Heinz Ohff

Heinz Ohff

Heinz Ohff (* 12. Mai 1922 in Eutin; † 24. Februar 2006 in Berlin) war ein deutscher Kunstkritiker und Feuilletonchef des Berliner Tagesspiegels von 1961 bis 1987 sowie Autor; er veröffentlichte auch unter dem Pseudonym N. Wendevogel.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Grabstätte, Stubenrauchstraße 43–45, in Berlin-Friedenau

Ohff kam in einer anglophilen Lehrerfamilie in der Holsteinischen Schweiz zur Welt. Sehr jung wurde Ohff zur Wehrmacht eingezogen und 1943 als Kriegsgefangener in einem Wüstenlager bei Casablanca interniert. Verhört wurde er dort u.a. durch Erika Mann, was dazu führte, dass er zur Farmarbeit in die USA geschickt wurde. Obwohl er Thomas Manns Tochter nie wieder begegnete, ging Ohff selbst davon aus, dass er ohne diese „Schlüsselbegegnung“ wohl nie Feuilletonredakteur geworden wäre („Der Tagesspiegel“ Nr. 16915, 26. Dezember 1999, „Ein literarisches Verhör in Afrika“). Bei der ab Oktober 1945 in der Amerikanischen Besatzungszone in Deutschland herausgegebenen Neuen Zeitung begann seine journalistische Laufbahn, die ihn über das „Heidelberger Tageblatt“, den „Weser-Kurier“ und die „Bremer Nachrichten“ 1961, im Jahr des Mauerbaus, zum Berliner „Tagesspiegel“ führte. Dort war er zusammen mit Wolf Jobst Siedler und später Hans Scholz für die Leitung des Feuilletons zuständig. Nachdem Siedler Verleger des Tagesspiegels wurde und auch Scholz 1976 ausschied, wurde er alleiniger Ressortchef neben dem Theaterkritiker Günther Grack. 1987 ging Ohff in den „Un“-Ruhestand.

In Zusammenhang mit der Malergruppe der so genannten „Jungen Wilden“, deren Berliner Zweig sich im Mai 1977 gründete und die Galerie am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg betrieb (wichtige Vertreter waren Rainer Fetting, Helmut Middendorf, Salomé und Bernd Zimmer, das „vierblättrige Ur-Kleeblatt vom Moritzplatz“ genannt), machte sich Ohff durch viele Artikel sehr verdient. Unter „Die Wilden sind wieder da“ in seinem Werk „Von Krokodilen und anderen Künstlern“ von 1982 setzte er sich mit ihnen kritisch auseinander. Im selben Werk sind u. a. auch Kritiken über Robert Rauschenberg, Joseph Beuys, Barbara Heinisch, Wolf Vostell, Bernard Schultze, Gerhard Richter und Walter Stöhrer zu lesen. Große Bekanntheit erlangte er mit seinen zahlreichen Biographien, beispielsweise über Karl Friedrich Schinkel, Theodor Fontane, Fürst Pückler-Muskau oder Königin Luise von Preußen und zuletzt Heinrich von Kleist. Ohff war zudem ein profunder Literaturkritiker und mit vielen Literaten bekannt und befreundet, dazu zählten u.a. Emil Belzner, Friedrich Burschell, Heinrich Eduard Jacob, William Somerset Maugham (ihn interviewte er 1957 für die Tagesschau) oder Kurt Wildhagen.

Ohff war Mitglied im P.E.N.-Zentrum Deutschland und langjähriger Präsident der deutschen Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes Association Internationale des Critiques d'Art (AICA) . Er war seit 1957 mit der Fotografin Christiane Ohff geborene Hartmann (*1935) verheiratet und lebte abwechselnd in Berlin und in der Künstlerkolonie von St Ives im südenglischen Cornwall. Ohff wurde auf dem „Stubenrauch-Friedhof“ in Berlin-Schöneberg beigesetzt.

Werke (Auswahl)

  • Pop und die Folgen oder die Kunst, Kunst auf der Straße zu finden. (Visualisiert von Wolf Vostell). Düsseldorf: Droste Verlag, 1968.
  • Hannah Höch. (Mit Bibliographie und Werkeverzeichnis von Hannah Höch.) Berlin: Gebr. Mann Verlag, 1968.
  • "Kunst ist Utopie". (Visualisiert von Hans Peter Willberg) Gütersloh: C. Bertelsmann Verlag, 1972
  • Anti-Kunst. Düsseldorf: Droste Verlag, 1973. ISBN 3-7700-0363-2.
  • Fritz Köthe. (Monographie und Werkverzeichnis von Fritz Köthe.) Berlin: Nicolai Verlag, 1976. ISBN 3-87584-048-8.
  • Auch sie waren Preußen: 15 Lebensbilder. Berlin: Safari-Verlag, 1979. ISBN 3-7934-1458-2.
  • Von Krokodilen und anderen Künstlern: 30 Kritiken aus 20 Jahren. Berlin: Galerie Ars-Viva-Edition, 1982. ISBN 3-923466-27-7.
  • 2mal Berlin (mit 38 Fotos von Christiane Hartmann-Ohff). München: Piper Verlag, 1985. ISBN 3-492-02854-3.
  • William Turner. Die Entdeckung des Wetters. München: Piper Verlag, 1987. ISBN 3-492-15205-8.
  • Ein Stern in Wetterwolken: Königin Luise von Preußen. München: Piper Verlag, 1989. ISBN 3-492-03198-6.
  • Elegie auf Potsdam: das Ende der Garnisonskirche (zus. mit Martin Seidel / Fotos). Berlin: Stapp Verlag, 1991. ISBN 3-87776-132-1.
  • Karl Friedrich Schinkel oder die Schönheit in Preußen. München: Piper Verlag, 2000. ISBN 3-492-22965-4.
  • Gebrauchsanweisung für England. München: Piper Verlag, 2001. ISBN 3-492-27504-4.
  • Preußens Könige. München: Piper Verlag, 2001. ISBN 3-492-23359-7.
  • Theodor Fontane. Leben und Werk. München: Piper Verlag, 2002. ISBN 3-492-22483-0.
  • Der grüne Fürst. Das abenteuerliche Leben des Hermann Pückler-Muskau. München: Piper Verlag, 2002. ISBN 3-492-23715-0.
  • Gebrauchsanweisung für Schottland. München: Piper Verlag, 2002. ISBN 3-492-27510-9 .
  • König Artus. Eine Sage und ihre Geschichte. München: Piper Verlag, 2003. ISBN 3-492-26554-5.
  • Peter Joseph Lenné. Berlin: Jaron, 2003, ISBN 3-89773-123-1
  • Königin Luise von Preußen. Ein Stern in Wetterwolken. München: Piper Verlag, 2005. ISBN 3-492-21548-3 (erw. Neuausgabe).
  • Heinrich von Kleist - Ein preußisches Schicksal. München: Piper Verlag, 2005. ISBN 3-492-24561-7.
  • Reiseleesboek Engeland (dt. Originaltitel: „Gebrauchsanweisung für England“). Utrecht: Spectrum Verlag, 2005. ISBN 90-274-9986-1.

