Würzbüschel

Würzbüschel

Ein Würzbüschel (auch: Weihbüschel, Marienwisch, Würzwisch, Kräuterbüschel oder Sangen) ist ein Strauß aus Kräutern, Wurzeln und Blumen, der in den katholischen Gemeinden vor allem Süddeutschlands anlässlich des Brauchs der Kräuterweihe zum Fest Mariä Himmelfahrt gebunden wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bereits aus vorchristlicher Zeit ist der Brauch der Kräuterweihe bekannt. Um 745 n. Chr. wurde der Brauch verboten und anschließend christianisiert, indem man die Wirkung der Kräuter auf Gott sowie insbesondere auf Marias Fürsprache zurückführte. Seitdem wird die Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt gefeiert, wenngleich der Brauch der Kräuterweihe früher auch mit anderen Festen verbunden war.[1][2] Auch die Legende, dass die Apostel beim Öffnen von Marias Grab statt des Leichnams duftende Blumen und Kräuter vorfanden, dürfte den Brauch befördert haben.

Auch im Sachsenspiegel aus dem 13. Jahrhundert wird die Kräuterweihe erwähnt. Dort heißt es: Dat is to Krudemisse unser liben Frawn as sei to Himmel voer. (etwa: Am Tag, als Maria zum Himmel fuhr, wird die Kräutermesse gehalten.)[3]

Verwendete Kräuter

Ein Würzbüschel enthält je nach Region zwischen sieben und (ursprünglich) 77 verschiedenen Kräutern, darunter Ackerlöwenmaul, Alant, Ampfer, Antoniuskraut, Arnika, Augentrost, Baldrian, Barbarakraut, Bärlauch, Basilikum, Beifuß, Beinwell, Bibernelle, Blutweiderich, Borretsch, Buchweizen, Dost, Dreizackige Kardendistel, Echte Goldrute, Eibisch, Eisenkraut, Estragon, Fingerhut, Flockenblume, Frauenmantel, Gänsefingerkraut, Goldenes Labkraut, Goldrute, Greiskraut, Großer Wiesenknopf, Hirtentäschel, Holunder, Huflattich, Johanniskraut, Kamille, Klette, Kriechendes Fingerkraut, Karthäusernelke, Kümmel, Labkraut, Lavendel, Leinkraut, Liebstöckel, Mädelsüß, Malve, Mariendistel, Meisterwurz, Minze, Odermennig, Osterluzei, Petersilie, Pfefferminze, Pimpernelle, Rainfarn, Ringelblume, Rosmarin, Salbei, Schafgarbe, Schnittlauch, Schöllkraut, Spitzwegerich, Steinklee, Sumpf-Schafgarbe, Taubnessel, Taubenkröpfchen, Tausendgüldenkraut, Thymian, Wacholder, Wegmalve, Wegwarte, Weidenröschen, Weinraute, Wermut, Wiesenglockenblume, Wilde Aster, Wilde Möhre, Wilder Thymian, Wolfsmilch, Zinnkraut und Zitronenmelisse, aber auch Getreideähren (Roggen, Weizen, Hafer, Gerste), Königskerze (als sogenannter „Himmelsbrand“) oder Rosen, die Wurzel des Knabenkrauts sowie Gladiole, Dahlie, Zinnie, Kornblume und Rosen-Malve können darin enthalten sein.[1][4][5][6]

Hexen und Zauberer hätten von jeher versucht, "böse Mittel mitweihen zu lassen", so Richard Beitl in seinem Wörterbuch der Volkskunde. Dazu zählen z. B. Alraun, Beifuß und die Doppelwurzel der Veitsblume.[3]

Volksglaube

Die Kräuterweihe stellt eine Symbolhandlung dar, in der die Kräfte der Natur mit Gottes Hilfe für den Menschen nutzbar gemacht werden.[3]

Gebunden wird der Würzbüschel nach altem Brauch mit einer dünnen Gerte vom Haselstrauch; dies soll den Blitz fernhalten. Den gleichen Zweck soll eine geweihte Königskerze erfüllen, die ins Ofenfeuer geworfen wird. Im Volksglauben dienten Würzbüschel zur Abwehr von Unheil aller Art wie beispielsweise Krankheit oder Unwetter. Zu diesem Zweck musste der Würzbüschel auf dem Dachboden aufgehängt, im Herd verbrannt oder dem Viehfutter beigemischt werden. Auch war es in manchen Gegenden üblich, dass der Würzbüschel Kindern oder Jungverheirateten ins Bett oder Toten in den Sarg gelegt wurde.

Das Marienfest war früher auch der Tag der Apotheker und Drogisten. Der Name der Stadt Würzburg soll von der Würzkräuterweihe abstammen.[5] Dreimal so stark sollte nach dem Volksglauben die Heil- und Segenskraft der Kräuter im sogenannten „Frauendreißiger“ sein, also der Zeit zwischen dem 15. August – Mariä Himmelfahrt – und dem 12. September, dem Fest Mariä Namen.[1] Auch wurden Klosterkirchen für die Weihe bevorzugt, da man diesen eine größere Weihekraft zusprach.[3] Dem Volksglauben nach erhielten die Kräuter den meisten Segen, wenn sie vor der Kräutermesse unter das Altartuch gelegt wurden. Dies wurde jedoch später verboten und die Kräuter durften nur noch neben dem Altar postiert werden. [2]

Kritik

Die Kritik an der Kräuterweihe ist seit 1534 belegt. In jenem Jahr rückte Sebastian Franck den Brauch in seinem Weltbuch in die Nähe des Aberglaubens:

An unser frawn himmelfart da tregt alle welt obs/
büschel allerley kreuter/
in die kirchen zu weihen/
für alle sucht und plag uberlegt/
bewert. Mit dieen kreutern geschicht seer vil zauberey.

Richard Beitl, Herausgeber des Wörterbuches der Volkskunde, schrieb: Die geweihten Kräuter fanden und finden in Haus, Stall und Feld [...] zu besonderen Zeiten (Raunächte) hundertfältig und nicht selten dem kirchlichen Sinne entfremdet Verwendung. [3]

Einzelnachweise

  1. a b c Binden der Würzbüschel ist ein alter Brauch. In: Fränkische Nachrichten vom 14. August 2004
  2. a b Prof. Dr. theol. Manfred Becker-Huberti: Mariä Himmelfahrt, abgerufen am 23. August 2011
  3. a b c d e Michael Geringhoff: Kräuterweihe mit Rittern. In: Wertheimer Zeitung vom 17. August 2011
  4. Manfred Welker: Die Heilkräfte der Würzbüschel. In: Nordbayerische Nachrichten vom 14. August 2009
  5. a b Pressestelle Bischöfliches Ordinariat Würzburg: Würzburg und die Würzbüschel. In: Fränkische Nachrichten vom 9. August 2004
  6. Würzbüschel, Hochhausen online, abgerufen am 29. Januar 2010

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