- Hubertusburg
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Hubertusburg ist eine ehemalige königlich-sächsische Hofresidenz und das größte barocke Jagdschloss Sachsens. Es liegt in Wermsdorf, 11,8 km westsüdwestlich von Oschatz.
Bedeutung der Anlage
Die bis heute europaweite architektonische und landschaftsbauliche Bedeutung der Anlage liegt in der Logik ihrer baulichen Logistik, der harmonischen Gliederung der Massen und damit souveränen[1] Sicherheit im Umgang mit dem Hauptgestaltungsmerkmal der Architektur, dem Raum.
Baubeschreibung
Das eigentliche Schloss steht inmitten eines Gebäudeensembles, das Ausdruck seiner wechselseitigen Nutzungsgeschichte ist. Das Schlossgebäude stellt ein Rechteck dar, in dem sich ein rechteckiger Hof befindet. Die Hauptfront besteht aus einem ovalen Risalit mit fünf Achsen in der Mitte. Der Bau besteht aus drei Geschossen in Lisenenarchitektur. Der ovale Mittelrisalit ist zweigeschossig. In dem im Grundriss gebogenen Frontispiz befindet sich ein Reichsvikariatswappen mit Doppeladler und sächsisch-polnischen Wappen im Schilde von König August III. von Polen aus 1740. Über dem Mittelbau befindet sich ein vierseitiger Dachreiter mit gebrochenen Ecken und einer Zwiebelhaube. Als Windfahne dient ein springender Hirsch. Rechts des Mittelbaus befindet sich das Brühlsche Palais, heute katholisches Pfarramt. Im Mittelbau befindet sich ein ovales Vestibül, das an einen rechtwinkligen Raum grenzt, der die Treppe aufnimmt. Im Vestibül stehen Plastiken des Bildhauers Johann Christian Kirchners aus dem Jahre 1720, die Frühling, Sommer, Herbst und Winter darstellen. Im Obergeschoss befindet sich im ovalen Mittelbau der Hubertussaal. Von seiner ursprünglichen Ausstattung ist das Mittelfeld mit dem in Stucco lustro ausgeführten schwebenden Kinderengeln mit Emblemen der Jagd, Kränze, Vögel und Wolken erhalten. Ebenso erhalten ist das originale Parkett. Im Erdgeschoss befindet sich die Schlosskapelle.[2] In der Westecke des Vorplatzes ist eine Pferdeschwemme. Der mit dem Auto anreisende Besucher kommt aus Nordosten über das Oschatzer Tor, der Haupteingang liegt im Norwesten in Form eines Torhauses, des Wermsdorfer Tors.[3] Aus der ersten Bauperiode stammen die beiden H-förmigen Gebäude links und rechts vom Schlosshof mit ihren drei Achsen breiten Pavillons an den Ecken und in der Mitte. Die Rokokokartuschen über den Fenstern der Hauptgeschosse weisen in das erste Viertel des 18. Jahrhunderts.[2]
Königlicher Marstall
Die viertelkreisförmig schwingenden Kavaliers- und Verwaltungstrakte stoßen an die großen H-förmigen Trakte der Wirtschaftsanlagen und des einst international beachteten Marstalles mit 240 Ständen. In den Ställen leitete eine Rinne die Gülle im Mittelgang in ausgehölte Pfeiler des Untergeschosses in die Schleusen ab. Im rechten Langflügel war eine Reitschule mit Zuschauerlogen und im zweiten Obergeschoss ein Magazin für Kleidung, Decken und gebrauchten Waffen untergebracht.[1]
Namenspatron
siehe hierzu Hubertus von Lüttich
Baugeschichte
Zum Hubertusfest am 3. November 1721 gab August der Starke bekannt, einen Bau ausführen zu lassen, der den königlich-sächsischen Anforderungen entsprechen sollte und trug die Direction des Baues dem Obrist-Lieutnant Naumann auf. Damit wurde in nur drei Jahren Bauzeit ein barockes Jagdschloss geschaffen, das zu den größten in Europa zählte[4]. In dieser Zeit ist der südliche Vorhof, der so genannte Deutsche Jägerhof mit dem Bäckertor, welches nach Reckwitz führt, entstanden.[5]
Erste Bauperiode unter Johann Christian Naumann 1721–1732
