- Atomphysik
-
Die Atomphysik beschäftigt sich mit dem Aufbau der Atome aus Atomkern und Elektronenhülle und der Wechselwirkung der Atome und Ionen mit anderen Atomen oder Ionen, mit Festkörpern, mit elektromagnetischer Strahlung, mit elektrischen und magnetischen Feldern. Atomphysik und theoretische Chemie überschneiden sich.
Inhaltsverzeichnis
Gegenstand
Sie untersucht die Verteilung der Elektronen auf die quantenmechanischen Energieniveaus und beschreibt damit die beobachteten Spektrallinien der Atome, den Aufbau des Periodensystems der Elemente und die Grundlagen für das Verständnis der chemischen Bindung.
Häufig wird die Atomphysik mit der Kernphysik verwechselt, die sich mit der Struktur des Atomkerns beschäftigt; die Atomphysik betrachtet den Atomkern als nicht weiter unterteilbaren Baustein. Die bekanntesten Beispiele für die Verwechslung sind die im Alltagssprachgebrauch üblichen Bezeichnungen Atomenergie, Atomkraftwerk und Atombombe, welche alle auf Vorgängen innerhalb des Atomkerns beruhen.
Geschichte
Die Idee, dass alle Materie aus kleinsten Teilchen, den Atomen, zusammengesetzt sei, ist bereits in der Naturphilosophie der Antike zu finden. Empirisch untermauert wurde sie aber erst im 19. Jahrhundert durch Untersuchungen von John Dalton, Joseph Louis Gay-Lussac und Ludwig Boltzmann. Mit der Entwicklung der Spektroskopie kam die Frage nach einer inneren Struktur und Dynamik der Atome auf. Diese führte schließlich zur Entwicklung der Quantenmechanik, da die klassische Physik hier vollständig versagte.
Zur Geschichte der Atomphysik von 1919–1965 siehe Werner Heisenberg: Der Teil und das Ganze: Gespräche im Umkreis der Atomphysik. Piper Verlag 2002 (8. Aufl.), ISBN 3492222978
Moderne Atomphysik
Die moderne Atomphysik ist zum großen Teil in der Quantenoptik aufgegangen. Sie beschäftigt sich unter anderem mit Präzisionsmessungen atomarer Energieniveaus, woraus sich Naturkonstanten mit hoher Genauigkeit bestimmen und fundamentale Theorien testen lassen. Durch Untersuchungen an exotischen Atomen lassen sich Fragestellungen der Kern- und Elementarteilchenphysik mit Methoden der Atomphysik angehen. Mit ultrakurzen Lichtpulsen versucht man die dynamischen Vorgänge in der Elektronenhülle direkt zu beobachten. In Ionenfallen können einzelne ionisierte Atome über lange Zeit gefangen und mit höchster Präzision untersucht werden. Die Entwicklung der Laserkühlung und der magneto-optischen Falle (MOT) haben Untersuchungen an ultrakalten Gasen und Bose-Einstein-Kondensaten, aber auch an extrem seltenen Isotopen möglich gemacht.
Die Atomphysik hat eine Vielzahl von Anwendungen hervorgebracht, darunter den Laser oder die Atomuhr. Untersuchungsmethoden, die ursprünglich für atomphysikalische Experimente entwickelt wurden, haben heute einen weit darüber hinausgehenden Anwendungsbereich gefunden, wie beispielsweise die Kernspinresonanz in der medizinischen Bildgebung, die Absorptions- und Emissionsspektroskopie in der chemischen Analytik, oder die Photoelektronenspektroskopie in der Materialwissenschaft.
