St. Bonifatius (Lörrach)

St. Bonifatius (Lörrach)
St. Bonifatius

St. Bonifatius ist die katholische Hauptkirche der südbadischen Stadt Lörrach. Die dem heiligen Bonifatius geweihte neoromanische Kirche aus Backstein steht, von einem kleinen Park eingerahmt, nördlich der Lörracher Innenstadt an der Ecke zwischen Luisenstraße und Tumringer Straße. Im Gegensatz zu den beiden anderen Lörracher Kirchen, der Stadtkirche und Fridolinskirche aus der Weinbrennerzeit, folgt St. Bonifatius dem Stilideal der Nazarener[1] und ähnelt darin der katholischen Kirche St. Martin in Obersäckingen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Am 9. Juli 1865 wurde an der Südwestecke des Gebäudes der Grundstein gelegt. Die Bauleitung hatte das erzbischöfliche Bauamt unter Lukas Engesser (1820−1880), einem Schüler von Heinrich Hübsch. Die Bauaufsicht übte der Lörracher Architekt Meeser aus. Die vier Glocken der Kirche wurden am 28. Juli 1867 geweiht und am 6. August desselben Jahres weihte der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler die Kirche.[3]

Innenraum der Bonifatiuskirche

1867 wurde in Lörrach eine Quasipfarrei gegründet, ein Jahr später eine reguläre katholische Pfarrei mit den Filialen Tumringen, Rötteln, Wittlingen, Hauingen, Haagen, Brombach, Haltingen, Binzen, Rümmingen und Schallbach. Die neue Pfarrei wurde dem Landkapitel Wiesental eingegliedert und das Pfarrhaus 1869/71 errichtet. 1880 zählte Lörrach 6716 Einwohner, 1883 hatte es 2334 katholische Gemeindemitglieder. 1892/93 wurde das Kirchengebäude erstmals restauriert und auch die Innenausstattung vollendet. 1901 wurde die Fläche um die Kirche zum öffentlichen Platz erklärt. 1903 erhielt die Kirche eine neue Monstranz. 1908 malte der Kunstmaler Karl Jennes im Chor zwischen den beiden Fenstern das Haupt Christi; gleichzeitig erhielt das Langhaus zwei neue Farbfenster. Ein Jahr später überarbeitete V. Domisch aus Kirchheim die Orgel der Kirche. Als letztes Ausstattungsstück kam ein neuer Hochaltar aus dem Atelier der Gebrüder Moroder in Offenburg hinzu.

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Kirche unbeschädigt. In der Folgezeit wurden bei Restaurierungen Ausstattungsteile aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert beseitigt. Weitere Restaurierungen und Renovierungen erfolgten in den Jahren 1948 und 1971/72. Bei der letzteren wurden der Hochaltar und die Kanzel entfernt. Im Untergeschoss des Turms entstand eine Marienkapelle mit einer barocken Madonna aus der Zeit um 1700/1750.

Am 15. Juli 2007 wurden Turmhelm und Glockenstuhl der Bonifatiuskirche durch einen Großbrand erheblich beschädigt, sodass die Kirche in den Jahren 2007/08 vollständig renoviert werden musste.[4] Zur Erinnerung an den Brand steht am Laeugerrelief an der Choraußenseite eine Glocke aus dem ausgebrannten Glockenstuhl. Am 5. Oktober 2008 konnte der Kirchenbetrieb wieder aufgenommen werden.[5]

Beschreibung

Kirchenbau

Laeugerrelief

Die Bonifatiuskirche ist eine dreischiffige Säulenbasilika. Die Innenwände und acht Säulen sind weiß; die kräftige Holzbalkendecke ist eine Bugkonstruktion, die durch abgestützte Unterzüge gehalten wird. Das Chorgewölbe weist breite Rippen auf. Diese Form des Rundbogenstils im Gewölbe ist auf den Einfluss von Heinrich Hübsch zurückzuführen.

An der Außenfassade am Chor befindet sich eine Kreuzigungsgruppe aus kolorierten Keramikfliesen. Das Relief fertigte 1902 Max Laeuger nach einer Vorlage von Fridolin Dietsche[6] als eine der Stationen des Lörracher Skulpturenwegs. Das Werk war eigens für die Kunstausstellung 1902 in Karlsruhe geschaffen worden. Dort erregte es Aufsehen, sodass es der Freiburger Münsterbauverein erwarb. Da Jahre nach dem Kauf kein entsprechender Platz im Münster gefunden wurde, kaufte der Museumsverein Lörrach unter Mitwirkung von Julius Wilhelm das Relief. 1950 bot der Verein die monumentale Kreuzigungsgruppe zunächst der Bonifatiusgemeinde als Leihgabe an und schenkte sie ihr 1955.[7]

Innenraum und Ausstattung

Der Altar aus Travertin von Bruno Knittel ist schlicht gehalten und ruht auf vier massiven Eckbeinen. Die Tabernakelstele und der Ambo sind aus Bronze gefertigt. Über dem Altar hängt ein Bronzekreuz. Alle diese Stücke stammen von Bruno Knittel. Der Zyklus der farbigen Glasfenster stammt vom Düsseldorfer Künstler Jochem Poensgen.[8] In der Turmhalle befindet sich eine Marienkapelle mit Gedanktafeln für die Gefallenen und Vermissten der Weltkriege sowie ein barockes Bildnis Mariä mit Kind von 1700/1750.

