- Literatur der Weimarer Republik
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Die Literatur der Weimarer Republik bezeichnet jene Literatur, die in der Zeit der Weimarer Republik (1918 bis 1933) entstand. Ihre Entstehung in den beginnenden 1920er Jahren, geht einher mit dem zu dieser Zeit langsam an Bedeutung verlierenden, elitär geprägten Expressionismus der Kriegs-und Vorkriegszeit. Ziel der Literaten war es nunmehr, eine breite Öffentlichkeit anzusprechen. Dazu besann man sich auf eine allgemein verständliche Sprache und wählte realitätsbezogene Darstellungen. Im Zentrum der literarischen Öffentlichkeit stand dabei die sogenannte Neue Sachlichkeit (1920 bis 1930).
Inhaltsverzeichnis
Epoche der Bildungsbürger
Dennoch blieb der literarische Kunstbetrieb bis in die 1960er Jahre fast ausschließlich in den Händen der intellektuellen Elite, einer kleinen Schicht von Künstlern, Mäzenen, Kunstkritikern und dem wohlhabenden Bildungsbürgertum. Die restliche Bevölkerung las hingegen Schriftsteller wie Karl May, Hermann Löns, Hans Carossa und Hedwig Courths-Mahler.
Vielfalt der Epoche
Das Ende des Ersten Weltkriegs und die Novemberrevolution wurde auch von den Schriftstellern als neuer Aufbruch verstanden, der auch zu neuen Formen in der Literatur führte. Auffällig ist die große Vielfalt der Themen und Genres. Außerdem beeinflussen neue Medien wie Film und Hörfunk die Literatur. Der Expressionismus ist noch nicht beendet. Die wichtige Anthologie Menschheitsdämmerung, die Kurt Pinthus zusammenstellte, erschien erst 1919.
Der Einfluss des Dadaismus führt zu Collage- und Montageromanen. Die Autoren der neuen Sachlichkeit versuchten hingegen einen unparteiischen Blick auf ihre Gesellschaft zu werfen. Andere Autoren engagieren sich hingegen politisch. Die Mitglieder des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller verstanden sich ausdrücklich als Propagandisten der Politik der KPD.
Themen der Weimarer Literaten
Inhaltlich wurden in der Literatur der Weimarer Republik häufig die Ereignisse des Ersten Weltkriegs verarbeitet. Beispiele dafür sind Thomas Manns „Der Zauberberg“ sowie Hermann Hesses „Der Steppenwolf“.
Auch das Verhältnis von Individuum und Masse beziehungsweise der Erfahrung des Individuums und der Alltagskultur wurde thematisiert.
Dramatik
Politische Themen und Ideen einer Revolution artikulierten Autoren wie Walter Hasenclever (1890–1940) oder Leonhard Frank (1882–1961). Ludwig Rubiner (1882–1920) entwickelte in seinem Drama Die Gewaltlosen (1919) die Idee einer gewaltlosen Revolution. Ebenso verfocht Ernst Toller (1893–1939) in seinen expressionistischen Dramen Masse Mensch (1921) und Hinkemann Ideen des Pazifismus und der Gewaltlosigkeit. Georg Kaiser (1878–1945) entwarf in Stücken wie Die Bürger von Calais (1914) oder Gas (1918/20) die Vision des sich über die menschenfeindliche Technik erhebenden freien und opferbereiten neuen Menschen. Ähnlich entwickelten Fritz von Unruhs (1885–1970) Dramen Ein Geschlecht (1918) oder Platz (1920) ein mythisch getragenes Pathos der Absage an den Krieg und der Ansage weltumspannender Brüderlichkeit.
Rückkehr des Romans
Die Literatur der Weimarer Republik umfasste eine Vielzahl an Stilrichtungen. Der im Expressionismus wenig präsente Roman wurde wieder zur bevorzugten Literaturgattung. Besonders der sogenannte Zeitroman erlebte ab Mitte der 1920er Jahre seinen Durchbruch. Als Zeit- und Gesellschaftsanalyse beschäftigte er sich mit der Situation der Angestellten oder der, mit dem Großstadtleben einhergehenden, Verelendung und Arbeitslosigkeit. Viele dieser Romane setzen sich kritisch mit ihrer Zeit auseinander.
