Klausheide (Grafschaft Bentheim)

Klausheide (Grafschaft Bentheim)
Klausheide
Stadt Nordhorn
Koordinaten: 52° 28′ N, 7° 10′ O52.4644444444447.158611111111127Koordinaten: 52° 27′ 52″ N, 7° 9′ 31″ O
Höhe: 27 m ü. NN
Fläche: 20,14 km²
Einwohner: 1.500 (1. Jan. 2010)
Eingemeindung: 1. März 1974
Postleitzahl: 48531
Vorwahl: 05921, 05925
Karte

Lage von Klausheide in der Stadt Nordhorn und im Landkreis Grafschaft Bentheim

Klausheide ist eine ehemalige Gemeinde im Landkreis Grafschaft Bentheim in Niedersachsen. Die Gemarkung gehört politisch zur Stadt Nordhorn.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Geographische Lage

Klausheide liegt im südwestlichen Niedersachsen, etwa zwölf Kilometer von der niederländischen und 25 km von der nordrhein-westfälischen Grenze entfernt. Die nächstgelegene Ortschaft ist Lohne in der Gemeinde Wietmarschen (5 km nordöstlich), die nächsten Städte sind Nordhorn (6 km südwestlich) und Lingen (Ems) (13 km nordöstlich). Klausheide wird in West-Ost-Richtung von der Bundesstraße 213 und in Süd-West-Nord-Ost-Richtung von der L 67 durchzogen. Die Gemarkung grenzt im Süden an den Ems-Vechte-Kanal, nördlich der B 213 an die Lee und im äußersten nordwestlichen Zipfel an den Süd-Nord-Kanal.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren weite Teile des Gebietes von Heide- und Moorflächen bedeckt. Durch Kultivierungsmaßnahmen in den 1910er Jahren entstanden hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Flächen und ein großer, zusammenhängender Nadelwald, sowie die Ortschaft, das Gut und der Flugplatz Klausheide.

Ausdehnung der Gemarkung

Die Fläche der Gemarkung beträgt 20,14 km2, größte Nord-Süd-Ausdehnung ist etwa 8 km, größte Ost-West-Ausdehnung ist etwa 5 km.

Nachbarorte

Klausheide grenzt im Norden an Wietmarschen, im Osten an Lohne, im Süden an Hesepe, im Westen an Nordhorns Bauerschaften Feldflur und Bakelde und im äußersten nordwestlichen Zipfel an die Bauerschaft Hohenkörben.

Geschichte

Rot: Gutsbezirk Clausheide im Jahr 1914
Blau: Grenze der Gem. Klausheide

Anfänge

Ab 1910 erwarb die Industriellen-Familie Krupp von Bohlen und Halbach große Moor- und Heideflächen auf dem Gebiet der Landkreise Grafschaft Bentheim und Lingen in der Provinz Hannover. Ziel war die Nutzbarmachung für landwirtschaftliche Zwecke und die Errichtung eines Mustergutes. Bei einem Besuch des Gebietes am 27. April 1914 gaben Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach bekannt, das Gebiet nach Claus von Bohlen und Halbach, dem dritten Sohn des Paares, zu benennen. Der Erste Weltkrieg behinderte den raschen Fortgang der Kultivierungsmaßnahmen, dennoch konnte bereits 1916 die erste Ernte eingefahren werden. 1919 war der Gutshof nördlich der Chaussee Nordhorn—Lingen, der heutigen B 213, bereits angelegt und man begann, für die Arbeiter Häuser beidseits dieser Straße zu bauen. Aus diesen Häusern entwickelte sich im Laufe der Zeit die Siedlung Klausheide.

Gemeinde

Der Gutsbezirk Clausheide erstreckte sich auf mehrere Gemeinden in den Landkreisen Grafschaft Bentheim und Lingen: Altendorf, Bakelde, Lohne, Herzford, Elbergen, Engden und Hesepe. Siedlung und Gutshof befanden sich auf dem Gebiet der Gemeinde Bakelde.[1] Mit Wirkung des 1. Juli 1929 wurden Teile der Gemeinden Altendorf und Bakelde nach Nordhorn eingemeindet. Die zum Gut gehörenden Gebiete der beiden Gemeinden sowie unbewohnte Teile von Bakelde wurden abgetrennt und bildete die Restgemeinde Bakelde. Im Dezember 1930 beantragte der Rat dieser Gemeinde die Umbenennung in Clausheide. Mit Erlass des preußischen Staatsministeriums vom 18. April 1931 erfolgte die Umbenennung der Gemeinde Bakelde in Klausheide. Der Gemeinderat beantragte, die Schreibweise auf „Clausheide“ abzuändern, da die Benennung ja nach Claus von Bohlen und Halbach erfolgt sei; der Minister des Innern verweigerte dieses Ansinnen mit der Begründung: „...Gemeinde- und Ortsnamen slawischen und deutschen Ursprungs sind im Anlaut mit K zu schreiben.“[2] Gleichwohl setzte sich die neue Schreibweise nur langsam durch.

