- DR-Baureihe VT 2.09
-
DR-Baureihe VT 2.09
DR-Baureihe 171/172
DBAG-Baureihe 771/772Hersteller: VEB Waggonbau Bautzen Baujahr(e): 1957 (Baumuster)
1962–1969 (Serie)Ausmusterung: bis 2004 (bis auf 2 der OBS) Achsformel: 1A Länge über Kupplung: 13.550 mm Dienstmasse: 15,6–19,3 t Radsatzfahrmasse: 11,4–13,6 t Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h Indizierte Leistung: Serie: 180 PS Raddurchmesser: 900 mm Antrieb: dieselmechanisch/ hydromechanisch Bremse: K-P+Mg und Zusatzbremse (Triebwagen)
K-P und Zusatzbremse (Steuerwagen)
K-P (Beiwagen)Sitzplätze: 54 Als DR-Baureihe VT 2.09 (ab 1970: Baureihe 171/172) wurden Nebenbahntriebwagen der Deutschen Reichsbahn bezeichnet, die in der Deutschen Demokratischen Republik entwickelt und produziert wurden. Nach Übernahme der Fahrzeuge durch die Deutsche Bahn AG wurden sie als Baureihe 771/772 bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Leichtverbrennungstriebwagen wurden ab 1955 vom Waggonbau Bautzen entwickelt. 1959 wurden die ersten beiden Fahrzeuge vorgestellt und waren ab 1962 im Planeinsatz. Diese hatten noch einen Büssing-Motor. Im gleichen Jahr wurden noch sechs weitere Triebwagen mit Beiwagen hergestellt. Ab 1963 wurde die erste Serie gefertigt (VT 2.09.008–070). 1965 wurden weiter sechzehn Triebwagen und erstmals auch Steuerwagen gebaut, da das Umsetzen an den Streckenendpunkten ein Betriebshindernis war. Im Zuge der Spezialisierung der Werke wurden die weiteren Serien im Waggonbau Görlitz gefertigt, ab 1969 73 Trieb- und 72 Steuerwagen.
Ähnlich den westdeutschen Pendants, den Uerdinger Schienenbussen (VT 95 / VT 98) und den MAN-Schienenbussen, beschleunigten sie den Traktionswandel auf den Nebenstrecken. Entsprechend dem Haupteinsatzgebiet auf Nebenbahnen haben die Fahrzeuge niedrigen Achsdruck. Aufgrund des Achsstandes von 6.000 mm war für die nicht radial einstellbaren Achsen eine Ausnahmegenehmigung erforderlich.
Die Fahrzeuge wurden zunächst unter der Bezeichnung VT 2.09 / VB 2.08 / VS 2.07 in Dienst gestellt und 1970 in Baureihe 171.0 als Motorwagen und 171.8 als Beiwagen umgezeichnet. Die Baureihe 172 besteht in der Ursprungsversion aus einem Motorwagen mit zwei Führerständen und aus einem Steuerwagen mit einem Führerstand. Der Zustieg erfolgte auf beiden Seiten durch zwei doppelflügelige Falttüren. Die Fahrzeuge verfügten über eine optisch-akustische Türschließwarnanlage, bestehend aus einer Klingel und einer roten Warnleuchte, die vor dem automatischen Schließen der Türen zum Einsatz kam. Eine Vielfach- und Wendezugsteuerung auch für Doppeltraktion gab es ursprünglich nur bei der BR 172. Es konnten bis zu sechs Wagen im Verbund gefahren werden. Die Fahrzeuge verfügten über eine Scharfenberg-Kupplung.
