Erwin Pröll

Erwin Pröll
Erwin Pröll (2007)

Erwin Pröll (* 24. Dezember 1946 in Ziersdorf-Radlbrunn, Niederösterreich) ist ein österreichischer Politiker (ÖVP) und seit 1992 Landeshauptmann von Niederösterreich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Eltern von Erwin Pröll waren Weinbauern. Er besuchte die Volksschule in Radlbrunn und die Hauptschule in Ziersdorf. Nach der Matura in Tulln studierte er in Wien an der Universität für Bodenkultur. Noch vor seiner Promotion wurde er 1972 in den Österreichischen Bauernbund als wirtschaftspolitischer Referent geholt. Mit 33 Jahren wurde er in die NÖ Landesregierung gewählt, seit Jänner 1981 als Landeshauptmann-Stellvertreter. Am 22. Oktober 1992 wurde Pröll Landeshauptmann von Niederösterreich. Er ist unter den momentan in Österreich im Dienst stehenden Landeshauptleuten der am längsten amtierende. Pröll ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Er ist der Onkel des ehemaligen österreichischen Bundesministers für Finanzen und Vizekanzlers Josef Pröll.

Pröll ist Ehrenmitglied der Ö.k.a.V. Rhaeto-Danubia Wien, der K.Ö.H.V. Franco-Bavaria Wien und der K.Ö.A.V. Floriana St. Pölten im Cartellverband (ÖCV) sowie bei der K.Ö.Agr.St.V. Bergland zu Wieselburg im MKV.

Politischer Werdegang

  • Landesrat vom 27. März 1980 bis zum 22. Jänner 1981
  • Landeshauptmann-Stellvertreter vom 22. Jänner 1981 bis zum 21. Oktober 1992
  • Landeshauptmann seit dem 22. Oktober 1992

Politisches Wirken

In seine Amtszeit fiel die Übersiedlung der niederösterreichischen Landesregierung von Wien in das Sankt Pöltner Landhausviertel.

Pröll gilt als Verfechter der so genannten Großen Koalition aus ÖVP und SPÖ. Im Jahr 2000 war er noch Befürworter von Schwarz-Blau, zwei Jahre später sprach er sich gegen ein neuerliches Zusammengehen mit der FPÖ aus. Pröll pflegt auch ein gutes Verhältnis zum Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Pröll gilt in der ÖVP als einer der einflussreichsten Politiker [1], der sich zugleich öffentlich gerne gegen die Bundes-ÖVP stellt.[2] So führte Pröll vor der Bundespolitik die Senkung der Schülerhöchstzahl auf 25 ein, präsentierte ein eigenständiges Pflegemodell oder auch ein Schulmodell für Niederösterreich.

In der Umweltpolitik setzte Pröll v. a. auf Müllvermeidung und Mülltrennung. Pröll entwickelte die Dorferneuerung und später die Stadterneuerung. Was im Herbst 1981 mit der Aktion „NÖ schön erhalten – schöner gestalten“ begann, entwickelte sich bald zu einer großen Bürgerbewegung. Diese Initiative ist mittlerweile eine europaweite Initiative. Ziele Prölls waren die Stärkung der Wirtschaft und der Lebensqualität der Bevölkerung sowie die Verbesserung der Situation im ländlichen Raum. Niederösterreich sollte zu einer Musterregion im Herzen Europas werden. Die Ostöffnung, den Fall des Eisernen Vorhangs, nutzte Pröll und forcierte mit Nachdruck den Ausbau der Infrastruktur und die Ansiedlung von zukunftsträchtigen Betrieben in Niederösterreich. So entstanden Gewerbe- und Industrieparks, die Betriebsansiedlung begünstigen und neue Arbeitsplätze schaffen helfen sollten. Bereits als junges Mitglied der Landesregierung verfolgte Pröll Umweltthemen und forderte eine CO2–Abgabe.[3]

Prölls in Niederösterreich geplante Handymastensteuer[4] sorgte für europaweite Aufregung und Interesse. Diese Steuer wurde zunächst mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ beschlossen, nach einer Einigung mit den Mobilfunkbetreibern über gemeinsam errichtete und benutzte Masten jedoch wieder abgeschafft, was von EU-Kommissarin Viviane Reding begrüßt wurde.[5]

2003 fuhr Pröll mit der Volkspartei Niederösterreich einen großen Sieg bei den Landtagswahlen ein und erreichte 53,3 Prozent, wodurch die ÖVP wieder die absolute Mehrheit erreichte.[6] Projekte wie der Campus Krems, das Krebsforschungszentrum MedAustron in Wiener Neustadt, das Forschungszentrum Tulln, der Wirtschafts- und Gewerbepark Industriezentrum NÖ Süd, die erste Biospritanlage Österreichs im Tullnerfeld, die Elite-Uni in Klosterneuburg oder die Auszeichnung Niederösterreichs durch die EU-Kommission als innovativste Region Europas bilden die Bilanz von Pröll. [6]

Im ersten Halbjahr 2006 war er Gastgeber einer Subsidiaritätskonferenz von EU-Politikern.