Unter dem Pseudonym N. Wendevogel

  • Vielgeliebtes Heidelberg: N. Wendevogels Heidelberger Romanzen (mit Illustrationen von Hans Fischer & Horst Lemke). Heidelberg: Karl Bergmann Verlag, 1953.
  • Auf Reisen bin ich Mensch. Berlin: Stapp Verlag, 1983. ISBN 3-87776-951-9.
  • Zuhause und anderswo. Berlin: Stapp Verlag, 1984. ISBN 3-87776-952-7.
  • Ein Mensch ist unterwegs. Berlin: Stapp Verlag, 1987. ISBN 3-87776-953-5.

Herausgeber

Übersetzer

  • Das Leben der ersten Pfadfinderin Amerikas: Helen Boyd Higgins, von Julietta Low (von Heinz Ohff unter seinem Pseudonym N. Wendevogel aus dem Amerikanischen übersetzt). Heidelberg: Kerle Verlag, 1953.
  • Die heilenden Hände, Roman von Frank G. Slaughter (zusammen mit Heinrich Ringleb aus dem Amerikanischen übersetzt von Heinz Ohff). München: Kindler Verlag, 1955.
  • Das große Lügengarn: Von Trappern, Schelmen und anderen Amerikanern, von Walter Blair (aus dem Amerikanischen übersetzt von Heinz Ohff). München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1962.

Literatur

  • Eberhard Roters (Hg.): Von Krokodilen, Max & Moritz und anderen Wendevögeln. Für Heinz Ohff (erschienen zum 65. Geburtstag von Heinz Ohff am 12. Mai 1987). Berlin: Argon Verlag, 1987. ISBN 3-87024-117-9.
  • Michael Buselmeier: Literarische Führungen durch Heidelberg. Eine Stadtgeschichte im Gehen. Heidelberg: Verlag das Wunderhorn, 1996. ISBN 3-88423-100-6 (über Ohff sh. S. 54 und 123).
  • Hermann Rudolph: So kam die Moderne nach West-Berlin. Die liebenswürdigste Verkörperung des Kulturjournalismus: dem Biografen, Kritiker und Rätselmeister Heinz Ohff zum Achtzigsten; in: „Der Tagesspiegel“ Nr. 17760, Berlin, 12. Mai 2002; S. 30.
  • Bernhard Schulz: Liebe zur Kunst. Zum Tod unseres Kritikers Heinz Ohff; in: „Der Tagesspiegel“ Nr. 19121, Berlin, 3. März 2006; S. 29.
  • Rdh. [d.i. Hermann Rudolph]: Der Flaneur. Lebenskünstler, Kunstliebhaber [Heinz Ohff]; in: „Der Tagesspiegel“ Nr. 19187, Berlin, 11. Mai 2006; S. 27.
  • Lothar C. Poll: A Tribute of Heinz Ohff (1922-2006). Berlin: Polleditionen, 2006.
  • Ekhard Haack & Lothar C. Poll (Hg.): Schreiben für die Kunst. Lesebuch Heinz Ohff. Berlin: Polleditionen, 2007. ISBN 978-3-931-75900-1.

Ausstellungen

  • Heinz Ohff und die Künstler (Fotografien von 1978 bis 1987 von Christiane Hartmann). Vernissage: 11. Mai 2007; Dauer: 12. Mai bis 29. Juni 2007 in der Galerie der Kunststiftung Poll in Berlin (Mitte).

Auszeichnungen

Sonstige Ehrungen

Nachlass

1989 schenkte Heinz Ohff sein Archiv der Berlinischen Galerie, dem Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur. Es enthält Manuskripte und Materialien zu seinen Büchern, seine Korrespondenzen sowie in Zeitungen und Zeitschriften erschienene Artikel. Im Archiv befinden sich aber auch zahlreiche Porträts von Künstlern, die Ohffs Witwe, Christiane Hartmann-Ohff, aufgenommen hat. Zudem verwahrt die Berlinische Galerie Ohffs Fluxus-Bibliothek, die seltene Druckschriften enthält.

Weblinks


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