The Tube

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Die London Underground ist das älteste und längste U-Bahn-Netz der Welt. Sie erschließt die britische Hauptstadt London und einige angrenzende Gebiete. Der erste Streckenabschnitt der „Metropolitan Railway“ (die heutige Metropolitan Line) wurde am 10. Januar 1863 als unterirdische, mit Dampflokomotiven befahrene Eisenbahn eröffnet.

Obwohl von der „Metropolitan Railway“ die weltweit häufigste Bezeichnung für eine U-Bahn – Metro – abgeleitet wurde, wich dieser Begriff im britischen Englisch bereits Ende des 19. Jahrhunderts der Bezeichnung Underground. In der Umgangssprache der Londoner wird die U-Bahn auch tube (deutsch: Röhre, Rohr) genannt.

Der Spitzname „tube“ stammt von den röhrenförmigen Tunneln der Kleinprofillinien; hier das Tunnelende der Northern Line nördlich der Station Hendon Central
Großprofilzug des Typs D78 auf der District Line, Station Kensington (Olympia)

Zurzeit gibt es 274 Stationen. Die Länge des Streckennetzes beträgt 408 Kilometer. Außerhalb der Innenstadt verkehren die Linien mehrheitlich an der Oberfläche, tatsächlich sind nur 45 Prozent aller Strecken unterirdisch. Komplett unterirdisch verkehren lediglich die Victoria Line und die Waterloo & City Line.

Täglich benutzen durchschnittlich 2,67 Millionen Fahrgäste das Underground-System, an Spitzentagen bis zu 3,4 Millionen. Im Geschäftsjahr 2004/2005 wurden insgesamt 976 Millionen Fahrten unternommen, was einen neuen Rekordwert darstellt. Seit 2003 ist London Underground ein Teil von Transport for London (TfL), die auch für die übrigen öffentlichen Verkehrsmittel in Greater London mit Ausnahme der Eisenbahnen verantwortlich ist.

Inhaltsverzeichnis

Liniennetz

Das Londoner U-Bahnnetz ist 404 km lang, hat 274 Stationen und besteht aus elf Linien, die zum Teil mehrfach verzweigt sind. 14 Stationen liegen außerhalb der Grenzen von Greater London, dabei handelt es sich um drei bzw. fünf Stationen der Metropolitan Line in den Grafschaften Buckinghamshire und Hertfordshire sowie um sechs Stationen der Central Line in der Grafschaft Essex.

Die Züge fahren werktags von 5 bis 1 Uhr, sonntags von 7 Uhr bis Mitternacht. Manche Stationen sind an Sonntagen oder am späten Abend geschlossen. Die Taktzeiten betragen in Spitzenzeiten zwei Minuten, tagsüber durchschnittlich vier Minuten, am späten Abend bis zu zehn Minuten.

Südlich der Themse gibt es nur wenige U-Bahn-Linien: Vom gesamten Streckennetz der Underground entfallen nur etwa 10 % auf dieses Gebiet. Statt dessen wird das Gebiet vor allem von Vororteisenbahnlinien erschlossen. Nördlich der Themse verhält es sich genau umgekehrt: Hier überwiegen die Linien der Underground, während die Eisenbahn auf wenige Hauptstrecken zu den Kopfbahnhöfen beschränkt ist.

Siehe auch: Liste der Stationen der London Underground

Die einzelnen Linien

Linie Farbe Eröffnung Linientyp Länge in km Stationen Fahrgäste in Mio./Jahr
Bakerloo Line Braun 1906 Röhrenbahn 23,2 25 95,9
Central Line Rot 1900 Röhrenbahn 74,0 49 183,5
Circle Line Gelb 1884 Großprofil 22,5 27 68,4
District Line Grün 1868 Großprofil 64,0 60 172,8
Hammersmith & City Line Rosa 1864 Großprofil 26,5 29 45,8
Jubilee Line Grau 1979 Röhrenbahn 36,2 27 127,5
Metropolitan Line Magenta 1863 Großprofil 66,4 34 53,6
Northern Line Schwarz 1890 Röhrenbahn 57,6 51 206,7
Piccadilly Line Dunkelblau 1906 Röhrenbahn 70,4 52 176,1
Victoria Line Hellblau 1969 Röhrenbahn 22,5 16 161,3
Waterloo & City Line Türkis 1898 Röhrenbahn 2,4 2 9,6

Geschlossene Stationen und Linienabschnitte

Im Laufe der langen Geschichte der Underground wurden auch einige Stationen geschlossen oder aufgelassen. Ursache für die Schließung war meist die mangelnde Frequentierung der Stationen, häufig weil mehrere Stationen im gleichen Einzugsbereich lagen. Die geringen Haltestellenabstände hatten verschiedene Ursachen. Zum Teil war dies das Resultat von Fehlplanungen, zum Teil wurde auch der Eingang von Stationen verlegt: Als die ersten Stationen für Röhrenbahnen gebaut wurden, war die Rolltreppe noch nicht erfunden. Stattdessen waren die Stationen mit Aufzügen und einer Wendeltreppe ausgestattet. Rolltreppen haben einen größeren Platzbedarf als Lifte und deshalb wurden manche mit Rolltreppen nachgerüstete Stationen versetzt.

Die Konkurrenz der verschiedenen Betreibergesellschaften in der Frühzeit der Underground war ein weiterer Grund für geringe Haltestellenabstände. Jede der Gesellschaften hatte ein eigenes Netz, die Fahrgäste konnten zum Teil nur umsteigen, indem sie ebenerdig von einer Station zur anderen gingen. Im Zuge der Vereinheitlichung der Strecken wurden deshalb einige dieser Stationen geschlossen oder zusammengelegt. Die meisten geschlossenen Stationen sind immer noch über Nottreppen zugänglich und können in Notfällen zur Evakuierung verwendet werden. Einige wurden auch zu anderen Zwecken genutzt, vor allem als Bunker während des Zweiten Weltkriegs.