Die Arbeiten unter Johann Christoph von Naumann an dem Schloss begannen in Wermsdorf 1721. Vier Kompanien Soldaten hoben den Baugrund aus, und etwa 700[6] Handwerker waren beteiligt.[7] Bereits 1724 war der Bau fertiggestellt. Neu angelegte Poststraßen führten zum Schloss über Stauchitz nach Meißen und Dresden und auf der anderen Seite über Wurzen nach Leipzig. Das erste Schloss war ein stattlicher Bau mit zwei den Ehrenhof umfassenden Flügeln. In der Achse befand sich ein Risalit mit abgeschrägten Ecken. Die äußere Architektur war schlicht. Wirkungsvoll war die Turmanlage über dem hohen Mansarddach des Mittelrisalits. Die Kapelle kam in der Fassade nicht zum Ausdruck.[2] Das hatte seinen Grund, denn damit sollte die Unterordnung der neu entstehenden katholischen Kirche unter den Willen des sächsischen Königs demonstriert werden. Denn allein auf Grund seiner errungenen politischen Macht in Polen war die Rückkehr des katholischen Glaubens ins protestantische Kursachsen möglich geworden. Es war das geistige Erbe des alten staufischen Idealismus der körperlichen Einheit von Kirche und Staat, wie er in Wirklichkeit politisch nie vollzogen wurde. Von diesem Naumannschen Bau haben sich lediglich Teile der Umfassungsmauer und diese manifestierte Naumannsche Idee der architektonischen Unterordnung der Kirche unter dem Dach des Staates auch im Nachfolgebau erhalten.
Zweite Bauperiode unter Johann Christoph Knöffel 1733–1752
Der Umbau des dreiflügeligen Hauptgebäudes zur heute erlebbaren viertelkreisförmigen Rundflügelanlage zog sich in drei Etappen bis ins Jahr 1752 hin. Hierbei waren zu diesem Zeitpunkt große Teile der künstlerischen Kräfte der kursächsischen Residenz mit Ausstattung und Inneneinrichtung von Schloss Hubertusburg beschäftigt. Mit dem Bau der Vierkreisflügel sollte der schlichte, einfache und ländliche Charakter der ersten Anlage architektonisch überwunden werden. Die Pläne dazu lieferte der Oberlandesbaumeister Johann Christoph Knöffel. Nach seinem Tode beendete sein Nachfolger Julius Heinrich Schwarze die Umbauarbeiten am Hauptpalais.[8] Besonders prunkvoll wurden die Repräsentationsräume in der ersten Etage und der Westflügel mit dem großen Hubertussaal ausgestattet. Für die Stuck- und Marmorarbeiten der Innenräume war der italienische Künstler Giuseppe Bossi zuständig.[9] Eine elegante Treppenanlage mit Vorsaal für das spanische Hofzeremoniell führte zu diesem Saal hinauf.[10] 1737 erfolgte der Bau des neuen Jägerhofes, bestehend aus zwei parallel laufenden Reihen zweistöckiger Wohngebäude, der den Namen Französischer Jägerhof erhielt.[5] Darin untergebracht waren das Jagdpersonal, die Stallungen und Zwinger, Vorrats - und Sattelkammern, die Arbeitsräume des Jagdsattlers und -schneiders, dann die Schlafkammern der Hundeburschen und Reitknechte. Weiterhin befanden sich im Jägerhof die Unterkünfte des Jagdbäckers, des Rossarztes, des Wagenmeisters und des Jagdschmiedes.[5] Nach der Fertigstellung des Französischen Jägerhofes wurde der Deutsche Jägerhof zum Küchenhof umgestaltet.[11] Diese Veränderung der Königlichen Mund-Marschall-Tafel und Bey-Küche war durch die Vergrößerung des Hofstaates nötig geworden. Dazu wurde 1745 der Lust- und Küchengarten bis an den Weg, der Wermsdorf mit Mutzschen über den vorderen Horstseedamm verbindet, vergrößert.[11]. 1739 wurde der ganze östliche Flügel bis auf den Grund abgetragen.[12] Der sächsische Premierminister Graf Heinrich von Brühl nahm eine Sonderstellung innerhalb des Hubertusburger Hofes ein und besaß ein eigenes Palais. 1740–1751 entstand die noch vollständig vorhandene Schlosskapelle im Rokoko-Stil.