Bei der niederösterreichischen Landtagswahl 2008 erreichte die ÖVP mit Pröll als Spitzenkanditaten 54,39% der abgegebenen Stimmen und damit die absolute Mehrheit und 1,1%-Pkte mehr als 2003. Hauptmotive für die ÖVP-Wähler waren der Spitzenkandidat Pröll und die gute Entwicklung Niederösterreichs.[7] Im Wahlkampf hatten sich prominente Persönlichkeiten für Pröll ausgesprochen, darunter „auch nicht allzu bürgerliche Künstler wie der Karikaturist Manfred Deix und die Schauspielerin Erika Pluhar[2], aber auch der österreichische Fußball-Teamchef Josef Hickersberger, der Festspielleiter Harald Serafin und der Schauspieler Felix Dvorak.[8] Während des Wahlkampfs hatte sich Pröll gegen den Bau von Minaretten in Niederösterreich ausgesprochen und diese als „artfremd“ bezeichnet, außerdem hatte er vorgeschlagen, die Strafregisterauszüge von Asylanten zu publizieren.[2]

Im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl 2010 wurde Pröll als möglicher Kandidat der ÖVP gehandelt. Er erklärte jedoch in einem Interview am 13. Oktober 2009, nicht für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren zu wollen.[9]

Kritik

Ein Hauptkritikpunkt an Prölls Umgang mit Kritik ist die angebliche Vereinnahmung der Medien, besonders des ORF Niederösterreich und der Niederösterreichischen Nachrichten; kritische Berichte würden mit Androhung des Anzeigenentzugs befreundeter Wirtschaftsunternehmen beantwortet.[10] Peter Rabl schrieb in der österreichischen Tageszeitung Kurier: „Pröll hat das Land mit starker, gelegentlich brutaler Hand, aber mit großer persönlicher Offenheit und Breite sehr erfolgreich geführt. Bezeichnenderweise fallen den Wahlkämpfern der anderen Parteien kaum sachliche Vorwürfe gegen die bisherige Landespolitik ein.“[1] Pröll wurde in der Wiener Zeitung als „traditioneller Machtpolitiker“[3] beschrieben, den „eine fast legendäre Jovialität“[3] umgebe, die „jedoch oft nur bis zu ersten kritischen Frage“[3] andauere, weswegen es Journalisten „nicht immer leicht mit Erwin Pröll“[3] hätten. Gerald John vom Standard fasste es so zusammen: „Wer, vom Pfarrer bis zum Journalisten, zur falschen Zeit aufmuckt, wird mitunter zusammengestaucht. Widerspruch ist in Prölls politischem Mikrokosmos nicht vorgesehen.“[11][12]

Trivia

Prölls Behauptung, als einziges Buch Karl Mays Der Schatz im Silbersee fertig gelesen zu haben, gewann Landesparteisekretär Ernst Strasser Erfreuliches ab. „Das mögen die Leut'“, soll Strasser einen Skeptiker zurechtgewiesen haben, „damit wirkt der Landeshauptmann wenigstens net so obergscheit.“[13]

Literatur über Erwin Pröll

Auszeichnungen und Ehrenmitgliedschaften (Auszug)

Einzelnachweise

  1. a b Peter Rabl: Heute geht es nicht nur um Erwin Pröll In: Kurier, 9. März 2008
  2. a b c Gerald John: Kopf des Tages: Triumphator mit vielen Gesichtern. In: Der Standard, 10. März 2008
  3. a b c d e Der Volkstribun mit dem Zug zur Macht aus Radlbrunn, Wiener Zeitung, 9. März 2008
  4. noe.orf.at: Kein Nachgeben bei der Handymastensteuer
  5. futurezone.orf.at: Niederösterreich verzichtet auf Mastensteuer
  6. a b Oliver Pink: Erwin Pröll – Der Putin von St. Pölten In: Die Presse, 9. März 2008
  7. http://derstandard.at/?id=3257643
  8. Homepage des Personenkomitees wir:pröll
  9. Pröll kandidiert nicht als Bundespräsident, Artikel der Presse vom 13. Oktober 2009
  10. Christof Chorherr: Autoritär, brutal, vordemokratisch, Die Presse, 25. Februar 2008, abgerufen 11. März 2008
  11. Gerald John: Kopf des Tages: Triumphator mit vielen Gesichtern, Standard online, 10. März 2008
  12. Youtube Video
  13. Gerald John und Nina Weissensteiner: „Hohe Stirn, flaches Land“, Falter Nr. 35/02, 28. August 2002
  14. Kurier online vom 7. November 2011
  15. Bezirkshauptmannschaft St. Pölten: Amtsblatt. Ausgabe Nr. 18 vom 15. September 2010, Seite 2

Weblinks

 Commons: Erwin Pröll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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