Gajus Aurelius Valerius Diocletianus

Gajus Aurelius Valerius Diocletianus
Büste Diokletians im Archäologischen Museum Istanbul

Diokletian (* zwischen 236 und 245 in Dalmatien; † 3. Dezember 313 oder 316 in Spalatum), vollständiger Name Gaius Aurelius Valerius Diocletianus, war von 284 bis 305 römischer Kaiser.

Diokletian leitete etliche Reformen ein, die das Römische Reich aus der Krise des 3. Jahrhunderts führten und die Zeit der Soldatenkaiser beendeten. Die wichtigsten Reformen wurden im Bereich der Verwaltung durchgeführt, darunter eine umfangreiche Reform des Provinzialwesens. Ein anderer Punkt war die Einführung der Tetrarchie. Während die Verwaltungsreformen zu einer Bürokratisierung führten, die während der ganzen restlichen Spätantike anhielt und sich sogar vergrößerte, fiel das tetrarchische System schon nach Diokletians Abdankung in sich zusammen.

Mit der Regierungszeit Diokletians verbindet die althistorische Forschung traditionell einen tiefen Einschnitt: Mit Diokletian endet die Epoche des Prinzipats, und die Spätantike setzt ein.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die frühen Jahre und die Begründung der Tetrarchie

Follis des Diokletian

Diokletian, der eigentlich Diocles (oder auch Gaius Aurelius Diocles) hieß, wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt in Illyrien geboren (es finden sich unterschiedliche Angaben zwischen 236 und 245) und stammte wohl aus einfachen Verhältnissen. Er hatte sich in der Armee bis zum Befehlshaber der Gardeeinheit protectores domestici hochgedient, die ihn am 20. November 284 in Nikomedia zum römischen Kaiser ausrief, nachdem Kaiser Numerian auf rätselhafte Weise den Tod gefunden hatte. Unmittelbar im Anschluss an die Erhebung zum Princeps soll er seinen Rivalen Aper mit eigener Hand erschlagen haben. Im Frühling 285 traf er dann auf das Heer des legitimen Kaisers Carinus, des älteren Bruders und Mitkaisers seines Vorgängers Numerian. Obwohl Diokletians Heer unterlag, wurde Carinus nach der Schlacht von seinen eigenen Leuten ermordet. Mit dessen Tod war Diokletian der unbestrittene Herrscher des Imperiums geworden – und sah sich nun mit dessen Problemen konfrontiert.

Das Römische Reich wurde zum damaligen Zeitpunkt von einer Reihe von Krisen heimgesucht (siehe Reichskrise des 3. Jahrhunderts); vor allem die außenpolitische Lage war (trotz der Erfolge Aurelians) noch immer bedenklich, zumal ein Herrscher alleine unmöglich an allen Brennpunkten gleichzeitig sein konnte. Die Soldaten neigten dazu, siegreiche Feldherren zu Kaisern auszurufen, was zu zahlreichen Usurpationen geführt hatte. Diokletian reagierte auf diese Probleme, indem er das Herrschaftssystem der Tetrarchie einrichtete, bei dem zwei Seniorkaiser (Augusti) und zwei Unterkaiser (Caesares) über einen jeweils eigenen Reichsteil herrschten, Gesetze jedoch im Namen des gesamten Kollegiums erlassen wurden.

Am 21. Juli 285 ernannte er seinen alten Kameraden Maximian zum Caesar, am 1. April 286 zum Augustus. Maximian sollte im Westen herrschen, während Diokletian den Osten als sein Betätigungsfeld wählte. Allerdings blieb Diokletian der Seniorpartner. Er nahm den Namen Iovius an (etwa gleichbedeutend mit der Abkunft von dem Gott Jupiter), während Maximian sich Herculius nannte. Somit war das Kaisertum auch sakral zementiert, wobei Diokletian seine Führungsrolle betonte. Ob der weitere Ausbau zur Viererherrschaft bereits zu diesem Zeitpunkt geplant war, ist in der Forschung umstritten.