Nutzungsgeschichte und Zäsuren
Königlich Sächsische Hof- und Jagdresidenz
Die Parforcejagd war ungeheuer aufwendig, 250 Hunde der königlich-sächsisch-polnischen Hundemeute mussten täglich von Piqueuren geführt und abgerichtet werden.[13] Parforcejagden waren zeremonielle Luxusjagden mit teils stundenlangen strapaziösen Jagdritten, die auch mit Wechsel der Pferde verbunden waren. Für das kleine Dorf Wermsdorf war die Verlegung des Hofes von Dresden nach Wermsdorf in den Wochen der Hofjagd stets ein großartiges Erlebnis. Neben den Jagdparaden und Ausfahrten der Hofgesellschaften waren es die prächtigen Suiten mit ihren Lakaien in gelb-blauen Uniformen und silberbetressten Dreispitzen. Hofzofen, Kammerdiener, Sekretäre, polnische Kammerjunker und das Gefolge von ausländischen Gästen, welches im Dorf untergebracht und bewirtet werden musste. Die Jagd- und Hofresidenz zog auch „liderliches Gefolg“ und Prostituierte an.[14] Mit enormen Aufwand wurden die Vorbereitungen für Jagdparade, Frühstück und Mittagstafel im Freien betrieben, allein der große Jagdaufzug zum Hubertustag am 3. November ließ den Bediensteten und Helfern der Parforcejagdequipage keine Zeit, an den religiösen Festlichkeiten ihres Schutzpatrones teilzunehmen. Deshalb feierten die Jagdbediensteten immer ihr eigenes Hubertusfest erst, nachdem das Königspaar Ende November nach Dresden zurückgereist war. Graf Heinrich von Brühl war kein großer Jagdfanatiker, er war nur dann selbst bei den Jagden beteiligt, wenn es die Hofetikette unbedingt erforderte. Im März 1755 übernahm er als Chef- und Oberkommandant die Oberdirektion der Hubertusburger Parforcejagdequipage.[13] Als Diplomat und Staatsmann verfügte er in Hubertusburg nicht nur über eine eigenes Palais, sondern über eine eigene Küche und entsprechend eigenes Personal. Er war für die Unterbringung und Versorgung der Gesandten und Diplomaten verantwortlich. Ab 1748 zeichnete sich durch eine massiv steigende Verschuldung die beginnende sächsische Staatskrise ab. König August III. wurde durch das geheime Kabinett, aber vor allem durch Brühl nicht über die verschärfte Finanzlage und die Veränderungen in der europäischen Politik aufgeklärt, was letztendlich auf die Konfrontation Kursachsens mit Preußen hinauslief und in der Katastrophe des Siebenjährigen Krieges enden sollte.[10] 1755 wurde am 29. November 1755 mit der Rückkehr des Königspaares nach Dresden das letzte Hubertusfest im Schloss veranstaltet.[13]
Plünderung im Siebenjährigen Krieg 1761
Zum Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 lebten 56 Familien kostenfrei in Hubertusburg.[15] Das waren Hofangestellte, aber auch nach deren Tode deren Verbliebenen, welche in kostenlosen Gnadenwohnungen weiter wohnen durften. 1756 floh König August III. mit Brühl nach Warschau und ließ seine Frau, die Kurfürstin Maria Josepha von Österreich mit den beiden Kurprinzen allein in Dresden zurück. 1757 rückte der Krieg immer näher, 1760 wurde Dresden durch preußische Truppen verwüstet. In der nahen Umgebung brachen Ruhr - Epidemien aus.[15] Als Österreicher, Sachsen und Kosaken Charlottenburg verwüsteten, befahl Friedrich II. von Preußen, als er 1760 auf einem Eilmarsch von Schlesien nach Berlin die sächsische Grenze erreicht hatte, als Sühne dafür das Jagdschloss Hubertusburg zu plündern. Er beauftragte dazu seinen preußischen Oberst Johann Friedrich Adolf von der Marwitz der den ganzen Siebenjährigen Krieg über erfolgreich das preussische Regiment Gens d'armes führte. Marwitz verweigerte aber den Befehl, fiel darauf in Ungnade und musste abdanken.