Zählwaage

Zählwaage

Eine Waage ist ein Messgerät zur Bestimmung einer Masse. Üblicherweise erfolgt dies über die Gewichtskraft, die entweder

  1. direkt gemessen wird, oder
  2. mit der Gewichtskraft einer bekannten Masse verglichen wird.

Waagen der ersten Art müssen auf die örtliche Schwerkraft kalibriert werden. Bei beiden Prinzipien verfälscht der Auftrieb die Messung. Der Anwendung und notwendigen Genauigkeit entsprechend werden diese Einflüsse vernachlässigt oder durch geeignete Maßnahmen berücksichtigt.

Eine besondere Form ist die Zählwaage, die aus der Masse eines oder mehrerer Einzelstücke die Anzahl vieler gleicher Objekte bestimmt.

Inhaltsverzeichnis

Zusammenhang von Masse und Erdbeschleunigung

Waagen der ersten Art (Gewichtskraftmessung) müssen am jeweiligen Ort justiert werden, da die Schwerebeschleunigung unterschiedlich ist. Es gilt der Zusammenhang

{\rm Masse}~[{\rm kg}] = \frac{{\rm Gewichtskraft~[N]}}{{\rm Schwerebeschleunigung}~[\frac{\rm m}{\rm s^2}]}

Geschichte

Alte Erzwaage in Olbernhau-Grünthal
Laufgewichtswaage
2 kg-Gewicht
Elektronische Tisch- und Zählwaage (Max.: 5000 g, d: 1 g)
Geldwaage
Straßenbrückenwaage
Gleisbrückenwaage
Innenansicht einer Tischwaage von Soehnle mit Messumformung über einen Kondensator

Ein Waagebalken aus dem 5. Jahrtausend v. Chr. wurde in einem prähistorischen Grab in Ägypten entdeckt. Früheste ägyptische Abbildungen einfacher Balkenwaagen stammen um 2000 v. Chr.. Die Aufhängung des Waagebalkens bestand aus einem Seil, an seinen äußeren Enden hingen die Waagschalen. Um 500 v. Chr. verbesserten Etrusker die Genauigkeit der Balkenwaage. Die Römer kannten auch ungleicharmige Waagen, der längere Arm trug ein verschiebbares Wägestück sowie eine Strichmarkierung. In der Renaissance kamen in alchimistischen Labors hochempfindliche Analysewaagen zum Einsatz.

1669 erfand der Franzose Gilles Personne de Roberval die Tafelwaage. Sie hatte den Vorteil, dass die Position der zu wiegenden Last auf den Waagschalen das Ergebnis nicht beeinflusste. 1763 baute der schwäbische Pfarrer Philipp Matthäus Hahn eine Neigungswaage mit direkter Gewichtsanzeige. Dezimal- und Küchenwaagen entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Um 1850 wurden Versuche unternommen, das Wägeergebnis automatisch zu drucken. 1895 kamen in den USA Waagen mit gleichzeitiger Preisanzeige auf (preisrechnende Waagen). 1939 leiteten zwei amerikanische Ingenieure mit der Nutzung elektrischer Widerstandsänderungen das Zeitalter der elektronischen Waagen ein.

Mechanische Waagen

Bei den mechanischen Waagen unterscheidet man die oben genannten beiden Grundprinzipien, Gewichtskraftmessung und Massenvergleich.

Wiegen: Gewichtskraft

Bei der einfachsten Form der Federwaage wird das Wiegeobjekt an eine Schraubenfeder gehängt und die Verlängerung gemessen. Anhand der Federkonstante wird dadurch die Gewichtskraft ermittelt und mit der entsprechenden Skala auf die Masse abgebildet. Verwandte Messprinzipien basieren ebenfalls auf Verformungsmessung, beispielsweise mit Membranen, Kraftsensoren, Kraftmessdosen, Piezoeffekt oder Ringtorsion.

Es gibt Federwaagen und Kraftmesser für verschiedene Messbereiche. Beispiele:

  • Haushaltswaage, ein Handgerät bis etwa 10 kg; die einfache Federwaage wird (volkstümlich) auch "Lumpenwaage" genannt.
  • Küchenwaage und Babywaage, bis 5 oder 10 kg
  • Personenwaage für das Körpergewicht (meist bis 150 kg, Genauigkeit 0,1 bis 3 kg).
  • Standgeräte für industrielle Zwecke oder im Handel.
  • Membranwaagen und Barometer
  • Mikrowaagen und Präzisions-Federwaagen für Labore, den Physikunterricht etc., Genauigkeiten 0,5 % bis 0,1 %.

Wiegen: Massenvergleich

Die Masse eines Körpers wird durch den Vergleich mit Standardgewichten bestimmt. Auch diese Waagen arbeiten mit der Gravitation, müssen jedoch nicht auf die örtliche Schwerkraft eingestellt werden und könnten daher auch auf anderen Himmelskörpern, wie zum Beispiel dem Mond verwendet werden. Die Referenzgewichte für Apothekerwaagen beginnen bei 0,1 mg und enden bei 10 kg für Marktwaagen.