Zahlreiche Eisenbahnstrecken in London und den umliegenden Grafschaften wurden eine Zeit lang auch von Linien der Underground bedient. So fuhren z. B. einzelne Züge der District Line nach Windsor (1883−85) oder nach Southend-on-Sea an der Nordseeküste (1910−38). Die nördliche Endstation der Bakerloo Line lag von 1917 bis 1982 in Watford. Am weitesten in ländliches Gebiet hinein stieß die Metropolitan Line vor: In den 1890er Jahren entstanden zwei Strecken in Buckinghamshire, die fast bis nach Oxford reichten. Die damalige Metropolitan Railway hoffte vergeblich, mit diesen Strecken zu einer bedeutenden Eisenbahngesellschaft aufzusteigen. Die Strecken wurden nach vierzig Jahren wegen mangelnder Rentabilität wieder stillgelegt. Im Dezember 2007 wurde die East London Line (Whitechapel - New Cross/ New Cross Gate) geschlossen, sie wird nach ihrer Wiedereröffnung im Jahr 2010 in das Netz von London Overground integriert.

Siehe auch: Geschlossene Stationen der London Underground

Betrieb

Zug des Typs Tube Stock 1992 auf der Central Line

Seit Januar 2003 ist London Underground in Form einer Public Private Partnership (PPP; Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und Privatunternehmen) teilprivatisiert. Der Unterhalt der Infrastruktur wird durch private Unternehmen durchgeführt, doch die Underground bleibt im Besitz von Transport for London, die auch für den Zugbetrieb zuständig ist. Das Ziel von PPP ist die Erschließung von Geldquellen für zukünftige Investitionen ins U-Bahn-System. Dazu gehören der Neu- und Ausbau von Stationen, der Kauf von neuem Rollmaterial sowie die Einrichtung von neuen Sicherheitssystemen und Zugsicherungen.

Das Netz ist in drei Gruppen aufgeteilt: JNP (Jubilee Line, Northern Line und Piccadilly Line), BCV (Bakerloo Line, Central Line und Victoria Line) sowie SSL (Sub-Surface-Linien mit District Line, Metropolitan Line, Circle Line, East London Line und Hammersmith & City Line). Die Firma Metronet hat den Unterhalt der BCV- und SSR-Gruppen übernommen, während Tube Lines für die JNP-Gruppe verantwortlich ist.

Betriebszahlen

Während der Hauptverkehrszeit transportiert die Underground derzeit auf den am stärksten benutzten Abschnitten stündlich 142.000 Passagiere. Theoretisch hätte sie eine maximale Kapazität von 315.000 Passagieren pro Stunde. [1]

Im Vergleich zu U-Bahnen in anderen Millionenstädten bestreitet die London Underground einen relativ hohen Anteil ihrer Betriebsausgaben aus den Fahrkarteneinnahmen. Im Jahr 2004 wurden die Ausgaben von knapp 2 Milliarden Pfund zu etwa 62 % mit Fahrkarteneinnahmen finanziert. Insgesamt hatte die Underground damit einen Zuschussbedarf von 768 Mio. Pfund. Im Jahr 2002 zuvor betrug der Anteil der Fahrkartenverkäufe an den Einnahmen sogar fast 82 %. [2]

Technik

Bei Rayners Lane kreuzen sich ein Sub-Surface-Zug der Metropolitan Line (links) und ein Tube-Zug der Piccadilly Line (rechts)

Die Linien der Londoner Underground können in zwei Typen unterteilt werden: Unterpflasterbahnen (Sub-Surface) und Röhrenbahnen (Tube). Die Unterpflasterbahnen wurden ähnlich den älteren deutschen U-Bahnen in offener Tunnelbauweise errichtet (engl. cut and cover). Zuerst wurde mitten auf der Straße eine offene Baugrube ausgehoben. Nachdem die Tunnelwand errichtet und die Gleise verlegt waren, wurde die Baugrube abschnittsweise wieder mit einem Deckel verschlossen; über dem Deckel entstand die Straße neu. Die Gleise liegen durchschnittlich fünf Meter unter der Erdoberfläche. Die Tunnel haben einen Durchmesser von 7,62 m (25 ft.) und besitzen das gleiche Lichtraumprofil wie die britischen Eisenbahnlinien. Der erste Tunnelabschnitt zwischen Paddington und Farringdon ist 7,82 m (25 ft. 8 inch) breit.

Die Röhrenbahnen wurden anfangs mit Spitzhacke und Schaufel, später mittels Schildvortrieb in 20 bis 50 Metern Tiefe errichtet. Der Tunneldurchmesser ist weniger als halb so groß wie bei den Sub-Surface-Linien (im Durchschnitt 3,56 m (11 ft. 8,25 inch), jedes Gleis liegt in einer einzelnen Röhre. Obwohl die Standardspurweite von 1435 mm benutzt wird, ist das Lichtraumprofil wesentlich geringer. Üblicherweise sind die beiden Teilnetze getrennt. Ausnahme ist die oberirdische Strecke Rayners LaneUxbridge; hier verkehren sowohl eine Sub-Surface-Linie (Metropolitan Line) als auch eine Tube-Linie (Piccadilly Line).

Wagen des Typs 1996 Stock in der Betriebswerkstatt Stratford Market

Elektrifiziert sind die Strecken der Londoner U-Bahn mit 630 Volt Gleichstrom. Im Unterschied zu den meisten anderen U-Bahnen werden zwei Stromschienen verwendet; dadurch soll Streustromkorrosion in Rohrleitungen verhindert werden. Eine der Stromschienen befindet sich zwischen den Gleisen, die andere je nach örtlicher Gegebenheit rechts oder links von den Fahrschienen. Ein weiterer Vorteil dieses Systems ist, dass die Fahrschienen ausschließlich für Signalstromkreise genutzt werden können. Die Stromschienen werden von oben durch die Stromabnehmer der Züge bestrichen. Hierdurch ist bei offenen Streckenabschnitten eine Gefahr der Vereisung gegeben. Um dem zu begegnen, sind einige Fahrzeuge mit einer speziellen Vorrichtung ausgestattet, die das Anbringen einer Enteisungsflüssigkeit über den Stromabnehmer gestattet. Auf offener Strecke sind die Gleise durch Zäune abgetrennt, um Unfälle zu vermeiden.