Motorisiert waren sie mit einem Sechszylinder-Reihenmotor vom Typ 6VD 18/15 vom VEB Elbewerk Roßlau, der speziell für diesen Triebwagen in Unterflurbauweise angeordnet war. Die Kraftübertragung erfolgt über eine permanent gefüllte Strömungskupplung auf ein Sechsgang-Elektroschaltgetriebe. Alle Gänge befinden sich bei diesem Getriebe im Eingriff, sie werden durch elektrisch betätigte Reibscheibenkupplungen mit integrierten Freiläufen (Überholkupplung) an die Sekundärwelle geflanscht. Durch die Freiläufe wurde eine Beschädigung von Motor und Getriebe bei falscher Gangwahl vermieden. 772 003 war zeitweise zu Erprobungszwecken mit einem Elektroschaltgetriebe ohne Freiläufe unterwegs. Ein Achswendegetriebe setzte die Drehzahl herunter und ermöglichte den Fahrtrichtungswechsel, dieser war im Stillstand mittels eines pneumatischen Schaltzylinders vollziehbar, welcher über Magnetventile mit Druckluft beaufschlagt wurde.
Die Energieversorgung des Triebwagens (Motorwagens) erfolgte ursprünglich durch eine Lichtmaschine 24 V / 1,2 kW, die von Bei- und Steuerwagen durch einen Achsgenerator, welcher durch einen ledernen Flachriemen angetrieben wurde. Im Verlauf der Modernisierung der Baureihe wurden die Achsgeneratoren mit ihrem störempfindlichen Antrieb durch eine zentrale Energieversorgung ersetzt, welche vom Triebwagen gespeist wurde. Die Triebwagen erhielten aus diesem Grund zwei Lichtmaschinen, welche parallel geschaltet waren.
Die Motorkühlung erfolgte durch einen Unterflurkühler, welcher unter dem Führerstand 1 aufgehängt war und dessen Lüfter – abhängig von der Kühlmitteltemperatur – mittels Keilriemen durch einen Hydrostatikmotor angetrieben wurde.
Der Fahrgastraum der Triebwagen (VT) wurde durch ein kühlwassergespeistes sowie ein ölgefeuertes Luftheizgerät beheizt, die Steuer- (VS) und Beiwagen (VB) waren zu diesem Zweck mit je zwei ölgefeuerten Luftheizgeräten ausgerüstet. Diese wurden mittels Thermostaten gesteuert, so dass sich die Heizleistung automatisch der Außentemperatur anpasste.
Die Baureihe (VT+VB+VS) war mit Scheibenbremsen an allen Achsen mit je einer innenbelüfteten Bremsscheibe ausgerüstet. Die Triebwagen besaßen zusätzlich eine tiefaufgehängte Magnetschienenbremse, welche in Schnellbremsstellung des Führerbremsventils wirksam wurde. Dadurch waren auch auf selten befahrenen (daher oft verschmutzten und schmierigen) Strecken im Notfall angemessen kurze Bremswege erreichbar.
Modernisierung
Zu 1. Januar 1992 wurden die Triebwagen als Anpassung an das Baureihenschema der Deutschen Bundesbahn als Baureihe 771 und 772 geführt. Anfang der neunziger Jahre wurden viele Fahrzeuge umgebaut. Dabei wurden sie mit MESA-Zugfunkgeräten und PZ 80 (Punktförmige Zugbeeinflussung) ausgerüstet. Im Innenraum kamen helle Sprelacartplatten sowie große Verbundglasfenster zum Einsatz. Die Polsterung wurde auf den seinerzeit üblichen grünen Stoff umgestellt, die Zahl der Sitzplätze dabei von 54 auf 40 verringert. Der bis dahin zum Fahrgastraum offene Führersitz bekam eine abtrennende Rückwand mit Fenstern und einer abschließbaren Tür. Die Holzpulte wurden durch GFK-Pulte im neuen Design ersetzt.
Auch der Motor wurde ausgetauscht – es kam ein MAN vom Typ 2866 UH mit 162 kW zum Einsatz. Zum Teil wurde auch das Elektroschaltgetriebe gegen ein Strömungsgetriebe vom Typ Voith Diwa D 863 getauscht, wie es auch in Bussen verbaut wird. Die Elektrik wurde weitgehend vereinheitlicht. Auch die inzwischen notwendige EBuLa (Elektronischer Buchfahrplan) wurde nachgerüstet. Einige Steuerwagen wurden durch Einbau eines Motors zu Triebwagen umgebaut. Zwei auf Usedom eingesetzte Triebwagen erhielten einen Erdgasantrieb.
