- Haus Sorgenfrei
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Haus Sorgenfrei ist ein architektonisch bedeutsamer Herrensitz mit einem schlossartigen Herrenhaus auf dem Augustusweg 48 in der Oberlößnitz, heute Radebeul. Das Anwesen besteht aus einem Haupthaus und weiteren Gebäuden in einer Park- beziehungsweise Gartenanlage. Es wurde für den Dresdner Bankier und Freiherrn Christian Friedrich von Gregory nach Plänen des Dresdner Architekten Johann August Giesel im Dresdner Zopfstil errichtet, einem spätbarocken Baustil im Übergang vom Rokoko zum Klassizismus. Der Name „Sorgenfrei“ ist eine Reminiszenz an das Potsdamer Schloss Sanssouci (frz. sans souci = ohne Sorge). [1]
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Der Gebäudekomplex besteht aus einem zweigeschossigen Herrenhaus mit U-förmigem Grundriss, rechts davon aus dem zweigeschossigen Gartensaal und links davon dem eingeschossigen Gärtnerhaus. Hinter dem Gärtnerhaus steht das etwas größere eingeschossige Presshaus mit Stallungen, hinter dem Saalbau steht ein weiteres, etwas kleineres eingeschossiges Nebengebäude. Eine Allee führt zu dem Herrenhaus, neben der sich rechts vor dem Gartensaal der untere Lustgarten befindet. Hinter der Gebäudegruppe ist der obere Lustgarten.
Das zweigeschossige Herrenhaus mit Walmdach hat mittig einen Dachaufbau mit einem überkuppelten Glockenturm mit Knauf und Wetterfahne. Am Aufbau befinden sich Festons, Vasenbekrönungen und eine Inschrift „SORGENFREI“. Darüber befindet sich eine Uhr, die durch Füllhörner geschmückt ist. Die Wetterfahne zeigt den Gregoryschen Greifen. Das komplett geputzte Gebäude hat ein massives Erdgeschoss und ein Obergeschoss aus Fachwerk. Der hölzerne Turm ist mit Blech verkleidet. Im Keller des Gebäudes befinden sich zwei Grundsteine mit der Inschrift „C. F. Gregory. Anno 1783“. Vor dem Gebäude steht ein geschmücktes Portal. Vor diesem wiederum befindet sich ein halbrunder Platz, auf dem die Zufahrtsallee mündet.
Das geputzte, zweigeschossige Festsaalgebäude hat etwa die gleiche Traufhöhe wie das Haupthaus. Der sich darin befindliche Gartensaal nimmt die ganze Länge ein und reicht über beide Geschosse. Die Fassade zum unteren Garten besteht fast nur aus hohen Fenstern mit einer Fenstertür in der Mitte nebst Platz für die geöffneten Klappläden. Das 1789 datierte Gebäude hat ein Walmdach mit hohen Gauben mit Stichbogenschluss. Im Vorbau auf der Rückseite befindet sich die Treppe zum Ober- und zum Dachgeschoss. Vorne vor dem Gebäude ist eine Gartenveranda, von der aus eine Treppe in die französische Gartenanlage des unteren Lustgartens führt, in welchem sich ein Brunnen mit Sphinx, umgeben von altem Baumbestand, befindet.
Das von 1787 datierende Gärtnerhaus links vom Haupthaus hat ein Walmdach mit Gauben, vor dem Gebäude befinden sich ein Beischlag und eine Terrasse. Das dahinter gelegene geputzte Presshaus datiert auf 1788, es hat zwei hohe, korbbogige Tore.
Der obere Garten hinter den Gebäude steigt auf Terrassen an, in der Mitte wird eine Treppenanlage durch vasengekrönte Postamente geführt. Das gesamte Grundstück gilt als Werk der Landschafts- und Gartengestaltung.[2]
Geschichte
Bereits im frühen 18. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle, am Fuß des Hausbergs, ein Weingut, das 1770 durch Erbschaft seiner Frau in den Besitz des aus Berlin stammenden Kaufmanns Albert Friedrich Gregory (1728–1776) kam. Dieser erweiterte das Anwesen noch im Jahr seines Todes 1776 durch den Kauf des benachbarten Spinshirnschen Weinbergs. Sein später zum Freiherrn geadelter Sohn, der Dresdner Bankier Christian Friedrich von Gregory, ließ auf dem Majoratsbesitz seiner Familie in den Jahren 1783 bis 1789 unter Verwendung von Teilen des Vorgängergebäudes das heute denkmalgeschützte[3] Ensemble im Dresdner Zopfstil errichten. In den Folgejahren errichtete Gregory auf dem Oberberg einen Drachentempel, der im Geist der Romantik nach dem Beispiel der Chinoiserien auf Schloss Pillnitz entstand. Dieser Tempel, den der Oberlößnitzer Maler Herbert König um 1866 im Bild festgehielt, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts wegen Neubebauung der Flächen verkauft und abgetragen.