Zum Einsatz kommen verschiedene Zugtypen aus den Jahren 1960 bis 1996. Zugtypen der Sub-Surface-Linien werden üblicherweise mit einem Buchstaben gekennzeichnet (z. B. A Stock auf der Metropolitan Line), während die Zugtypen der Tube-Linien nach dem Jahr benannt sind, in denen sie entworfen wurden (z. B. 1996 Stock auf der Jubilee Line). Auf sämtlichen Linien mit Ausnahme der District Line sind die Züge aus Wagen eines einzigen Zugtyps zusammengesetzt. In Entwicklung befinden sich zwei Zugtypen, 2009 Stock für die Victoria Line und S Stock für die Metropolitan Line; diese sollen ab 2009 ausgeliefert werden.

Siehe auch: Rollmaterial der London Underground

Geschichte

Erste Pläne

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in und um London zahlreiche Eisenbahnlinien, doch die einzelnen Kopfbahnhöfe lagen alle außerhalb der Innenstadt. Passagiere mussten zwischen den einzelnen Bahnhöfen mit Kutschen reisen. Bald verkehrten so viele von ihnen, dass die Straßen hoffnungslos verstopft waren.

Nach der Great Exhibition im Jahr 1851 wurden Pläne präsentiert, die eine unterirdisch verlaufende Breitspur-Eisenbahn vorsahen. Die Great Western Railway sollte dadurch die Möglichkeit erhalten, ihre Züge von Paddington bis in die City of London zu führen. Paddington war der am weitesten von der City entfernte Endbahnhof und nach der Fertigstellung der Eisenbahnlinie nach Birmingham verschlechterte sich die Verkehrssituation auf den Zufahrtsstraßen erheblich.

Die Great Northern Railway, deren Endbahnhof King’s Cross ebenfalls von dieser Strecke profitieren würde, unterstützte den Plan. Eine oberirdische Streckenführung war von vornherein ausgeschlossen, da man es für sinnvoll hielt, die Züge vom Straßenverkehr zu trennen. Auch sprachen ästhetische Aspekte für eine Untergrund- statt einer Hochbahn.

Metropolitan Railway

Die teilweise oberirdische Station Farringdon ist Teil des ältesten Abschnitts

Am 7. August 1854 wurde die „Metropolitan Railway“ (MetR) gegründet. Das Projekt kam einige Jahre lang nicht so recht voran, weil das Investitionskapital zunächst nur spärlich floss. Schließlich begannen die Bauarbeiten im Februar 1860. Nach zahlreichen Verzögerungen konnte am 10. Januar 1863 die erste mit Dampflokomotiven betriebene U-Bahnlinie eröffnet werden. Die Strecke führte von Paddington (Bishop's Road) (heute Paddington) nach Farringdon Street, nahe der heutigen Station Farringdon. Am ersten Betriebstag fuhren 40.000 Personen mit der neuen Bahn. Dieser Abschnitt wird heute von der Hammersmith & City Line, der Circle Line und teilweise von der Metropolitan Line befahren.

Die Strecke diente zunächst hauptsächlich als innerstädtische Verlängerung der Great Western Railway (GWR). Aus diesem Grund waren neben Normalspur-Gleisen (1435 mm) auch Breitspur-Gleise (2140 mm) verlegt worden. In den ersten Monaten nutzte die Metropolitan Railway ausschließlich GWR-Rollmaterial. Differenzen zwischen beiden Unternehmen führten am 30. September 1863 zum Rückzug der GWR. Die MetR musste eine Zeit lang das Rollmaterial von der Great Northern Railway und der London and North Western Railway anmieten, bis ihre erste Bestellung ausgeliefert war.

Von Beginn weg galt auf den Zügen der MetR aus Sicherheitsgründen ein Rauchverbot. Auf vielfachen Wunsch der Öffentlichkeit führte sie jedoch 1874 Wagen mit Raucherabteilen ein. Auch war die MetR eine der ersten Eisenbahngesellschaften des Landes, die besonders günstige Tarife für Arbeiter anbot; diese galten vorerst jedoch nur auf einigen wenigen Zügen. Im Jahr 1880 beförderte die MetR bereits 40 Millionen Fahrgäste pro Jahr.

Nach 1868 begann die Metropolitan Railway, ihr Netz nach Nordwesten zu erweitern. 1880 wurde Harrow erreicht, 1887 Rickmansworth, 1889 Chesham und 1892 Aylesbury in der Grafschaft Buckinghamshire. Von Aylesbury aus verkehrten bereits ab 1891 Züge nach Verney Junction, ab 1899 auch nach Brill, etwa 90 Kilometer von Baker Street entfernt. Ursprünglich wollte die MetR sich als überregionales Eisenbahnunternehmen etablieren. Von Baker Street aus sollten Schnellzüge nach Oxford und weiter in die Midlands verkehren; ein Traum, der sich letztlich nicht erfüllte. Das von der Gesellschaft erschlossene Gebiet in Middlesex wurde innerhalb weniger Jahrzehnte vollständig verstädtert und erhielt bald den Spitznamen Metro-land.

Metropolitan District Railway

Am 29. Juli 1864 erfolgte die Gründung einer zweiten Gesellschaft, der Metropolitan District Railway (MDR; heute District Line). Deren Hauptaufgabe war die Fertigstellung des südlichen Teils des Innenstadtrings, auch Inner Circle genannt. Deren erste Strecke zwischen South Kensington und Westminster wurde am 24. Dezember 1868 eröffnet.

Auch die MDR expandierte in die schnell wachsenden Vororte. In enger Kooperation mit anderen Eisenbahngesellschaften entstanden unter anderem Strecken nach Hammersmith (1874), Richmond (1877), Ealing Broadway (1879) und Wimbledon (1889). Am 6. Oktober 1884 wurde mit der Strecke Mansion HouseTower of London die letzte Lücke geschlossen. Obwohl die Circle Line erst 1949 als eigenständige Linie geschaffen wurde, fuhren beide Gesellschaften um den ganzen Ring (Circle) herum und lieferten sich einen harten Konkurrenzkampf.

Erste Tubes und Elektrifizierung

Wagen der Tower Subway
Zug der City and South London Railway

Technologische Neuentwicklungen wie der Schildvortrieb ermöglichten den Bau von tief unter der Oberfläche liegenden Tunneln. Am 2. August 1870 wurde die Tower Subway eröffnet, die erste Röhrenbahn (Tube) der Welt, mit einer Spurweite von 762 mm. Die Stationen befanden sich nördlich des Tower of London und in Southwark in der Vine Street. Ein Kabel zog den Wagen durch die Röhre, als Antrieb dienten zwei Dampfmaschinen mit einer Leistung von 4 PS.

