- Karl Schiller
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Karl August Fritz Schiller (* 24. April 1911 in Breslau; † 26. Dezember 1994 in Hamburg) war ein deutscher Wissenschaftler und Politiker (SPD). Er war von 1966 bis 1972 Bundesminister für Wirtschaft und von 1971 bis 1972 zusätzlich Bundesminister der Finanzen. Er war federführend an der Entstehung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes mit seinen im „Magischen Viereck“ dargestellten Zielen beteiligt. Außerdem war er Initiator der konzertierten Aktion. Weil er der Globalsteuerung in Deutschland eine gesetzliche Grundlage gab, wird er häufig zusammen mit Ludwig Erhard als bedeutendster Wirtschaftspolitiker der Nachkriegszeit benannt.
Inhaltsverzeichnis
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur an der Hebbelschule in Kiel absolvierte Schiller ab 1931 ein Studium der Volkswirtschaftslehre und der Rechtswissenschaft in Kiel, Frankfurt am Main, Berlin und Heidelberg, das er 1935 als Diplom-Volkswirt und mit der Promotion zum Dr. rer. pol. über das Thema „Arbeitsbeschaffung und Finanzordnung in Deutschland“ [1] beendete. Während seines Studiums wurde er von der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert. Von 1935 bis 1941 war er dann als Leiter einer Forschungsgruppe am Institut für Weltwirtschaft in Kiel tätig. 1939 habilitierte er sich. Von 1941 bis 1945 nahm er als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil. 1947 nahm er einen Ruf der Universität Hamburg an und besetzte hier als Professor den Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie. Schiller zählte zu den Wegbereitern der 1948 gegründeten Akademie für Gemeinwirtschaft. Von 1956 bis 1958 amtierte er außerdem als Rektor der Universität Hamburg. Von 1948 bis 1966 war er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium.
Partei
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war Schiller von Juni 1933 bis 1938 Mitglied der SA. Am 1. Mai 1937 trat Schiller in die NSDAP ein (Mitglieds-Nr. 4.663.250), in der er 1938 Politischer Leiter der Kieler Ortsgruppe Klaus Groth wurde.
Im Rahmen seines Studiums und seiner Lehrtätigkeit war Schiller zusätzlich Mitglied folgender NS-Organisationen: von Juni 1933 bis 1935 Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund, ab 1934 NS-Rechtswahrerbund (Mitglieds-Nr. 82.421), ab 4. Mai 1939 NS-Dozentenbund (Mitglieds-Nr. 4981).[2][3]
Von 1946 bis 1972 sowie erneut ab 1980 war er Mitglied der SPD. 1972 beteiligte er sich gemeinsam mit Ludwig Erhard an einer Anzeigenkampagne der CDU, in der beide als Hüter der Marktwirtschaft auftraten.
Abgeordneter
Von 1946 bis 1957 war er Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Von 1965 bis 1972 war er dann Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von 1965 bis 1966 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.
Öffentliche Ämter
Von 1948 bis 1953 war er Senator für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg. Von 1961 bis 1965 war er im Senat des Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt Senator für Wirtschaft in Berlin.
Dem Kabinett der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger gehörte er ab dem 1. Dezember 1966 als Bundesminister für Wirtschaft an. In dieser Zeit prägte er den Begriff der Ablaufpolitik. Er arbeitete in dieser Zeit eng mit dem Bundesfinanzminister Franz Josef Strauß zusammen. Beide erhielten daraufhin in der Öffentlichkeit den Spitznamen Plisch und Plum (nach Wilhelm Busch).
Dem ersten Kabinett von Bundeskanzler Willy Brandt gehörte er wiederum als Bundesminister für Wirtschaft an. Nach dem Rücktritt des Bundesfinanzministers Alexander Möller am 13. Mai 1971 wurde er zum Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen ernannt. Von diesem Amt trat er am 7. Juli 1972 aus Protest gegen die von Bundeskanzler Brandt getroffenen wirtschaftspolitischen Entscheidungen zurück und schied damit aus der Bundesregierung aus.
