- Offiziershochschulen der DDR
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Offiziershochschulen der DDR (OHS der DDR) waren militärische Lehreinrichtungen der bewaffneten Organe der DDR mit Hochschulstatus. Sie dienten vor allem der Ausbildung von Offizieren mit Status Berufssoldat, aber auch von Reserveoffizieren mit Status Zeitsoldat.
Neben Bürgen der DDR stand diese Ausbildung auch Bürgen andere Staaten des Warschauer Pakts sowie aus befreundeten Staaten offen.
Inhaltsverzeichnis
Zielsetzung und Studiendauer
Die Ausbildung der Offiziere der Kasernierten Einheiten des Ministeriums des Innern und ab 1956 der NVA erfolgten anfangs in einem dreijährigen und ab 1984 in einem vierjährigen Studium. Sie wurden ausgebildet bis zur Dienststellung Kompaniechef/Batteriechef und einer Einweisung in die Gefechtsführung als Bataillonskommandeur/Abteilungskommandeur.
Im Rahmen der militärischen Ausbildung wurden über alle Studienjahre hinweg Alarmierungsübungen, Märsche, Schießübungen, Feldlager etc. absolviert.
Im zweiten Studienjahr erfolgte ein Einsatz als Zugführer in den Lagern für Wehrausbildung. Aus diesem Studienjahr wurden in der Regel auch die Marschformationen der Offiziershochschulen der NVA für die zur Militärparade am 7. Oktober, dem Tag der Republik, in Berlin formiert.
Im dritten Studienjahr wurde ein Truppenpraktikum als Zugführer durchgeführt. In der Regel übernahmen die dritten oder vierten Studienjahre sektionsintern auch die Grundausbildung der neu einberufenen Offiziersschüler.
Nach bestandenem Diplomverfahren und der Abschlussprüfung erfolgte die Ernennung zum Leutnant. Danach begann der Truppendienst, in der Regel in einer Zugführerverwendung.
Für interessierte Wehrpflichtige bestand nach Ableistung des Grundwehrdienstes die Möglichkeit zur Ausbildung als Reserveoffiziersanwärter. Nach Ableistung der erforderlichen Lehrgänge und Prüfungen erfolgte die Ernennung zum Unterleutnant.
Nach drei- bis vierjährigem Truppendienst wurden besonders befähigte Offiziere für das Studium an der Militärakademie Friedrich Engels oder einer sowjetischen Militärakademie ausgewählt. Dort erfolgte die Ausbildung für Kommandeursverwendungen ab Regimentskommandeur aufwärts bzw. für herausgehobene Dienstposten in den Kommandos der Teilstreitkräfte bis hin zum MfNV. Diese Studium war der Ausbildung an der Führungsakademie der Bundeswehr vergleichbar.
Militärischer Bereich
Die Offiziershochschulen wurden in der Regel durch einen Kommandeur im Generals- oder Admiralsrang, der über einen eigenen Stab verfügte, geführt.
- Dem Kommandeur waren unmittelbar unterstellt
- Sekretariat / Leitungsbereich wissenschaftlicher Sekretär
- Offizier Analyse und Kontrolle
- Sekretärin
- Stellvertreter des Kommandeurs für politische Arbeit (StKPA)
- Stellvertreter des Kommandeurs und Stabschef (StKSC) mit
- Offizier Kader,
- Offizier Finanzen
- Stellvertreter des Kommandeurs Ausbildung / Forschung (StKA/F)
- Stellvertreter des Kommandeurs Einheiten / Lehrgänge (StKE/L)
- Stellvertreter des Kommandeurs Operativ (STKOp)
- Stellvertreter des Kommandeurs Versorgung (StKV)
- Verwaltung 2000: hier Untertabteilung, dem heutigen Dezernat vergleichbar, mit Zuständigkeit für die OHS
- Organisation
Die Militärstudenten führten Offiziersschülerdienstgrade und waren in Kompanien / Batterien, Zügen und Gruppen militärisch gegliedert. Der Kompaniechef / Batteriechef war ein Offizier der Dienstgradgruppe der Stabsoffiziere bis Oberstleutnant und trug die Funktionsbezeichnung Lehrgruppenleiter/Kompaniechef (LGL/KC) bzw. Lehrgruppenleiter/Batteriechef (LGL/BC).
Die Zugführer, zugleich Fachlehrer, waren ebenfalls Offiziere bis zum Dienstgrad Major. Bereits zum Studienbeginn fungierten Offiziersschüler als Stellvertreter Zugführer (StZF) und als Gruppenführer (GF). Dies war an einem zusätzlichen gelben Streifen (für StZF) bzw. roten Streifen (für GF) auf beiden Schulterstücken der Dienstuniform ersichtlich. Mit Beginn des vierten Studienjahrs entfielen die bis dahin etatmäßigen Zugführer mit Offiziersrang.