[16] Erst das Freibataillon des Quintus Icilius aus einer Réfugiésfamilie (Guichard aus Magdeburg) führte den Plünderungsbefehl aus. Danach wurde das Schloß von zwei jüdischen königlichen Hoffaktoren aus Berlin, Veitel Heine Ephraim und Daniel Itzig in drei weiteren Monaten endverwertet. Dem Turm wurden die großen Glocken und die Uhr entnommen, von den Dächern wurde die Kupfereindeckung abgerissen, das Blattgold von den Klinken geschabt und vor Ort eingeschmolzen.[6] Vor den Plünderungen blieb die Schlosskapelle nur deswegen verschont, weil der damalige Hofkaplan und Jesuitenpater Anton Robert Schubert 1761[17] vor dem König Friedrich II. von Preußen auf den Knien um Gnade flehte.[18] Zwei Menschen kamen bei den Plünderungen ums Leben.[6]
Der Hubertusburger Frieden am 21. März 1763
Um mit den Friedensverhandlungen zu beginnen, mussten im ausgeplünderten Schloß Tische und Stühle aus umliegenden Gasthöfen ausgeborgt werden. Die endgültige Verträge wurden dann am 21. März 1763 im Schloss Dahlen unterzeichnet (siehe hierzu Frieden von Hubertusburg). Nach dem plötzlichen Todes König August III. am 5. Oktober 1763 durch Schlaganfall, lösten der neue Kurfürst Friedrich Christian und die Restaurationskommission am 9. November 1763 die Hubertusburger Parforcejagdequipage auf.[13] Doch auch Kurfürst Friedrich Christian starb nur einen Monat später am 17. Dezember 1763. Sein Nachfolger Friedrich August I. von Sachsen sicherte den geplünderten Bau, deckte die Dächer wieder mit Kupfer und Schiefer und zog einfache Fenster ein.[6] In den zahlreichen leerstehenden Räumen wurden 1795 56 Gnadenwohnungen an ehemalige Hofbeamte, pensionierte Offiziere und Hinterbliebene sozial höher gestellter Persönlichkeiten vergeben.[12]
Steingutfabrik 1770
Kurfürst Friedrich August I. genehmigte am 31. Mai 1770 die Gründung einer Fabrikat zu Herstellung von Fayence - Geschirr mit genauer Vorschrift zur Art des herzustellenden Geschirrs, um Konkurrenzproduktion zur Porzellannmanufaktur Meißen zu vermeiden. 1771 wurde die Produkte auf der Leipziger Michaelismesse ein großer Erfolg. 1776 übernahm der Kurfürst die Manufaktur selbst. Mit dem neu auf den Markt kommenden Steingut konnte das Fayence-Geschirr aufgrund der geringeren Festigkeit und des höheren Preises auf Dauer nicht mit halten. So schwenkte man um und begann ebenfalls mit der Produktion von Steingut, welches durch verbesserte Glasurrezepte verbessert wurde. Die Manufaktur hatte eine derartig große Nachfrage, dass der Betrieb 1799 räumlich erweitert werden musste. Das benötigte Kaolin kam aus Kemmlitz, 1780 aus Pommlitz, 1814 aus Neusornzig, 1817 aus Mahlis, 1819 aus Mutzschen und 1824 aus Glossen. Mit Beginn der Kontinentalsperre ab 1815 brach der Umsatz ein. Man versuchte mit Kupfer - und Steindruck, sowie später mit Emaillemalerei dem Trend entgegenzuwirken, doch der Markt blieb schwierig. Neue Fabriken in Colditz und Rochlitz entstanden, aus Thüringen drängten Billigwaren auf den Markt. 1834 verkaufte der sächsische König die Manufaktur. 1848 meldete das Unternehmen Konkurs an. 1850 kauft der sächsische Staat die Gebäude an, welche dann Teil der Landesanstalt wurden. 1979 wurde bei Bauarbeiten im ehemaligen Barockgarten meterdicke Scherben-Bestände gefunden, das Erbe der einstigen Steingutfabrik Hubertusburg.[19]
Militärmagazin
1791 wurde durch Friedrich August I. von Sachsen im Hauptschloß ein Militärmagazin eingerichtet.[4] Es bestand bis 1877. Dazu wurde der Große Hubertussaal mit doppelten Getreidebögen durchzogen und die Säle und Zimmer der ersten und zweiten Etage zu Lagerböden vorgerichtet.[6]