Die Gemeinde wuchs beständig, nach 1945 insbesondere durch den Zuzug von Flüchtlingen. So hatte die Gemeinde 1932 205 Einwohner, bis 1939 stieg die Zahl auf 248, 1950 gab es bereits 429 Einwohner und 1959 wohnten 633 Menschen in Klausheide.[3] Bis zur Eingemeindung am 1. März 1974 stieg die Einwohnerzahl auf ca. 1400 an.

Bürgermeister

Dorfgemeinschaftshaus von Klausheide

Die Gemeinde Klausheide hatte während ihrer politischen Selbstständigkeit sechs Bürgermeister:

  • 1929–1936: Hermann Meinecke
  • 1936–1945: Bernhard Midden (zunächst kommissarisch bis 1937)
  • 1945–1953: Egbert Hayessen
  • 1953–1959: Theodor Dasselaar
  • 1959–1964: Hermann König
  • 1964–1974: Karl-Heinz Luchs

Flugplatz

Siehe: Flugplatz Klausheide

Bombenabwurfplatz

Siehe auch: Nordhorn Range

Der Luft-Boden-Schießplatz Nordhorn war ursprünglich ein Teil des Gutes Clausheide. Er liegt südlich des Ems-Vechte-Kanals in den Gemarkungen Elbergen, Engden und Hesepe. Zur militärischen Nutzung dieses Geländes kam es, weil die Familie Krupp von Bohlen und Halbach nach dem Ersten Weltkrieg an einer landwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr interessiert war. Sie stellte das Gelände deshalb 1933 der Reichswehr als Artillerie-Schießplatz zur Verfügung. Im Zweiten Weltkrieg wurde es auch als Schießplatz der Luftwaffe genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die britische Royal Air Force das Gelände. Während der Schießübungen kreisen die Flugzeuge über den Ort Klausheide, sodass es 1954 wegen der zunehmenden Lärmbelastung zu ersten Protesten in der Bevölkerung kam. 1971 wurde die Bürgerinitiative Notgemeinschaft Nordhorn-Range e. V. gegründet, die bis heute für die Einstellung des Flugbetriebs kämpft. Am 8. Juli 1971 wurde der Schießplatz, insbesondere durch Klausheider Einwohner, erstmals besetzt, der Flugbetrieb musste für 24 Stunden eingestellt werden. Bis 1973 kam es zu weiteren Platzbesetzungen, Schulstreiks und Großkundgebunden[4]. Der Liedermacher und Schriftsteller Franz Josef Degenhardt nahm diese Proteste als Vorlage für seinen Roman Brandstellen, der 1977 von der DEFA verfilmt wurde. 2001 übergab die Royal Air Force den Platz an die Bundeswehr, die ihn weiterhin als Luft-Boden-Schießplatz nutzt.

Religionen

Seit Anbeginn ist die konfessionelle Struktur in Klausheide sehr heterogen. Durch den Zuzug sowohl aus der Grafschaft Bentheim (vorwiegend reformiert) als auch aus dem Emsland (vorwiegend katholisch) und weit darüber hinaus wohnten in der Siedlung Katholiken, Reformierte und Lutheraner. Eine eigene Kirchengemeinde konnte wegen dieser Lage nie entstehen: Alle Christen gehörten zu Gemeinden in Nordhorn. Nach dem Zweiten Weltkrieg war indes die Bevölkerung soweit angewachsen, dass sowohl bei den Katholiken als auch bei den Protestanten der Wunsch nach einer Kirche am Ort bestand.