Gregory schuf mit dem Erwerb der benachbarten Weinbergsbesitzung, die zur Villa Wach gehörte, sowie weiterer Weinberge 1790/1791 den mit etwa 10 Hektar lange Zeit größten zusammenhängenden Weinbergsbesitz der Oberlößnitz. 1798 erwarb er auch noch Schloss Wackerbarth in der Niederlößnitz,[4] 1799 den dort benachbarten Weinberg Fliegenwedel.[5] Die beiden letzteren gingen 1808 an August Josef Ludwig von Wackerbarth.
1920 verkaufte Oberst v. Gregory das Anwesen an seinen Neffen, den Radebeuler Architekten Alfred Tischer, der 1933 auf dem heutigen Nachbargrundstück Augustusweg 46 das Einfamilienhaus Alfred Tischer errichtete. 1940 verkaufte Tischer das Anwesen von Haus Sorgenfrei weiter, da die Behebung der im Laufe der Jahrzehnte entstandenen Bauschäden seine Mittel überstieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam das Anwesen in die Verwaltung der Stadt Radebeul, die das Haupthaus in mehrere Einzelwohnungen aufgeteilte. In diesen lebten unter anderem das Malerehepaar Erhard Hippold und Gussy Hippold-Ahnert, die im Gartensaal zur Sicherung ihrer Existenz eine Miederwarenwerkstatt betrieben, sowie der Ornithologe Rudolf Pätzold. Auch Robert Thren lebte im Haus Sorgenfrei.
Anfang der 1970er Jahre übernahm die städtische Gebäudewirtschaft das Anwesen und führte erste Sicherungs- und Werterhaltungsmaßnahmen durch. Nach der Reprivatisierung Anfang der 1990er Jahre erfolgte die Sanierung des Ensembles von 1994 bis 1999 in Anlehnung an das historische Vorbild; sie stellte eine mit den üblichen Kategorien der denkmalpflegerischen Sanierung nicht vergleichbare Leistung dar. Die damalige Bauherrschaft, die Familie Hanson, erhielt dafür im Jahr 2000 den Radebeuler Bauherrenpreis in der Kategorie Sonderpreis für die Sanierung eines kulturhistorisch wertvollen Ensembles sowie den Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege.
Heute befindet sich im Herrenhaus ein kleines Hotel und im Gartenhaus ein Gourmet-Restaurant. Der Park ist ganztags für Besucher geöffnet.
Literatur
- Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul. Stadtarchiv Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2. Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9.
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland. 1914.
- Barbara Bechter, Wiebke Fastenrath et al. (Bearb.): Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen I, Regierungsbezirk Dresden. Deutscher Kunstverlag, München 1996, ISBN 3-422-03043-3, S. 737–738.
- Cornelius Gurlitt: Die Kunstdenkmäler von Dresdens Umgebung, Theil 2: Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, Band 26, C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1904, S. 149 ff. (Digitalisat Oberlössnitz. Sorgenfrei. Blatt 166 ff.)
- Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen: Stadt Radebeul. SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3.
- Gert Morzinek: Historische Streifzüge mit Gert Morzinek. Die gesammelten Werke aus 5 Jahren "StadtSpiegel". premium Verlag, Großenhain 2007.
- Peter Peschel: Haus Sorgenfrei - Weingut und Sommersitz einer bürgerlichen Familie. In: Kulturlandschaft Lößnitz-Radebeul. Dresdner Hefte 54. Dresden 1998, S. 45–53.* verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul (Hrsg.): Beiträge zur Stadtkultur der Stadt Radebeul (1997 ff.)
Literarische Texte
- Heinz Czechowski: Radebeul, Oberlößnitz, Augustusweg 48: Haus Sorgenfrei (1973). In: Ders. Der Garten meines Vaters, Düsseldorf: Grupello 2003, S.58-75.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Große Kreisstadt Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz, 2., leicht geänderte Auflage 2006. S. 80f.
- ↑ Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. [Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen].. SAX-Verlag, Beucha 2007, S. 65–66 sowie beiliegende Karte.
- ↑ Denkmalliste Radebeul
- ↑ verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul (Hrsg.): Beiträge zur Stadtkultur der Stadt Radebeul (1997 ff.)
- insbesondere der Beitrag Winzerhäuser in Radebeul, von Georg Wulff et.al., ebd., 2003. - ↑ Matthias Donath, Jörg Blobelt (Fotos): Sächsisches Weinland. Historische Weingüter und Weinberghäuser im Elbtal. 1. Auflage. Redaktions- und Verlagsgesellschaft Elbland, Dresden 2010, S. 132–134.
51.10864166666713.675238888889Koordinaten: 51° 6′ 31″ N, 13° 40′ 31″ OKategorien:- Barockbauwerk in Radebeul
- Kulturdenkmal in Radebeul
- Ehemaliges Weingut (Radebeul)
- Herrenhaus in Radebeul
- Rokokobauwerk in Deutschland
- Alfred Tischer
- Erbaut in den 1780er Jahren
- Historische Weinberglandschaft Radebeul
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