Orgeln

1882 erbaute die Werkstatt Walcker aus Ludwigsburg die Orgel. In den Jahren 1909 sowie 1954/55 wurde sie überarbeitet bzw. umgebaut. Das Instrument hat drei Manuale, ein Pedal und 38 Register.[9] 2009 erhielt St. Bonifatius eine neue Orgel. Das Instrument mit 42 Registern auf drei Manualen und Pedal wurde von der Orgelbauwerkstatt Thomas Jann (Laberweinting) erbaut.[10]

I Hauptwerk C–a3

1. Principal 16'
2. Octave 8'
3. Flûte harm. 8'
4. Bourdon 8’
5. Violoncelle 8'
6. Octave 4'
7. Spitzflöte 4'
8. Superoctave 2'
9. Cornet V (ab c1) 8’
10. Mixtur V-VI 2'
11. Trompette 8’
12. Chamade 8'
II Schwellwerk C–a3
13. Bourdon 16'
14. Diapason 8'
15. Flûte ouverte 8’
16. Gambe 8'
17. Voix céleste 8'
18. Prestant 4'
19. Nachthorn 4'
20. Nazard 22/3
21. Tierce 13/5
22. Octavin 2'
23. Sifflet 1’
24. Plein Jeu V 2’
25. Basson 16’
26. Trompette harmonique 8'
27. Basson-Hautbois 8'
28. Clairon harmonique 4’
Tremulant
III Continuowerk C–a3
29. Bourdon 8'
30. Salicional 8'
31. Rohrflöte 4'
32. Cornet V (ab c1) 8'
33. Cromorne 8'
Tremulant
Pedal C–f1
34. Grand Bourdon 32'
35. Principalbaß 16'
36. Subbaß 16'
37. Oktavbaß 8'
38. Bourdon 8'
39. Octave 4'
40. Bombarde 32’
41. Posaune 16'
42. Trompette 8'
  • Koppeln: II/I, III/I, II/P, I/P, I 4’/P, III/P (mechanisch); II/I, II 16’/I, II 4’/P, II 4’/II (elektrisch)
  • Nebenregister: Lerche, Zimbelstern

Glocken

Bonifatius-Glocke des abgebrannten Glockenstuhls

Ursprünglich hatte die Bonifatiuskirche ein Geläut, das aus vier Glocken bestand. Infolge des Ersten Weltkrieges mussten 1917 drei davon abgegeben werden; sie wurden 1920 ersetzt. Während des Zweiten Weltkrieges mussten bis auf die kleine c′′-Glocke ebenfalls drei Glocken für Kriegsmaterial abgehängt werden. 1948 lieferte die Glockengießerei J. F. Weule in Bockenem vier neue Eisenhartgussglocken mit den Nominalen d′, g′, a′, h′.[9]

Nach dem Brand wurden am 14. September 2008 fünf neue Glocken geweiht, die die Glockengießerei Bachert in Karlsruhe gegossen hatte.[11]

Nr. Name Nominal Gewicht Inschrift
1 Bonifatius-Glocke c 2200 kg
2 Josef-Glocke d 1600 kg Miteinander Kirche sein
3 Elisabeth-Glocke f 1050 kg Was ihr dem Geringsten getan habt, habt ihr mir getan
4 Ökumene-Glocke g 730 kg Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung
5 Marienglocke b 510 kg Was er euch sagt, das tut

Literatur

  • Hans Jakob Wörner: Kath. Pfarrkirche St. Bonifatius Lörrach, Verlag Schnell und Steiner 1978, ISBN 978-3-7954-4854-7.
  • Otto Wittmann et al., Stadt Lörrach (Hrsg.): Lörrach: Landschaft – Geschichte – Kultur, Verlag Stadt Lörrach, Lörrach 1983, ISBN 3-9800841-0-8, Seite 628/629.
  • Hans Freimann: 125 Jahre St. Bonifatius in Lörrach. in: Walter Jung, Gerhard Moehring (Hrsg.): Unser Lörrach 1993. Eine Grenzstadt im Spiegel der Zeit, Lörrach-Tumringen: Kropf & Herz 1973, Seiten 7–19.
  • Johannes Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, Müllheim/Baden 1989, ISBN 3-921709-16-4, S. 167−168.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Otto Wittmann et al.: Stadt Lörrach (Hrsg.): Lörrach: Landschaft – Geschichte – Kultur, Seite 628
  2. St. Martin Obersäckingen
  3. Wörner: Kath. Pfarrkirche St. Bonifatius Lörrach, Seite 11
  4. Bilder des Brandes am 15. Juli 2007
  5. Wiedereinzug in die Kirche (pdf)
  6. Informationen zu Max Laeuger und seinen Werken (Archivversion vom 24. Dezember 2004)
  7. Otto Wittmann et al.: Stadt Lörrach (Hrsg.): Lörrach: Landschaft – Geschichte – Kultur, Seite 629
  8. Werkliste von Jochem Poensgen
  9. a b Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, S. 168
  10. Zur Disposition
  11. Badische Zeitung: Glockengießen – eine Kunst aus dem Mittelalter, In der Firma Bachert in Karlsruhe wurden die neuen Glocken für St. Bonifatius gegossen, 28. Juli 2008

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