Das System erwies sich als kaum brauchbar, da der einzige Wagen lediglich 10 Personen Platz bot. Da es kein Ausweichgleis gab, konnte auch kein zweiter Wagen im Tunnel verkehren. Bereits am 24. Dezember 1870 wurde die Anlage ausgebaut und der Tunnel musste fortan zu Fuß passiert werden. Nach Eröffnung der Tower Bridge im Jahr 1894 wurde der Tunnel ganz stillgelegt. Heute ist noch das kleine Eingangsgebäude am Tower erhalten. Die Tower Subway war dennoch kein totaler Misserfolg, denn es wurde bewiesen, dass auch unter der Themse ein Tunnel gebaut werden kann.

Die erste elektrisch betriebene U-Bahnlinie, die City and South London Railway, wurde am 4. November 1890 zwischen Stockwell und King William Street am nördlichen Ende der London Bridge eröffnet. Diese Linie bildet einen Teil der heutigen Northern Line. 1898 erfolgte die Eröffnung der kurzen Waterloo & City Line zwischen der City of London und dem Bahnhof Waterloo.

Zwischen 1901 und 1908 wurden die mit Dampf betriebenen Linien nach zunehmenden Beschwerden der Fahrgäste ebenfalls weitgehend elektrifiziert: Die saubere elektrische Energie hatte Anklang gefunden und dreckige Dampfzüge in engen Tunneln wurden als gesundheitsgefährdend und antiquiert empfunden. Um die Strecken mit Elektrizität versorgen zu können, entstanden zwei Kohlekraftwerke, die Lots Road Power Station und die Neasden Power Station.

Expansion

Station Charing Cross (Northern Line)

Um die Wende zum 20. Jahrhundert hatte sich die Tunnelbau-Technologie erneut rasch weiterentwickelt, so dass innerhalb kurzer Zeit vier weitere Röhrenbahnen entstanden:

Diese Zersplitterung der Kräfte war ineffizient. Verbindungen zwischen einzelnen Linien gab es praktisch keine, so dass die Fahrgäste gezwungen waren, sich zuerst an die Oberfläche zu begeben, eine Straße zu überqueren und dann wieder hinabzusteigen. Der Betrieb dieser Bahnen war teuer, und so hielten die Gesellschaften Ausschau nach finanzkräftigen Investoren.

Glasierte Terrakotta-Ziegel, die typische Stationsarchitektur von Leslie Green, hier in South Kensington
Charles Holden entwarf das Gebäude 55 Broadway, den Underground-Hauptsitz

Ein solcher Investor war der US-Amerikaner Charles Tyson Yerkes. Seine Underground Electric Railways Company (UER) übernahm im Jahr 1900 zunächst die finanziell angeschlagene Hampstead-Eisenbahn. Zwei Jahre später kontrollierte Yerkes alle übrigen Gesellschaften mit Ausnahme der Waterloo & City Line und der Metropolitan Line. Die UER trat ab 1902 unter dem Markennamen Underground Group auf und erwarb mit der Zeit auch Dutzende von Straßenbahn- und Buslinien. Die Vereinheitlichung des Streckennetzes machte sich auch in der Architektur bemerkbar: Leslie Green, Yerkes' „Hausarchitekt“, baute nicht weniger als 28 Stationsgebäude, die alle einen ähnlichen Stil aufweisen. Der Verlauf der Londoner U-Bahn in größerer Tiefe und der damit verbundene Zugang mittels Aufzügen erklären die voluminösen Stationsgebäude, die in dieser Form z. B. in Paris nicht vorhanden sind, wo der Zugang zu den Stationen in der Regel durch Treppen erfolgt.

1933 wurde die öffentlich-rechtliche Gesellschaft London Passenger Transport Board geschaffen; sie übernahm Yerkes' Unternehmen, die Metropolitan Railway sowie alle privaten Bus- und Tramlinien. Zwischen den beiden Weltkriegen wurde das Netz der Underground nochmals markant erweitert, vor allem die Northern Line und die Piccadilly Line. Für diese Erweiterungen entwarf Charles Holden repräsentative und weitläufige Stationsgebäude im Art Déco-Stil, die heute teilweise unter Denkmalschutz stehen. Ebenfalls von Holden stammt das Gebäude 55 Broadway über der Station St. James’s Park, der Hauptsitz von London Underground.

Zweiter Weltkrieg

U-Bahnhof als Luftschutzbunker im Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs und vor allem während der Luftschlacht um England dienten mehrere tief gelegene U-Bahn-Stationen als Luftschutzbunker. Andere Stationen und Streckenabschnitte erfüllten weitere Aufgaben:

  • Eine neu gebaute, aber noch nicht eröffnete Verlängerung der Central Line zwischen Redbridge und Gants Hill wurde in eine unterirdische Fabrik für Flugzeugteile des Plessey-Konzerns umgewandelt; eine Güterbahn mit einer Spurweite von 457 mm verband die einzelnen Abteilungen miteinander.
  • Die heute geschlossene Station Down Street diente eine Zeit lang als Sitzungsräumlichkeit für Premierminister Winston Churchill und sein Kabinett.
  • In der heute ebenfalls geschlossenen Station Brompton Road war ein Flugabwehr-Kontrollzentrum untergebracht.
  • In der seit 1994 geschlossenen Station Aldwych wurden besonders wertvolle Kunstschätze des Britischen Museums gelagert, um sie vor der Zerstörung zu bewahren.

Die weitere Entwicklung

Nach dem Krieg nahm der Verkehr immer mehr zu, was zu einer Überlastung des Netzes führte. 1969 wurde die Victoria Line eröffnet, die erste neue Linie seit mehr als 60 Jahren. Sie war so gebaut worden, dass an fast allen Stationen Übergänge zu anderen Schienenverkehrsmitteln entstanden. Sie war auch die erste vollautomatische U-Bahn der Welt, der Zugführer musste nur noch einen Knopf drücken und der Zug fuhr in die nächste Station. Diese Technik nannte sich Automatic Train Operation (ATO). Auf der Metropolitan Line verkehrten noch bis 1971 von Dampflokomotiven gezogene Dienstzüge. Die Piccadilly Line wurde 1977 zum Flughafen London-Heathrow verlängert.

