- Außenpolitik des Vereinigten Königreichs
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Die Außenpolitik des Vereinigten Königreichs vertritt die Werte, Ziele und Interessen des Vereinigten Königreichs und ist vor allem von der Geschichte des Landes als Kernterritorium des Britischen Weltreiches, das durch seine Stellung als See- und Kolonialmacht eine führende weltpolitische Stellung einnahm.
Der Zäsurcharakter des Zweiten Weltkrieges, aus dem das Land als Mitglied der Alliierten als Siegermacht hervorging, beschleunigte die Dekolonisierung der Nachkriegszeit. Im Kontext einiger verbleibender Überseeterritorien und Kronkolonien, beispielsweise Diego Garcias oder der Falklandinseln sowie einer teils jahrhundertelang anhaltender Kolonialherrschaft des Vereinigten Königreichs mit vielfältig nachwirkenden politischen, wirtschaftlichen, juristischem, administrativem und sprachlichen Einflüsse der britischen Kultur in aller Welt pflegt es überwiegend gute Beziehungen zum Commonwealth of Nations.
Trotz eines starken relativen Machtverlusts über die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinweg nimmt das Vereinigte Königreich weiterhin eine führende Großmachtstellung ein. Es ist ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates, der NATO sowie der Europäischen Union. Eine große Rolle spielt die „besondere Beziehung“ des Landes zu den Vereinigten Staaten, deren Art und Umfang jedoch umstritten sind.
Inhaltsverzeichnis
Institutionen
Nationaler Sicherheitsrat
Gründung und Zusammensetzung
Am 12. Mai 2010 nahm der nach amerikanischem Vorbild ausgestaltete Nationale Sicherheitsrat (National Security Council) unter der Leitung des kommissarischen Nationalen Sicherheitsberaters Peter Ricketts seine Arbeit auf. Das Ziel des Gremiums, das in der allgemeinen Kabinettsverwaltung angesiedelt ist, besteht in der Koordinierung aller Aspekte der britischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.[1] Ständige Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates sind der Premierminister und sein Stellvertreter, der Schatzkanzler, die Außen-, Verteidigungs-, Innen-, Energiesicherheits- und Entwicklungshilfeminister des Landes, sowie der Oberste Staatssekretäre des Schatzkanzlers, der Staatssekretäre des Innenministers für Sicherheitsfragen und der Kabinettssekretär für Regierungsangelegenheiten. Bei Bedarf kann das Gremium weitere Kabinettsmitglieder hinzuziehen.[2]
Sicherheitspolitische Konzepte und Grundlagen
Zu Beginn seiner Arbeit strebte der Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) eine Konzeptionierung und Verstetigung der britischen Sicherheitspolitik an, sowie die Erarbeitung von Prioritäten bei der Gewährleistung von Sicherheit. Dazu erarbeitete das Gremium vier hierarchisch angeordnete Paradigmen der Sicherheitspolitik. In absteigender Reihenfolge sind dies der strategische Kontext britischer Sicherheitspolitik; ihre Ziele; die Mittel, um diese zu erreichen, und zueletzt die dazu zur Verfügung stehenden Ressourcen. Mit dem Kontext und den Zielen britischer Sicherheitspolitik sollte sich eine Nationale Sicherheitsstrategie befassen, während ein Bericht zur Verteidigungspolitik und zur langfristigen Planung des Verteidigungsbudgets Mittel und Ressourcen behandeln sollte.[3] Das Cabinet Office der Vorgängerregierung unter der Führung Gordon Browns hatte bereits im März eine Nationale Sicherheitsstrategie herausgegeben, jedoch ohne die institutionelle Unterstützung des noch nicht gegründeten Sicherheitsrates.