Der Vorwurf, Diokletian habe das Prinzip begründet, dass der Kaiser dominus et deus (Herr und Gott) sei, ist so nicht korrekt, da die Anrede bereits früher, unter anderem bei Domitian, auftaucht. Richtig ist aber, dass Diokletian die sakrale Würde des Kaisers stärker betonte sowie dessen absoluten Herrschaftsanspruch herausstellte.

293 wurden zwei Caesares als Unterkaiser ernannt: Constantius Chlorus für den Westen, Galerius für den Osten. Beide wurden von den Augusti adoptiert. Die Wahl war praktischer Natur: Beide waren erfahrene Soldaten und konnten ihre Aufgabe, die Sicherung der Außengrenzen des Reiches, mit Bravour erfüllen. Konstantin, der Sohn des Constantius, sollte schließlich das System der Tetrarchie beenden und wieder zum dynastischen Prinzip zurückkehren.

Sicherung des Reiches und Reformtätigkeit Diokletians

Galerius ging schließlich gegen die Sassaniden im Osten vor und konnte sie, nach einem ersten Rückschlag, 297 (nach Ansicht anderer erst 298) bei Satala entscheidend schlagen, woraufhin Großkönig Narseh um Frieden bitten musste, was Rom im Frieden von Nisibis reichen Gebietszuwachs in Mesopotamien mit Nisibis sowie fünf Provinzen jenseits des Tigris einbrachte, wobei das römische Mesopotamien mit Befestigungen gesichert wurde. Ob die Römer sich mit diesem Vertrag wirklich so bescheiden verhielten, wie viele Forscher glauben, ist aber fraglich. Für die Perser war der römische Vorstoß über den Tigris auf Dauer inakzeptabel, erst nach der Aufgabe dieser Gebiete infolge des Vertrags von 363 sollte sich die Lage wieder beruhigen (siehe auch Römisch-Persische Kriege).

Während Galerius gegen die Sassaniden kämpfte, konnte Diokletian eine Erhebung in Ägypten niederschlagen. Anführer dieser Rebellion waren ein gewisser Lucius Domitius Domitianus und ein Mann namens Achilleus. Über beide ist so gut wie nichts bekannt, aber Diokletian konnte diesen Aufstand, der vielleicht erst durch das neue Steueredikt entbrannt war, erst durch das Zusammenziehen starker Truppenkontingente beenden; Alexandria kapitulierte wohl im Frühjahr 298. Aufgrund der Bedrohung der Südgrenze Ägyptens durch die Blemmyer verlegte Diokletian die Grenze zum ersten Katarakt zurück; anschließend begab er sich wieder an die persische Grenze.

Insgesamt hatte sich das System der Tetrarchie also bewährt; es war ein großer Erfolg, nachdem das Reich im vorausgehenden halben Jahrhundert im Durchschnitt alle zweieinhalb Jahre einen neuen Kaiser gesehen hatte und ständig am Rande des Bürgerkriegs schwebte und sich der außenpolitischen Gefahren nur mit Mühe hatte erwehren können. Auch am Rhein konnten Erfolge verbucht werden, so etwa gegen die Alamannen, Franken und andere germanische Stämme. Britannien, das sich kurzzeitig vom Reich gelöst hatte (siehe Carausius), wurde zurückgewonnen.