1979 wurde die neue Jubilee Line eröffnet, doch über 20 Jahre ruhten die Arbeiten an der östlichen Verlängerung in die Docklands. Geplant war eigentlich eine Streckenführung über Aldwych und Ludgate Circus Richtung Osten. Man konzentrierte sich zunächst auf oberirdische Schienenverkehrsmittel, wie zum Beispiel die Docklands Light Railway. Doch 1999 konnte die Verlängerung der Jubilee Line eröffnet werden, wenn auch auf einer völlig anderen Route als ursprünglich geplant.

Die Stationen an der Jubilee Line-Verlängerung setzten völlig neue Maßstäbe in Sachen Größe und Ausdehnung. So könnte man problemlos das riesige Passagierschiff Queen Mary 2 in die Halle der Station North Greenwich hineinstellen, oder auch 3000 Doppeldeckerbusse.

Seit der Eröffnung der Station Heathrow Terminal 5 am 27. März 2008 wird der Flughafen London-Heathrow durch drei Stationen erschlossen.

Zukunftspläne

U-Bahn-Wagen der Jubilee Line

Die britische Regierung hat insgesamt 16 Milliarden Pfund für Investitionen bis zum Jahr 2030 zugesagt. Sie setzte folgende Prioritäten: Reduzierung der Verspätungen, Einbau neuer Aufzüge und Rolltreppen, mehr Sauberkeit und Sicherheit sowie eine neue Station beim neuen Wembley-Stadion. Die Kapazität einzelner Linien wird erhöht; so werden in Zukunft zum Beispiel auf der Victoria Line 33 statt 28 Züge pro Stunde verkehren.

Neues Rollmaterial

Neu zu beschaffende U-Bahn-Wagen werden in Zukunft durchgängig begehbar sein. Dies ist aber nicht bei allen Linien möglich, da die Piccadilly Line und die Northern Line derart enge Kurvenradien haben, dass durchgängige Wagen technisch nicht machbar sind. Es war zwischenzeitlich auch geplant, Gliederzüge (der sogenannte "Spacetrain" - das 1:1 Modell steht in Acton Town Depot) einzusetzen, bei denen jeder Wagenkasten eine Länge von vier Metern hat. Ältere Wagen wie die 1967 Tube Stock ergänzen die Flotte der Bakerloo, während die 1972 Mk II-Wagen modernisiert und mit einem neuen Bremssystem versehen werden. Der erste Zug (Prototyp) des 2009 Tube Stock steht schon im Northumberland Park Depot.

Kühlung

Im Sommer können die hohen Temperaturen in den Zügen für Passagiere sehr unangenehm werden. Den Einbau von gewöhnlichen Klimaanlagen auf den Zugdächern verwarf man wegen des zu geringen Lichtraumprofils. Stattdessen wurden zur Lösung dieses Problems spezielle Wärmepumpen vorgeschlagen. Nach einem erfolgreichen Test wurde 2001 ein Kredit für einen Prototypen genehmigt, der von der South Bank University entwickelt wird. Die Forschungsarbeiten begannen im April 2002. Die neuen Züge der Unterpflasterbahnen (Circle, District, H&C, Metropolitan und East London) werden ab 2009 mit Luftkühlung ausgestattet.

Expansion des Streckennetzes

Die Verlängerung der East London Line befindet sich zurzeit in der Planungsphase. Im Norden wurde die Station Shoreditch geschlossen, dafür wird die Linie über den alten Broad Street-Viadukt und Dalston nach Highbury & Islington verlängert (Anschluss an die Victoria Line). Im Süden sind drei Zweigstrecken nach Clapham Junction, Crystal Palace und West Croydon geplant. Die U-Bahn-Züge werden dabei hauptsächlich auf bereits bestehenden Eisenbahnstrecken verkehren. Diese Änderungen werden bis 2010 die heute relativ kurze und unterdurchschnittlich genutzte Linie in eine wichtige Nord-Süd-Verbindung verwandeln. Um den bereits bestehenden Teil der East London Line für den Eisenbahnbetrieb herzurichten, wird diese ab Ende 2007/Anfang 2008 während 18 Monaten geschlossen. Ab 2010 wird die East London Line nicht mehr zum Underground-Netz gehören, sondern zu einem S-Bahn-ähnlichen System mit dem Namen London Overground.

Die Endstation Watford der Metropolitan Line wird in wenigen Jahren geschlossen

Zusammen mit der Grafschaftsverwaltung von Hertfordshire plant Transport for London die Verlegung der Watford-Zweigstrecke der Metropolitan Line. Die bestehende Endstation liegt etwas abseits; die Linie soll über einen neu zu bauenden Viadukt und eine seit 1996 stillgelegte Eisenbahnstrecke nach Watford Junction geführt werden, dem wichtigsten Bahnhof von Watford. Die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2010 vorgesehen. [3]

Die Bakerloo Line fuhr ursprünglich bis nach Watford Junction, doch seit 1982 ist Harrow and Wealdstone die nördliche Endstation. Im November 2007 übernimmt Transport for London die Betriebskonzession der Eisenbahngesellschaft Silverlink. Es ist geplant, dass der Betrieb der Bakerloo Line wieder nach Watford Junction ausgedehnt wird. Deshalb werden die 1967 Tube Stock der Victoria Line benötigt, um die baugleiche 1972 Tube Stock Flotte zu ergänzen.

Unfälle und Katastrophen

Die London Underground gilt als ein sehr sicheres Verkehrsmittel. Zugunglücke sind sehr selten: Seit der Gründung von London Underground im Jahr 1933 gab es nur drei Unfälle mit Todesfolge. Am 17. Mai 1938 starben sechs Menschen, als bei der Station Temple ein Zug der Circle Line nach Missachten eines Stoppsignals auf einen Zug der District Line auffuhr. Am 8. April 1953 stieß ein Zug der Central Line zwischen Stratford und Leyton mit einem abgestellten Zug zusammen; dabei starben zwölf Menschen.