St. Ludgerus (links) und Michaeliskirche (Juli 2010)

1956 gründeten Reformierte und Lutheraner den Evangelischen Kirchbauverein e. V. mit dem Zweck, eine gemeinsame Kirche zu errichten. Die Vereinsmitglieder konnten rund 17.000 DM an Spenden sammeln, womit letztendlich das Geläut und die Orgel finanziert wurden. Die politische Gemeinde stellte kostenlos ein Grundstück zur Verfügung. Der Grundstein für die Michaeliskirche wurde am 13. August 1960 gelegt, die Einweihung erfolgte am 25. Januar 1962. Bauträger war zwar die lutherische Gemeinde, dennoch fanden seit Anbeginn die sonntäglichen Gottesdienste im Wechsel zwischen lutherischer und reformierter Gemeinde statt.

Für die Katholiken in Klausheide wurde eine Filialkirche der St.-Augustinus-Gemeinde Nordhorn gebaut. Grundsteinlegung war am 23. August 1964; am 16. November 1965 wurde sie Liudger, dem Missionar des Münsterlandes, geweiht. Wegen Einsparmaßnahmen wurde diese Kirche aufgegeben: Am 14. Juni 2009 wurde St. Ludgerus entwidmet, seitdem feiern die Katholiken ihre Gottesdienste im Wechsel mit Reformierten und Lutheranern in der Michaeliskirche. Da sich keine adäquate Nutzung für das Gebäude fand, wurde die St.-Ludgerus-Kirche im August 2011 abgerissen[5].

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Sport

In Klausheide gibt es einen Sportverein: SV Klausheide e. V., des Weiteren einen Schützen- und Sportschützenverein. Am Flugplatz haben diverse andere Vereine ihren Sitz:

  • Luftsportring Grenzland e. V.
  • Luftsportverein Lingen e. V.
  • Verein für Motorflug Klausheide e. V.
  • Vereinigung Aktiver Piloten e. V.
  • Fallschirmsportgruppe Nordhorn
  • Interessenverband historischer Flugzeuge Flugplatz Klausheide

Regelmäßige Veranstaltungen

Jährlich im Juni findet in Klausheide das Schützenfest statt. Der Sportverein veranstaltet im Juli die Sportwoche.

Wirtschaft und Infrastruktur

Industrie

Bis zum Zweiten Weltkrieg war Klausheide vor allem durch das Gut landwirtschaftlich geprägt. Die Familie Krupp von Bohlen und Halbach verkaufte das Gut nach Kriegsende an die Lochow-Petkus GmbH, Bergen (heute KWS Lochow GmbH).

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand am westlichen Rand der Siedlung ein kleines Gewerbegebiet, in dem sich insbesondere eine große Türen- und Fensterfabrik ansiedelte. Nach dem Konkurs dieser Firma nutzen diverse kleinere Firmen das Gelände.

Als die Lochw-Petkus GmbH den Getreideanbau in Klausheide aufgab, wurden die meisten Flächen an den Landkreis und die Stadt verkauft. Die Stadt Nordhorn hat inzwischen östlich der Siedlung ein Industriegebiet eingerichtet (Klausheide-Ost, 113,3 ha). Hier hat sich insbesondere ein großes Unternehmen für die Herstellung von Rohrleitungsteilen aus Kunststoff angesiedelt (Reinert-Ritz GmbH). Nördlich der Siedlung wird ein weiteres Industriegebiet erschlossen (Klausheide-Nord, 121,5 ha).

Verkehr

Straßenverkehr

Klausheide liegt verkehrsgünstig an der B 213 (Oranier-Route) und etwa 4 km von der Anschlussstelle Lingen der A 31 (EmdenBottrop) entfernt.

Öffentlicher Nahverkehr

Klausheide wird von einer Regionalbuslinie erschlossen, mit der man zu den Hauptverkehrszeiten im Stundentakt nach Nordhorn und über Lohne nach Lingen gelangt. Der nächste Personenbahnhof befindet sich im 13 km entfernten Lingen.

Luftverkehr

Östlich des Ortes befindet sich der Flugplatz Klausheide. Hier können Motorflugzeuge bis maximal 10 t Gesamtgewicht und Segelflugzeuge starten und landen. Nächster internationaler Flughafen ist der Flughafen Münster/Osnabrück in Greven.

Medien

Regionale Tageszeitung in Klausheide sind die Grafschafter Nachrichten.