Im Oktober 2010 veröffentlichte die britische Regierung in zweitägiger Abfolge die zweite Nationale Sicherheitsstrategie des Landes (National Security Strategy) und ein verteidigungspolitisches Dokument mit besonderem Blick auf bevorstehende Einsparungen, die Strategic Defence and Security Review (SDSR, deutsch etwa: „Überprüfung der gegenwärtigen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik“ ). Prinzipiell strebte die Nationale Sicherheitsstrategie den Schutz vor einer sich stetig verbreiternden Palette von Sicherheitsrisiken bei gleichzeitiger langfristigen Beeinflussung der internationalen Sicherheitslage zugunsten des ügung stehenden politischen, diplomatischen, wirtschaftlichen, juristischen und militärischen Mittel.[3] Unter dem Begriff des National Risk Register (deutsch, ungefähr: „Nationaler Risikenkatalog“) umfasste bereits die erste NSS eine nach Wirkung und Wahrscheinlichkeit gewichtete Liste aller bis dahin erfassten Sicherheitsrisiken.
Die Strategic Defence and Security Review nahm bereits zu Amtsantritt der konservativ-liberalen Regierungskoalition David Camerons im Rahmen ihres entschlossenen Sparkurses eine hohe Priorität ein. Mit Näherrücken des Veröffentlichungstermin nahm die britische Öffentlichkeit, von in der Presse durchdringenden Details begleitet, zunehmend Anteil an der Debatte um das Vorhaben. Bei Veröffentlichung des Dokuments überwog sowohl die öffentliche als auch die professionelle Kritik. Einer nichtrepräsentativen Umfrage der Denkfabrik RUSI, die bei verteidigungspolitischen Beratungen und Ansätzen eine zentrale Rolle einnimmt, stimmten mehr als 2.000 Angehörige der sicherheitspolitischen Eliten des Landes dem Grundanliegen der SDSR zu, übten jedoch starke Detailkritik.[4]
Beziehungen von besonderem Interesse
Europäische Union
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab das Vereinigte Königreich seine Politik der „Balance of Power“, also dem Ausgleich der Machtverhältnisse auf dem Kontinent, zugunsten einer langfristigen Kooperation mit den europäischen Nachbarn auf. Seitdem hat das Land positive Bindungen zur Europäischen Union und seinen Mitgliedern. Kritikpunkte sind die Weigerung des Vereinigten Königreichs, den Euro einzuführen, die Agrarpolitik der Europäischen Union sowie für manche Länder die enge Bindung an die USA.
Irland
Das Vereinigte Königreich unterhält freundschaftliche Beziehungen zur Republik Irland und arbeitet intensiv mit ihr an einer Lösung des Nordirlandkonflikts. Dem Ireland Act von 1949 zufolge werden irische Staatsbürger auf britischem Territorium wie die Angehörigen eines Commonwealth-Staates behandelt, und nicht wie Ausländer. Mit Abschluss des Karfreitagsabkommens verzichtete Irland auf seinen Gebietsanspruch auf Nordirland.
Commonwealth of Nations
In 16 der 53 Länder, die dem Commonwealth angehören, ist die britische Königin das Staatsoberhaupt. Diese Gebiete werden „Commonwealth Realm“ genannt.
Generell genießt die EU für die britische Außenpolitik aufgrund der viel schärfer abzugrenzenden Interessen Vorrang gegenüber dem Commonwealth. So sprach sie sich gegenüber den kulturell nahestehenden Ländern Australien und Neuseeland für die französischen Atomwaffentests in der Südsee aus. Simbabwe wurde aufgrund der autoritären Führung Robert Mugabes ausgeschlossen, genauso wie Pakistan, welches aber zurückkehren durfte.
Grundsätzlich dürfen alle Länder des Commonwealth ihre Mitgliedschaften beibehalten, wenn sie sich dazu entschließen, Republiken zu werden, solange sie demokratisch ausgerichtet bleiben.
Deutschland
Mit der Bundesrepublik Deutschland hatte das Vereinigte Königreich das Sicherheitsbedürfnis gegenüber der Sowjetunion gemein, sodass aus der durch die Zeit des Nationalsozialismus belasteten Beziehung eine freundschaftliche Partnerschaft erwuchs. Hunderttausende britische Soldaten sind seit dem Zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden stationiert gewesen, und das Vereinigte Königreich gestattete Deutschland die Wiedervereinigung. Eine geringfügige Belastung stellten die einander entgegengesetzten Auffassungen über den Irakkrieg dar.