Lazarett 1813–1815
1813 musste die Magazinverwaltung ihre eingelagterten 17961 Scheffel (entspricht 1855 m³) Korn, 8882 Scheffel Hafer und 7498 Zentner Mehl aus dem Schloß räumen, um für Tausende von Verwundeten und Sterbenden Platz zu machen. Es waren die Reste der Grande Armée, welche geschlagen aus Rußland heimkehrte. Auch die Gnadenbewohner mussten das Schloß räumen.[12] Es wurde ein sächsisches Lazarett eingerichtet. Am 25. Juli 1813 musste ein weiteres französisches Lazarett eingerichtet werden. Am 12. September 1813 musste das Lazarettkommando die beiden Lazarette gegen eindringende österreichische und russische Kavalerie verteidigen. Auf dem Schloßhof kam es zu blutigen Gefechten. Der Strom der Verwundeten und Verstorbenen erhöhte sich drastisch mit der Völkerschlacht bei Leipzig. Die Zahlen der Eingelieferten wurde nicht mehr erfasst, Schätzungen gehen aber von zwölf- bis dreizehntausend Toten aus, die in der Umgebung in Massengräbern verscharrt wurden.[12]
Königlich Sächsische Jagdresidenz 1815–1918
Hubertusburg wurde nach 1815 eingeschränkt wieder königliches Jagdschloss, denn König Friedrich August I. war ein eifriger Freund der Jagd.[12]
Strafanstalt
Ab dem 1. Mai 1840 wurde ein Landesgefängnis zur Verbüßung längerer Gefängnisstrafen und eine Strafanstalt zur Verbüßung von Arbeitshausstrafen für weibliche Verbrecher eingerichtet.[20] Die Arbeitshausstrafe war mit dem neuen Kriminalgesetz vom 20. März 1838 erstmalig in Sachsen eingeführt und war milder als Zuchthaus und härter als Gefängnis. Die Insassen mussten dazu Einheitskleidung tragen und wurden zum Arbeiten gezwungen. So waren im Durchschnitt bis 1854 einhundertsiebzig Gefangene inhaftiert, die weiblichen Häftlinge stellten davon mit siebzig Prozent die Mehrheit. Die Mehrzahl der zu verbüßenden Vergehen waren Diebstahl und Veruntreuung, Betrug und Münzverbrechen. 1851 kamen 33 Hochverräter hinzu.[20] [6] 1872 wurde das Landesgefängnis aufgelöst. August Bebel und Wilhelm Liebknecht waren die letzten Inhaftierten im Schloss Hubertusburg.[4] In der DDR-Geschichtslehre wurde diese Inhaftierung Bebels und Liebknecht ideologisch verbrämt und von grausamer und entbehrungsreicher Festungshaft gesprochen. In Wirklichkeit gefiel es Bebel in Wermsdorf, er erholte sich, bildete sich fort und sprach später sogar von seiner "Haftuniversität" (siehe hierzu August Bebel).
Landeshospital
1838 eröffnete eine Vereinigung der Hospitäler St. Jakob Dresden und St. Georg Döbeln als neues vereinigtes Landeshospital Hubertusburg. 1853 wurde dem Hospital eine Abteilung II hinzugefügt. Grundvoraussetzung zur Spitalaufnahme war ein Mindestalter von 50 Jahren und eine entsprechende Bedürftigkeit.[12]
Versorgungshaus für weibliche Geisteskranke
1850 wurde diese Anstalt eingerichtet. Unterschieden wurde Verpflegte in drei unterschiedlichen Klassen.[12]
Erziehungsanstalt für blödsinnige Kinder
Diese Einrichtung wurde am 3. August 1846 gegründet. Grund war die Tätigkeit eines Vereins für Staatsarzneikunde im Königreiche Sachsen.[12]
Blindenvorschule
Eine damals einmalige Einrichtung war die Blindenvorschule der vereinigten Landesanstalten zu Hubertusburg, in der bis zu 60 Kinder betreut wurden.[4] Sie wurde am 1. Juli 1862 eingerichtet.[12]
Unteroffiziersvorschule der Wehrmacht
Ab 1941 folgte auch die Luftwaffe dem Vorbild des Heeres und schuf Unteroffiziers-Vorschulen, darunter in der Hubertusburg die Unteroffizierschule 1.
