Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch

Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch
Mstislaw Rostropowitsch, 1978

Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch (russisch Мстислав Леопольдович Ростропович, wiss. Transliteration Mstislav Leopol'dovič Rostropovič; * 27. März 1927 in Baku; † 27. April 2007 in Moskau) war ein russischer Cellist, Dirigent, Pianist und Humanist. Er gilt als einer der bedeutendsten Cellisten aller Zeiten.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Als Sohn eines Cellisten und einer Pianistin wurde Rostropowitsch in Baku geboren. Anfangs spielte er Violine, was ihm aber riesige Probleme bereitete. In der Folge begann er mit dem Cello. Vor seinem Studium besuchte er die Gnjessin-Musikschule in Moskau. Im Alter von 16 Jahren kam Rostropowitsch 1943 an das Moskauer Konservatorium, wo er bis 1948 studierte. Seine Fächer waren neben Klavier und Violoncello auch Dirigieren und Komposition. Zu seinen Lehrern zählten Schostakowitsch und Prokofjew.

Rostropowitsch und seine Frau Galina Wischnewskaja, 1965

Rostropowitsch wurde zunächst als Cellist weltberühmt. Seine internationale Karriere startete 1964 mit einem Konzert in Deutschland. Um 1970 begann er jedoch auch zu dirigieren. Neben seinem musikalischen Interesse war er stets auch politisch sehr engagiert. Ab 1971 bekam er Ausreiseverbot, weil er den Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn, der beim sowjetischen Regime in Ungnade gefallen war, bei sich aufnahm. 1974 verließ er nach schweren Konflikten mit der Regierung die Sowjetunion. 1977 wurde er Chefdirigent des National Symphony Orchestra in Washington DC, welcher er bis 1994 blieb. Er konzertierte jedoch auch weiterhin als ein sehr aktiver Cellist. 1976 erhielt er den Ernst-von-Siemens-Musikpreis. Nach seiner Zeit in Washington wurde Paris sein offizieller Wohnsitz.

Rostropowitsch setzte sich, nicht nur in seinem eigenen Land, für Demokratie und Menschenrechte ein. Er gab zahlreiche Konzerte, mit denen er sich für Dissidenten und Bürgerrechtler aus Osteuropa einsetzte. Einen Tag nach dem Fall der Mauer reiste er nach Berlin und spielte am 11. November 1989 am Checkpoint Charlie für die wiedervereinigten Berliner Cello. 1990 wurde er durch Michail Gorbatschow, den damaligen Präsidenten der Sowjetunion, rehabilitiert, und er erhielt seine früheren Rechte wieder. Aber „als mir Gorbatschow 1990 das Angebot machte, einen sowjetischen Pass zu beantragen, schrieben ihm Galina und ich einen Dankesbrief und lehnten ab“. Die letzten dreißig Jahre seines Lebens besaß Rostropowitsch gar keine Staatsangehörigkeit. Während des Putschversuchs in Moskau im August 1991 reiste er spontan in die Hauptstadt, um die Demokratie zu verteidigen.

Rostropowitsch gilt als einer der bedeutendsten Cellisten aller Zeiten. Besonders nachdrücklich setzte er sich für die Musik zeitgenössischer Komponisten ein. Er war an den Uraufführungen zahlreicher Werke beteiligt – als Cellist an mehr als 100, als Dirigent an etwa 65. Zu den Komponisten, die für ihn Stücke komponierten, zählen Nikolai Mjaskowski, Sergei Prokofjew, Aram Chatschaturjan, Dmitri Kabalewski, Dmitri Schostakowitsch, Witold Lutosławski, Benjamin Britten, Henri Dutilleux, Arno Babadschanjan, Leonard Bernstein, Pierre Boulez, Alfred Schnittke sowie Sofia Gubaidulina. Sein Instrument war eine Duport Stradivarius aus dem Jahr 1711. Zu seinen bekanntesten Schülern zählen unter anderem Mischa Maisky, David Geringas, Chang Han-na und Natalia Gutman.

Rostropowitsch war auch an neuen instrumentaltechnischen Entwicklungen des Cellos interessiert. So begleitete er mit seinem Rat in den Jahren 1997 bis 2001 die Entwicklung des BACH.Bogen[1] und lud den Cellisten Michael Bach 2001 zur Präsentation dieses Rundbogens anlässlich des 7ème Concours de violoncelle Rostropovitch nach Paris ein [2].

Rostropowitsch war seit 1955 mit der Sopranistin Galina Wischnewskaja verheiratet, mit der er zwei Töchter hatte. Als Pianist begleitete er sie auf Liederabenden und nahm eine CD mit russischen Liedern mit ihr auf.

2002 erhielt er die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.

Am 27. April 2007 verstarb Rostropowitsch im Alter von 80 Jahren. Wladimir Putin würdigte ihn mit den Worten: „Das ist ein enormer Verlust für die russische Kultur“. Der Trauergottesdienst wurde am 29. April 2007 in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau gehalten.[3] Er wurde nach russisch-orthodoxem Ritus auf dem Friedhof des Neujungfrauenklosters beerdigt.

Denkmal in Kronberg

Einige Wochen vor seinem Tod erhielt Rostropowitsch von Putin persönlich das Verdienstkreuz „Orden für die Verdienste um das Vaterland“ der ersten Klasse - die höchste russische Auszeichnung.

Seine Stiftung zur Förderung junger Künstler hatte Rostropowitsch der Kronberg Academy angeschlossen, die er mitprägte. Dort bestimmte die Trauer das Cellofestival 2007, u. a. mit einer Ausstellung und einem am Gedenktag 3.10. enthüllten Denkmal (Büste) im Park.

Diskografie (Auswahl)

Als Cellist

Als Dirigent

Als Dirigent und Cellist

Als Pianist

Quellen

  1. http://bach.bogen.pagespro-orange.fr/html/mstislav_rostropovich.htm
  2. http://www.cello.org/Newsletter/Articles/bachbogen/bachbogen.htm
  3. russland.ru: „Mstislaw Rostropowitsch – Stationen seines Lebens“, 28. April 2007

Auszeichnungen (Auswahl)

Denkmal in Kronberg im Taunus
Detail

Mitgliedschaften

Literatur

Autobiographie

  • Mstislaw & Galina Rostropowitsch: Die Musik und unser Leben. Aufgezeichnet von Claude Samuel. Aus dem Französischen von Annette Lallemand, Scherz, Bern 1985, ISBN 3-502-18641-3 (223 S., im Anhang 10 S. mit Diskographie der Rostropowitsch- und Wischnewskaja-Aufnahmen)

Sekundärliteratur

  • Hans Heinz Stuckenschmidt / Joachim Kaiser : Laudatio auf Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch / Laudatio auf Herbert von Karajan. Ernst von Siemens-Musikpreis, Callwey, München 1977 (37 S., Reihe der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 22)
  • Ideologisch entartete Elemente. Streng geheime Akten und andere Dokumente über Täter und Opfer bei der Ausbürgerung von Galina Wischenewskaja und Mstislaw Rostropowitsch aus der UdSSR (1974–1978), Ernst Kuhn, Berlin 1995, ISBN 978-3-928864-25-1 (131 S.)
  • Mstislaw Rostropowitsch (ZEIT Klassik-Edition), Metzler, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-476-02219-6 (64 S., 20 schw.-w. Abb., mit 1 CD)

Weblinks


Rundbogen


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