Diokletian veranlasste weitreichende Reformen. Bei vielen davon lässt sich allerdings nicht genau bestimmen, ob sie nicht erst von seinen Nachfolgern, insbesondere Konstantin I., durchgeführt wurden. Unter anderem wurden in einer Verwaltungsreform die Provinzen verkleinert, wodurch sich deren Anzahl deutlich erhöhte, und das System der Diözesen (großer zusammenhängender Verwaltungseinheiten) eingeführt. Die zivile Verwaltung wurde durchgängig von der militärischen getrennt, eine Aufteilung, die für die ganze Spätantike typisch wurde. Auch das neue Steuersystem der Capitatio-Iugatio wurde eingeführt. Es kam zu einer stärkeren Bindung der Bauern an ihr Land (Schollenbindung), was aber wohl kein Grund für die Aufstände der sogenannten Bagauden war, da diese bereits zuvor (um 270) ausgebrochen waren. Insgesamt kam es zu einem erhöhten Steuerdruck und einer Zentralisierung und Bürokratisierung der Verwaltung, die völlig untypisch für den Prinzipat gewesen ist, weshalb man auch der Spätantike insgesamt das Etikett eines „Zwangsstaates“ aufprägen wollte (Dominat), was aber in dieser Schärfe nicht haltbar ist. Denn objektiv betrachtet war diese „Bürokratisierung“, verglichen mit modernen Staaten, sehr moderat; auch die Klage in den Quellen über den zunehmenden Steuerdruck dürfte wenigstens teilweise subjektiv gefärbt sein. Vor allem sollten die Reformen eine bessere Verwaltung und fließende Steuereinnahmen garantieren, ohne die an eine Sicherung des Reiches nicht zu denken war: Da sich die äußeren Bedingungen verändert hatten, musste sich das Imperium diesen anpassen.

Auch das Heer wurde reformiert: Die Anzahl der Legionen wurde stark erhöht, allerdings gleichzeitig ihre Mannschaftsstärke auf rund 1000 Mann pro Legion reduziert. Die Grenzen wurden systematisch befestigt. Zudem baute Diokletian vielleicht den Anteil des Bewegungsheeres (Comitatenses) aus, die Bedeutung der Reiterei nahm weiter zu. Konstantin sollte auch auf diese Maßnahmen noch aufbauen.

All diese Reformen brachten Diokletian den Ruf ein, der große Reformator des römischen Staates gewesen zu sein, der das Reich nach der Reichskrise wieder stabilisierte. Dieses Lob gebührt ihm durchaus zu Recht: Seine Verwaltungsreform war bahnbrechend und schuf die Grundlage für den spätrömischen Staat. Allerdings ging es ihm dabei wohl weniger darum, etwas völlig Neues zu schaffen, als vielmehr das Alte auf eine neue Grundlage zu stellen und zu sichern. Auch die Frage, ob die Tetrarchie von vornherein als System angelegt war, ist, wie bereits erwähnt, in der Forschung umstritten.

Preisedikt

Auf einem Gebiet musste Diokletian allerdings eine Niederlage hinnehmen: Der Inflation stellte Diokletian sein Höchstpreisedikt entgegen, das wohl ohne Erfolg blieb, aber heute eine wichtige Quelle für die Wirtschaftsgeschichte der Spätantike ist. Allerdings vermuten einige Forscher, dass das Edikt nur einem begrenzten Ziel dienen sollte und dieses auch erreichte. In diesem Zusammenhang sind auch die Münzreformen des Diokletian zu sehen (293 und 301).

Das 301 erlassene Edikt, in dem Höchstpreise für Waren und für Arbeitsleistungen festgelegt wurden, ist inschriftlich erhalten. Darin wurden einheitliche Preise für landwirtschaftliche Produkte, Handwerkserzeugnisse und Dienstleistungen für das ganze Imperium bestimmt, womit die Anordnung von vornherein undurchführbar wurde. Die niedrigsten Tagelöhne erhielten die Hirten und Landarbeiter. Da die Preise für Handwerkserzeugnisse sehr hoch lagen, litt besonders die ärmere Bevölkerung unter diesem Edikt. Bei Übertretung der Preis- und Lohnvorschriften drohte die Todesstrafe. Da das Edikt weder die unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in den einzelnen Provinzen noch die Transportwege berücksichtigte, verlor es bald an Bedeutung, wurde aber formell niemals außer Kraft gesetzt.

Die letzten Jahre

Im Jahr 303 leitete Diokletian die letzte und brutalste Welle der römischen Christenverfolgung ein. Die Christenverfolgung war vor allem der politischen Theologie der Tetrarchie geschuldet, die einen Glauben wie das Christentum, das ja einen Ausschließlichkeitsanspruch vertrat, nicht akzeptieren konnte. Für einen Römer waren Staat und Religion nicht zu trennen. Die Verfolgung, die von den einzelnen Kaisern mit unterschiedlicher Intensität betrieben wurde, sollte bis 311 andauern und letztlich mit der Anerkennung des Christentums enden, als sich herausstellte, dass es sich nicht ausrotten ließ. Ebenso wurde der Manichäismus von Diokletian energisch bekämpft.

