- Hochschule für Wirtschaft und Politik
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Die Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) wurde 1948 als Akademie für Gemeinwirtschaft gegründet und 2005 mit der Universität Hamburg fusioniert. Als Fachbereich Sozialökonomie bildet sie jetzt gemeinsam mit den Fachbereichen Betriebswirtschaftslehre, Sozialwissenschaften und Volkswirtschaftslehre die Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik ist - in einer wechselvollen Geschichte - entstanden aus der 1948 gegründeten Akademie für Gemeinwirtschaft. Initiatoren für die Gründung waren Genossenschaftler, Gewerkschafter und Sozialdemokraten, die 1945 nach den Erfahrungen mit Wissenschaftlern während des Dritten Reiches eigentlich die Universität demokratisieren und reformieren wollten. An der Universität sollte je ein Lehrstuhl für Gewerkschafts- und Genossenschaftswesen gegründet und der Führungsnachwuchs der Gewerkschaften und Genossenschaften sollte wie der Nachwuchs für leitende Stellen in der Wirtschaft an der Universität ausgebildet werden. Der damalige Hamburger Schulsenator Heinrich Landahl nahm die Anregung auf und förderte die Gründung eines eigenen Instituts - der Akademie für Gemeinwirtschaft -, um einerseits den Führungsnachwuchs von Gewerkschaften und Genossenschaften auszubilden, da deren führende Rolle beim Wiederaufbau und der Neuordnung der deutschen Wirtschaft noch für selbstverständlich gehalten wurde. Vorbild für den institutionellen Aufbau und den Lehrplan wurde die 1920 gegründete Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main. Unter der Mitwirkung von Karl Schiller wurde der Lehrplan entwickelt und der universitätsähnliche Aufbau des Instituts vorangetrieben.
1948, als der Unterricht beginnen sollte, waren durch Marshallplan und Währungsreform die Weichen für die Reetablierung der Marktwirtschaft in West-Deutschland gestellt und die wirtschaftsdemokratischen Neuordnungsvorstellungen der Gewerkschafter und Sozialdemokraten über einen "Dritten Weg" zwischen Sozialismus und Kapitalismus, die demokratische Gemeinwirtschaft - die im Gründungskonzept und im Namen der Institution ihren Niederschlag gefunden hatte - zerschlugen sich. Da der Name nun festgelegt war, wurde er auf den "Wirtschaftssektor" Gemeinwirtschaft bezogen: die Unternehmungen des Staates und der Gemeinden, die Genossenschaften und genossenschaftlichen Unternehmungen sowie die Gewerkschaften und die gemeinwirtschaftlichen Betriebe.
In einer marktwirtschaftlichen Umwelt kämpfte die Akademie für Gemeinwirtschaft zunehmend mit Vorurteilen und wurde deshalb 1961 in Akademie für Wirtschaft und Politik umbenannt. Ihr offizielles Unterrichtsziel war nun die Ausbildung mittlerer wirtschaftlicher Führungskräfte. Damit hatte sie in den 1960er Jahren so großen Erfolg, dass sie 1970, als die Fachober- und Fachhochschulen gegründet wurden, in die Hochschule für Wirtschaft und Politik umgewandelt wurde. Seit Anfang der 1980er Jahre wurde das Studium, das nach 6 Semestern zu einem Abschluss als Sozialwirt (grad.), Betriebswirt (grad.) bzw. als Volkswirt (grad.) geführt hatte, durch ein dreisemestriges Sozialökonomisches Studium ergänzt, dessen Abschluss als Dipl. Sozialökonom einen vollwertigen universitätsadäquaten Abschluss darstellte und zur Promotion berechtigte. Von 1991 bis zum 31. März 2005 war die HWP eine selbständige Universität als "Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik". Seit dem 1. April 2005 ist sie als Department Wirtschaft und Politik der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in der Hamburger Universität enthalten.
Selbstverständnis
Der Gründungskonzeption nach hatte die Akademie für Gemeinwirtschaft eine doppelte Zielsetzung: der einzuführenden Gemeinwirtschaft die im neuen demokratischen Geist ausgebildeten Führungskräfte zur Verfügung zu stellen und durch die Rekrutierung der Studierenden vor allem unter Arbeitern und Arbeiterkindern diesen eine vollwertige Hochschulbildung zu bieten.
Zugangsvoraussetzung zum Studium war nicht das Abitur, sondern das Bestehen einer umfangreichen Aufnahmeprüfung: Teilnehmen konnten auch Personen mit einem Hauptschulabschluss und einer gewerblichen Berufsausbildung, sofern sich der Personenkreis durch Teilnahme an Fortbildungsaktivitäten hinreichend vorbereitet hatte. Diese Zugangsweise charakterisiert die Institution als "Zweiten Bildungsweg". Sie sollte vor allem solchen Bewerbern offen stehen, "die durch die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse oder durch die besonderen Zeitumstände bisher von einer Hochschulbildung ausgeschlossen waren." (Bedingungen für die Zulassung zum Studium an der Akademie für Gemeinwirtschaft Hamburg - vom November 1953). Seit 1970 galt auch die Fachhochschulreife oder eine als gleichwertig anerkannte Ausbildung als Zugangsberechtigung. Das Studium dauerte bis 1966 vier, ab 1967 sechs Semester.
