Privatbesitz retten.
Viele Einwohner und Intellektuelle flohen nach Westeuropa und vor allem Norditalien, und nahmen dabei viele erhalten gebliebene Kopien antiker Schriftstücke mit. Diese verbreiteten sich durch die ungefähr gleichzeitig erfundene Buchdruck-Kunst schnell in Norditalien und lösten eine Welle der „Wiederentdeckung“ antiker Denkmodelle und Vorstellungen aus. Diese Wiederentdeckung beschleunigte den vielschichtigen Prozess, der heute als Renaissance bezeichnet wird.
Mit der Eroberung Konstantinopels endete das Oströmische Reich. Kleinere Landesteile, vor allem Mistra auf der Peloponnes, konnten sich noch einige Jahre halten, wurden dann aber auch erobert.
Inzwischen prägten die muslimischen Herrscher, die Konstantinopel zur Hauptstadt ihres Reiches machten, das Stadtbild vollkommen neu. Unzählige Kirchen, deren bedeutendste die Hagia Sophia war, wurden um Minarette ergänzt und zu Moscheen umgebaut.
Osmanische Zeit
Nach der Eroberung durch Fatih Sultan Mehmet nannten die Osmanen die Stadt zunächst Islambol (türk. Islamreich), später im Alltagsgebrauch İstanbul, auch wenn der offizielle Name bis 1930 weiter Konstantinopel blieb, wird bis heute im griechischen Sprachbereich von Konstandinúpoli gesprochen. Der Name İstanbul (im deutschen Sprachraum früher auch Stambul) leitet sich nach traditioneller Ansicht aus dem griechischen εἰς τὴν πόλι(ν), in der Koine zu is tin poli(n) verschliffen, ab, was in die Stadt bedeutet. Es existiert aber eine Vielzahl von anderen Hypothesen zur Namensgebung.
Die Stadt wurde Residenz der Sultane und Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Sie behielt neben der politischen große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung und ein internationales Gepräge. Das Patriarchat blieb als übergreifende Institution für die Christen des Reiches mit bedeutenden Rechten und Pflichten erhalten, bis 1821 spielten Griechen eine wichtige Rolle (unter anderem in der Diplomatie und bei der Verwaltung der Donaufürstentümer). Der griechische Einfluss in Wirtschaftsleben und Diplomatie war noch bis 1922 bedeutend. Unter Süleyman dem Prächtigen (1520-1566) war Konstantinopel die Hauptstadt eines riesigen Reiches, das von Ungarn über Belgrad bis Bagdad und weit nach Nordafrika reichte. Das Osmanische Reich war auf dem Höhepunkt seiner Macht, was sich in einer Vielzahl von Palästen und Moscheen des Architekten Sinan, des größten osmanischen Baumeister seiner Zeit, widerspiegelt. Bereits damals begann aber der Niedergang. Fehlende Reformen, korrupte Wesire, die Macht der Sultansfrauen sowie die Abschottung gegen moderne Tendenzen bewirkten, dass man trotz einer schönen Fassade im 19. Jahrhundert schließlich vom "kranken Mann am Bosporus" sprach, wenn man das Osmanische Reich meinte.
Ab dem 17. Jahrhundert kam es zu einem massiven Zuzug von Armeniern aus allen Gebieten des Osmanischen Reichs. Ende des 19. Jahrhunderts lebten mindestens 250.000 Armenier in Konstantinopel. Es bildete sich eine kulturelle armenische Infrastruktur, die schließlich zu einem kulturellen sowie politischen Aufbruch der westarmenischen Gemeinschaft führte und das Gesicht der Stadt mitprägte. Ein wichtiger Chronist dieser Zeit ist der deutsche Journalist und Schriftsteller Friedrich Schrader, der von 1891 bis 1918 in Konstantinopel lebte und arbeitete.
Imperiale Bauwerke
Als Kaiser Konstantin zwischen 324 und 330 ein neues Zentrum für das römische Reich am alten Byzanz gründete, sollte dieses allmählich Rom als Hauptstadt ablösen. Um den Gedanken eines Nova Roma Nachdruck zu verleihen, musste dieses dann auch architektonisch ausgebaut werden. Da Konstantinopel zudem von Anfang an christlich geprägt war und das Christentum Staatsreligion wurde, ohne dass im Übrigen auf den Kaiserkult verzichtet wurde, bekam Konstantinopel ein durch Votiv- und Gedenksäulen, Foren, Paläste, das Hippodrom und natürlich zahlreiche christliche Kirchen geprägtes Aussehen.
Ältestes erhaltenes Baudenkmal Konstantinopels ist die Konstantinssäule. Die ehemals knapp 50 Meter hohe Porphyrsäule bekrönte ursprünglich eine Statue des Helios aus Ilion. Der Kopf des Sonnengottes war von sieben Strahlen umkränzt, in die man Passionsnägel einarbeitete, während das Innere der Statue einen Splitter vom Kreuz Christi barg. Im Jahr 1105 wurde die Statue bei einem Unwetter zerstört und durch ein Kreuz ersetzt. Die Säule wurde zum Symbol der Stadt, und die letzten byzantinischen Chronisten berichten, dass sich am Tag der Eroberung durch Sultan Mehmed II. die Stadtbewohner frühmorgens um sie versammelten, um auf den rettenden Engel des Herrn zu warten.