In jeder Kompanie gab es einen Kompaniefeldwebel, der umgangssprachlich auch als Spieß bezeichnet wurde.
- Unterbringung
Die Militärstudenten waren in der Regel kaserniert ungergebracht. Ausgang, Urlaub und das Tragen ziviler Kleidung bedurften der Genehmigung der Disziplinarvorgesetzten und wurde mit zunehmender Studiendauer großzügiger gewährt. Im vierten Studienjahr war die Unterbringung außerhalb der Kaserne möglich und wurde ständige Zivil-Trageerlaubnis gewährt.
Geschichte
Bildung zentraler Offiziersschulen
Vor 1963 gab es eine Vielzahl verschiedene Offiziersschulen der einzelnen Truppengattungen und Dienstteilbereiche der NVA. Mit Herausbildung der Teilstreitkräfte und der Übernahme der Führungskompetenzen für Offiziersschulen standen erste Veränderungen an. So entschied die Führung der NVA die Konzentration der Ausbildung auf wenige Standorte durch Schaffung von Offiziershochschulen der Landstreitkräften, Luftstreitkräfte, Volksmarine und der Grenztruppe bis 30. November 1963.
Die Ausbildung an den neuen zentralen Offiziersschulen begann am 2. Dezember 1963 und dauerte allgemein drei Jahre. Sie endete mit der Ernennung zum ersten Offiziersdienstgrad, damals Unterleutnant, und der Funktionsbezeichnung Techniker Zugführer. Für die jahrgangsbesten Absolventen war die Ernennung unmittelbar mit der Beförderung zum nächsten Offiziersdienstgrad, zu dieser Zeit Leutnant, und der Auszeichnung mit dem Ehrendolch des Ministers für Nationale Verteidigung "mit Gravur" verbunden.
Lediglich die Ausbildung der Piloten zum "Flugzeugführer-Ingenieur", die Fernmeldeausbildung zum "Nachrichtenbetriebsingenieur" und die Ausbildung der Marineoffiziere erfolgten damals schon in einer 4-Jahres-Studium. Für Studiengänge von Soldaten, wir beispielsweise im Sanitätsdienst, an zivilen Hochschulen und Universitäten galten schon damals Sonderregelungen.
Studienzulassung
Für den Zugang zu den Offiziersschulen und späteren Offiziershochschulen war die allgemeine Hochschulreife zwingend erforderlich. Ob das Abitur an einem Gymnasium, einer Erweiterten Oberschule oder auf dem zweiten Bildungsweg abgelegt wurde, war unerheblich. So bestand beispielsweise für befähigte Berufssoldaten die Möglichkeit, dass Fachabitur/Teilabitur am Institut für Sprachausbildung in Naumburg abzulegen.
Indoktrination, Wettbewerb und Auszeichnungen
Wie in der DDR allgemein üblich nahmen die Offiziershochschulen ebenfalls am sogenannten sozialistischen Wettbewerb teil. Dabei strebten die Offiziersschüler individuell den Erwerb der Soldatenauszeichnungen, wie beispielsweise Bestenabzeichen, Schützenschnur, Militärsportabzeichen, Kampfsportnadel, Klassifizierungsabzeichen und Leistungsabzeichen, an.
Neben der gesellschaftswissenschaflichen Ausbildung waren die Offiziersschüler in aller Regel Mitglied der ASV, FDJ und der SED (hier zumindest Kandidat), in Ausnahmefällen Mitglied einer Blockpartei. Dies diente vornehmlich der parteipolitischen Bildung und Erziehung sowie der Vorbereitung auf den Truppendienst.
Dazu bildeten die Schüler-Kompanien Parteigruppen der SED, unter Schirmherrschaft der Grundorganisation (GO) der jeweiligen Sektion und der übergeordneten Zentralen Parteileitung (ZPL) der Offiziershochschule. Zudem bildeten die Schüler-Züge FDJ-Gruppen, die vom FDJ-Sekretär der Kompanie angeleitet wurden.
Die Funktionsträger in den Schülerkompanien wurden gewählt und übten die Tätigkeit als FDJ-Sekretät oder Parteisekretär durchweg ehrenamtlich aus, dies war beurteilungsrelevant und konnte karriereförderlich sein.
Hochschulstatus
1971 erhielten die Offiziersschulen den Hochschulstatus. Die Absolventen wurden nunmehr nach Abschluss der Ausbildung zum Leutnant ernannt und durften die in der DDR üblichen Berufsbezeichnungen "Hochschulingenieur" oder "Hochschulökonom" führen.