Von Beginn an handelte es sich um einen integrierten wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studiengang, der die Fächer Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Soziologie und Rechtswissenschaft umfasste. Alle Studierenden mussten alle vier Fächer studieren; bis in die 1960er Jahre gab es keinen fachspezifischen, sondern nur einen einheitlichen Abschluss der Akademie. Bis 1970 erhielten die Absolventen mit einem mindestens guten Studienabschluss die fachgebundene Hochschulreife für ein Weiterstudium in Wirtschafts- oder Sozialwissenschaften an der Universität. Ab 1970 erhalten alle Absolventen die allgemeine Hochschulreife. Nachdem man das auch an der Hochschule für Wirtschaft und Politik tun konnte, haben viele Absolventen des sechssemestrigen Studiengangs ihr Studium an der HWP fortgesetzt, anstatt an eine andere Universität zu wechseln. Der einheitliche Abschluss als Diplom-Sozialökonom signalisierte das Selbstverständnis der HWP, nicht eine Zuliefereinrichtung für die Universität zu sein, sondern einen qualitativ eigenständigen interdisziplinären Studiengang und Studienabschluss zu anzubieten, der nicht nur berufliche Karrieren ermöglicht, sondern auch einen differenzierten und genaueren Blick auf die Gesellschaft eröffnet, auf den sich die Hochschule auch in ihrem Leitbild beruft.
Der "Bildungsauftrag" der Akademie für Gemeinwirtschaft, an dem sich auch noch manche Dozenten der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik orientierten, wurde 1958 auf der Zehnjahresfeier der AfG von Heinz-Dietrich Ortlieb so formuliert: "Bildung liegt in der Erziehung zu sachlicher Haltung, zur kritischen Urteilsfähigkeit, zur Fähigkeit, sich gleicherweise in einen Stoff vertiefen und von ihm distanzieren zu können, sich bewusst zu werden, auf welchen Voraussetzungen ein Urteil beruht und unter welchen es allein Gültigkeit haben kann, und vor allem: Bildung gilt als geknüpft an die Fähigkeit, sich liebgewordener, aber fragwürdiger Voreingenommenheiten zu enthalten."
Bekannte Absolventen
- Walter Arendt, (Vorsitzender der IG-Bergbau, Arbeitsminister a. D.)
- Christian Carstensen MdB, Hamburg Nord
- Holger Carstensen, Hamburger Kaufmann, Galerist und Kunstsammler
- Caroline Beil, Fernsehstar
- Dietmar Beiersdorfer, (Sportchef beim Hamburger SV)
- Irmgard Blättel, (Ehemaliges Mitglied des DGB-Bundesvorstandes)
- Jan Ehlers, (Hamburger Sozialsenator a. D.)
- Björn Engholm, (Ministerpräsident von Schleswig-Holstein a. D.)
- Britta Ernst, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bürgerschafts-Fraktion Hamburg
- Klaus Ernst, (Mitbegründer und Vorstandsmitglied der WASG - Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit)
- Hans-Olaf Henkel, (Ehemaliger BDI-Präsident)
- Roland Issen, (Ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft)
- Ulla Jelpke, MdB
- Heinz Kluncker, (Ehemaliger Vorsitzender der ÖTV)
- Angelika Mertens, Parlamentarische Staatssekretärin a. D.
- Kornelia Möller, MdB
- Wilhelm Nölling, (Präsident der Landeszentralbank Hamburg)
- Heinz Ruhnau (ehem. Vorstandsvorsitzender der Lufthansa)
- Bernd Saxe, Bürgermeister der Hansestadt Lübeck
- Harald Schartau, (Wirtschaftsminister und SPD-Landesvorsitzender von Nordrhein-Westfalen a. D.)
- Hubertus Schmoldt, (Vorsitzender der IG Bergbau, Chemie, Energie
- Heinz Oskar Vetter, (Ehemaliger DGB-Vorsitzender)
- Thomas Westphal (ehemaliger Juso-Bundesvorsitzender)
- Manfred Wilke, Soziologie-Professor und DDR-Forscher
- Lucy Redler, deutsche Politikerin der Sozialistischen Alternative (SAV)
Bekannte Lehrende
- Andreas Ackermann
- Karl-Jürgen Bieback
- Stefan Breuer
- Ralf Dahrendorf (von 1958–1969)
- Heiner Flassbeck
- Leonhard Hajen
- Frigga Haug (bis 2001)
- Arne Heise
- Wulf D. Hund
- Harald Mattfeldt
- Friedhelm Neidhardt (von 1969-1971)
- Ulrich Mückenberger (seit 1985)
- Heinz-Dietrich Ortlieb
- Norman Paech (von 1982–2003)
- Udo Reifner (Institut für Finanzdienstleistungen e.V.)
- Helmut Schelsky (von 1949–1953)
- Gerhard Scherhorn (von 1966-1975)
- Herbert Schui (von 1980–2005)
- Lothar Zechlin (von 1980-2003)
Literatur
- Bärbel von Borries-Pusback: Keine Hochschule für den Sozialismus. Die Gründung der Akademie für Gemeinwirtschaft in Hamburg 1945 - 1955. Opladen (Leske und Budrich) 2002.
- Wulf D. Hund (Hrsg.): Von der Gemeinwirtschaft zur Sozialökonomie. 50 Jahre Hochschule für Wirtschaft und Politik Hamburg. Hamburg (VSA) 1998.
Siehe auch
Weblinks
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