Das mit Abstand schwerste Unglück ereignete sich am 28. Februar 1975. Ein Zug der Northern City Line (die zwischen 1913 und 1975 ein Teil der Underground war) hielt an der Endstation Moorgate nicht an und raste mit einer Geschwindigkeit von über 50 km/h an die Wand am Ende der Tunnelröhre. Durch die Wucht des Aufpralls wurden die zwei ersten Wagen völlig zertrümmert. 43 Personen wurden getötet und mehrere Dutzend zum Teil schwer verletzt. Die Aufräumarbeiten dauerten über zwei Wochen. Die Unfallursache bleibt bis heute ungeklärt.

Während des Zweiten Weltkriegs (vor allem während der Luftschlacht um England) wurden viele tiefliegende U-Bahn-Stationen als Luftschutzbunker verwendet. Doch auch diese Einrichtungen boten nicht immer Schutz vor der deutschen Luftwaffe. Am 3. März 1943 wurden in der Station Bethnal Green 173 Menschen getötet. Diese lag an einem fertiggestellten, aber noch nicht eröffneten Teilstück der Central Line. Während eines Luftangriffs wurde in einem Park nahe der Station eine noch geheime Luftabwehrrakete gezündet. Die ungewohnte Explosion löste eine Panik aus, und viele Menschen flohen in die nahegelegene Station. Eine Frau stolperte auf der engen Treppe und löste eine Kettenreaktion aus, in der 300 weitere Menschen verwickelt waren. 172 wurden innerhalb von Sekunden zu Tode getrampelt, eine Person erlag wenig später im Krankenhaus den Verletzungen.

Viele Personen wurden auch durch direkte Bombentreffer getötet. Die meisten Opfer gab es am 14. Oktober 1940 in der Station Balham (68), am 12. November 1940 in der Station Sloane Square (79) und am 11. Januar 1941 in der Station Bank (56).

Ein Brand am 23. November 1984 in der Station Oxford Circus verlief glimpflich und forderte keine Todesopfer. Als Folge davon wurde ein totales Rauchverbot verhängt. Das Missachten dieses Verbots führte am 18. November 1987 zu einer Brandkatastrophe in der Station King’s Cross St. Pancras. Ein weggeworfenes Streichholz entzündete eine Schmierfett-Schmutz-Mischung unter einer Rolltreppe. Das Feuer setzte die Rolltreppe in Brand und die darüberliegende Verteilerebene wurde in dichten Rauch eingehüllt. 31 Menschen konnten sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen und erstickten. Nach einer gründlichen Untersuchung des Vorfalls wurden alle hölzernen Rolltreppen ersetzt sowie Sprinkleranlagen und Brandmelder installiert. Das gesamte Stationspersonal von London Underground muss seither zweimal jährlich einen obligatorischen Sicherheitskurs absolvieren. Die letzte hölzerne Rolltreppe wurde 2006 im Bahnhof Greenford der Central Line außer Dienst gestellt.

Am 25. Januar 2003 entgleiste bei der Station Chancery Lane ein Zug der Central Line, nachdem ein Triebwagen sich vom Rest des Zuges gelöst hatte; 32 Passagiere wurden dabei verletzt. Die gesamte Central Line wurde geschlossen, um nach den Ursachen zu suchen und notwendige Anpassungen an den Zügen vorzunehmen. Ende März fuhren wieder eine beschränkte Anzahl Züge auf den östlichen und westlichen Außenstrecken. Am 3. April wurde auch der zentrale Abschnitt wiedereröffnet; erst Ende April verkehrten die Züge wieder nach dem normalen Fahrplan. Die Schließung betraf kurzzeitig auch die Waterloo & City Line, wo derselbe Fahrzeugtyp (1992 Tube Stock) verwendet wird.

Am Vormittag des 7. Juli 2005 fanden bei einem Terroranschlag im U-Bahn-Netz mehrere Explosionen statt, wobei es mindestens 700 Verletzte und über 50 Tote gab. Am Mittag des 21. Juli 2005 versuchten erneut vier Personen, Sprengstoff in drei U-Bahnen und einem Bus zu zünden. Siehe auch: Terroranschläge am 7. Juli 2005 in London.

Auf dem Netz der Underground kommt es häufig zu Suizidversuchen (durchschnittlich einmal pro Woche), von denen jeder dritte tödlich endet. Die dadurch verursachten Verspätungen werden in den Lautsprecherdurchsagen als „passenger action“ („Fahrgastzwischenfall“) umschrieben, beim Personal werden sie jedoch als „one under“ („einer unter dem Zug“) bezeichnet. Um die Sicherheit zu erhöhen und Suizide zu vermeiden, sind die 1999 eröffneten Stationen der verlängerten Jubilee Line mit Glaswänden am Bahnsteigrand ausgestattet. Die Wände sind mit Türen ausgestattet, die sich gemeinsam mit den dahinterliegenden Waggontüren der Züge öffnen und schließen.

Das Logo

Das Underground-Logo in Form eines Stationsnamensschildes

Das bekannte Logo der Londoner U-Bahn, ein roter Kreisring mit einem quer darüber liegenden blauen Balken, wurde 1908 von Harold Stabler entworfen (die Metropolitan Railway hingegen hatte das "Diamond and Bar"-Logo, ein diamantförmiges Logo mit Balken). 1916 überarbeitete Edward Johnston das Logo im Auftrag des „London Passenger Transport Board“. Es ist in jeder Station, aber auch in und auf den einzelnen Zügen, Bussen, Straßenbahnen und auf den Fahrplänen zu sehen. Entweder ist es in den Stationen auf Schildern angebracht oder zum Teil sogar durch Mosaik-Technik in die Wand der Tunnelröhren eingearbeitet. Auf dem blauen Balken steht in Großbuchstaben entweder der jeweilige Stationsname oder das Wort „Underground“.

Johnston entwickelte den Sans-Serif-Schrifttyp Johnston Typeface, der ab 1916 für das Logo verwendet wurde; die Schrift bildete die Vorlage für die von Eric Gill in den 1920ern entwickelte Gill Sans. Die heute benutzte Schriftart ist eine überarbeitete Version, die unter dem Namen "P22 Johnston Underground" vom Schriftarten-Hersteller P22 type foundry vertrieben wird. Mit der Zeit entwickelte sich das Logo ebenso zu einem markanten Erkennungsmerkmal für die U-Bahn und London selbst wie der Slogan „mind the gap“ (s. u.). Diese beiden Merkmale sind auf zahlreichen Fanartikeln vereint.