Militärlazarett
Bereits vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde das Schloß als Militärlazarett genutzt.[21]
Amerikanische und russische Kommandantur
Am 25. April 1945 zogen die Amerikaner in Hubertusburg ein.[22] Am 5. Mai 1945[21] übernahmen die Sowjets die Macht in Wermsdorf. Die Sowjetsoldaten plünderten und vergewaltigten.[23] In der Schlosskapelle wurde ein russisches Offizierskasino eingerichtet.[24] Während dieser Zeit wurde die Schrammm-Orgel von 1749 fast völlig zerstört, die Sowjets schnitten sich das Leder aus den Blasebälgern heraus und entwendeten fast alle Pfeifen. Alle Gehfähigen des Lazarettes wurden entlassen, einzelne nach Mühlberg ins sogenannte Kriegsgefangenenlager verschleppt.[21]
Kliniken Hubertusburg
Im Herbst 1945 eröffnete die Landesverwaltung Sachsens in der Hubertusburg ein Allgemeinkrankenhaus mit einer inneren und chirurgischen Abteilung. Die Krankenanstalt Hubertusburg wurde eine der größten Gesundheitseinrichtungen im ehemaligen Bezirk Leipzig, aus der 1973 die Kliniken Hubertusburg hervor gingen. Die Medizinische Fachschule wurde im Februar 1954 eröffnet. Die Poliklinik Hubertusburg wurde mit Sprechstunden von zehn Fachabteilungen zu einem medizinischen Zentrum für das gesamte Gebiet um Wermsdorf. Von den orthopädischen Werkstätten hatte die Schuhmacherwerkstatt besondere Bedeutung für Erprobung und Neuentwicklung von Werkstoffen für die Orthopädietechnik, die auch international starke Beachtung fand.[4]
Nutzung heute
Die Sanierung der Schloßanlage finanzierte allein der Freistaat Sachsen. Bereits 2004 waren über 22,2 Millionen Euro in die Anlage investiert. Über 40 Millionen flossen ins Krankenhaus mit den Abteilungen Psychiatrie, Neurologie und Pädiatrie. Zusätzliche 5,3 Millionen Euro wurden im Jahr 2006 für die Sanierung aufgebracht.[25] Nach der umfassenden Sanierung wurde durch das Sächsischen Staatsarchiv eine Zentralwerkstatt für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut eingerichtet. Dazu wurden die dezentralen Abteilungen, wie die in Kamenz untergebrachte Sicherungsverfilmungstelle des Bundes, zentralisiert. Auch der Bereich audiovisuelle Medien der Abteilung 3 des Staatsarchives Leipzig wurde nach Wermsdorf verlegt. Im September 2007 fanden gartenarchäologische Ausgrabungen im Park des Schlosses durch das sächsische Landesamt für Archäologie statt. Die Erkenntnisse der Grabung flossen in eine denkmalpflegerische Konzeption für den Schloßpark ein. So wurden die Spuren der Leitungen für die Wasserspiele des Parks, sowie die Tonbettungen der heute verschwundenen Becken gefunden.[26] Schon von weitem sichtbar ist das Schloß heute wieder ein Blickfang in jeder Sichtweise, verschiedene Vereine und Museen im Schloßgelände führen im Jahr interessante und vielseitige Veranstaltungen durch.