Zypern
Zypern ist ehemalige britische Kolonie. Dort betreiben die Streitkräfte des Vereinigten Königreiches zwei Stützpunkte. Darüber hinaus garantiert das Vereinigte Königreich die Unabhängigkeit der Republik Zypern.
Frankreich
Trotz einer jahrhundertelangen Erbfeindschaft verfügen Frankreich und das Vereinigte Königreich aufgrund zweier gemeinsam gefochtener Weltkriege über gute Beziehungen zueinander. Unterschiedliche Meinungen bestehen jedoch aufgrund des Irakkrieges und der Gemeinsamen Agrarpolitik.
Mitgliedschaft bei internationalen Organisationen
- Afrikanische Entwicklungsbank
- Asiatische Entwicklungsbank
- Australische Gruppe
- Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
- Bewegung der blockfreien Staaten (Gast)
- Beobachtermission der Vereinten Nationen für Irak und Kuwait
- Beobachtermission der Vereinten Nationen in Georgien
- Commonwealth of Nations
- Customs Coordination Council
- Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
- Euro-Atlantischer Partnerschaftsrat
- Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
- Europäische Investitionsbank
- Europäische Organisation für Kernforschung
- Europäische Union
- Europäische Weltraumorganisation
- Europarat
- Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Zypern
- G6, G8, G10, G-20
- Gruppe der Kernmaterial-Lieferländer
- Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten
- Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen
- Inmarsat
- Intelsat
- Interamerikanische Entwicklungsbank
- Internationale Arbeitsorganisation
- Internationale Atomenergieorganisation
- Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
- Internationaler Bund Freier Gewerkschaften
- Internationale Entwicklungsorganisation
- Internationale Energieagentur
- Internationale Fernmeldeunion
- Internationale Finanz-Corporation
- Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung
- Internationale Handelskammer
- Internationale Hydrografische Organisation
- Internationales Olympisches Komitee
- Internationale Organisation für Migration (Beobachter)
- Internationale Organisation für Normung
- Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung
- Internationale Seeschifffahrts-Organisation
- Internationaler Strafgerichtshof
- Internationaler Währungsfonds
- Internationale Zivilluftfahrt-Organisation
- Interpol
- Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung
- Mission der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina
- Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo
- Mission der Vereinten Nationen in Sierra Leone
- NATO
- Karibische Entwicklungsbank
- Kernenergie-Agentur
- Organisation Amerikanischer Staaten (Beobachter)
- Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
- Organisation für das Verbot chemischer Waffen
- Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
- Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur
- Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung
- Sekretariat der Pazifischen Gemeinschaft
- Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (ständiges Mitglied)
- Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo
- Universität der Vereinten Nationen
- Vereinte Nationen
- Welthandelsorganisation
- Weltpostverein
- Weltgesundheitsorganisation
- Weltorganisation für geistiges Eigentum
- Weltorganisation für Meteorologie
- Westeuropäische Union
- Wirtschaftskommission für Afrika (assoziiert)
- Wirtschaftskommission für Europa
- Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik
- Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik
- Zangger Committee
Literatur
- Wolfgang Gieler & Moritz Botts (Hrsg.) (2007): Außenpolitik Europäischer Staaten, von Albanien bis Zypern. Lehr- und Studienbücher der Politikwissenschaft.Scientia Bonnensis 2007, ISBN 978-3-940766-01-4
Belege und Anmerkungen
- ↑ vgl. Cabinet Office: Establishment of a National Security Council, 12. Mai 2010. Zugriff am 11. April 2011.
- ↑ Cabinet Office: National Security Council - Who's who, undatiert. Abruf am 11. April 2011.
- ↑ a b vgl. Cabinet Office: [http://download.cabinetoffice.gov.uk/nss/nss-factsheet1.pdf Fact Sheet 1: Our Approach to the National Security Strategy, undatiert. Abruf am 11. April 2011.
- ↑ Royal United Services Institute: RUSI SURVEY: SDSR was a ‘lost opportunity’ according to two-thirds of defence and security community, 28. Oktober 2010. Zugriff am 11. April 2011.
Kategorie:- Außenpolitik (Vereinigtes Königreich)
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