Der koptische Kalender zählt bis heute die Jahre seit Diokletian. Der erste Tag der sogenannten Märtyrer-Ära beginnt am Neujahrstag, dem 1. Tout des koptischen Jahres 1 (= 29. August 284 n. Chr.). Da das koptische Kalenderjahr genau 365,25 Tage hat, entspricht der koptische Neujahrstag heute dem gregorianischen 11. September.

Nach Diokletians Rückzug ins Privatleben im Jahre 305 – er war der einzige römische Kaiser, der freiwillig aus dem Amt schied – stellte sich heraus, dass das System der Tetrarchie nur von seiner Autorität zusammengehalten worden war. Im Jahre 308 musste Diokletian noch einmal in die Politik eingreifen: In Carnuntum fand unter seinem Vorsitz ein Kaiserkongress zwischen Maximian und Galerius statt, um die ausgebrochenen Streitigkeiten zu beenden, doch ohne Erfolg. Die Nachfolger führten in den folgenden Jahren mehrere Bürgerkriege, bis sich 324 mit Konstantin wieder ein einziger Kaiser durchsetzen konnte.

Diokletian verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in einem riesigen Palast, den er in der Nähe seines Geburtsortes Aspalthos (heute Split / Spalato) in Dalmatien bauen ließ. Er starb wohl nach 312 – in den Quellen werden 312, 313 und 316 genannt –, überlebte somit seine drei früheren Mitkaiser Constantius († 306), Maximian († 310) und Galerius († 311).

Literatur

Mehrere Werke, die explizit die Zeit Diokletians behandelten, sind verloren gegangen (so das Enkomion des Ägypters Soterichos). Die verschiedenen spätantiken Breviarien bieten knappe, aber nicht unwichtige Informationen. Die Darstellungen christlicher Autoren (wie Lactantius) sind aufgrund der von Diokletian betriebenen anti-christlichen Politik negativ gefärbt. Zu Details vgl. Kuhoff.

  • Alan K. Bowman: Diocletian and the first tetrarchy, A. D. 284–305. In: Alan K. Bowman u. a. (Hrsg.): The Cambridge Ancient History 12. The Crisis of Empire, AD 193–337. Cambridge 2005, ISBN 0-521-30199-8, S. 67ff. (Knapper, aber gut lesbarer und aktueller Überblick.)
  • Alexander Demandt, Andreas Goltz, Heinrich Schlange-Schöningen (Hrsg.): Diokletian und die Tetrarchie. Aspekte einer Zeitenwende. Berlin u. a. 2004, ISBN 3-11-018230-0. (Aktuelle Aufsatzsammlung mit Erörterung mehrerer Forschungsprobleme; vgl. fachwissenschaftliche Rezension bei H-Soz-u-Kult.)
  • Frank Kolb: Diokletian und die Erste Tetrarchie. Improvisation oder Experiment in der Organisation monarchischer Herrschaft?. Berlin/New York 1987.
  • Wolfgang Kuhoff: Diokletian und die Epoche der Tetrarchie. Das römische Reich zwischen Krisenbewältigung und Neuaufbau (284–313 n. Chr.). Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-631-36792-9. (Umfangreiche, aber schwer lesbare Darstellung.)
  • William Seston: Diocletien et la tetrarchie. Paris 1946. (Ältere Studie, dennoch lesenswert.)
  • Roger Rees: Diocletian and the Tetrarchy (Debates and Documents in Ancient History Band XV). Edinburgh 2004, ISBN 0-7486-1661-6.
  • Stephen Williams: Diocletian and the Roman Recovery. New York 1985. (Gut lesbare und informative Gesamtdarstellung.)

Weblinks


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