Der seit 2001 aktive Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V. dient der Förderung der Sanierung, Erhaltung und Wiederbelebung des Jagdschlosses Hubertusburg. Dazu führt der Verein seit 2006 die Hubertusburger Friedensgespräche durch, welche den Hubertusburger Jugendfriedenspreis verleihen. Für diese Arbeit erhielt der Verein die Auszeichnung Ausgewählter Ort 2010 aufgrund der Initiative des Bundespräsidenten Deutschland – Land der Ideen.[27]
Siehe auch
Literatur
- Wilhelm Bergsträßer: Die königlich sächsischen Strafanstalten mit Hinsicht auf die amerikanischen Pönitentiarsysteme. Leopold Voß, Leipzig 1844.
- W. Riemer: Das Schloss Hubertusburg sonst und jetzt. Fedor Göthel, Oschatz 1881.
- Cornelis Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau - und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Amtshauptmannschaft Grimma. C. C: Meinhold & Söhne, Dresden 1905.
- Rudolf Lehmann: Wermsdorf und Mutzschen. In: Rundblick-Information. Heft 1, Gemeindeverband Wermsdorf/Mutzschen und Kulturbund der DDR, 1981.
- Klaus Gumnior: Schloß Hubertusburg. Werte einer sächsischen Residenz. Sächsisches Druck- und Verlagshaus, Dresden 1997. (Saxonia Schriftenreihe des Vereins für sächsische Landesgeschichte Band 3)
- Hugo Krämer: Wermsdorf und seine Schlösser. In: Mitteilungen des Landesverein Sächsischer Heimatschutz. Band XV, Heft 3-4/1926, Dresden 1926, S. 81-103.
- Manfred John: Eine Führung durch die Schloßanlage Hubertusburg Wermsdorf. In: Hubertusburger Schriften. Heft 1, Freundeskreis Schloß Hubertusburg e.V., 2004.
- Eckart Säuberlich (Red.): 800 Jahre Wermsdorf. 1206 - 2006. Sax -Verlag, Beucha 2006, ISBN 3-934544-93-2.
- Maja Lauschke: Genie und Irrsinn. Eine Neubetrachtung des Diskurses aus der Perspektive von Biografie und Werk des K.H. (J.) Janke. Diplomarbeit Universität Köln, Philosophische Fakultät, Köln 2006.
Links
- (Link) Internetseite des Freundeskreis Schloß Hubertusburg, abgerufen am 16. März 2011.
- (Link) Internetseite des Archivzentrum Hubertusburg, abgerufen am 16. März 2011.
- (Link) Internetseite des Heimatvereins Wermsdorf, abgerufen am 16. März 2011.
- (Link) Internetseite des Fachkrankenhauses Hubertusburg gGmbH, abgerufen am 16. März 2011.
- (Link) Internetseite des Rosengarten e.V zu Karl Hans Janke, abgerufen am 16. März 2011.
- (Link) Internetseite mit Luftbildaufnahmen der Schloßanlage, abgerufen am 16. März 2011.
Einzelnachweise
- ↑ a b Wolfgang Götz: Deutsche Marställe des Barock. Kunstwissenschaftliche Studien. Band 34. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1964, S. 52.
- ↑ a b c Cornelius Gurlitt: Hubertusburg. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau - und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Meinhold & Söhne, Dresden 1905, S. 123.
- ↑ Manfred John: Eine Führung durch die Schlossanlage Hubertusburg Wermsdorf. In: Hubertusburger Schriften. Heft 1, Freundeskreis Schloss Hubertusburg e.V., Wermsdorf 2004.
- ↑ a b c d e 800 Jahre Wermsdorf. 1721 bis 1733. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 15. Juli 2006, S. 7.
- ↑ a b c Axel Küttner: Fürstliche Jagdleidenschaft im Spätbarock (Teil1). Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 11. August 2009, S. 18.
- ↑ a b c d e f Wilhelm Bergsträßer: Die königlich sächsischen Strafanstalten mit Hinsicht auf die amerikanischen Pönitentiarsysteme. Leopold Voß, Leipzig 1844, (online) abgerufen am 14. März 2011.
- ↑ Christdore Wetzig: Hubertusburg einmal anders gesehen (Teil 1). Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 8. Februar 2011, S. 16.
- ↑ Axel Küttner: Hubertusburger Glanz (Teil 1). Staatskrise und Jagdvergnügen. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 1. Februar 2011, S. 16.
- ↑ Axel Küttner: Wermsdorfer Intermezzo (Teil II/Schluss). Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 26. August 2008, S. 17.