Transport for London ist dafür bekannt, dass sie die unautorisierte Benutzung wie z. B. das Kopieren des Logos gerichtlich verfolgen lässt. Trotzdem entstehen weltweit immer wieder zahlreiche Kopien, da sich das Logo bei London-Fans großer Beliebtheit erfreut.

Liniennetzplan

U-Bahn-Linien innerhalb der Tarifzonen 1 und 2 (inoffizieller Plan)

Im Jahr 1933 entwarf Harry Beck, ein Angestellter von London Transport, einen schematischen Liniennetzplan. Beck war zur Einsicht gelangt, dass der Fahrgast nicht die genauen geografischen Positionen wissen muss, um von einer Station zur anderen zu gelangen, weil die U-Bahn ja meist unterirdisch verkehrt. Nur die Topologie, also die räumliche Beziehung der Stationen untereinander, ist entscheidend.

Er begann einen Liniennetzplan zu entwerfen, der elektrischen Schaltplänen ähnelte. Beck verfeinerte sein Design; der Plan bestand nur noch aus den beschrifteten Stationen sowie aus geraden Linien, die entweder horizontal, vertikal oder in einem diagonalen 45°-Grad-Winkel verlaufen. London Transport reagierte zunächst skeptisch auf den Plan und betrachtete diesen lediglich als Freizeitarbeit eines einfachen Angestellten. Dennoch wurde der Plan probehalber in einer kleinen Auflage gedruckt und an die Fahrgäste verteilt. Er wurde sofort ein großer Erfolg und wird in seiner Art bis heute verwendet, sei es als Karte in Poster-Größe oder als handlicher Reisebegleiter.

Das Design ist heute ein Symbol für London schlechthin: Es wird auf T-Shirts, Ansichtskarten, Tassen und andere Souvenirs gedruckt. Der englische Künstler Simon Patterson ersetzte in seinem Werk The Great Bear aus dem Jahr 1992 die Namen der Stationen durch Namen von Wissenschaftlern, Philosophen, Heiligen oder anderen Berühmtheiten. Das Bild wird in der Tate Modern ausgestellt.

Über die Jahre hinweg wurden verschiedene Änderungen am Originalentwurf vorgenommen. Besonders das Problem, Umsteigemöglichkeiten zu oberirdischen Bahnstrecken darzustellen, konnte nie zu Becks Zufriedenheit gelöst werden. Außerdem werden heute für einzelne Linien andere Farben verwendet. Erweiterungen des Netzes (zum Beispiel die Jubilee Line) wurden stets raffiniert integriert; auf diese Weise basierten Neuauflagen stets auf dem Original.

Becks Design wird heute weltweit von vielen anderen Verkehrsbetrieben in ähnlicher Form verwendet, beispielsweise in Berlin, Paris oder Tokio. Auch für Straßenbahnen ist dieses Konzept geeignet. Ein Faksimile des Originalplans von 1933 ist in der Station Finchley Central ausgestellt, in deren Nähe Henry Beck einst wohnte.

Zwei Linien, die nicht zur Underground gehören, sind ebenfalls auf dem Liniennetzplan abgebildet. Dabei handelt es sich einerseits um die Docklands Light Railway, eine vollautomatische Stadtbahn im ehemaligen Hafengebiet Docklands, andererseits um die North London Line, eine S-Bahnlinie, die auf einer Halbringstrecke um das Stadtzentrum herum führt.

Mind the Gap

„Mind the gap“ (dt: Denken Sie an den Spalt)

Die Durchsage Mind the Gap (Vorsicht Spalt!, wörtlich: Denken Sie an den Spalt) ist eine Durchsage in der Underground, die es zu großer Bekanntheit gebracht hat und zum Teil als ebenso typisch für London empfunden wird wie die Doppeldeckerbusse. Die Souvenir-Industrie bietet mittlerweile zahlreiche Accessoires (T-Shirts, Tassen, Taschen und auch String Tangas) mit Aufdruck an. Der Techno-Band Scooter diente die Durchsage als Inspiration für ein gleichnamiges Album.

Ihren Ursprung hatte die Durchsage an der Station Embankment der Northern Line. Weil der Tunnel exakt dem Verlauf der darüberliegenden Straße folgt, liegt diese Station in einer Kurve und der Spalt zwischen Wagen und Bahnsteig ist außerordentlich breit. Mit der Durchsage werden die Fahrgäste daran erinnert, darauf zu achten, wohin sie treten. Weitere Linien mit großen Abständen zwischen Wagen und Bahnsteig sind die Bakerloo Line und die Central Line.

Die Durchsage selbst ist aufgezeichnet und wird von professionellen Sprechern gesprochen. Die erste, sehr markante Aufnahme stammt von Peter Lodge und wurde in den 1960er Jahren - bereits digital - aufgenommen. Diese Durchsage ist in einem harschen Ton gehalten, um ein Überhören unwahrscheinlich zu machen. Zusätzlich ist auch die Bahnsteigkante unübersehbar mit „Mind the Gap“ beschriftet. Seit 2003 wird diese Durchsage nach und nach durch eine andere Version ersetzt. Diese wird von Emma Clarke, einer damals 36-Jährigen freien Synchronsprecherin[4], gesprochen und ist in einem vornehmeren, weniger strengen Ton gehalten.

Tarifsystem

Für die Berechnung der Fahrpreise verwendet London Underground das Travelcard- Tarifzonensystem von Transport for London, das einem Verkehrsverbund entspricht. Um die zentrale Zone 1, die zu einem großen Teil durch die Circle Line begrenzt wird, liegen fünf weitere konzentrische Zonen. Diese decken das gesamte Gebiet von Greater London und einen kleinen Teil im Südwesten von Essex ab; auch der Flughafen Heathrow gehört dazu. Einzelne Stationen der Metropolitan Line in Hertfordshire liegen außerhalb des eigentlichen Travelcard-Bereichs; die Zonen 7 bis 9 gelten nur für die Underground, nicht aber für andere Verkehrsmittel. Allgemein gilt: Je mehr Zonen durchfahren werden, desto höher ist der Fahrpreis. Fahrscheine und Abonnemente, welche die Zone 1 abdecken, sind üblicherweise teurer als solche, die lediglich äußere Zonen umfassen.

