Karl zu Schwarzenberg

Karl zu Schwarzenberg
Karl zu Schwarzenberg

Karel Schwarzenberg (amtlicher Name in Tschechien) bzw. Karl Johannes Nepomuk Josef Norbert Friedrich Antonius Wratislaw Mena Fürst zu Schwarzenberg (familiengeschichtlicher Name), * 10. Dezember 1937 in Prag, ist Außenminister der Tschechischen Republik und seit 1979 privat Oberhaupt der Familie Schwarzenberg.

Während seiner Amtszeit 2007 bis 2009 war er aufgrund der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2009 außerdem Präsident des Rats der Europäischen Union. Seit Juli 2010 ist er als Mitglied der bürgerlich-konservativen Regierung Nečas wieder Außenminister. Er ist Vorsitzender der 2009 neu gegründeten Partei TOP 09.

In der Tschechoslowakischen Republik wurde der Adel am 10. Dezember 1918 abgeschafft, das Führen entsprechender Titel untersagt. In adelsfreundlichen Kreisen und familienintern gilt Karl Schwarzenberg als Oberhaupt des Hauses Schwarzenberg und nennt sich privat im Sinne einer historisch-genealogischen Familientradition (ohne bürgerlich-rechtliche Bedeutung) Fürst zu Schwarzenberg, Graf zu Sulz, gefürsteter Landgraf im Kleggau und Herzog zu Krummau.

Schwarzenberg ist tschechischer und Schweizer Staatsbürger.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Familie

Karl Johannes zu Schwarzenberg kam 1937 als zweites von vier Kindern in der katholischen Familie des Karl zu Schwarzenberg (1911–1986) und der Antonie Prinzessin zu Fürstenberg (1905–1988) zur Welt. (Die am 28. Oktober 1918 gegründete Tschechoslowakische Republik hob die Adelstitel am 10. Dezember 1918 auf.[1]) Seine Geschwister sind Marie Eleonore von Bredow (* 1936), Friedrich Schwarzenberg (* 1940) und Anna Maria Freifrau von Haxthausen (* 1946).

Schwarzenberg war von 1967 bis 1988 und ist erneut seit 2008 mit Therese Hardegg (* 1940) verheiratet, mit der er drei Kinder hat: Johannes (* 1967), Anna Morgan (* 1968) und Karl Philipp Prinzhorn (* 1979). Letzterer ließ sich 1987 von Thomas Prinzhorn adoptieren.

Wohnsitze

Schwarzenberg ist Forstwirt und Hotelier und hat Wohnsitze in der Schweiz, in seinem Stammschloss Schwarzenberg in Scheinfeld in Mittelfranken, in der Burg Orlík an der Moldau in Böhmen, im Schloss Obermurau in der Steiermark, in Prag und im Palais Schwarzenberg in Wien.

Tscheche, nicht Deutscher

Er bezeichnet sich selbst als Mitteleuropäer. Seine politische Karriere in Tschechien und die Eigentumsrückstellung nach 1989 waren möglich, weil sich seine Eltern zu den überfallenen Tschechen und nicht als Deutsche bekannten, als das Deutsche Reich 1938 / 1939 das Land okkupierte. Das Bekenntnis der Familie zum Tschechentum bewirkte, dass ihre Besitztümer während der NS-Herrschaft enteignet wurden. Schwarzenberg konnte aber andererseits die Staatsbürgerschaft des Landes auch 1945 / 1946 behalten, als die meisten Deutschsprachigen ausgebürgert, enteignet und vertrieben wurden.

Jugend in Österreich

1948 mussten die Eltern Karl Schwarzenbergs aus der in ein kommunistisches Regime abgleitenden Tschechoslowakei fliehen, wo sie nach der Rückstellung 1945 bis 1947 elf Schlösser und 30.000 Hektar Land besaßen. 1960 wurde Karl von Heinrich Schwarzenberg, dem jüngeren Bruder des damaligen Familienoberhauptes Joseph (III.), adoptiert, was für Karl erbrechtliche Vorteile brachte.