Öffentliche Einrichtungen

Maria-Montessori-Schule, Altbau

Bibliothek

Eine Zweigstelle der Nordhorner Stadtbibliothek befindet sich im Dorfgemeinschaftshaus. Hier werden insbesondere für Kinder und Jugendliche Medien zum Ausleihen vorgehalten.

Jugendtreff

Im ehemaligen Kühlhaus am Dorfgemeinschaftshaus wurde ein Jugendtreff eingerichtet.

Sportzentrum

Mitte der 1970er Jahre wurde das neue Sportzentrum mit Turnhalle und Hallenbad eröffnet. Das Hallenbad wurde inzwischen geschlossen und zu einer Mehrzweckhalle umgebaut.

Bildung

St.-Ludgerus-Kindergarten Klausheide

Schule

siehe auch: Maria-Montessori-Schule (Klausheide)

Eine erste Volksschule wurde 1927 gegründet. Der Unterricht fand zunächst im Wohnhaus des Lehrers statt. 1936 stellte die Gutsverwaltung einen ausgedienten Lokschuppen als Schule zur Verfügung. Am 3. Mai 1956 wurde im Ortskern ein neues Schulgebäude mit zwei Klassenräumen bezogen, das bereits 1964 aufgrund stark steigender Schülerzahlen durch einen Erweiterungsbau um vier Klassenräume ergänzt werden musste. Zum Schuljahr 1973/74 wurde aus der Volksschule eine Grundschule, in der inzwischen nach der Montessoripädagogik unterrichtet wird. Eine Zweigstelle wurde zum Schuljahresbeginn 2010/11 in Nordhorn eröffnet (ehemalige Astrid-Lindgren-Schule am Gildkamp)[6]. 2011 wurde die Schule in Maria-Montessori-Schule umbenannt.

Kindergarten

Der Kindergarten St. Ludgerus ist in der ehemaligen Turnhalle im Dorfgemeinschaftshaus untergebracht. Träger ist die katholische Kirchengemeinde.

Literatur

  • Heinrich Specht (Bearb.): Der Landkreis Grafschaft Bentheim (Regierungsbezirk Osnabrück). Kreisbeschreibung und Raumordnungsplan nebst statistischem Anhang (Die Landkreise in Niedersachsen, Reihe D, Bd. 9), Bremen-Horn 1953
  • Heinz Aldekamp, Werner Rohr: Nordhorn nach 1945. Hrsg. v. VHS Grafschaft Bentheim. Volkshochschule, Nordhorn (Hellendoorn, Bad Bentheim) 1977, 1987, 1994 (5. Aufl.)
  • Bernd-Andreas Knoop: Das große Buch der Grafschaft. Knoop, Lage 1984
  • Herbert Wagner: Militär in der Region, Dokumentation über den Artillerieschieß- und Bombenabwurfplatz Engdener Wüste (Nordhorn-Range). Bad Bentheim 1989. ISBN 3-88683-010-1
  • Margret Delißen (Red.), Helmut Röh (Ill.), Bärbel Görtzen: Nordhorn – Grenzstadt ohne Grenzen. Neomedia-Verlag, Reken 1989, 1999
  • Hubert Titz: Nordhorn – eine Zeitreise. Landkreis Grafschaft Bentheim, Museumskoordination und Volkshochschule, Nordhorn 1998. ISBN 3-922303-30-7
  • Herbert Wagner: Die Gestapo war nicht allein… Politische Sozialkontrolle und Staatsterror im deutsch-niederländischen Grenzgebiet 1929–1945. LIT-Verlag, Münster 2004 (enthält die NS-Geschichte der damals 67 Gemeinden und Städte des Landkreises)
  • Steffen Burkert (Hrsg.): Die Grafschaft Bentheim – Geschichte und Gegenwart eines Landkreises. Verlag Heimatverein Grafschaft Bentheim e. V., Bad Bentheim 2010

Weblinks

 Commons: Klausheide (Grafschaft Bentheim) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Osnabrück, Rep 451 Bentheim, Nr. 21
  2. Staatsarchiv Osnabrück, Rep 450 Bentheim I, Nr. 110a
  3. Staatsarchiv Osnabrück, Rep 430 Dez 108, Akz. 26/73, Nr. 120
  4. Homepage der Notgemeinschaft Nordhorn-Range
  5. Grafschafter Nachrichten vom 19. August 2011
  6. Grafschafter Nachrichten: „Montessori-Odyssee findet doch noch einen guten Abschluss“.

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