Siehe auch
- Kernphysik
- Frühe Geschichte der Atom- und Kernphysik
- Spektroskopie
- Elektronenhülle
- Bohrsches Atommodell
Bedeutende Atomphysiker (siehe auch Liste von Physikern):
- Aage Niels Bohr (1922–2009), dänischer Physiker; Nobelpreis für Physik 1975 (Theorie der kollektiven Bewegung der Atomkerne), Sohn von Niels Bohr
- Niels Bohr (1885–1962), dänischer Physiker; Nobelpreis für Physik 1922 (Struktur der Atome und ihrer Strahlung), Bohrsches Atommodell, Korrespondenzprinzip, Prinzip der Komplementarität
- Harriet Brooks (1876–1933), kanadische Atomphysikerin, Radioaktivität, Radioaktiver Rückstoß
- James Chadwick (1891–1974), englischer Physiker; Nobelpreis für Physik 1935 (Entdeckung des Neutrons), Entwicklung der Atombombe, Manhattan-Projekt
- Steven Chu (* 1948), US-amerikanischer Physiker und Politiker; Nobelpreis für Physik 1997 (Beeinflussung von Atomen mittels Lasern, Laserkühlung), Atomfallen und Atomuhren, atomphysikalische Messungen
- John Douglas Cockcroft (1897–1967), englischer Atomphysiker; Nobelpreis für Physik 1951 (Atomkernumwandlung durch beschleunigte atomare Partikel), Kernreaktionen, Cockcroft-Walton-Beschleuniger
- Claude Cohen-Tannoudji (* 1933), französischer Physiker; Nobelpreis für Physik 1997 (Kühlen und Einfangen von Atomen mit Laserlicht), Quantenmechanik, Nuklear- und Molekularphysik
- Edward Uhler Condon (1902–1974), US-amerikanischer Physiker; Franck-Condon-Prinzip, Atomenergie, Radar
- Demokrit (um 460 v. Chr. bis um 380 v. Chr.), griechischer Philosoph; Postulat des Atoms
- Paul Dirac (1902–1984), britischer Physiker und Mitbegründer der Quantenphysik, Nobelpreis für Physik 1933 (Atomtheorie, mit Schrödinger); Dirac-Kamm, Fermi-Dirac-Statistik, Dirac-See, Dirac-Spinor, Dirac-Gleichung, Dirac-Funktion, Delta-Distribution, Dirac-Konstante, Diracmaß, Dirac-Hypothese, Postulat des Magnetischen Monopols
- Enrico Fermi (1901–1954), italienisch-amerikanischer Kernphysiker; Nobelpreis für Physik 1938, Quantenmechanik, Quantenstatistik, Fermi-Dirac-Statistik für Fermionen, Fermis Goldene Regel, Fermifläche, Fermi-Resonanz, Thomas-Fermi-Atommodell, erste kontrollierte nukleare Kettenreaktion, Atombombe, Fermigas, Fermium, Ferminiveau, Fermi-Probleme
- Klaus Fuchs (1911–1988), deutsch-britischer Kernphysiker; Manhattan-Projekt, Atomspion
- Otto Hahn (1879–1968) war ein deutscher Chemiker, Pionier der Radiochemie, Entdecker der Kernisomerie (Uran Z) und der Kernspaltung des Urans (Nobelpreis 1944). Er gilt als „Vater der Kernchemie“
- Robert Hofstadter (1915–1990), US-amerikanischer Physiker, Nobelpreis für Physik 1961 für Arbeiten zur Elektronenstreuung an Atomkernen, Bestimmung der Größe und Ladungsverteilung auf Protonen und Neutronen
- Igor Kurtschatow (1903–1960), russischer Atomphysiker
- Heinz Maier-Leibnitz (1911–2000) Physiker und Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
- Robert Oppenheimer (1904–1967), US-amerikanischer theoretischer Physiker, wissenschaftlicher Leiter des Manhattan-Projekts zur Entwicklung der Atombombe
- Jens Scheer (1935–1994)
- Roland Schenkel (* 6. August 1947 in Rastatt)
- Johannes Diderik van der Waals (1837–1923), niederländischer Physiker, Nobelpreis für Physik 1910, Anziehungskraft zwischen Atomen, Van-der-Waals-Kräfte, Van-der-Waals-Radius, Van-der-Waals-Gleichung
- Ernest Walton (1903–1995), irischer Experimentalphysiker, Nobelpreis für Physik 1951, Hochspannungskaskade Cockcroft-Walton-Generator zur Atomspaltung
- Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker (1912–2007), deutscher Kernphysiker, Philosoph und Friedensforscher, Bethe-Weizsäcker-Zyklus, Bethe-Weizsäcker-Formel, Patente zur Atombombe, Göttinger Achtzehn
- Wolfgang Weller (1932–2006), deutscher theoretischer Physiker, Beiträge zur Vielteilchenphysik und Quantenflüssigkeit
Literatur
- Bernhard Bröcker (Herausgeber): dtv-Atlas Atomphysik, 6. Aufl. 1997, ISBN 3-423-03009-7
- Haken, Wolf: Atom- und Quantenphysik., Springer-Lehrbuch, 8. Aufl. 2004, ISBN 3-540-67453-5
Weblinks
Commons: Atomphysik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Welt der Atome und Moleküle bei Welt der Physik
- Versuche und Aufgaben zur Atomphysik
Wikimedia Foundation.