Karl Schwarzenberg absolvierte in Wien das Gymnasium und schloss dieses 1957 mit Matura ab. Er ist seit 1953 Mitglied der Schülerverbindung Tegetthoff Wien im MKV. Danach begann er Studien der Forst- und Rechtswissenschaft, schloss diese aber nicht ab.

1979 trat er das Erbe seines Onkels Joseph an, wurde Oberhaupt des Hauses Schwarzenberg und vereinigte in seiner Person die beiden Linien des Hauses.

Eigentumsrückstellung nach 1989

Nach der Samtenen Revolution 1989 beschloss Prag ein Restitutionsgesetz. Schwarzenberg bekam Wälder und Felder und auch ein Schlösschen zurück. Er verzichtete aber darauf, die Rückgabe des Stammsitzes Frauenberg zu fordern, der mehr als drei Jahrhunderte im Besitz der Familie war.[2]

Laut dem Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ verfügt Karl zu Schwarzenberg über ein Vermögen von etwa 200–300 Mio. Schweizer Franken.

Politik

Aktivitäten in Wien

In den sechziger Jahren war Schwarzenberg in Österreich politisch tätig. So war er (Paul Lendvai zufolge) gemeinsam mit Hermann Withalm und Josef Klaus hinter den Kulissen an der Reform der ÖVP in den Jahren vor der Nationalratswahl 1966 beteiligt, bei der die ÖVP die absolute Mehrheit erzielte[3]. Lendvai berichtete auch von letztlich nicht erfolgreichen Bestrebungen in der ÖVP, Schwarzenberg Mitte der 1960er Jahre das österreichische Außenministerium oder ein Staatssekretariat zu übertragen.

Schwarzenberg selbst erinnerte sich 2010 an diese Zeit mit den Worten: Ich habe damals zu einer Gruppe junger Leute gehört, die bewusst das Gespräch mit der anderen Seite gesucht hat […], ob's der Heinzi Fischer war, ob's der Rupert Gmoser war […], es war selbstverständlich, dass wir nicht an irgendwelchen Dogmen geklebt sind.[4]

1969/1970 war Schwarzenberg als Kreditgeber an Oscar Bronners Gründung des österreichischen Wirtschaftsmagazins „trend“ beteiligt, das im Jänner 1970 zum ersten Mal erschien und dem Bronner wenige Monate später das Nachrichtenmagazin „profil“ folgen ließ.

Helsinki-Föderation

Schwarzenberg unterstützte frühzeitig den Widerstand gegen die kommunistische Herrschaft in der Tschechoslowakei. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings von 1968 setzte er sich für die Oppositionellen ein und engagierte sich auf internationaler Ebene für die Menschenrechte. Unter anderem war er von 1984 bis 1991 auf Vorschlag Bruno Kreiskys[5] Präsident der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte. 1986 gründete er im Schloss Schwarzenberg in Scheinfeld das „Dokumentationszentrum zur Förderung der unabhängigen tschechoslowakischen Literatur“.

1989 erhielt er gleichzeitig mit Lech Wałęsa den Menschenrechtspreis des Europarates.

Politiker in Prag

Nach der politischen Wende und der Wahl Václav Havels zum Staatspräsidenten der Tschechoslowakei fungierte Schwarzenberg vom 10. Juli 1990 bis 1992 als dessen Büroleiter mit dem Titel Kanzler und Amtssitz auf der Prager Burg. (Neben dieser steht das Renaissance-Palais Schwarzenberg, das sich seit 1948 nicht mehr im Familienbesitz befindet.)