Die neue Farbgebung erfolgte in den Regionalbahnfarben Pastelltürkis und Minttürkis. Insbesondere der Austausch der Antriebsanlage machte die Fahrzeuge fit für eine weitere Revisionsperiode.
Verbleib
In Deutschland war der letzte reguläre Einsatzort Stendal. Hier wurde der 772 155 am 14. Januar 2004 abgestellt. In Heringsdorf und Zinnowitz auf Usedom sind weiterhin noch einige Triebwagen und Beiwagen abgestellt. Einige davon sind bereits äußerlich aufgearbeitet worden, darunter auch der erdgasbetriebene 772 201 (ehemals 771 014) mit dem Beiwagen 972 201 (ehemals 971 014).
Ein Großteil der ausgemusterten Fahrzeuge wurde nach Kuba und Rumänien verkauft. Von den kubanischen Fahrzeugen sind jedoch viele nicht mehr einsatzfähig. Andere Fahrzeuge gingen nach Spanien an die Gestor de Infraestructuras Ferroviarias, Spanien, eine Gleisbaufirma, sowie an Bilfinger Berger Nigeria. Einige Triebwagen sind bei Eisenbahnvereinen in Deutschland erhalten geblieben.
Seit dem 26. Januar 2006 sind die beiden Triebwagen 772 140 und 141 der Deutschen Bahn beim RegioNetz Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn wieder im Einsatzbestand. Beide Triebwagen wurden modernisiert, mit geschlossenen WC-Systemen ausgestattet und besitzen wieder ihre ursprüngliche Lackierung der Deutschen Reichsbahn. Sie werden hauptsächlich für Sonderfahrten genutzt, kommen aber auch im Regelbetrieb zum Einsatz, wenn einer der beiden Triebwagen der Baureihe 641 zur Instandhaltung im Werk Erfurt ist.
772 342, der einzige in verkehrsrot umlackierte Triebwagen, war einige Jahre im Leipziger Hauptbahnhof ausgestellt. Zwischenzeitlich wurde das Fahrzeug an Privat verkauft und erhielt im April 2010 eine neue Hauptuntersuchung.
Spitznamen
Auf Grund der Farbgebung erhielten die Triebwagen schnell den Namen Ferkeltaxe, in Anlehnung an die Bezeichnung Schweineschnäuzchen des Wismarer Schienenbuses. Auch als Blutblase waren die Triebwagen bekannt, dies kam von der Form des Triebwagens. Mit der Einführung der Regionalbahnfarben bekam der Triebwagen den Namen Pfeffi, sowie den weniger schmeichelhaften Spitznamen Eiterbeule. Weitere Namen waren Sandmännchenexpress (weil er auch dem Sandmännchen als Verkehrsmittel diente) oder Eierfeile bzw. Rüttelplatte (wegen des bescheidenen Fahrkomforts auf Grund der zweiachsigen, starren Bauform).
Galerie
Literatur
- Bernd Friedrichs, Andreas Stange: Die Leicht-Verbrennungs-Triebwagen der Deutschen Reichsbahn. EK-Verlag, Freiburg 2010, ISBN 978-3-88255-231-7.