Das Diplomrecht wurde den Offiziershochschulen Anfang 1982 übertragen. Die Studienzeit betrug durchgängig vier Jahre.
Die "Diplom" Absolventen, mit Studienbebinn ab 1983, erhielten das dreieckige, weiße Absoventenabzeichen.
Ab Jahrgang 1984 wurden die ersten weiblichen Offiziere ausgebildet.
Dienstgradabzeichen
Das S im Dienstgradabzeichen stand für Schüler, ähnlich dem K im Schulterstück der ehemaligen Kadettenschule in Naumburg (Saale) oder dem K für Kursant an den sowjetischen Offiziersschulen.
- 1 Balken = 1. Studienjahr
- 2 Balken = 2. Studienjahr
- 3 Balken = 3. Studienjahr
- 4 Balken = 4. Studienjahr
- 5 Balken = 5. Studienjahr, nur Offz.-Schüler im Studium an einer sowjetischen Militärakademie
- 6 Balken = 6. Studienjahr, nur Offz.-Schüler im Medizinstudium z.B. an der Militärmedizinischen Sektion an der Universität Greifswald
Anmerkung:
- ohne Balken = Offz.-Schüler während der Ausbildung zur Erlangung der Hochschulreife, auch Teil- oder Fachabitur
- ohne Balken = Offz.-Schüler in der einjährigen Berufsausbildung
Übersicht der Offiziershochschulen der DDR
- NVA
- Offiziershochschule der Landstreitkräfte Ernst Thälmann (OHS der LaSK) in Löbau und Zittau
- Offiziershochschule der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung für Militärflieger Otto Lilienthal (OHS für Militärflieger) in Bautzen
- Offiziershochschule der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung Franz Mehring (OHS der LSK/LV), in Kamenz
- Offiziershochschule der Volksmarine Karl Liebknecht (OHS der VM), in Stralsund
- Offiziershochschule Grenztruppen der DDR Rosa Luxemburg (OHS der GT), in Plauen, ab 1984 Suhl
- Offiziershochschule für ausländische Militärkader Otto Winzer, Prora (Lehr- und Ausbildungsbasis für ausländische Militärkader; 1981–1990)
- Institut der Zivilverteidigung der DDR, 1967 Beeskow (ab 1979 Hochschulstatus)
- MdI
- Offiziershochschule des Ministeriums des Inneren Artur Becker – Bereitschaften (OHS des MdI) in Dresden
- Hochschule der Deutschen Volkspolizei Karl Liebknecht (HS der DVP), in Berlin
- MfS
- Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (Hochschule des MfS), Potsdam
Zivile Hochschulen
- Hochschule für Verkehrswesen
An der Sektion Militärtransportwesen der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden wurden Angehörige der bewaffneten Organe zum Diplomingenieur ausgebildet.
- Medizinstudium
Die Ausbildung von Sanitätsoffizieren in den Bereichen Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie erfolgte
- ab 1955 an der Militärmedizinischen Sektion der Universität Greifswald und/oder
- ab 1981 auch an der Militärmedizinischen Akademie Bad Saarow.
Weiterbildung für Stabs- und Spitzenverwendungen
Die Aus-, Weiter- und Fortbildung von Offizieren der NVA, des MfS, MdI und der Zivilverteidigung für Stabs- und Führungsverwendungen ab Regiment aufwärts bis hin zu ministeriellen Spitzendienstposten erfolgte an der Militärakademie Friedrich Engels in Dresden.
Die Ausbildung von Aufklärungsoffizieren der NVA erfolgte vorwiegend am Militärwissenschaftliche Institut (MWI) in Klietz.
Abschlüsse und Anerkennung
Das Studium endete mit der Diplomverleihung und der feierlichen Ernennung zum Offizier, je nach Studiendauer als Leutnant oder Oberleutnant und der Versetzung in Truppenteile und Einheiten der NVA bzw. anderer bewaffneter Organe der DDR.
Die an den Offiziershochschulen abgelegten Sprachkundigenprüfungen 1B in der russischen Sprache sind dem SLP "Russische 1111" in NATO und Bundeswehr vergleichbar.
Der Abschluss Diplom- ... für ...(Fachrichtung) an DDR Offiziershochschulen, medizinischen Hochschulen, der Militärakademie Friedrich Engels oder sowjetischen militärischen Hochschulen oder Militärakademien wird in der Bundesrepublik allgemein anerkannt, wenn Studieninhalte, Schwerpunkte und die Diplomarbeit technischer oder wissenschaftlicher Art waren. Das gilt auch für Diplome in russischer Sprache mit beglaubigter Übersetzung des Studiennachweises (Originalbezeichnung russisch выписка из зачётной ведомости/ Transkription: wypiska is satschotnoj wedomosti).
Weblinks
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