Reportageromane
Das Interesse der Autoren für die Wirklichkeit war so stark, dass sie Reportageelemente in ihre Romane einarbeiteten. Als Beispiele seien Ernst Ottwalts Denn sie wissen, was sie tun und Willi Bredels Maschinenfabrik N&K genannt. Bredel kam aus der Arbeiterkorrespondenzbewegung und für ihn war es selbstverständlich, Artikel, die er bereits in Werkzeitungen veröffentlicht hatte, auch in seinen Roman einzuarbeiten. Ernst Ottwald setzte sich in seinem Roman mit der Justiz der Weimarer Republik auseinander. Er erfindet einen Protagonisten, einen jungen Juristen, der in der Weimarer Republik Karriere macht und der von vielen Unrechtsurteilen der Zeit erfährt und teilweise an ihnen beteiligt ist.
Auch ein Autor wie Egon Erwin Kisch bemühte sich um eine nüchterne und authentische Analyse der gesellschaftlichen Umstände.
Verbände
Bücher wurden immer mehr zu einer Massenware und die Schriftsteller fühlten sich häufig dem Markt ausgeliefert. Deshalb wurden Schriftstellerverbände wichtiger, die nicht nur politische Positionen formulierten, sondern auch die ökonomischen Interessen der Autoren vertraten. Der wichtigste dieser Verbände war der Schutzverband Deutscher Schriftsteller (SDS). Er war bereits 1909 gegründet worden, erlangte aber erst jetzt eine feste Bedeutung. Die preußische Akademie der Künste erhielt eine Sektion für Dichtkunst, was Heinrich Mann nachdrücklich begrüßte. Seiner Meinung nach bedeutete das eine Aufwertung der Schriftsteller durch den Staat. Politisch ausgerichtet war der Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller, eine Vereinigung die der KPD nahe stand.
Zensur
Im Artikel 118 der Weimarer Verfassung wurde die Freiheit von Wort und Schrift garantiert. Allerdings wurde bereits 1922 nach dem Mord an Walther Rathenau das Republikschutzgesetz erlassen, das diese Freiheit wieder einschränkte. In der Praxis wurde dieses Gesetz nur gegen „linke“ Autoren angewandt, nicht aber gegen „rechte“, die zum Beispiel in Freicorpsromanen offen Gewalt verherrlichten.
1925 wurde ein Roman Johannes R. Bechers beschlagnahmt und dem Autor wegen Hochverrats der Prozess gemacht. Grund für die Anklage waren keine Taten, sondern nur Bechers Veröffentlichungen. Öffentliche Proteste führten dann zur Einstellung des Verfahrens.
1926 wurde das Schmutz- und Schundgesetz erlassen, hinter dem Thomas Mann von Anfang an eine politische Stoßrichtung vermutete. In der Tat wurde es gegen Filme wie Kuhle Wampe und Panzerkreuzer Potemkin angewandt und auch die Stücke von Brecht Die Mutter und Die Heilige Johanna der Schlachthöfe wurden mit einem Aufführungsverbot belegt. Heinrich Mann kommentierte, dass Freiheit der Rede und Freiheit der Schrift lediglich bürgerliche Rede und bürgerliche Schrift meine.
1930 wurde das Republikschutzgesetz erneuert und 1931 trat eine Pressenotverordnung in Kraft, die die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate ermöglichte. Willi Bredel wurde wegen literarischem Hoch- und Landesverrat zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt und Carl von Ossietzky wurde als Hochverräter angeklagt, weil er über heimliche Aufrüstung im Luftwaffenbereich geschrieben hatte.
Der Schutzverband deutscher Schriftsteller spaltete sich 1932 über der Frage der Zensur. Uneinig waren sich die Autoren über die Frage, ob der Verband ein politisches Mandat hätte.
Bereits 1932 drohte dann der Völkische Beobachter mit Bücherverboten.[1]
Bekannte Werke und Literaten
Den Krieg thematisierend
- Erich Maria Remarque: „Im Westen nichts Neues“ (1929)
- Thomas Mann: „Der Zauberberg“ (1924)
- Hermann Hesse: „Der Steppenwolf“ (1927)
- Ernst Jünger: „In Stahlgewittern“ (1920), „Der Kampf als inneres Erlebnis“
- Ludwig Renn: „Krieg“ (1928)
- Karl Kraus: „Die letzten Tage der Menschheit“
Die Gesellschaft thematisierend
- Egon Erwin Kisch: „Wallfahrtsort für Kriegshetzer“
- Lion Feuchtwanger
- Alfred Döblin
Weitere
- Kurt Tucholsky
- Robert Musil: „Der Mann ohne Eigenschaften“ (1931/32)
- Hans Carossa
- Erich Kästner: „Marschliedchen“
- Gottfried Benn
- Franz Kafka
Zitate
„Der Zeitgeist pfeift.“
– Kurt Tucholsky
Quellen
Einzelnachweise
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