Weblinks
Commons: DR Class VT 2.09 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Der Nebenbahnretter
- Bahn-Galerie.de - Baureihe 771 / 772
- Skizze von VT 2.09 und VB 2.08
- Bau, Entwicklung, Einsatz und Modernisierung der Ferkeltaxe. Außerdem eine Beschreibung zu den Nachfolgern 173 001 und 002
- Ferkeltaxe auf dr-bahn.de
Baureihen deutscher Verbrennungsmotor-TriebwagenOldenburg · Preußen · Sachsen · Württemberg · DRG/DRB · DB · DR · Deutsche Bahn AG
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Baureihe 98 — steht für: Lokalbahn oder sonst nicht einzuordnende Lokomotiven der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 98.0: Sächsische I TV Baureihe 98.1: Oldenburgische T 2 Baureihe 98.2: Oldenburgische T 3 Baureihe 98.3: Bayerische PtL 2/2 Baureihe 98.4:… … Deutsch Wikipedia
Baureihe 55 — steht für: Schlepptender Güterzuglokomotiven mit der Achsfolge D der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 55.0–6: Preußische G 7.1, PKP Baureihe Tp1, LBE G 7 Baureihe 55.7–14: Preußische G 7.2, PKP Baureihe Tp2 Baureihe 55.15: ČSD Baureihe 413.1… … Deutsch Wikipedia
Baureihe 89 — steht für: Tenderlokomotiven mit der Achsfolge C der Deutschen Reichsbahn und ihrer Nachfolgegesellschaften: Baureihe 89.0: Preußische T 8 Baureihe 89.0II: Einheitslokomotive Baureihe 89.1: Pfälzische T 3 Baureihe 89.2: Sächsische V T Baureihe 89 … Deutsch Wikipedia
Baureihe 53 — steht für: eine geplante, aber nicht fertiggestellte, überschwere deutsche Kriegslokomotive laufachslose Schlepptender Güterzuglokomotiven mit drei Kuppelachsen (Achsfolge C) der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 53.0: Preußische G 4.2 Baureihe 53.3 … Deutsch Wikipedia
Baureihe 56 — steht für: Schlepptender Güterzuglokomotiven mit der Achsfolge 1 D der Deutschen Reichsbahn Baureihe 56.0: Preußische G 7.3, LBE G 7.3 Baureihe 56.1: Preußische G 8.3 Baureihe 56.2: Mecklenburgische G 7.3 Baureihe 56.2II–8: Umbau aus Preußische G … Deutsch Wikipedia
Baureihe 92 — steht für: Personenzugtenderlokomotiven mit der Achsfolge D der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 92.0: Württembergische T 6 Baureihe 92.1: Württembergische T 4 Baureihe 92.2 3: Badische X b Baureihe 92.4: Preußische T 13.1, Oldenburgische T 13.1… … Deutsch Wikipedia
Baureihe 141 — Baureihe E 41 später Baureihe 141 Nummerierung: E41 001 435 ab 1. Jan. 1968: 141 001 451 Anzahl: 451 Hersteller: Henschel Werke, Krauss Maffei (mechanischer Te … Deutsch Wikipedia
Baureihe 54 — steht für: Schlepptender Güterzuglokomotiven mit der Achsfolge 1 C der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 54.0: Preußische G 5.1 Baureihe 54.0II: BBÖ 60, PKP Baureihe Ti12, PKP Baureihe Ti16, JDŽ 131 Baureihe 54.1: BBÖ 260, PKP Baureihe Ti11, ČSD… … Deutsch Wikipedia
Baureihe E 41 — später Baureihe 141 Nummerierung: E41 001 435 ab 1. Jan. 1968: 141 001 451 Anzahl: 451 Hersteller: Henschel Werke, Krauss Maffei (mechanischer Te … Deutsch Wikipedia
Baureihe 13 — steht für: Schlepptender Schnellzuglokomotiven mit zwei führenden Laufachsen und zwei Kuppelachsen (Achsfolge 2 B) der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 13.0: Preußische S 3 Baureihe 13.0II: LBE Nr. 7 Baureihe 13.0III: PKP Baureihe Pd4 (Preußische S … Deutsch Wikipedia
Baureihe 35 — steht für: Schlepptender Personenzuglokomotiven mit der Achsfolge 1 C1 der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 35.0: BBÖ 110 Baureihe 35.1: BBÖ 329, PKP Baureihe Ol11 Baureihe 35.1: BBÖ 429.9, ČSD Baureihe 354.7 Baureihe 35.2: BBÖ 429, ČSD Baureihe… … Deutsch Wikipedia