- ↑ a b Axel Küttner: Schloss Hubertusburg zwischen den Schlesischen Kriegen (Teil II/Schluss). Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 16. November 2011, S. 18.
- ↑ a b Axel Küttner: Schloss Hubertusburg zwischen den Schlesischen Kriegen (1740 bis 1756) /Teil I. Salutschüsse beim Eintreffen des Königspaares. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 9. November 2011, S. 18.
- ↑ a b c d e f g h i W. Riemer: Das Schloss Hubertusburg sonst und jetzt. Fedor Göthel, Oschatz 1881, S. 9.
- ↑ a b c d Axel Küttner: Die fürstliche Jagdleidenschaft im Spätbarock (Teil II/Schluss). Zwei Schneider für die Parforcejagd. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 6. Juli 2010, S. 17.
- ↑ Axel Küttner: Italienische Spuren in Wermsdorf (Teil II/Schluss). Hof-Ankunft ein farbenprächtiges Erlebnis. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 17. August 2010, S. 20.
- ↑ a b Axel Küttner: Hubertusburger Glanz (Teil III/Schluss). Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 15. Februar 2011, S. 16.
- ↑ Theodor Fontane: Wanderung durch die Mark Brandenburg. Wilhelm Hertz, Berlin 1863, S. 353, (online) abgerufen am 14. März 2011.
- ↑ Wilhelm Bergsträßer: Die königlich sächsischen Strafanstalten. Leopod Voß, Leipzig 1844, S. 18, (online) abgerufen am 5. März 2011.
- ↑ dw: Die Putten strahlen wieder. Dankgottesdienst in der restaurierten Schlosskirche St. Hubertus. In: Tag des Herrn, Katholische Wochenzeitung. Ausgabe 46. St. Benno Verlag, Leipzig 2007 (Link) abgerufen am 5. März 2011.
- ↑ Manfred John: Die Fayence - und Steingut - Manufaktur Hubertusburg. In: Hubertusburger Schriften. Heft 7. Freundeskreis Schloß Hubertusburg e.V, Wermsdorf November 2010.
- ↑ a b Beiträge zur Statistik der Strafanstalten und der Moralität der Bevölkerung im Königreiche Sachsen. Mit besonderer Beziehung auf die Rückfälligkeit der Verbrecher. In: Zeitschrift des Statistischen Büros des Königkl. Sächs. Ministerium des Innern. Nr. 6, 1855, S. 89 ff., (online) abgerufen am 14. März 2011.
- ↑ a b c Achim Kilian: Mühlberg 1939 - 1948. Ein Gefangenenlager mitten in Deutschland. Böhlau Verlag, Köln 2001, S. 178. (online) abgerufen am 16. März 2011.
- ↑ Eckhard Riedel: Nach der Monarchie bis zum Ende der Hitlerdiktatur (1918 - 1945). In: 800 Jahre Wermsdorf. 1206-2006. Sax Verlag, Beucha 2006, ISBN 3-934544-93-2, S. 73 ff.
- ↑ Günther Schreck: Luppaer Geschichte und Gechichten. Eigenverlag, Luppa 2005, S. 23ff.
- ↑ Ingo Fischer, Claudia Martin, Diana Barthel: Schloss Hubertusburg Wermsdorf. Restaurierung Katholische Schlosskapelle. Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien - und Baumanagment, Dresden 2007. (online PDF 4,51 MB) abgerufen am 5. März 2011.
- ↑ Gabi Liebegall: Hubertusburg mit seinem Schloss wird immer jünger. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, 9. Juli 2007, S. 17.
- ↑ Landesamt für Archäologie: Gartenarchäologische Ausgrabungen im Park von Schloss Hubertusburg - Wermsdorf, Kr. Torgau-Oschatz. Dresden 21. September 2007, (Link), abgerufen am 14. März 2011.
- ↑ Land der Ideen Management GmbH: Hubertusburger Friedensgespräche. Berlin 20. September 2010, (online), abgerufen am 26. Februar 2011.
51.27743888888912.939777777778Koordinaten: 51° 16′ 39″ N, 12° 56′ 23″ OKategorien:- Barockbauwerk in Sachsen
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