1996 erwarb er die seit 1990 in Prag erscheinende liberale Wochenzeitschrift „Respekt“. Im November 2004 wurde er im Stadtbezirk Prag 6 (Lysolaje, Nebušice, Přední Kopanina, Suchdol; westlich und nördlich des Hradschins) für sechs Jahre in den tschechischen Senat gewählt (nominiert von US-DEU). Er war bis zu deren Auflösung im Jahre 2007 Mitglied der ODA.

Am 9. Januar 2007 wurde Schwarzenberg von Staatspräsident Klaus (der zuvor aufgrund der Verbundenheit Schwarzenbergs mit Österreich Bedenken gegen diese Ernennung geäußert hatte) zum Außenminister (nominiert von den tschechischen Grünen) in der Regierung Topolánek II vereidigt. Er ist seitdem einer der populärsten tschechischen Politiker und war auch zeitweise als Gegenkandidat gegen Präsident Václav Klaus im Gespräch.

Mit der Amtseinführung der Übergangsregierung unter Jan Fischer am 8. Mai 2009 wurde er von Jan Kohout abgelöst. Schwarzenberg schloss sich daraufhin der vom ehemaligen Finanzminister Miroslav Kalousek initiierten Partei TOP 09 an und wurde am 11. Juni 2009 zu deren Vorsitzendem gewählt.

Bei den Parlamentswahlen im Mai 2010 wurde er ins Abgeordnetenhaus gewählt, daraufhin gab er seinen Sitz im Senat vorzeitig auf.

Am 13. Juli 2010 zog er in Petr Necas' Mitte-Rechts-Regierung neuerlich als Außenminister Tschechiens in das Palais Czernin ein.

Kritik

Im Zusammenhang mit der Privatisierung des Likörherstellers Becherovka wurden aus den Reihen der Opposition Vorwürfe laut, dass sich Schwarzenberg durch seine Tätigkeit in der tschechischen Politik Vorteile an der Privatisierung des Werkes verschafft habe. 1997 erwarb das von Pernod Ricard, zu dessen Aktionären Schwarzenberg gehörte, getragene Salb-Konsortium 30 % der Aktien zuzüglich eines Stimmrechts für weitere 21 % vom tschechischen Staat. 59 % der Anteile verblieben beim Staat. Im Jahre 2001 erfolgte der Verkauf von 89 % des Staatsanteils an die Value Bill GmbH, deren Gesellschafter neben der Bankgesellschaft Patria Finance und Pernod Ricard mit jeweils 40 % auch Schwarzenberg ist, der die restlichen 20 % der Gesellschafteranteile besitzt.

Ehrungen, Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Literatur

Weblinks

 Commons: Karl zu Schwarzenberg – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Till Janzer: Zeit des Niedergangs – der böhmische Adel im 20. Jahrhundert, Website von Radio Praha, Beitrag vom 27. Dezember 2008
  2. tagesspiegel.de 29. März 2009: Schlossherr ohne Schloss. Wie Tschechiens Außenminister Schwarzenberg seine Kollegen mit der eigenen Familiengeschichte in Berührung brachte.
  3. Paul Lendvai: Mein Österreich – 50 Jahre hinter den Kulissen der Macht 4. Auflage, Ecowin Verlag, 2007, ISBN 3-902404-46-9, S. 89
  4. Im Gespräch mit Karl Schwarzenberg, in: Helene Maimann (Hrsg.): Über Kreisky. Gespräche aus Distanz und Nähe, Falter Verlag, Wien 2011, ISBN 978-3-85439-455-6, S. 98
  5. Schwarzenberg in: Maimann, a. a. O., S. 101
  6. Karl Johannes Fürst zu Schwarzenberg, eingesehen am 2. Januar 2009
  7. Eintrag von Karel Schwarzenberg (Webseite CZ), eingesehen am 2. Januar 2009
  8. „Senator Karl Schwarzenberg erhält das Große Silberne Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich“, eingesehen am 2. Januar 2009
  9. „Tschechischer Außenminister Schwarzenberg erhält das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“, Auswärtiges Amt 12. Dezember 2008

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