Neben der Konstantins-Säule bildete vor allem das Hippodrom den Mittelpunkt der Stadt und war Brennpunkt des öffentlichen Lebens. Hier begegneten sich Kaiser und Volk, hier demonstrierte der Kaiser seine Macht und dort finden sich daher auch einige repräsentative Objekte. Entlang der Spina, der Trennmauer zwischen den beiden Richtungsbahnen, um welche die Streitwagen fuhren, stellten Konstantin und seine Nachfolger Standbilder und Denkmäler auf. Darunter ein ägyptischer Obelisk vom Tempel in Karnak und die bronzene Schlangensäule aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Diese Säule war ursprünglich von 31 griechischen Städten zur Erinnerung an die Schlacht von Plataiai 479 v. Chr. direkt gegenüber dem Apollotempel von Delphi aufgestellt worden. Konstantin I. ließ das Denkmal 330 nach Konstantinopel bringen. Die von dieser Säule ursprünglich getragene goldene Schale wurden während des 4. Kreuzzuges geraubt. Die Köpfe der Schlangen zerstörten Muslime im 17. oder 18. Jahrhundert.
Unter Kaiser Theodosius wurde entlang der Wegstrecke der kaiserlichen Triumphzüge drei Foren errichtet. Auf dem Forum Tauri stand die Ehrensäule des Kaisers Theodosius, geschaffen nach dem Vorbild der Trajanssäule in Rom. Weitere Säulen sind die Arcadius-Säule, Markian-Säule sowie die Justinian-Säule. Diese jüngste der Säulen ist ebenso wie die Konstantins-Säule aufs engste mit der Geschichte Konstantinopels verbunden. Die 543 eingeweihte 35 m hohe Säule trug ein Reiterstandbild Justinians I. in drei bis vierfacher Lebensgröße. Als Mehmed II. Konstantinopel eroberte, war eine seiner ersten Taten, diese Statue zu vernichten.
Als eines der zentralen spätantiken Monumente der Stadt ragt die heute als Museum genutzte Sophienkirche aus dem 6. Jahrhundert hervor. Sie war bis zum Bau der Kathedrale von Sevilla das größte Gotteshaus der Welt. Gleich nach der Eroberung Konstantinopels machten sich die neuen türkischen Herren daran, den Bau für die mitgebrachte islamische Religion zu vereinnahmen und gestalteten ihn um. Dabei wurden nicht nur alle wertvollen christlichen Symbole entfernt und die kostbaren Mosaiken zerstört oder überputzt, sondern neben diversen Umbauten auch vier große Minarette an den Flanken der Kirche durch drei Sultane emporgezogen.
Einzelnachweise
- ↑ Britannica, Istanbul
- ↑ Lexicorient, Istanbul
- ↑ Dazu auch Th. Preger: „Das Gründungsdatum von Konstantinopel“, in: Hermes 36, 1901, S. 336-342.
Literatur
- Friedrich Schrader: Konstantinopel in Vergangenheit und Gegenwart. Tübingen 1917.
- John Freely, Hilary Sumner-Boyd: Istanbul: ein Führer. 3. durchges. Aufl., München 1986, ISBN 3-7913-0098-9.
- Wolfgang Müller-Wiener: Bildlexikon zur Topographie Istanbuls. Byzantion - Konstantinupolis - Istanbul bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Tübingen 1977, ISBN 3-8030-1022-5 (Standardwerk zu Stadtentwicklung und Bauten).
- Wolfgang Müller-Wiener: Die Häfen von Byzantion - Konstantinopolis - Istanbul. Tübingen, 1997, ISBN 3-8030-1042-X.
- Rudolf Grulich: Konstantinopel. Ein Reiseführer für Christen. Gerhard Hess Verlag, Ulm 1998, ISBN 3-87336-271-6.
- Stéphane Yerasimos: Konstantinopel, Istanbuls historisches Erbe. Köln 2000, ISBN 3-8290-1896-7.
- Klaus Kreiser: Istanbul: ein historisch-literarischer Stadtführer. München 2001, ISBN 3-406-47191-9.
- Peter Schreiner: Konstantinopel. Geschichte und Archäologie. C. H. Beck Wissen. München 2007, ISBN 3-406-50864-2.
- Roger Crowley: Konstantinopel 1453 - Die letzte Schlacht., 1. Aufl., Theiss Verlag 2008, ISBN 978-3-8062-2191-6
Weblinks
- Karten zu Konstantinopel im Mittelalter: [1] und [2]
- Informationen zu Konstantinopel im BAM-Portal
41.00916666666728.975833333333Koordinaten: 41° 1′ N, 28° 59′ O
Wikimedia Foundation.