Im Januar 2006 wurde die Tarifstruktur für Einzelfahrscheine stark vereinfacht. Alle Fahrten, die durch ein bis vier Zonen führen, kosteten einheitlich £3, unabhängig von der Länge der Fahrt. Fahrten durch fünf oder sechs Zonen kosteten einheitlich £4. 2007 wurden die Einzelfahrscheine nochmals verteuert: Alle Fahrten kosten nun £4. Die Preise für Papierfahrscheine wurden absichtlich so hoch angesetzt: Die Fahrgäste sollen ermuntert werden, zu Travelcard-Abonnementen oder aber zur Oyster Card zu wechseln.

Oyster

Oystercard

Die Oyster Card ist eine blaue Plastikkarte, die mit einem RFID-Chip zum berührungslosen Auslesen ausgestattet ist.[5]

Es gibt verschiedene Verwendungsmöglichkeiten:

  • Travelcard (als Zeitkarte ab 1 Woche Gültigkeit für bestimmten Tarifzonen)
  • Pay-as-you-Go: Es wird nach Abschluss einer Fahrt der Betrag abgebucht.

Die Pay-as-you-go-Variante bringt den Fahrgästen erhebliche Einsparungen gegenüber herkömmlichen, gedruckten Tickets ein. Die Fahrgäste sollen dadurch ermuntert werden, die drahtlose Oystercard (es genügt, die Oystercard auf den Scanner zu halten) zu benutzen. Dies soll vor allem die langen Schlangen an den Ticketbarrieren verkürzen und den Personalaufwand verringern.

Travelcard

Travelcard

Am Automaten (Sprache ist auf Deutsch und Französisch umstellbar) kann man sich sehr einfach eine "Travelcard" kaufen. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen:

  1. "Travelcard" für 7 Tage oder länger,
  2. die "Day Travelcard" (Stand:02.Jan.2009) ab £5,60 mit der man dann innerhalb Londons je nach Tarifzone beliebig, auch mit Bussen, hin- und herfahren darf,
  3. "3 Day Travelcard" ab £18,40,

weitere Vergünstigungen für Kinder oder Studenten sind möglich [6]

Barrierefreiheit

Da die meisten Stationen der London Underground bereits mehrere Jahrzehnte alt sind, wurden sie nicht nach Maßstäben des barrierefreien Bauens errichtet. Die meisten Stationen sind bis heute in vielen Bereichen auch nicht nachgerüstet. Für 2007/2008 sind allerdings umfangreiche Bauarbeiten im Tubenetz angekündigt, in deren Verlauf auch mehrere Stationen mit Liften nachgerüstet werden, sowie neue Wagen mit mehr Rollstuhlplätzen getestet werden.

Dies bedeutet, dass die Mehrzahl aller Stationen nicht für Rollstuhlfahrer zugänglich ist. An allen Stationen ist ein rollstuhlgerechter Durchlass im Sperrensystem zur Fahrscheinkontrolle vorhanden. In den meisten Fällen ist es aber für Rollstuhlfahrer nicht möglich, den Bahnsteig zu erreichen, da oft keine Aufzüge zur Verfügung stehen. Von insgesamt 275 Stationen sind 40 mit Aufzügen ausgestattet, wobei diese in einigen Fällen nur auf Nachfrage hin benutzt werden können. Daneben sind diese teilweise nicht direkt, sondern nur über einige Stufen vom Bahnsteig aus zu erreichen.

Die Station Westminster ist modern und barrierefrei zugleich

Auch beim Umsteigen zwischen einzelnen Linien müssen sehr oft Stufen überwunden werden. Einzig zwischen Westminster und Stratford, dem neuesten Abschnitt der Jubilee Line, sind sämtliche Stationen rollstuhlgerecht ausgebaut. Westminster ist die einzige rollstuhlgerechte Station in der Innenstadt. Ein zusätzliches Problem für Rollstuhlfahrer stellt der Höhenunterschied zwischen Bahnsteig und Zug dar, der oft überwunden werden muss. Des Weiteren sind in vielen Zügen keine Stellflächen für Rollstühle vorgesehen.

Als Hilfestellung für sehbehinderte und blinde Menschen sind alle Bahnsteigkanten durch Bodenbelag gekennzeichnet, der sich von dem des Bahnsteiges unterscheidet. In manchen Zügen kündigen Lautsprecherdurchsagen die Endstation und den nächsten Halt an. Auch für sehbehinderte und blinde Menschen stellt der Einstieg in den Zug ein Hindernis und Sicherheitsrisiko dar. Es sind keine Hilfen zur Navigation durch die oft labyrinthähnlichen Stationen vorhanden. Einzige Hilfestellung für hörbehinderte Menschen sind elektronische Anzeigen in neueren Zügen, die über die Zielrichtung und die nächste Station informieren.

„GLAD“ (Greater London Action on Disability), eine Initiative von behinderten Menschen, setzt sich für eine Umgestaltung der London Underground ein. Ziel ist es, die Nutzung der Tube auch für alle Menschen mit Behinderung problemlos zu gestalten. Nach Aussagen von GLAD ist die Tube das am wenigsten behindertengerechte öffentliche Verkehrsmittel in London.

Siehe auch

Literatur

  • Tobias Döring: London Underground. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15009-104-7
  • Keith Lowe: Auf ganzer Linie. Heyne, München 2003, ISBN 3-453-86443-3
  • Bernhard Strowitzki: U-Bahn London. GVE, Berlin 1994, ISBN 3-89218-021-0
  • John R. Day, John Reed: The Story of London's Underground. Capital Transport, Harrow Weald 82001 (englisch), ISBN 185414-245-3
  • Ludwig Troske: Die Londoner Untergrundbahnen. Springer, Berlin 1892(!), VDI-Verlag, Düsseldorf 1986 (Repr.). ISBN 3-18-400724-3

Weblinks

Quellen

  1. Protokoll Fragestunde House of Commons 13. Mai 2002
  2. Jahresbericht 2003/04 (Transport for London)
  3. Croxley rail link (Transport for London)
  4. SpiegelOnline.de vom 26. November 2007: "Mind the gap"-Stimme ist geschasst
  5. Oyster (Transport for London)
  6. Tickets und Preise (engl.) (Transport for London)


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