  • Eine Balkenwaage misst die Balance zweier Gewichte. Im einfachsten Fall ist es ein im Drehpunkt gelagerter Waagebalken, der an den Enden zwei Schalen trägt. Eine früher in vielen Haushalten und Küchen anzutreffende Variante der Balkenwaage ist die Roberval-Waage, bei der die Waagschalen an einem Hebel-Parallelogramm befestigt sind. Ein mechanisch bedingter systematischer Messfehler kann bei Balkenwaagen dadurch ausgeglichen werden, dass die beiden zu vergleichenden Gewichte abwechselnd auf der gleichen Waagschale gegen fein dosierbaren Ballast auf der anderen Waagschale verglichen werden.
  • Eine Zeigerwaage oder Neigungswaage misst die Auslenkung eines festen Gewichts an einem Hebelarm, dieses Prinzip wird bei vielen Briefwaagen verwendet.
  • Eine Schnellwaage (Laufgewichtswaage, römische Waage, Besemer) besteht aus einem Stab mit Skala und zwei ungleichen Hebelarmen, wobei sich am einen das Ausgleichsgewicht, am anderen ein Haken zum Aufhängen des Wägegutes befindet. Das Verhältnis der Hebelarme kann mit einer Zunge und Handhabe verschoben werden, bis bei angehängtem Gegenstand Gleichgewicht eintritt.
  • Eine Dezimalwaage arbeitet ähnlich wie eine Schnellwaage mit dem Unterschied, dass der Hebelarm für das Gewicht zehn mal länger ist als der für das Wägegut. Mit einem 10-kg-Referenzgewicht kann ein Körper von 100 kg ausgemessen werden (siehe auch Abb. Dezimalwaage).
    • Sonderformen sind die Straßenbrückenwaage für Lkw und Silotransporte, Gleisbrückenwaage für Eisenbahnwagen, Kranwaagen und Palettenwaagen.

Zählen: Anzahl

Zählwaagen drehen das Messprinzip des Gewichtsvergleichs um, indem sie aus dem Verhältnis des Gewichts einer Stückmenge zu einem einzeln dieser Stücke deren Zählmaß bestimmt. Für größere Stückzahlen vergleicht man auch mit einer anderen Stückmenge bekannter Anzahl, etwa 100 Stück.

Elektromechanische und elektronische Waagen

Mechanische Geräte sind heute weitgehend durch elektr(on)ische Waagen ersetzt. Sie sind robuster, genauer, schneller ablesbar und häufig preiswerter. Elektronische Analysenwaagen haben oft ein Gehäuse als Schutz vor Luftbewegungen, Programme zum Kalibrieren und spezielle Dämpfungen zur Verhinderung von Erschütterungen. Sie messen im Kilogrammbereich mit Empfindlichkeit bis etwa 0,1 mg, was einem Dynamikbereich von 106 entspricht.

Funktionsweise elektr(on)ischer Waagen

Allen elektrischen/elektronischen Waagen gemein ist die notwendige Umformung der Gewichtskraft, die sich nicht direkt messen lässt, in eine Verformung bzw. einen Weg. Dies wird meist über eine Feder bzw. einen Biegebalken gelöst, wobei die Feder in einer Kranwaage ein verhältnismäßig massiver Metallblock sein kann.

Das direktere Verfahren misst die Verformung der Feder/des Biegebalkens über einen Dehnungsmessstreifen, die indirektere Wegmessung kann z. B. über die Kapazitätsänderung eines Kondensators bei Änderung des Plattenabstandes erfolgen.

Beispiele:

Elektromechanische Waagen für Industrie und Transport

  • Plattform- und Fahrzeugwaagen: Wiegebrücken (Brückenwaage) mit mehreren Messdosen, Messterminal und Programmen (beispielsweise Handtara, Festtara, Mehrfachmessung ...)
  • Statische / Dynamische Achslastwaage
  • Kranwaagen mit 10-20 Messbereichen à ± 0,2 %, Spitzenwertanzeige etc.
  • Palettenwaagen (zum Beispiel 10 bis 1500 kg ± 0,5 kg)
  • Sonderwaagen für Langgut, schweren Industrieeinsatz usw.
  • Wägeterminals mit Abfüllsteuerung für Flüssigkeiten, Bigbag, Dosierung, Absackung, Stückzahlen, Annahme und Verladung ...
  • Bodenwaage mit Funktions- und Zifferntastatur, Standardprogrammen wie Zählen, Kontrollieren, Dosieren ... (beispielsweise 10 kg ± 0,1 g).

Bei modernen elektromechanischen Waagen kommen vor allem zwei Sensor-Prinzipien zum Einsatz:

  • Waagen mit Wägezellen, die mit Dehnungsmessstreifen (DMS, engl. Strain Gauge, Strain Gage) arbeiten
  • Waagen nach dem Prinzip der elektromagnetischen Kraftkompensation

Seltener findet man auch Waagen mit Sensorelementen, welche mit Schwingsaiten arbeiten oder bei welchen kapazitive oder piezoresistive Sensoren zum Einsatz kommen.

Tischwaagen

  • Tischwaagen mit Batterie- und Netzbetrieb, Distanz Wägebrücke-Anzeigegerät bis einige Meter (zum Teil eichfähig). Untergruppen sind:
  • Zählwaagen: Kompaktwaagen zum Zählen, Wiegen, Summieren und Kommissionieren, mit digitalen Filtern gegen Vibrationen etc.

Präzisions- und Laborwaagen

Besondere Waagen für Technik und Physik

Siehe auch

Arten von Waagen

Drehmomentwaage von 1955

Nach Anwendung

Nach Bauart

Nach Genauigkeit

Waagen im weiteren Sinn

Literatur

  • Manfred Kochsiek (Hrsg.): Handbuch des Wägens, 2. Auflage, Vieweg (1989)
  • Hans R. Jenemann, Arno M. Basedow und Erich Robens: Die Entwicklung der Makro-Vakuumwaage, Wirtschaftsverl. NW Bremerhaven, ISBN 3-89429-214-8
  • Richard Vieweg: Aus der Kulturgeschichte der Waage (1966)
  • Karl Erich Haeberle: Zehntausend Jahre Waage. Aus der Entwicklungsgeschichte der Wägetechnik (1967)
  • Heinrich Böll: Die Waage der Baleks [1]

Weblinks


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