Am 2. Juli 1972 legte er schriftlich seine Rücktrittsmotive nieder: „Ich bin nicht bereit, eine Politik zu unterstützen, die nach außen den Eindruck erweckt, die Regierung lebe nach dem Motto: Nach uns die Sintflut.“ Damit meinte er die zunehmende Staatsverschuldung, zu deren Reduzierung der Bundeskanzler nicht bereit war.
Dem Bonner Volksmund ist Karl Schiller bis heute ein Begriff; den Park des Schlosses Haus Carstanjen, in den 1970er Jahren Sitz des Bundesfinanzministeriums, nennt man bis heute einfach den Schillerpark.
Senate und Kabinette
- Senat Brauer I Hamburg 1948−1950 Behörde für Wirtschaft und Verkehr
- Senat Brauer II Hamburg 1946−1950 Behörde für Wirtschaft und Verkehr
- Senat Brandt II Berlin 1959−1963 Senator für Wirtschaft
- Senat Brandt III Berlin 1963−1965 Senator für Wirtschaft
- Kabinett Kiesinger 1966−1969 Bundeswirtschaftsminister
- Kabinett Brandt I 1969−1972 Bundeswirtschaftsminister, Bundesfinanzminister
Ehrungen
1983 wurde Schiller Ehrensenator der Universität Hamburg[4]. Der Hamburger Senat verlieh Schiller 1986 die Bürgermeister-Stolten-Medaille. 1991 wurde er mit dem Großen Bundesverdienstorden mit Stern und Schulterband ausgezeichnet.
Werke
- Arbeitsbeschaffung und Finanzordnung in Deutschland. Junker und Dünnhaupt, Berlin 1936.
- Marktregulierung und Marktordnung in der Weltagrarwirtschaft. Fischer, Jena 1940 (Probleme der Weltwirtschaft; 67).
- Aufgaben und Versuche: zur neuen Ordnung von Gesellschaft und Wirtschaft. Reden und Aufsätze, Hansischer Gildenverlag, Hamburg 1953.
- Betrachtungen zur Geld- und Konjunkturpolitik. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1984 (Vorträge und Aufsätze / Walter-Eucken-Institut; 102).
- Möglichkeiten und Grenzen der sozialen Marktwirtschaft. Reinhard Appel im Gespräch mit Professor Dr. Karl Schiller, Hess. Sparkassen- u. Giroverband, Frankfurt am Main 1989.
- Der schwierige Weg in die offene Gesellschaft. Kritische Anmerkungen zur deutschen Vereinigung, Siedler, Berlin 1994.
- Wachstum, Stabilität, Gleichgewicht. Vorträge, Reden, Aufsätze Mit Würdigungen von Peer Steinbrück und Klaus von Dohnanyi. Hrsg. von Detlef W. Prinz. [Karl-Schiller-Stiftung e.V.], Keyser, Leipzig 2007.
Literatur
- Matthias Hochstätter: Karl Schiller - eine wirtschaftspolitische Biografie. Dissertation, Hannover, 2006. [1] oder [2]
- Torben Lütjen: Karl Schiller (1911–1994). „Superminister“ Willy Brandts. Bonn, 2007.
- Uwe Bahnsen: Karl Schiller. Hamburg, 2008.
Einzelnachweise
- ↑ Karl Schiller, Dr. rer. pol. Die Zeit Nr. 6/1970 vom 6. Februar 1970.
- ↑ Dokumente im Faksimile abgedruckt in: Nationalrat der Nationalen Front der DDR (Hrsg.): Graubuch - Expansionspolitik und Neonazismus in Westdeutschland (2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Seiten 208-211) (Staatsverlag der DDR, Berlin 1967)
- ↑ Angaben bestätigt durch Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 534.
- ↑ Ehrensenatorinnen und Ehrensenatoren der Universität Hamburg
Siehe auch
Wikiquote: Karl Schiller – ZitateCommons: Karl Schiller – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWeblinks
- Literatur von und über Karl Schiller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tabellarischer Lebenslauf von Karl Schiller im LeMO (DHM und HdG)
- Karl-Schiller-Stiftung
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